Inhaltsverzeichnis Pilgerreise Rom 2000

Kontakt : Hugo Krechan Tholeyerstr.  30 Tel.: 3998

Vorwort

Übersichtskarte

1. Tag, Alsweiler - Straßburg

2. Tag, Straßburg - Breisach

3. Tag, Breisach - Zofingen (Schweiz)

4. Tag, Zofingen - Gersau

5. Tag, Gersau - Göschenen

6. Tag, Göschenen - Verbania

7. Tag, Verbania - Porona (bei Mortara)

8. Tag, Porona - Genua

9. Tag, Genua - Sestri (Casarza Ligure)

10. Tag, Sestri - Lido di Camiore

11. Tag, Lido di Camiore - Castelfiorentino

12. Tag, Castelfiorentino - Siena

13. Tag, Siena - Fonteblande

14. Tag, Fonteblande - Santa Marinella

15. Tag, Santa Marinella - Rom

16.- 21, Aufenthalt in Rom

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Hugo Krechan

Rom 2000

Großes Jubeljahr

Mit dem Fahrrad von der Saar

in die ewige Stadt

vom 19. Mai bis 9. Juni 2000

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Der Weg nach Rom

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Vorwort

Schon anfangs des Jahres 1999 wurde mein Interesse an einer Fahrt nach Rom durch die immer häufiger erscheinenden Beiträge in den Medien geweckt.

Als ich dann im Juni von meiner Fahrt nach Santiago de Compostela zurückkam, stand mein Entschluss fest: Im nächsten Jahr fahre ich nach Rom.

Mit den Vorbereitungen fing ich dann nach meiner Herbstfahrt in die Dolomiten an.

Zunächst machte ich mir Gedanken über die Fahrtroute. Das bedurfte schon mancher Überlegung und auch einiger Änderungen. Schließlich sah sie so aus:

Alsweiler - Zweibrücken - Bitsch - Straßburg - Colmar - Breisach - Basel -

Luzern - Vierwaldstätter-See - Gotthard-Pass - Lago Maggiore - Genua - Pisa -

Siena - Grosseto - Rom.

 

Die Entfernung ermittelte ich nach den Angaben verschiedener Straßenkarten

und mehrmahliger Berechnungen. Ich kam zwar nie zum absolut gleichen Ergebnis, aber es waren immer zwischen 1420 und 1480 Kilometer. Nach dem mir vertrauten Prinzip pro Tag im Durchschnitt 100 Kilometer ergaben das 15 Tage Fahrzeit. Sicherheitshalber gab ich noch einen Tag dazu. Also

müsste ich in längstens 16 Tagen in Rom sein.

Aus dem europäschen Jugendherbergsführer suchte ich mir dann Herbergen aus, die in dieses Schema in etwa passten. Natürlich ging das nicht immer voll auf, so dass die Etappen schon unterschiedliche Längen aufwiesen. Aber immerhin konnte ich auf diese Art sechsmal in Jugendherbergen übernachten, was den Geldbeutel erheblich entlastete. Auf die Preise hier als auch in den Hotels werde ich noch eingehen.

Aus besonderen persönlichen Gründen wollte ich erst nach dem 20. Mai in Alsweiler wegfahren. Mit der Ankunft in Rom rechnete ich so um den 03. Juni.

Danach gings dann an die größeren Probleme, als erstes die Übernachtung in Rom. Mein Sohn Hans machte mich zunächst auf die Pilgerstelle beim Bistum Trier aufmerksam.

Beim ersten telefonischen Kontakt meinte man dort, dass es für ein Zimmer im kommenden Jahr schon reichlich spät sei. Sie könnten in dieser Hinsicht auch nichts vermitteln. Man gab mir aber die Adresse der deutschsprachigen

Pilgerstelle in Rom. Mit meinem Freund Edmund Theobald hatte ich vor seiner

Romreise auch über dieses Thema gesprochen und er brachte mir von seiner

Gruppenführerin die gleiche Adresse mit.

 

Nach telefonischer Rücksprache mit dieser Stelle schickte ich dann am 9/9. ein Fax mit der Bitte, mir Unterkunftsmöglichkeiten mitzuteilen. Doch zunächst bekam ich keine Antwort, weshalb ich meine Anfrage am 19.10. fernmündlich wiederholte. Vorab erhielt ich dann die Anschrift des Klosters der vietnamesischen Schwestern in der Via Pineta Sacchetti, wo die Schwestern Angela und Anna-Maria deutsch sprechen würden. Eine ausführliche Liste über weitere Unterkünfte folgte per Briefpost..

So schickte ich am 25.10. eine Anfrage per Fax an das Kloster der Schwestern. Bereits am folgenden Tag lag mir ein Angebot vor, wonach sie

mir ein Zimmer reservieren könnten, Kostenpunkt pro Tag ca. 50.000 Lire. Das Frühstück würde noch 5.000, Lit. kosten. Das waren zusammen etwa

55.-DM pro Tag.

Am 30 10.99 gab ich dann meine endgültige Zusage für fünf Übernachtungen ab dem 03.Juni 99. Damit war schon eines der wichtigsten Probleme gelöst.

Parallel liefen weitere Vorbereitungen, zunächst mal die Rückfahrt mit der Bahn. Ab Florenz war ich schon mal mit dem Rad im Zug nachts über München nach Hause gefahren. Ich wollte diesmal den gleichen Zug benutzen.

Das stellte ich mir relativ einfach vor, zumal die Entfernung von Rom nach Florenz nicht allzugroß ist. Aber bei der Bahn konnte mir niemand eine zufriedenstellende Auskunft geben. Es hieß, dafür sei es noch zu früh, da ab dem 3. Juni 2000 der neue Sommerfahrplan gelte, da könne man frühestens Anfang Mai was sagen. Nach dem derzeit gültigen Winterfahrplan wäre die von mir gewünschte Verbindung möglich. Nun gut, ich musste das einsehen und mich auf den Mai nächsten Jahres vertrösten.

 

Aber dennoch war ich nicht ganz tatenlos. Ich versuchte es noch mehrmals bei der Fahrkartenausgabe in St. Wendel als auch bei der Fahrradhotline in Saarbrücken, die ja für ganz Deutschland zuständig ist. Doch es war zunächst nichts zu machen. Wie sagt man in Bayern? "Nichts genaues weiß man nicht".

Im Gespräch mit Freunden erhielt ich Hinweise auf Personen, die als 'Romexperten' gelten. Mit zwei von ihnen telefonierte ich und erhielt auch wertvolle Tips mit denen ich mir ein Konzept für ein Besichtigungsprogramm in Rom zusammenstellen konnte. Es waren dies Herr Basler aus Münchwies, auf Empfehlung von Peter Mahren, Mapingen, und Herr Gerhard Schäfer aus Bliesen, auf den mich Armin Neis und Barbara Kollmann aufmerksam gemacht hatten.

Von Waltraud und Hans bekam ich mehrere Reiseführer über Rom, in denen ich mich ebenfalls informieren konnte. Gerhard Schäfer gab mir auch die Anschrift der Preffetura della Casa Ponficia (päpstliche Hausverwaltung), die für die Reservierung der Einlasskarten für die Audienz beim Heiligen Vater zuständig ist.

Herr Schäfer führt selbst Romreisen mit dem Bus durch und ist vielen Leuten von Alsweiler bekannt. Es traf sich gut, dass er in der Zeit meines Romaufenthaltes selbst auch in Rom sein wollte zur Vorbereitung eigener Reisen. Er machte das Angebot, mir zu verschiedenen Zeiten Teile von Rom zu zeigen. Er meinte auch, dass wir gemeinsam der Audienz beim Papst beiwohnen könnten und bat mich, für ihn eine Karte mitzubestellen.

Also schrieb ich am 04.2. an den Herrn Prefekt, Monsignore James Harvey perönlich, stellte mich kurz vor und bat um Reservierung zweier Einlasskarten für die Generalaudienz am Mittwoch, dem 07.Juni 2000.

Bereits am 9.2. hatte ich die Antwort, wobei mir Mons. Harvey mitteilte, dass

meinem Wunsche entswprochen werde. Die Karten würde mir am Vorabend der Audienz von einem Boten seines Hauses in das angegebene Quartier zugestellt.

Das Problem der Rückfahrt mit der Bahn war immer noch nicht gelöst. Voller Hoffnung sprach ich Anfag Mai bei der Fahkartenausgabe in St. Wendel vor.

Doch der Sommerfahrplan für Italien war immer noch nicht im Computer. Nach dem noch gültigen Plan würde um 16.12 Uhr ein Zug in Roma Termini abfahren, mit dem ich in Florenz Anschluss auf den von mir gewünschten Zug hätte.

 

Es war mir jetzt egal, ich war irgendwie zuversichtlich, in Rom einen geeigneten Zug für die Rückfahrt zu finden, auch ohne vorherige Reservierung, um die es mir aber im wesentlichen gegangen wäre.

 

Doch dann kam noch ein Hammer: Ein Vertreter der Deutschen- Bahn-AG

war abends zu Gast im 'Aktuellen Bericht' auf SR 3. Der machte großspurig Wellen, wie gut das Service zur Zeit bei der Bahn sei. Dem wollte ich dann mit meinem Problem auf den Zahn fühlen und meldete mich als Hörer zu Wort.

Doch der Herr tat das Anliegen mit links ab und meinte, das könne die Auskunft in Saarbrücken am nächsten Tag bei einem Anruf meinerseits leicht lösen. So machte er im Fernsehen einen guten Eindruck und stellte mich quasi als den Dummen hin.

Ich folgte also seinem Rat und meldete mich gegen 8.30 Uhr bei der Auskunft im Saarbrücker Hauptbahnhof. Die Dame meinte, auf die Schnelle könne sie die gewünschte Auskunft auch nicht geben und erbat eine halbe Stunde Bearbeitungszeit. Aber sie meldete sich nicht mehr. Jedoch hatte sie das Problem weitergegeben und ich erhielt gegen 11.00 Uhr einen Anruf von einer zentralen Stelle der Bahn aus Karlsruhe, wo mich dann ein Mitarbeiter nach meinem Wunsch befragte. Er konnte mir aber nur die gleiche Antwort geben, die ich bisher immer gehört hatte. Also nochmals viel Lärm um nichts. Er meinte, das Problem ließe sich in Rom am besten lösen.

 

Etwas später schaltete sich dann Gerhard Schäfer ein und beauftragte seinen Schwager, der bei der Bahndirektion in Saarbrücken beschäftigt ist, sich mal der Sache anzunehmen. Der konnte dann in Verbindung mit der Fahrradhotline eine ganz neue Verbindung ab Rom ausfindig machen. Hierzu

bekam ich dann auch in St.Wendel einen Teil der erforderlichen Reservierungen. Den Rest müsse ich in Italien besorgen.

Also das war schon ein erheblicher Aufwand, die Sache mit der Bahn einigermaßen hinzukriegen.

Die Vorbereitungen waren aber damit noch nicht abgeschlossen.

In der Stadtbibliothek St.Wendel lieh ich mir dort vorhandene Reiselektüre aus, um mich über Land und Leute der Regionen und Städte zu informieren, die ich befahren werde. Über Sehenswürdigkeiten und sonst Interssantes machte ich mir Kopien für die Reise. Ebenso kopierte ich Kartenausschnitte und merkte mir die Fahrtroute bunt an. Zudem fertigte ich eine ausführliche Routenbeschreibung an, die z.B. Angaben über die Fahrt zwischen den einzelnen Orten, die zu benutzenden Straßen, Abzweigungen u.dgl. sowie die Kilometrierung enthielt.

Auch aus dem Jugendherbergsführer machte ich mir Auszüge über die Herbergen, die an meiner Route lagen, mit Anschrift und Telefon-Nr.

Wie man sieht, sind bei der Planung einer solchen Reise eine Menge Dinge mit großem Zeitaufwand zu erledigen.

Auch diesmal wollte ich nicht ohne Pilgersegen wegfahren. Den Tag meiner Abfahrt hatte ich auf Freitag, dem 19.5. festgelegt. Am Vorabend hatte ich noch eine hl. Messe für Lenje bestellt, zu der auch Thomas mit Mechthild und Kevin anwesend waren. Da unser bisheriger Pastor Renner in diesen Tagen sein Amt abgegeben hatte, wurde die Messe von Herrn Pastor i.R. Wenderoth aus Marpingen gehalten, der auch anschließend den Reisesegen erteilte.

1. Tag, Freitag, 19. Mai 2000

Alsweiler - Straßburg

 

Heute geht's also los.

Wie so oft, wenn ich von zu Hause abfahre, bin ich früh dran. Für den ersten Tag kann man sich einfach etwas mehr vornehmen.

Das Wetter sieht zwar nicht besonders gut aus, aber auf ideales Wetter, was ist das eigentlich?, kann man nicht warten.

Gegen 6.00 Uhr bin ich fertig und fahre los in Richtung St. Wendel. Doch bereits am Friedhof beginnt es leicht zu regnen, Das fängt ja gut an, ist aber kein Grund zur Panik. Und es bleibt auch nicht lange so. In Winterbach hört es schon wieder auf, doch die Straße bleibt nass. Ab Wiebelskirchen gibt es dann wieder normale Verhältnisse, die Straße ist hier wieder trocken. Möglicherweise hat es hier überhaupt nicht geregnet. Ich kann nun zügig weiterfahren.

Für heute habe ich mir ein großes Ziel gesteckt, ich möchte gerne bis nach Straßburg kommen und dort in der Jugendherberge übernachten.

Am Bexbacher Blumengarten lege ich die erste kleine Ruhepause ein und mache 2-3 Fotos. Es läuft gut, und nach 40 Kilometer komme ich in die Stadt der Rosen, nach Zweibrücken. Hier trinke ich am Supermarkt eine Tasse Kaffee und esse ein Stückchen.

Die Weiterfahrt geht nun über eine stillgelegte Bahntrasse bis Hornbach, an die Grenze nach Frankreich. Es ist gerade mal 10.00 Uhr, als ich dort bin. Der kleine, romantische Ort lädt förmlich zum Fotografieren ein. Die Motive sind

u.a. die St. Pirminuskirche, in der die Gebeine des Namenspatrons ruhen, das Rathaus und das Stadttor.

Die Weiterfahrt wird nun etwas schwieriger. Hinter Hornbach geht es den Berg hinauf, an der alten Zollstelle vorbei, wo dann die Straße über die Höhe in Richtung Bitsch führt.

Das Wetter ist immer noch sehr kühl, doch geregnet hat es wenigstens nicht mehr.

Eigentlich wollte ich in Bitsch eine Mittagspause machen, um erstens was zu essen und zweitens mich mal wieder in der Stadt umzusehen. Doch zum Essen gab es absolut kein Bedürfnis, so dass ich auch auf die Besichtigung verzichtete. Also fuhr ich auf der westlichen Umgehung um die Stadt herum und kam dann auf die N 62, die nach Hagenau führt. Zuerst kommt aber noch für einen Radfahrer ein strammer Berg, doch dann geht's kontinuierlich abwärts, sozusagen bis Straßburg.

 

Ohne Schwierigkeiten bin ich schon um 13.30 Uhr in Bad Niederbronn, wo ich genau 100 Kilometer gefahren habe. Sehr zufrieden über meine bisherige Leistung kehre ich in einem Café am Marktplatz ein, das ich schon von früheren Besuchen her kenne. Hier trinke ich erneut eine Tasse Kaffee und esse ein Stück köstlichen Elsässer Apfelkuchen. Das kostete 25 Frs, etwa 8.-DM.

Meine Stimmung ist sehr gut, um nicht zu sagen, ich bin richtig aufgedreht.

Ich habe das Bedürfnis, mich jemanden mitzuteilen. So rufe ich Waltraud in Heusweiler an und gebe einen ersten positiven Zwischenbericht.

Etwas irritiert werde ich dann doch, als eine Dame im Café meinte, bis nach Straßburg seien es noch ca. 60 Kilometer. Soviel hatte ich nicht auf der Rechnung, höchstens 40.

Bei der Weiterfahrt öffnet gerade die Touristinformation in der Hauptstraße.

Der junge Mann, der die Eingangstür aufgesperrt hat, sieht mich etwas erstaunt an. Ich steige wieder vom Rad und gehe ihm nach ins Büro. Hier frage ich ihn, ob er mir per Telefon ein Bett in der Jugendherberge in Straßburg reservieren könne? Er ist mir gerne behilflich, zumal ich ihm von meinem Fernziel erzähle. Das mit dem Bett klappt, aber er meint auch, dass die Kilometerangaben der Dame aus dem Café wohl richtig seien. Eine Bezahlung des Telefongesprächs lehnt er ab, so mache ich wenigstens eine Spende von 10.-Frs, das ist mir die Gefälligkeit wert.

Zügig kann ich nun weiterfahren bis nach Hagenau. Von dort geht es dann über Nebenstraßen nach Robertsau. Hier erkenne ich auch den Fehler in meiner Kilometerberechnung. Ich habe einfach übersehen, dass auf dieser Strecke manchmal die Kilometerangaben in den mir vorliegenden Karten fehlen.

In Robertsau fahre ich zunächst zum Friedhof, denn hier ist Lenje's Onkel Alois (Kuhn) beerdigt. Das Auffinden des Grabes macht mir keine Schwierigkeiten, war ich doch schon mehrmals hier gewesen. Ich richte den Grabhügel zurecht und stelle einen von zu Hause mitgebrachten Strauß Dauerblumen auf. Das ist ja in Frankreich nicht ungewöhnlich.

Danach fuhr ich Richtung Straßburg weiter. Ein freundlicher Mann erklärte mir, wo die Jugendherberge zu finden sei. Eigentlich ganz leicht, in Richtung Kehl.

Obwohl ich diesen Weg schon mal gefahren bin, war ich doch etwas unsicher und musste Passanten befragen. Doch das ist auch nicht immer gut, ich wurde mehrmals hin und her geschickt und kam einfach nicht weiter. Schließlich fand ich einen Wegweiser 'Europabrücke'. Nun fand ich mich selbst zurecht.

Es war doch schon 19.00 Uhr geworden, als ich in der Herberge ankam. So erwies es sich von Vorteil, dass ich von Bad Niederbronn angerufen hatte.

Ich kam in einem Vier-Bett-Zimmer unter, zunächst für mich allein. Am späten Abend legte man noch zwei Amerikaner dazu. Das Bett kostete 73.-Frs mit Frühstück.

Bis ich mich eingerichtet und geduscht hatte, war die Küche schon geschlossen. Doch ich hatte ja genügend Reiseproviant dabei, mit dem ich

das Abendessen gut bestreiten konnte.

Das war heute eine Riesenetappe, soviel wollte ich eigentlich nicht fahren, aber die Umstände waren nicht anders.

Ich saß heute 10,40 Std. auf dem Rad und bin dabei 167,57 Km gefahren, der Durchschnitt betrug 15,72 Km/h.

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Straßburg, la petit France

2. Tag, Samstag, 20. Mai 2000

Straßburg - Breisach

 

Der Aufenthalt in der Jugendherberge war angenehm, ich habe gut geschlafen. An der Essensausgabe war ein Frühstücksbüfett aufgebaut, wo man sich selbst bedienen konnte. Außer dem Grundbedarf -Brot, Butter und verschiedenen Marmeladen- gab's auch Müsli, Wurst und Käse sowie Kaffee, Tee und Säfte. In der Menge waren keine Grenzen erkennbar.

Für mich begann der Tag im Frühstücksraum allerdings mit einem Malheur und einem kräftigen Schock. An meinem ersten Stück Brot, einem knusperigen Flit, biss ich mir gleich einen Eckzahn an der Prothese ab. Wie das passieren konnte, ist mir eigentlich ein Rätsel. Hinzu kam noch, dass am Samstag mir eine Reparatur nicht möglich schien. Nun, an meiner 'Schönheit' hat es mir nichts ausgemacht und auch beim Essen nicht allzusehr gestört. Den Schaden habe ich somit erst nach meiner Rückkehr beheben lassen.

Um 8.30 Uhr bin ich fertig zur Abfahrt. Ich fahre wieder zurück in die Stadt, zunächst ins Zentrum ans Münster. Diesen Bereich mit seinen historischen Gebäuden, meistens Fachwerkhäusern, kann man sich immer wieder ansehen.

Ich habe einen Stadtplan dabei, mit dem ich mich gut zurechtfinde und auch bald darauf zum Place Kleber komme. Hier sind gerade die Bäcker dabei, ihre Verkaufsstände für den Samstag einzurichten. Ihr Bemühen, auch dem Auge was zu bieten, ist gut zu erkennen. Hierzu passt auch, dass sie auf einem großen Brett ein etwa 4 m langes Flit herbeibringen. Ich kann zwar auf die Schnelle noch ein Foto machen, aber im Nu haben sie es hinter den Ständen abgelegt, wo es nicht mehr eingesehen werden kann.

Als nächsten Programmpunkt habe ich "petit France", ein altes Stadtviertel an der Ill vorgesehen. Das war mir völlig neu, hier war ich noch nie bei einem Aufenthalt in Straßburg gewesen. Und ich muss sagen, ich war in höchstem Maße überrascht. Die vielen alten Fachwerk-Häuser der Handwerkszünfte, direkt am Wasser, das gibt schon ein schönes Bild.

Die Ausfallstraße in Richtung Illkirchen kannte ich wiederum, doch die Fahrt verläuft wegen des regen Verkehrs äußerst schleppend. Häufig muss ich an Kreuzungen vor den roten Ampeln anhalten.

Schließlich gibt es die ersten Hinweise auf die D 20, die ich ab Kraft in Richtung Süden benutzen wollte. Das ist eine kaum befahrene, kleine Straße, die direkt am Rhein vorbei führt. So recht was für Individualisten, insbesondere für Radfahrer. Etwas negativ wirkte sich allerdings diesmal aus, dass sie frisch mit Rollsplitt überzogen war. Da läuft das Rad nicht so gut.

Hinzu kam, dass etwas Wind aufgekommen war, der die Fahrt zusätzlich behinderte. Doch dafür hatte sich das Wetter wesentlich gebessert, es war jetzt schöner blauer Himmel mit eitel Sonnenschein.

Apropos Wind, im Wald entlang der Straße hatte der Sturm anfangs des Jahres heftig gewütet und eine Menge Bäume umgelegt. Die Schäden waren schon zum Teil beseitigt, aber es lagen noch riesige Haufen Sägespäne am Straßenrand.

Nun bereiteten mir die Erschütterungen durch den Rollsplitt doch ein größeres Problem; denn die Halterung der Lenkertasche rutschte immer wieder nach vorne ab. Zunächst zog ich die Muttern etwas nach, aber das half nicht viel. Ich musste immer wieder anhalten und die Tasche neu richten. So beschloss ich, zwei schmale Streifen Sandpapier in der Halterung unterzulegen. Dafür brauchte ich aber wieder Zeit, zudem mir beim Öffnen der Halterung eine Mutter in den groben Sand gefallen war und ich sie nicht mehr wieder fand.

Doch dann fiel mir ein, dass ich ja auch 'Kleineisenteile' bei meiner technischen Ausrüstung habe, wobei sich auch eine passende Mutter befand.

Nun konnte ich das Problem dauerhaft beheben.

An der Fähre in Rhinau machte ich Picknick, wobei ich dem regen Fährbetrieb zusehen konnte. Allerdings musste ich erkennen, dass ich durch die geschilderten Probleme ein nicht unerhebliches Defizit in meinem Zeitplan bekommen hatte. Auch hatte ich mich in der Altstadt von Straßburg länger als vorgesehen aufgehalten.

Für heute hatte ich eigentlich noch zwei wesentliche Programmpunkte; erstens wollte ich einen Umweg über Colmar nehmen und zweitens in Breisach, wo ich übernachten würde, die Möglichkeit einer Vorabendmesse wahrnehmen. Beides ging nun wohl nicht mehr zusammen. So entschloss ich mich, auf Colmar zu verzichten, zumal eine intensive Besichtigung der Stadt mit Sicherheit auch noch eine Menge Zeit gekostet hätte.

Also bleibe ich auf der D 20 und fahre direkt nach Breisach. Es ist nun auch schon viertel nach fünf Uhr als ich dort bin. Über die große Rheinbrücke kommt man in Nähe der Jugendherberge vorbei. Die ist in einem sehr guten baulichen Zustand und ist offensichtlich erst vor kurzem wesentlich vergrößert worden.

Es ist mir peinlich, wenn ich nun schon wieder von einem Malheur berichten muss, aber es war eben nicht anders. An der Rezeption der Herberge trifft mich fast der Schlag, als ich meinen Jugendherbergsausweis vorlegen will. Ich finde ihn einfach nicht in meinem Geldbeutel, wo ich alle Plastikkarten aufbewahre. Der Herr an der Aufnahme meint, er würde mir auch so glauben und mich aufnehmen. Doch damit es ja nicht getan, und ich überlege, wo er sein könnte??. Ja, bei meiner Abreise in Straßburg hatte ich ihn an der Rezeption, wo er oft hinterlegt werden muss, nicht abgefordert. Offensichtlich hatte mich die Sache mit dem Zahn doch zu sehr beschäftigt.

Schon wieder eine Panne, nein, ich möchte sagen, eine an sich nicht zu verzeihende Schusseligkeit, Gott sei Dank hat sie keinen anderen getroffen.

Ich nehme mir vor, künftig etwas besser aufzupassen.

Doch was nun?, wie bekomme ich den Ausweis wieder, ich möchte ihn ja auch weiterhin benutzen. Der Herbergsvater meint, man könne in Straßburg veranlassen, dass er von dort an eine Herberge in der Schweiz geschickt würde, wo ich in etwa 3 - 4 Tage übernachten werde. Doch das ist mir zu unsicher. Zunächst stelle ich das Problem zurück.

Also, ich bekomme ein Zimmer, allein für mich, mit Dusche und WC, schön!!

Das ist normal für Gruppenführer vorgesehen, mir war es sehr recht. Mit Frühstück kostete es 33.-DM.

Zuvor hatte ich mich an der Rezeption nach einer Abendmesse erkundigt, aber es konnte mir niemand eine entsprechende Auskunft geben, eigentlich unverständlich, denn wie ich später in der Stadt feststellte, werden dort so viele Veranstaltungen und Termine angeboten, aber eine Messe nicht.

Noch während ich in der Dusche bin, höre ich die Glocken vom Münster. Ich mache mich schnell fertig und haste in die Stadt, wo es zuletzt noch den Münsterberg hochgeht. Doch alle Eile war umsonst, die Messe hatte schon begonnen. Das konnte ich nun nicht mehr ändern. Und eine besondere Andacht kam auch nicht bei mir auf. Immer wieder beschäftigte ich mich mit dem Ausweis. Aber irgendwie besonders negativ wurde mir das offensichtlich von 'oben' nicht angerechnet, denn plötzlich bekam ich die richtige Eingebung.

Nach der Messe setzte ich mich auf die Mauer am Rande des Kirchplatzes und rief mit meinem Handy den Herbergsvater an. Ich bat ihn, für mich in Straßburg anzurufen, quasi von Herberge zu Herberge, und zu fragen, ob der Ausweis nicht per Fax nach Breisach geschickt werden könne. Das Original sollte man mir dann per Briefpost nach Hause schicken. Der Herbergsvater fand den Vorschlag gut, und als ich später in die Herberge zurückkam, war schon ein Fax des Ausweises da. Das habe ich dann auch später immer verwenden können, es wurde überall akzeptiert. Dazu werde ich auch gleich anfügen, als ich von Rom nach Hause kam, war mein Ausweis aus Straßburg unter meiner Briefpost. Das ist nochmals gut gegangen.

Eigentlich wollte ich mir noch den Riemenschneider Altar des Münsters nochmals ansehen. Aber der Küster hatte es wohl eilig am Samstagabend. Als ich nämlich mit dem Anruf fertig war und noch ein paar Fotos vom Berg aus über die Stadt sowie in Richtung Kaiserstuhl und Vogesen gemacht hatte, war der Eingang schon verschlossen.

 

 

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Das Münster in Breisach

 

So machte ich noch einen kleinen Stadtrundgang und suchte mir ein Lokal zum Abendessen. Das urige Restaurant 'Humpen' schien mir gut geeignet. Schon am Aushang hatte ich eine Vorauswahl getroffen und so bestellte ich mir eine sehr schmackhafte 'Schweizer Rösti Pfanne' und trank zwei große Bier.

Das kostete zusammen 26,10 DM

Im Vergleich zu gestern war die heutige Km-- Leistung eher mäßig, zumal es ja überhaupt keine Steigung gegeben hatte. Es waren gerade mal 85,7 Km in 5,40 Std., Durchschn. = 15,14 Km

Ges. Km = 253

3. Tag, Sonntag, 21. Mai 2000

Breisach - Zofingen (Schweiz)

 

Es ist ein schöner Sonntagmorgen. In der Herberge mache ich noch eine Spende von 10.-DM wegen der Sache mit meinem Ausweis.

Der Herbergsvater hatte mir schon gestern gesagt, wenn ich früher als die anderen, d.h. vor acht Uhr frühstücken wolle, so sollte ich mich beim Koch melden. Das tat ich dann auch. Das Frühstück war ganz in Ordnung, wenn auch nicht so umfangreich wie tags zuvor in Straßburg. Normalerweise sind ja die Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich eher umgekehrt, oder hat man in Straßburg schon die Nähe der deutschen Grenze gespürt. Wie dem auch sei, in Breisach war ich dennoch gut bedient.

Danach nehme ich mein schon zuvor gepacktes Fahrrad und ziehe los. Zunächst geht es über die nach Freiburg führende Bundesstraße in Richtung Süden. Nach etwa 10 Km zweigt dann eine Landstraße ab, der ich nun folgen kann. Es ist noch nicht viel Verkehr an diesem Sonntagmorgen in diesem Bereich der Oberrheinischen Tiefebene. Es ist ein sehr fruchtbares Land, was man noch aus der Schule weiß, wird an Ort und Stelle bestätigt.

Da sind zuerst die großen Kartoffelfelder zu nennen mit ihren aus meiner Sicht mächtigen Pflanzen. Das verspricht bestimmt einen sehr guten Ertrag. Allerdings sieht man allenthalben auch die überdimensionalen künstlichen Bewässerungsanlagen. Ohne die geht es ja heute kaum noch.

Etwas mehr als die Kartoffeln interessieren mich später die Erdbeerfelder, auf denen schon in aller Frühe jede Menge Erntehelfer eingesetzt sind. Das kenne ich ja aus meiner eigenen Erfahrung. Es ist daher nur allzu verständlich, dass ich an einem der Felder Halt mache und mir das ganze ansehe. Mit einer der Pflückerinnen, die gerade eine volle Steige zur Abliefer-Stelle bringt, will ich ins Gespräch kommen, doch sie gibt mir keine Antwort. Ich begreife ihr Verhalten sofort, sie ist Ausländerin wie die übrigen auch. Wie ich später feststelle kommen sie aus Polen.

An einem großen Tisch am Rande des Feldes werden die Früchte vorsortiert und abgewogen. Jeder Pflücker bekommt das Ergebnis auf seinem Konto gutgeschrieben. Dann fasst er sich einen neue Steige mit zehn Einzelkörbchen. Die vollen Steigen werden sofort in einen großen geschlossenen Anhänger verladen.

Bei der Weiterfahrt bemerke ich, wie von den Vogesen her eine Wolkenfront herüber zieht. So ganz toll wird das Wetter heute wohl doch nicht werden. Nun komme ich auch in Höhe des französischen Kernkraftwerkes Fessenheim.

In Neuenburg machte ich eine kleine Ruhepause. Diese nutzte ich u.a. dazu um in der Jugendherberge in Zofingen anzurufen und mir dort ein Bett für den Abend zu sichern. Sicherheitshalber wies ich aber den Herbergsvater darauf hin, dass ich evtl. etwas später eintreffen könne. Der meinte, es gäbe deshalb keine Probleme.

Das gibt einem immer ein beruhigendes Gefühl, wenn man schon rechtzeitig weiß, dass die Unterkunft am Abend gesichert ist.

Die Gegend ist immer noch tellereben und so nähere ich mich alsbald Weil am Rhein, an der deutsch-schweizerischen Grenze. Schon einige Zeit brauche ich nicht mehr die Straße zu benutzen, sondern fahre direkt am Rhein vorbei, allerdings über einen Weg mit Feinschotter, der zudem auch noch von Joggern und Fußgängern genutzt wird. Aber es ist außergewöhnlich schön hier. Der Rhein ist ja auf einem sehr langen Abschnitt für die Schifffahrt extra ausgebaut und hier sieht man ihn noch in seiner ursprünglichen, gewissermaßen wilden Form. Große Felsplatten ragen aus dem Wasser, das mit mächtiger Kraft kleine Rinnen ausgewaschen hat. Die Ufer sind mit Bäumen oder Büschen bewachsen, ein schönes Naherholungsgebiet.

Auf der Schweizer Seite ist der Fluß dann in großer Breite gestaut, wo auch der kanalisierte Teil abgeht. Hier sind eine Menge Ruhebänke aufgestellt, so dass ich mich gut zum Picknick niederlassen kann. Eine Entenmutter kommt mit ihrer großen Schar Küken aus dem Wasser und wird von den Passanten abgefüttert.

In Basel war ich ja schon zweimal mit dem Rad gewesen. Aber stets ist die Besichtigung der Stadt etwas zu kurz gekommen, zumal es bei der Fahrt nach

Alassio regnete. Also hatte ich mir für heute wieder ein besonderes Besichtigungsprogramm zurechtgelegt. Doch es kam auch diesmal wieder anders.

An einer Verkehrsampel im Außenbereich der Stadt musste ich bei rot anhalten, als sich ein weiterer Radfahrer zu mir gesellte. Er war sehr freundlich und fragte u.a., wo ich hinwolle. Bereitwillig gab ich ihm Antwort und sagte, dass ich den Rhein über die mittlere von den drei Stadtbrücken überqueren wolle. Doch er meinte, das sei für meinen weiteren Weg in Richtung Olten nicht so günstig, sondern ich solle vorerst auf dieser Seite bleiben. Ich brauche ihm zunächst nur nachzufahren. Das tat ich dann auch, ohne zu überlegen, dass ich auf diese Art und Weise um die Stadtbesichtigung komme.

Nun gut, die Stadt war schnell durchquert und der Radfahrer erklärte mir den weiteren Weg bis zur nächsten Brücke über den Fluß. Auf der linken Rheinseite befragte ich wieder einen daher kommenden Radler nach dem Weg nach Sissach - Olten. Der meinte, am besten würde ich am Hafen vorbei fahren. Ich hatte absolut keinen Grund, ihm zu misstrauen, aber was nun kommt, war der reinste Horror.

Ich bin beileibe kein ängstlicher Typ, aber dieser Weg, der in der Tat als Radweg ausgeschildert war, ließ mir die Haare zu Berge stehen, Der Weg war zunächst mal höchstens etwa 1,20 Meter breit. Bei den vollen Packtaschen, musste ich mich fast immer in der Mitte halten, denn rechts war eine etwa 60 cm hohe Stützmauer und dann ein hoher Bahndamm. Aber damit nicht genug, auf der linken Seite war der Fluss und zu diesem führte vom Radweg eine betonierte Böschung hinab. Also wenn man hier abkommt, rutscht man unweigerlich ins Wasser. Ich mochte gar nicht daran denken. Sehr unsicher fuhr ich langsam weiter. Ein Radfahrer kam mir entgegen, ich fuhr zum Anhalten ganz rechts ran und stützte mich mit dem Fuß an der Mauer ab. Bald hatte ich zwei Fußgänger, ein älteres Ehepaar vor mir. Sie bemerkten mich und wollten zur Seite treten. Doch als ich ins Wasser hinab sah, hatte ich keine Courage mehr, um vorbeizufahren. Ich hielt lieber an und machte eine kleine Pause. Bald kam eine Unterführung im Bahndamm. Ich hatte mir geschworen, keinen Meter länger als unbedingt notwendig auf diesem Weg zu bleiben, und wenn ich die ganze Strecke auf einem anderen Weg hätte wieder zurückfahren müssen.

Also fuhr ich hier raus. In einiger Entfernung sah ich einen Inlineskater auf einer geteerten Straße seine Kreise ziehen. Doch auch der meinte, der beste Weg in Richtung Sissach sei wohl, zunächst am Wasser vorbei. Als Alternative gäbe es noch einen Feldweg durch den Wald den Berg hinauf. Das war mir nun egal, und wenn ich das Rad hinauftragen müsste. Doch ganz so schlimm kam es nicht, aber schieben musste ich schon eine Strecke. Schließlich hörte ich Fahrgeräusche und ich kam auf die Straße nach Pratteln - Liestal.

Huh, das war mal wieder was, solche Sachen sollte man nicht machen. Ich bin ja in dieser Richtung schon ein paar Mal aufgefallen und erneut nahm ich mir vor, in unbekannter Gegend besser auf der Straße zu bleiben.

In Liestal hoffte ich, eine Tasse Kaffee auf den Schreck trinken zu können. Doch die kleine Stadt war zwar festlich mit allerlei Fahnen geschmückt, aber ein Café war in meiner Fahrtrichtung nicht zu finden. Vielleicht habe ich in Sissach, der nächsten Stadt mehr Glück.

Aber ganz ohne Problem war die Fahrt dorthin auch nicht. In einem Vorort fand ein Skater Wettkampf statt. Zunächst mal eine interessante Abwechslung zum Zusehen. Aber der Verkehr wurde umgeleitet und ich musste manchmal über den Bürgersteig schieben. Doch in der Stadt gab's ein Café, und ich war richtig froh, eine Weile ausruhen zu können. Neben einem Kännchen Kaffee leistete ich mir ein schönes Stück Erdbeertorte mit Moussé. Das hat allerdings knapp 10.-Sfr (gut 12.-DM) gekostet.

Die Stärkung war notwendig gewesen, denn nun kam ich bald ins Jura, einem Mittelgebirge, das ich überqueren musste. Auch diesen Weg bin ich schon Mal gefahren. Doch damals hatte ich den Pass, den 'Unteren Hauenstein' -690 m-

leichter genommen. Diesmal tat ich mir wesentlich schwerer. Aber auch dieser Aufstieg hatte ein Ende und ich war froh, als ich oben war. Es folgte dann eine schöne Abfahrt bis Olten an der Aare. Hier, sowie in dem folgenden Aarburg, zwei hübsche Städtchen, ließ ich mir etwas Zeit zum Besichtigen und machte ein paar Fotos.

 

Nach Zofingen ist es danach nicht mehr so weit, doch es war wie schon am Morgen vermutet, nicht mehr so ganz früh am Tag, etwa 18.45 Uhr. Interessant fand ich diesmal meine Kilometer-Vorausberechnung. Ich hatte 121 Km angenommen. Und genau soviel zeigte mein Computer an.

 

In Zofingen war in der Stadt reger Betrieb, denn es hatte ein internationaler

Duathlon-Wettkampf stattgefunden, der 'Zofinger- Superman-Duathlon'.

 

 

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Marktplatz in Zofingen

Etliche der Teilnehmer wohnten auch in der Jugendherberge und ich hatte schon Befürchtungen, dass die Herberge überbelegt sei. Doch der Herbergsvater beruhigte mich, denn erstens hätte er für mich ja ohnehin ein Bett reserviert und zweitens würde er für Spätankömmlinge auch noch was freihalten. Mit mir würde er gerade beginnen, das letzte Sechsbetten-Zimmer zu belegen. Es könne aber durchaus möglich sein, dass ich da allein bleiben werde. Und es kam auch niemand mehr, mir war es nicht unrecht. Für die Übernachtung mit Frühstück bezahlte ich 25,50 Sfr.

Auf meine Frage nach einem Abendessen meinte der Herbergsvater, er würde ja nur auf Vorbestellung, insbesondere für die Gruppen kochen. Aber heute Abend sei noch ein großer Topf mit Graupensuppe übrig. Da könne ich mich kostenlos bedienen. Nun, auch das war mir recht, brauchte ich mich nicht mehr extra umzuziehen, um in die Stadt zu gehen. Zu der Suppe aß ich von meinen Vorräten und trank eine Dose Bier, auch vom Vorrat. Eine weitere Flasche Bier als Schlaftrunk, kaufte ich mir am Kiosk der Herberge.

Heute bin ich 121,46 Km in 7.50 Std. gefahren. Durchschn. 15,28 Km/h.

 

 

Gesamt Km = 374

 

4. Tag, Montag, 22. Mai 2000

Zofingen - Gersau

 

Nach dem Aufstehen gilt natürlich der erste Blick dem Wetter. Insgesamt muss ich sagen, kann ich bisher sehr zufrieden sein. Vor allem hatte ich noch keinen richtigen Regen gehabt. Die Temperaturen spielen da keine so große Rolle.

Auch heute sind die Voraussetzungen für einen schönen Tag sehr günstig.

Der Herbergsvater hat im Speiseraum ein sehr schönes Frühstücksbüfett aufgebaut, hauptsächlich wegen der Teilnehmer am Duathlon. Und nun bin ich der Erste, der zulangt.

Danach gehe ich zunächst noch durch die Altstadt, die in einem der von mir benutzten Führer als schön angepriesen worden war. Nun, das Lob hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich mache noch ein paar Fotos.

Dann belade ich mein Rad und schon gegen 8.15 Uhr geht's los. Trotz des schönen Sonnenscheins, ist es sehr kühl. Doch die Wärme kommt von selbst, denn es gibt nun öfters Steigungen, es geht unaufhaltsam auf die Alpen zu.

Vor Sursee führt die Straße nach Luzern über die Autobahn. Hier treffe ich auf einen Amerikaner mit Fahrrad. Er war einer der Teilnehmer am gestrigen Rennen und hat einen der vorderen Plätze belegt. Er ist richtig happy. Bedauerlich, dass wir uns nicht besser verständigen können. Wir machen uns noch gegenseitig Fotos und dann fährt jeder seinen Weg.

Heute nehme ich die Gelegenheit wahr, um mal in die nahe Stadt Sursee am Sempacher See hineinzufahren. Wie oft bin ich hier schon vorbeigekommen, sowohl mit dem Auto als auch mit dem Fahrrad. Doch in der Stadt war ich noch nie. Wie die mitgebrachten Fotos bezeugen, hat sich der Abstecher sehr wohl gelohnt.

Nun kann ich auch den Rest des Tagesablaufs überblicken und glaube, heute noch bis zur Jugendherberge Gersau am Vierwaldstättersee fahren zu können. Der halbe Morgen ist zwar schon vorbei, aber dennoch versuche ich, mal dort anzurufen. Die Rezeption ist nicht mehr besetzt, doch der Anrufbeantworter ist eingeschaltet, so dass ich mein Anliegen vorbringen kann.

Auf der rechten Seite des Sees komme ich nach Nottwil. Die Stadt ist mir mehr vom Namen her bekannt, denn die Frauen-Handballmannschaft von hier hat mal in Alsweiler an einem Turnier teilgenommen und hat den ersten Platz belegt. An einigen Häusern hängen Transparente mit der Auffschrift: "Wir grüßen den Schweizer Meister". Sollten das gar die Handballerinnen von hier sein. Bei einer kurzen Pause befrage ich einen dahergekommenen Mann, der meine Vermutung bestätigt. Irgendwie freue ich mich ein wenig, den Schweizer Meister mit meinem Heimatort in Verbindung zu bringen. Auch eine feine Leistung für einen so kleinen Ort.

In Neuenkirch konnte man schon den Pilatus sehen, doch nur zum Teil, denn die Spitze hatte sich hinter einer Wolke versteckt. Der nächste Ort ist Emmenbrücke, kurz vor Luzern. Hier habe ich schon mal bei einer Radtour im Hotel Emmenbaum übernachtet. Bei der Durchfahrt komme ich da vorbei.

Ab hier gibt's nun einen speziellen Radweg bis Luzern.

Der Weg endet in Nähe des Vierwaldstättersee's, etwa dort wo die Reuß aus dem See ausfließt. Ich kaufe mir ein Sandwich und lasse mich auf einer Bank am Seeufer nieder. Vor mir befindet sich die bekannte hölzerne Kapellbrücke, vor einigen Jahren abgebrannt, aber schon wieder aufgebaut. Eine besondere Stadtbesichtigung lege ich nicht ein, denn bei der langsamen Stadtdurchfahrt bekommt man so viele Sehenswürdigkeiten zu Gesicht, dass man sich damit begnügen kann.

Bei der Weiterfahrt hat sich auch die Wettersituation nachteilig verändert. Es sind mittlerweile bedeutend mehr Wolken aufgezogen und es ist merklich kühler geworden. Das veranlasst mich, meine Wetterjacke überzuziehen.

Zunächst möchte ich über Meggen nach Küssnacht. Die Straße bleibt immer in Sichtweite des Sees. Vor Küssnacht befindet sich die Astridkapelle. Hier ist 1935 die belgische Königin Astrid, eine schwedische Prinzessin, bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Eine gut gepflegte, schmucke Anlage mit einer Kapelle hält das Andenken an sie und den Vorfall wach. Welche Bedeutung die Gedenkstätte auch heute noch hat, bezeugen die vielen Touristen, die tagtäglich hierher kommen.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Sees befindet sich ein weiteres Wahrzeichen der Region, der Rigi.

Bis Küssnacht sind es nur noch ein paar Meter. Zunächst fahre ich durch den Ort durch zur 'Hohlen Gasse', bestens bekannt durch Schillers 'Wilhelm Tell'.

Der Frühjahrssturm hat auch hier gewütet und etliche Bäume gefällt. Einige konnten noch nicht beiseite geräumt werden und liegen noch auf dem Weg. Es wird mir nun doch etwas zu beschwerlich noch bis ans Ende des Weges zur Kapelle zu gehen. Ich war ja schon mal hier, und lasse es dabei. Nach kurzer Besichtigung des Ortes Küssnacht, fahre ich dann auf der östlichen Seite des Sees weiter in Richtung Gersau.

Die Straße führt über Weggis und ist nicht gerade leicht zu befahren. Man muss etliche Steigungen nehmen. Dennoch bin ich schon gegen 15.30 Uhr an der Jugendherberge 'Rotschou', etwa drei Kilometer vor Gersau. Die Herberge ist noch bis 16.30 Uhr geschlossen. So fahre ich zunächst in den Ort hinein und mache auf der Seeterrasse eines Cafés meine Nachmittagsrast bei Cappuccino und einem Stück Kuchen. In einem kleinen Laden kaufe ich für alle Fälle noch etwas Proviant ein.

 

 

 

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Vierwaldstättersee mit Pilatus

Danach fahre ich wieder zur Herberge zurück, die inzwischen geöffnet ist. Die Herbergsmutter erklärt mir, dass mein Anruf vom Morgen angekommen sei.

Ich frage nach einem Einzelzimmer, da ich so was schon mehrmals hatte. Ja, kann ich auch hier kriegen, aber die Mutter berechnet 6 Sfr extra. Hatte ich auch noch nicht gehabt, vermutlich wäre ich ohnehin allein im Zimmer gewesen. Außer zwei Jugendgruppen sind nämlich kaum erwachsene Gäste da. Die Chefin bietet mir zum Nachtessen Spaghetti Bolognaise an, das nehme ich, so dass die Gesamtrechnung 40.-Sfr beträgt.

Die Zeit gestattet es mir, dass ich die angefallene Wäsche auswaschen und in einem Schuppen zum Trocknen aufhängen kann.

Beim Abendessen saß ein Mädchen aus Kanada bei mir am Tisch, deren Eltern vor 25 Jahren aus Deutschland ausgewandert waren. Sie hat nun einen Trip durch Europa gemacht und will in der nächsten Woche bei der Oma in der Nähe von Heidelberg sein.

Die Herberge, 'Rotschou' bedeutet in der Tat soviel wie roter Schuh, liegt direkt am Ufer des Sees und mein Zimmer ist gerade mal etwa 5 Meter vom Wasser entfernt. Das ist alles sehr romantisch. Nach dem Essen setze ich mich noch eine Weile vor die Tür. Das ist ein besonderer Genuss. Doch es wird auch immer kühler, so dass ich mich bald in mein Zimmer zurückziehe und zu Bett gehe.

Die Kilometerleistung war heute wieder mal nicht berauschend. Der Tacho zeigte 87,62 Km in 5,48 Std. bei einem Durchschnitt von 15,06 Km/h an.

Gesamt Km = 461.

5. Tag, Dienstag, 23. Mai 2000

Gersau - Göschenen

 

Beim Aufstehen erblicke ich einen prächtig vor mir liegenden See. Herrlich erheben sich die Berge auf der gegenüberliegenden Seite im Sonnenlicht. Hoch droben liegt noch Schnee. Leise schlagen die Wellen ans Ufer. Eine wunderbare Welt.

Ich mache mich fertig und gehe zum Frühstück. Das ist recht gut, man kann sich in der Küche bedienen. Allerdings so üppig wie gestern ist es nicht. Muss auch nicht sein.

So gegen 8.15 Uhr bin ich fertig, belade das Rad und schiebe es recht mühsam die steile Zufahrt zur Straße hoch. Von hier ist der Blick auf den See noch umfassender. Nach ein paar hundert Meter halte ich schon wieder an, denn jetzt sieht man auch den Pilatus am nördlichen Ende des Sees. Das ist schon ein schöner Anblick.

Über Gersau, wo ich ja gestern schon war, geht es weiter bis Brunnen. Auch hier beeindrucken mich die schönen Aussichten in die Berge gen Süden, wo ich den St. Gotthard vermute. Aber auch die Häuser und Anlagen in der Stadt sind recht ansehnlich. An der Schiffsanlegestelle ist schon lebhafter Betrieb. Ein Mann mit einer Uniform ähnlichen Jacke spricht mich an und wir unterhalten uns. Zunächst glaubte ich, er sei vom Ordnungsdienst der Gemeinde, doch dann merkte ich, dass er zu einem der Hotels gehörte. Er meinte, der Gotthardpass sei noch geschlossen. Er ging mit mir zur Rezeption seines Hotels und telefonierte. Dann sagte er mir, nach Angaben des Wetterdienstes seien noch einige Alpenpässe gesperrt, darunter auch der Gotthard- und der Sustenpass. Aber ich solle sicherheitshalber nochmals bei der Information in Altdorf, am südlichen Ende des Sees, nach hören. Das passte mir ja nicht, aber dagegen kann man nichts machen. Wenn dem so ist, muss ich ein Stück mit dem Zug bis Airolo auf die südliche Seite des Passes fahren.

Die Straße, die nun am See entlang verläuft, heißt Axenstraße, sie kommt vom Zuger See herüber und ist für die Autos neuerdings sehr gut ausgebaut. Auch an die Radfahrer hat man gedacht und einen Randstreifen angelegt. Vor vier

Jahren war das noch nicht so gut.

An der Tellskapelle machte ich wieder eine kurze Ruhepause und genoss den Blick auf die Landschaft. Allerdings, zur Kapelle, die ja tief unten am See liegt, stieg ich diesmal nicht hinab.

Das Wetter ließ sich weiterhin gut an, blauer Himmel, viel Sonne, ein paar Schleierwolken.

Über Flüelen kam ich bald nach Altdorf, wo ich mich zuerst zur Information begab. Die Dame dort war sehr freundlich und versorgte mich mit Unterlagen, auch für die Strecke bis zum Gotthard. Aber auch sie bestätigte, dass der Pass noch gesperrt sei. Sie meinte jedoch, ich könne es mal versuchen, vielleicht käme ich durch. Für mich aber kein brauchbarer Vorschlag, was haben doch die Leute manchmal für Vorstellungen. Da würde ich mich einen halben Tag eine manchmal zehn-prozentige Steigung regelrecht hoch quälen, und käme im letzten Teil doch nicht weiter. Und dann wieder umkehren, nein das werde ich mir nicht antun. Doch soweit bin ich ja im Moment noch nicht, bis Göschenen kann ich in jedem Fall noch fahren.

Ich sehe mich also in Altdorf noch etwas um, auch hier ist wieder ein Tell-Denkmal - mit Sohn und Armbrust -, dann fahre ich weiter.

Mir fällt ein, ich könne ja mal in der Jugendherberge in Hospental anrufen. Das ist vor dem Anstieg zu den letzten zehn Kilometer vor dem Pass. Aber auch hier läuft der Anrufbeantworter und weist auf die Nummer der Auskunft hin.

Ich nehme an, dass die Herberge wegen des geschlossenen Passes auch noch nicht geöffnet ist. Nun, ich werde es erfahren.

Noch vor Mittag komme ich nach Erstfeld, wo an einer Tankstelle die gesperrten Pässe angegeben sind, darunter der Gotthard. Es scheint doch so zu sein, dass ich nicht hochfahren kann. Zunächst frische ich in einem Coop -

Laden meinen Proviant auf, etwas Salami, Brötchen, zwei Bananen und natürlich eine große Flasche Wasser. Den Berg hinauf wird es wohl viel Durst geben. Das Problem Gotthard lasse ich auf mich zukommen.

Bei Amsteg beginnt dann die Steigung in Richtung Passhöhe. Aber das sind noch gut 35 bis 40 Kilometer bis man oben ist. Aber soviel habe ich heute ohnehin nicht auf meinem Programm.

Neben dem für mich recht ungewöhnlichen Kraftaufwand muss ich mich auch mental auf das richtige Fahren einstellen. Immer wieder sage ich zu mir selbst

"Nur langsam fahren". Am Beginn des Aufstiegs habe ich schon den kleinsten Gang eingelegt, um möglichst Kraft sparend fahren zu können. Ich muss es ehrlich gestehen, vielmehr geht auch nicht mehr.

Also Tritt für Tritt geht's aufwärts, in der Karte ist die Steigung mit 10 % verzeichnet. Nach gut vier Kilometer komme ich nach Intschi. Am Ende des Ortes befindet sich ein Brunnen mit einem großen Trog für eine Viehtränke. Hier mache ich mal eine Ess- und Ruhepause. Das kühle, klare Wasser wirkt sehr erfrischend.

Doch dann, als ich weiterfahren will, fährt mir ein gewaltiger Schreck in die Glieder. Meine Lenkertasche ist ja nicht an ihrem Platz. Ich habe sie doch nicht abgenommen. Trotzdem suche ich am Brunnen alles ab. Sie ist nicht da, was nun? Ich muss wieder den Berg hinunter fahren, mir ist richtig schlecht geworden. In der Tasche ist doch alles was für mich wichtig oder von Wert ist.

Ein Geldbeutel mit ca. 800 DM und allen meinen Ausweisen, die Scheckkarte und die anderen Plastikkarten, Ein zweiter Geldbeutel mit dem französischen und ein weiterer mit dem italienischen Geld, das Handy mein kleiner Fotoapparat, das Diktiergerät, kurz alles, was nur irgend einen Wert hat. Ich bin praktisch pleite.

Aber wo könnte sie überhaupt sein? Ach ja, vielleicht im Coop - Laden?

oder auf einem Rastplatz, wo ich mal kurz hinter einen Busch musste.

Mein Gott, heiliger Antonius, du bist doch für solche Dinge zuständig, hilf mir.

Es kommt auch was in deinen Opferstock. Und du, Lenje, kannst du nicht was für mich tun? Was schießen nicht alles für Gedanken durch meinen Kopf, während ich heruntersause

Zuerst sehe ich auf dem Rastplatz nach, schaue in die Mülltonnen usw.,

nichts. Vorsorglich lobe ich mal einen Finderlohn aus, 50.- Schweizer Franken.

Und was ist, wenn ich sie nicht mehr kriege? Schweizer Franken habe ich ja noch in meinem Brustbeutel. Ich muß die Fahrt abbrechen und im Hotel übernachten. Dann kann mein Bruder Norbert, der Gärtner, mich abholen kommen. Es sind zwar auch noch Hans und Thomas da, aber Norbert kennt sich ja hier aus wie in seiner Westentasche.

Und dann, wenn ich zu Hause bin, wird man mich fragen: "Ei, Hugo, bist du schon zurück aus Rom?, das ging aber schnell"! Ja, wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.

Um 13.40 Uhr bin ich wieder am Coop -Laden. Bis 14.00 Uhr ist noch Mittagspause. Das ist noch unendlich lang. Dann kommt die Chefin und schließt die Türen auf.

Etwas vorsichtig befrage ich sie. Sie meint, sie hätte nur Spätdienst und könne vom Morgen nicht viel sagen. Ab er es könne sein, dass auf ihrem Büro so was stehen würde. Ich könnte ihr schon gleich um den Hals fallen und denke, das ist bestimmt meine Tasche. Und tatsächlich kommt sie mir ihr zurück, es ist noch alles drin. Gott sei Dank. Über die näheren Umstände des Auffinden kann sie allerdings nichts sagen. Im Nachhinein denke ich, dass ich sie entweder beim Abwiegen der Bananen oder an der Kasse stehen ließ.

Ich übergebe der Marktleiterin die 50 Sfr, doch sie meint das wäre zuviel und will es nicht nehmen. "Es geht nicht anders", erwidere ich, "ich hab's versprochen". Dann sage ich, dass das Geld dem Finder auszuhändigen ist, wenn es sich um eine Privatperson handelt. Im anderen Fall solle sie es in die

Gemeinschaftskasse der Angestellten tun.

Sehr erleichtert fahre ich dann wieder in Richtung Gotthard, doch die Sache an sich beschäftigt mich sehr, wie das überhaupt passieren konnte? Oder sind das nun doch schon Alterserscheinungen, ich muss es fast annehmen.

 

 

So ganz nebenbei bemerkt, habe ich 20 Km umsonst gefahren. Am Brunnen, wo ich das Fehlen der Tasche bemerkt hatte, bin ich schon längst vorbei, als ich nach Wassen komme. Das ist der Ort, wo man mit der Bahn gleich dreimal an der Kirche vorbeifährt. Hier frage ich einen einheimischen Radfahrer, der mir von oben entgegenkommt, wie er die Sache mit dem gesperrten Pass sähe, ob man nicht doch hochfahren könne. Er sagt mit in etwas schroffen Ton: "Wenn der Pass gesperrt ist, ist er gesperrt"! Nun wußte ich es also.

 

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Kapelle am Aufstieg zum Gotthardpass

 

Vor Göschenen stand auch wieder ein großes Hinweisschild am Straßenrand, das auf die Sperrung hinwies. Nun war es endgültig, in Göschenen ist Schluss mit dem Aufstieg, von da fahre ich mit dem Zug weiter. Der Ort ist übrigens auch der letzte am Berg, von wo man die Möglichkeit hat, einen Zug auf die andere Seite zu benutzen.

Also suchte ich das Hotel 'Krone', das mir die Dame in Altdorf schon für diesen Fall empfohlen hatte und nahm mir dort ein Zimmer. Das war zwar schon ein älteres Haus, wo man, wie so oft in der Schweiz, die Zeit ein wenig verschlafen hat. Da ist in den letzten Jahren kaum etwas investiert worden. Dennoch, sauber war es schon. Die Übernachtung mit Frühstück kostete 40.-Sfr.

Die Dusche befand sich auf dem Flur.

Nach dem Duschen ging ich zum nahen Bahnhof um mich nach der Zuglage für morgen zu erkundigen. Kurz vor 9.00 Uhr hatte ich eine passende Verbindung nach Airolo, die ich mir vornahm. Dann machte ich noch eine Besichtigung des Ortes. Hierbei fiel mir ein Radfahrer mit Gepäck auf, der die Aushänge verschiedener Hotels studierte. Ich sprach ihn an und fragte, ob er ein Zimmer suche? Als das bejahte meinte ich, er könne es mal in der 'Krone' versuchen, dort sei es preiswert .

Bei meiner Rückkehr kam er mir schon entgegen, er hatte sich eingemietet. Wir tranken ein Bier zusammen. Er hieß Daniel und kam aus Zürich. Auch er wollte über den Gotthard nach Italien. Das mit dem gesperrten Pass gefiel ihm zwar auch nicht, aber er meinte, er würde es versuchen.

 

Zum Abendessen kam er nicht, ich hatte mir mein Essen schon am Nachmittag ausgesucht, ein Cordon-bleu für 20.- Sfr. Danach ging ich zu Bett. Der turbulente Tag und der Aufstieg bis hierher hatte doch eine Menge Körner gekostet. Ich war sehr müde.

Heute habe ich 77.15 Km in 6,18 Std. gefahren. Durchschn. = 12,22 Km/h.

Ges.Km:. = 538.

6. Tag, Mittwoch, 24.Mai 2000

Göschenen - Verbania

 

Auch heute beginne ich wieder mit dem Wetter. Ein herrlicher Tag zeigt sich in Göschenen an, schöne Sicht in die Berge.

Zum Frühstück stehen die Backwaren und der Kaffee in einer großen Kanne auf dem Tisch. Alles andere nimmt man sich an dem sehr zufriedenstellenden Büfett.

Daniel kommt auch und setzt sich zu mir an den Tisch. Er will es über den Gotthard versuchen. Ich bleibe bei meinem Entschluss. Als ich schon fast fertig bin kommt ein weiterer Radler zu uns. Es ist Michael, ein junger Mann aus Stuttgart. Ich hatte ihn gestern Abend schon kurz gesehen und begrüßt, aber keinen weiteren Kontakt. Er macht mit dem Mountainbike extreme Touren und ist extra wegen den noch gesperrten Pässen zu diesem Zeitpunkt hierher gekommen und will sich nun an ihnen versuchen. Er war gestern Mittag ohne Gepäck auf dem Gotthard gewesen. Ja, es liegt noch Schnee oben, aber er ist durchgekommen. Heute will er unter ähnlichen Bedingungen zum Susten-Pass fahren. Als Daniel das hört, will er sich ihm anschließen und seine Fahrt über den Gotthard etwas verschieben. Michael nimmt ihn mit. Ich ändere meinen Plan nicht mehr und fahre anschließend zum Bahnhof.

So recht zufrieden bin ich mit der Lösung nicht, aber die Fahrt mit dem Zug auf die andere Seite erspart mir zugegebenermaßen doch eine Menge Strapazen. Restlos zufrieden war ich dann, als ich mit dem Zug in Airolo aus dem Tunnel kam. War das ein Unterschied mit dem Wetter, in Göschenen strahlender Sonnenschein und hier eine richtige Waschküche. von einer schönen Sicht keine Spur. Wenn das oben auf dem Pass auch so ist, dann habe ich nicht viel versäumt.

Also orientiere ich mich hier am Bahnhof und nehme die Weiterfahrt in Angriff.

Doch zunächst muss ich mich gut anziehen. Bis Bellinzona sind es ca. 60 Km

und da geht es mehr oder weniger nur bergab. Die Straße ist noch trocken, aber an den steilen Stellen und den Spitzkehren muss man doch vorsichtig fahren.

In Prato verließ ich für kurze Zeit die Hauptstraße und fuhr durch den historischen Teil des Ortes mit der Kirche und der alten Brücke über den Ticino. Später gibt es keine Steilstücke mehr.

Die 60 Km bis Bellinzona habe ich in Genau 3 Stunden geschafft. Nicht, dass das eine besondere Leistung gewesen wäre.

Hier muss ich mal ein Wort zu den Radwegen allgemein in der Schweiz verlieren. Es gibt so 5 - 7, -genau weiß ich es nicht- Wege, die sich auf eine längere Entfernung durch das Land ziehen. Einige in West - östlicher, andere in Nord - südlicher Richtung. Durch eine gut sichtbare Zahlenmarkierung sind sie leicht zu finden. Ich habe mich z.B. von Basel bis hier nach Bellinzona stets auf der Route Nr. 3 bewegt. Und gerade hier, in einer größeren Stadt kann man die Vorteile des Systems gut erkennen. Man kommt nicht durchs Zentrum, sondern wird am Stadtrand vorbei geleitet. Fährt man auf eine Kreuzung zu, sieht man schon aus einer gewissen Entfernung in welche Richtung es weitergeht.

Bellinzona gehört zwar noch zur Schweiz, liegt aber am südlichen Fuß der Alpen, eine Stadt die schon ausgesprochen südliches Flair hat. Und gerade hier erwische ich ein mieses Wetter mit zwei - drei Regenschauern bis nach Locarno. Ein besonderes Problem aber ergab sich daraus nicht, mit der Regenjacke konnte ich ohne Aufenthalt weiterfahren. Lediglich eine Besichtigung der Stadt fiel aus. Außerhalb machte ich unter einem Baum, der den Regen noch abgehalten hatte, mein Mittagspicknick und fuhr dann nach Locarno, an den Lago Maggiore.

Wer hat nicht schon von der Romantik dieses Sees und seiner Städte wie z.B. Locarno geträumt? Ich war noch nie hier, doch Fotos habe ich schon gesehen und etliches gelesen. Ich stellte mir vor, wie schön es sei, mal in dieser mondänen Welt ein paar Stunden in der Stadt und am See zu verbringen. Ausdrücklich bezog ich auch das nahe gelegene Ascona in meine Überlegungen ein. Dass ich dazu in der Jugendherberge übernachten würde, machte mir nichts aus. Doch daraus wurde nichts. Das trübe Wetter durchkreuzte meinen Plan. So gönnte ich mir, nach einer Besichtigung bei langsamer Fahrt vom Fahrrad aus, in einem der vielen Cafés gerade mal einen Cappuccino und ein Stück Moccatorte.

Das Wetter war nun wirklich nicht zum promenieren. Da kann ich auch mit dem Fahrrad weiter gen Süden fahren, wenn's geht bis nach Verbania. Das liegt ebenfalls am See, aber schon in Italien, und hat eine Jugendherberge.

Die Straße ist ziemlich eng und führt immer am See entlang. Steigungen kennt man in diesem Bereich nicht. Je weiter ich nach Süden kam, um so mehr lichteten sich die Wolken. In Verbania war dann sogar passables Wetter. Was man am besten bemerkte, war die Temperatur, es war hier schon wesentlich wärmer. Die Suche nach der Jugendherberge gestaltete sich zunächst etwas schwierig. Verbania ist die größte Stadt am Lago Maggiore, die Leute wußten einfach nichts oder kaum was von der Herberge. Erst als ich schon ziemlich nahe dran war, traf ich auf eine ältere Dame, die sich sogar bereit erklärte, mir den Weg zu zeigen. Einmal meinte sie, ich solle doch nicht so schnell gehen, sie sei immerhin schon neunzig. Sie ließ es sich aber nicht nehmen, mit mir bis zur Herberge zu gehen.

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Am Lago Maggiore

 

Die Herberge ist eine ältere Villa in einem Park ähnlichen Gelände unweit des Sees. Sie war sehr schwach belegt, aber in der Ausstattung große Klasse.

So schön habe ich noch selten gewohnt. Ich bekomme ein großes Zweibettzimmer für mich allein, mit toller Dusche und WC. Es kostete 26.000 Lire (Lit.), das sind etwa 26.-DM.

Da die Sonne nun vollends herausgekommen war, nutzte ich die Gunst der Stunde und wusch noch schnelle ein paar Wäschestücke aus. Am Fensterkreuz konnte ich sie gut zum Trocknen aufhängen.

Danach ging ich in die Stadt. Auf einem größeren Platz am See informierte ich mich über die Essenangebote der einzelnen Lokale. Es war nicht viel los, es waren kaum Touristen unterwegs. Bei einem Chinesen fiel mir ein Angebot auf einem Plakat auf. Soviel ich entziffern konnte, handelte es sich um ein Menü aus zwei Tellern, die im wesentlichen aus Gemüse, Hühnerfleisch und Gnocchi bestanden, dazu Wein. Na, das könnte ich mal versuchen, aber mein chinesisch... Ich setzte mich also in den Garten auf der anderen Straßenseite, wo ein Chinesenboy die Wache hielt.

 

 

Wie befürchtet, er verstand mich nicht. Er verschwand im Lokal und brachte eine Chinesendame mit. Auch mit ihr war es etwas schwierig. Doch ich hatte den Verdacht, dass sie mich eher nicht verstehen wollte. Denn sie schrieb mir ein ähnliches Menü auf, das wesentlich mehr kosten sollte. Nun , das wollte ich doch genau wissen und führte sie zu ihrem eigenen Plakat. Jetzt hatte sie begriffen.

Ich wurde den Verdacht nicht los, dass sie meine Unbeholfenheit zu ihrem Vorteil ausnutzen wollte. Doch ich muss auch ausdrücklich erwähnen, dass das Essen sehr schmackhaft und reichlich war. Das war übrigens der erste Besuch von mir bei einem Chinesen.

Nach einem kleinen Spaziergang entlang des Sees ging ich dann in die Herberge zurück. Ich glaube, der Entschluss bis hierher zu fahren, statt in Locarno zu bleiben, war richtig.

Als ich zur Herberge zurückkam, war die Rezeption nicht besetzt. Aber ich hörte Stimmen in den Parterreräumen. Ich brauchte ja meinen Schlüssel und so ging ich denn den Stimmen nach. Ich kam in einen großen Salon, wo zwei ältere Damen auf einer Couch bzw. Sessel saßen. Die Dame von der Rezeption stand im Türrahmen und unterhielt sich mit ihnen. Auch in andere feudale Räume, die offensichtlich zu der Wohnung gehörten, konnte man sehen.

Es stellte sich heraus, dass die Villa mal einer der Damen gehörte. Sie hat sie an das Jugendherbergswerk übertragen und sich lediglich noch eine Wohnung vorbehalten. Eine edle Sache, was.

Heute habe ich 7,20 Std. im Sattel gesessen und dabei 125,8 Km gefahren.

Der Durchschnitt betrug 17,2 Km/h.

Ges. Km. = 666

 

7. Tag, Donnerstag, 25. Mai 2000

Verbania - Porona ( bei Mortara )

 

Auf das Frühstück hätte ich diesmal besser verzichtet; denn erstens gab es nichts vor 8.30 Uhr (fast Mittag!!) und zweitens, karger geht's fast nicht mehr.

Das waren zwei Stück eingepackter Zwieback, ein kleines Päckchen Butter und eine Portion Marmelade, dazu eine Tasse Kaffe aus dem Automaten.

Das war wirklich wenig, da musste ich im Laufe des Vormittags noch eine Pause zum zweiten Frühstück einlegen. Was ich gestern schon erwähnte, dass die Herberge nur schwach belegt war, bestätigte sich am Kaffeetisch. Da waren gerade mal drei Plätze - mit meinem- eingedeckt. Doch, mal vom Frühstück abgesehen, war ich ja sehr!! zufrieden.

So gegen 9.00 Uhr konnte ich dann losfahren. Der See bildet nun in westlicher Richtung so etwas wie eine 'Nase', die es zu umfahren gilt. Am Ende treffe ich auf die Straße, die vom Simplonpass über Domodossola herunterkommt. Diesen Weg hatte ich genommen, als ich nach Alassio zum Schwager Ernst gefahren war. Ein gutes Stück des nun folgenden Weges in Richtung Genua war mir also von damals her bekannt.

Das Wetter war bei der Abfahrt in Verbania noch nicht ideal, es war wolkig und ziemlich diesig. Doch im Laufe des Vormittags besserte es sich nach und nach, es wurde schließlich ein super Tag.

Zunächst kam ich dann auf der Westseite des Sees zu dem reizvollen Örtchen Baveno, wo es sich lohnte eine kleine Pause zur Besichtigung zu machen. Von hier aus kann man auch schon die Borromäischen Inseln sehen. Die wohl bekannteste ist Isola Bella (die schöne Insel) in der Nähe von Stresa, einer der meistbesuchten Orte am Lago Maggiore. Kenner schätzen aber auch die Insel Pescatori, wo es die Bewohner verstanden haben, das Urtümliche zu erhalten.

Bei meiner ersten Fahrt hatte ich ohne besondere Begründung auf eine Bootsfahrt mit Besichtigung verzichtet. Das wollte ich nun nachholen. Mein Plan sah so aus: Fahrt mit dem Boot ab Stresa, auf Isola Bella nicht aussteigen sondern weiterfahren bis Pescatori. Dort eine kurze Besichtigung und wieder zurück nach Stresa. Vielmehr an Zeitaufwand war einfach nicht drin.

Doch zuerst machte ich in Stresa mein zweites Frühstück. Das war nun auch nicht besonders viel, ein Cappuccino und ein Croissant. Aber es half mir weiter.

Dann informierte ich mich am Strand über die Fahrmöglichkeiten zu den Inseln. Doch da bin ich doch bald umgefallen, 78.000 Lit. wollte man haben für die Rundfahrt einer Einzelperson. In der Gruppe kostete es noch genau die Hälfte. Nein, das war mir zuviel, damit hatte ich nicht gerechnet. So begnügte ich mich damit, vom Strand aus ein paar Fotos in Richtung Isola Bella zu machen.

Ich war übrigens nicht der einzige, dem es so erging. Ich beobachtete mehrere Ehepaare, die kopfschüttelnd wie ich wieder abzogen. Für die war es natürlich erheblich teurer.

So konnte ich dann auch bald weiterfahren. Die Straße führt immer nahe am Seeufer vorbei, oft mit schöner Aussicht bis auf die andere Seite, wo besonders das bekannte Schloss der Visconti ins Auge stach. Kurz hinter Arona ist dann der See zu Ende und ich kam bald nach Oleggio. Hier hatte ich bei meiner ersten Fahrt übernachtet. Nun verließ ich auch die N 32 und fuhr über verkehrsarme Straßen durch die Po-Ebene.

Dass die Ebene eine sehr fruchtbare Gegend ist, dürfte wohl den meisten von uns bekannt sein. Besonders interessierten mich die großen Reisfelder. Es ist nun schon Nachmittag und richtig heiß geworden. Doch darüber möchte ich mich nicht beklagen. Das Wetter muss man mehr oder weniger nehmen wie es kommt.

Wegen der kleinen Straßen, fehlten auch hier manchmal die Kilometer- angaben, so dass ich nicht recht abschätzen konnte, wie weit ich heute kommen würde. Die Erfahrung hat gezeigt, dass man doch schon gut beraten ist, in einer größeren Stadt zu übernachten, da sich hier eben mehr Möglichkeiten bieten. So schien mir Vigevana als Etappenziel sehr geeignet.

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Vigevana, Zentrum mit Kathedrale

Das ist eine ausgenommen hübsche Stadt, mit einem großen Platz vor der Kathedrale, umgeben von Arkaden und einer Menge Straßencafés. Ich begab mich also zur Tourist Information im Rathaus, wo ich Hilfe bei der Herbergssuche erwartete. Doch der recht freundliche Herr machte mir wenig Hoffnung, da es nicht soviel Fremdenverkehr hier gebe und somit auch das Angebot an Betten nicht allzu groß sei. Dennoch rief er in zwei Hotels an, doch leider vergebens. Ich meinte, er solle es mal in der Umgebung versuchen, denn irgendwo wollte ich nun unterkommen. Beim erneuten zweiten Anlauf wurde er dann fündig, aber das waren noch 12 Kilometer zu fahren. Also wurde es nichts mit der schönen Stadt.

So musste ich denn in Richtung Mortara weiterfahren bis Parona, wo ich zu dem in Aussicht genommenen Hotel 'Giardino' kam. Sowohl der Seniorchef als auch sein erwachsener Sohn sprachen gut deutsch. Man gab mir ein Dreibettzimmer mit Dusche, WC und Balkon. Auch ein Fernseher mit Sat-1 und Eurosport war vorhanden. Es kostete 55.000 Lit., ohne Frühstück.

Zuerst ließ ich mich mal in der Gaststube nieder und trank ein großes Bier. Nach der Dusche machte ich einen Rundgang durch den Ort, doch hier war so gut wie nichts zu sehen, lediglich ein paar Getränke brachte ich mit.

Zum Abendessen war es noch zu früh, so legte ich mich aufs Bett, um fern zu sehen. Doch hier war es dasselbe wie zu Hause, ich schlief darüber ein.

Dann war es doch Zeit zum Abendessen. Auf den Gesamtablauf muss ich etwas näher eingehen: Vom Hotel her gelangt man ins Nebenzimmer des Restaurants. Da war schon fast alles besetzt. Aber ein kleiner Tisch, fast wie für mich reserviert war noch frei. Und nun kommt's, der große Speisesaal war fast ausschließlich von Kindern, Jungen und Mädchen, belegt. Die machten einen Heidenlärm. Wie Kinder eben sind. Der Anlass war mir auch bald klar, spätestens nach dem Lied 'Happy birthday'.

Also, eines der Mädchen hatte Geburtstag, es wurde gesungen, Sketche vorgetragen und eine Polonäse veranstaltet. Das war sehr amüsant. Die übrigen Plätze im Speisesaal hatten die Angehörigen der Kinder eingenommen. Mit großem 'Hallo' wurde das Essen begrüßt. Im wesentlichen gab es Pizza, als Getränk wurde Cola bevorzugt. Auch einen Nachtisch gab es, alles mit Beifall. Ich habe dem Ganzen sehr interessiert zugesehen.

Ach ja, ich hab dann auch noch was gegessen. Zu dem Restaurant gehörte eine Pizzeria. Da hatte ich mir schon kurz nach meiner Ankunft eine Pizza ausgeguckt, mit Schinken, Gemüse und Käse. Doch als die Nachbartische bedient wurden, die waren ja vor mir dran, liefen mir fast die Augen über, so große Pizzas habe ich noch nicht gesehen. Das waren einfach Riesendinger, die nicht auf den Teller passten. Und Klasse geschmeckt haben sie auch noch.

 

Das Ganze wurde dann noch mit einem halben Liter Rotwein abgerundet. Zum Wein muß ich allerdings sagen, dass ich nur ein Viertel bestellt hatte, aber man hat mir eben einen halben Liter gebracht. Nun, man lässt sich ja zu so was nicht schlagen. Ich muss schon sagen, da hatte ich schon meine Probleme, um alles wegzuputzen. Aber, Reste machen gilt ja nicht. Und der Preis war auch in Ordnung, der Chef kassierte selbst und verlangte 18.000 Lit.

Km heute: 112,72 in 6,46 Std., = 16,64 Km/h

Gesamt Km = 77

 

8. Tag, Freitag, 26. Mai 2000

Parona - Genua

 

Mit Spannung erwarte ich das vom Chef angekündigte 'kleine' Frühstück', wie er mehrfach betont hatte. Nun, so viel wie gestern in Verbania war es allemal, dazu kostenlos. Der Chef war selbst schon um 7.00 Uhr im Lokal und bereitete mir einen Cappuccino und legte ein Vakuum verpacktes Croissant dazu. Anschließend schenkte er mir noch eine nicht gerade kleine Schachtel Gebäck. Alles in allem konnte ich mit dem Aufenthalt hier sehr zufrieden sein.

Schon vor 8.00 Uhr konnte ich losfahren. Die ersten Hinweise aufs heutige Wetter waren sehr gut. Und in der Tat, es gab einen wunderbaren Tag, wenngleich die Temperaturen später in Richtung 30 Grad hochkletterten.

Was mich etwas irritierte, waren die verschiedensten Angaben über die Entfernung bis Genua. Die schwankten zwischen 120 bis 160 Kilometer. Meine eigenen Berechnungen lagen eher im unteren Bereich. Ob ich mich schon wieder wesentlich vertan hatte? Ein entscheidender Faktor wird jedenfalls der Giovi-Pass vor Genua sein, wo es gilt, über die Ausläufer des Apennin zu fahren. Im Stillen hoffte ich, evtl. heute bis Genua zu kommen.

Zunächst geht es aber noch durch die Po -Ebene, alles eben. Den Po überquere ich über eine mächtige Brücke ca. 20 Kilometer vor Tortona.

Zu dem Zeitpunkt, als ich den hier vorliegenden Bericht ins 'Reine' schreibe, muß ich noch einen Absatz zufügen. Es ist Mitte Oktober 2000 und in der Südschweiz und Oberitalien gehen heftige Regenfälle runter. U.a. sind große Teile der Po Ebene überflutet. In den Alpen sind schwere Erdrutsche zu verzeichnen, Häuser sind verschüttet, es hat etliche Tote gegeben-. Also ganz schlimme Auswirkungen einer Naturkatastrophe. ---

In Tortona mache ich Rast in einer schattigen Parkanlage in Nähe des Bahnhofs. In einer Metzgerei hatte ich mir ein großes Sandwich machen lassen, quasi halbwegs als Ersatz für das nicht so üppige Frühstück.

Zu sehen gab es hier nicht viel. Aber am Bahnhof saßen die Taxifahrer zusammen, so dass ich bei ihnen mal nach der Entfernung bis Genua nachfragte. Sie meinten, etwa 80 Km seien es wohl noch. 40 Km hatte ich ja schon, so dass ich mit meiner eigenen Berechnung hinkäme.

Von Tortona ging's dann durch das Tal des Flüsschens Serivia zunächst ohne wesentliche Steigungen weiter. Jedoch die ersten Berge schoben sich immer näher heran. Der Platz im Grund des Tales wurde jetzt für Fluss, Autobahn, Straße und Eisenbahn immer enger. Jetzt sah ich auch schon von weitem eine hoch auf dem Berg stehende Kirche, die mir schon bei den Zugfahrten nach Alassio aufgefallen war.

Es ist nun richtig heiß geworden. Ein großes Außenthermometer zeigt 33° an, wie mir scheint etwas zu hoch. Dennoch, ich muss jetzt öfters Pausen zum Trinken einlegen. Nun war ich gespannt auf den Giovi-Pass, der immer noch vor mir lag. Nach der Straßenkarte müsste ich eigentlich bald dort sein.

Ab Busalla ging's dann bergauf so richtig los, doch die Steigung war höchstens 2 Km lang. Das war also gut zu schaffen. Um 15.30 Uhr war ich bei Höhe (nur!) 590 Meter oben. Ich habe rund 100 Tageskilometer, das ist schon recht ordentlich. Ein Thermometer zeigte hier oben 26°. Also waren die bereits erwähnten 33° im Tal wohl doch nicht so falsch. Zur Kaffeepause trinke ich hier oben wieder einen Cappuccino und esse ein Stückchen.

Danach gibt es dann eine rasante Abfahrt hinunter nach Genua, praktisch bis auf Höhe 00 Meter. Die ist natürlich steiler und länger als der Aufstieg auf der anderen Seite. In den Außenbezirken von Genua nimmt der Verkehr stark zu. In den oft engen Straßen ist das Fahren nicht gerade leicht. Doch im wesentlichen kannte ich die Streckenführung, ich orientiere mich hauptsächlich am Hafen, so dass ich ohne Aufenthalt zum Hauptbahnhof gelange.

Es ist gerade mal 17.15 Uhr.

Bei der Tourist-Information in der Bahnhofshalle bitte ich die Dame, mir ein Bett in der Jugendherberge zu reservieren. Das klappt ohne Schwierigkeiten, so dass ich nun noch etwas Zeit zu weiteren Aktivitäten habe. Als erstes möchte ich mal bei der Bahnauskunft vorsprechen, um die noch bestehenden Fragen über die Rückfahrt mit dem Fahrrad zu lösen. Aber das gelang mir einfach nicht, das solle ich in Rom erledigen. Muss ich also bis dahin warten.

Die ganze Fragerei hat doch einige Zeit gekostet, so dass ich mich nun doch zur Jugendherberge aufmachte. Mir war schon lange klar, dass dies noch eine

Plage werden würde, denn die Herberge liegt hoch auf dem Berg, der direkt am Bahnhof beginnt.

Ein paar Hundert Meter kann ich fahren, doch dann wird es mir zu steil, ich muss absteigen und größere Abschnitte schieben. In den Kurven der Serpentinen werde ich allerdings durch die schönen Ausblicke auf die Stadt und den Hafen in etwa entschädigt. Langsam schiebe ich über den Bürgersteig weiter. Es scheint so, als würde die Straße kein Ende nehmen.

 

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Genua, Blick von der Jugendherberge aus

 

Schließlich komme ich dann zur Herberge. Da bin ich schon richtig geschlaucht. Man hat schon auf mich gewartet, ein Bett ist für mich reserviert. Es befindet sich in einem 8-Bett-Zimmer, das mit mir nun voll belegt ist. Die meisten der Gäste sind nicht anwesend, so dass das Zimmer relativ geräumig wirkt. Ich kann mich also gut einrichten und gehe duschen.

Es ist eine große Herberge mit mehr als 200 Betten. Im Erdgeschoss befindet sich eine Cafeteria, die auch warmes Abendessen anbietet. Dort gehe ich also hin, denn nochmals hinunter in die Stadt und wieder hinauf, das wollte ich nicht. Allerdings muss ich sagen, dass es eine Busverbindung gibt. Also, in der Cafeteria bestelle ich mir Maccaroni mit Tomatensoße und frage nach einem Bier. Die Bedienung verweist mich hierzu an die Getränkevitrine, wo ich mich selbst bedienen könne.

Doch dabei komme ich fast aus dem Gleichgewicht, steht doch da Bier in Dosen mit der Aufschrift "St. Wendeler Brauburger Pils, Brautradition seit 1836" und dem Wappen. Ungläubig, fast ehrfurchtsvoll nehme ich eine Dose in die Hand, tatsächlich, da ist auch die Anschrift aus unserer Kreisstadt drauf. Ich wußte gar nicht, dass es das früher bei uns so beliebte 'Paque-Bier' noch gibt, da die Brauerei schon lange geschlossen ist. Da muss ich mit dem Fahrrad nach Genua fahren, um dort in der Jugendherberge ein Bier aus meiner Heimat zu trinken, das es eigentlich bei uns nicht mehr gibt. Ich nehme an, dass es in Lizenz hergestellt wird, möglicherweise von Karlsberg.

Der Bedienung der Cafeteria erzähle ich von meinem Erlebnis und lasse mir mit der Dose (einer von Zweien) ein Foto machen. Ich nahm es auch zum Anlass, dem Mitarbeiter der Saarbrücker Zeitung, Herrn Althoff, der schon mal im Vorjahr bei mir war, darüber zu berichten. Der machte eine Story daraus, die er in der Zeitung veröffentlichte.

Die Übernachtung in der Herberge hat ohne Frühstück 23.000 Lit. gekostet.

Heute bin ich wieder auf eine recht ansehnliche Kilometerleistung gekommen.

Es waren 129,72 in 8,29 Std. = 16,52 Km/h.

Insgesamt sind es nun 908 Kilometer.

 

9. Tag, Samstag, 27. Mai 2000

Genua - Sestri (Casarza Ligure)


In unserem Zimmer bin ich der erste, der ans Aufstehen denkt. Ohne große Geräusche zu machen, packe ich meine Taschen, ziehe mein Bett ab und verschwinde.

Die Cafeteria bietet Möglichkeiten zum Frühstück an, da kann man sich kaufen was man eben möchte.

Vor der Abfahrt genieße ich nochmals den herrlichen Blick hinab auf die Stadt und den Hafen.

Für die Besichtigung Genuas hatte ich mir einen besonderen Plan ausgearbeitet und im Stadtplan markiert. Ich begann am Kolumbus Denkmal auf dem Bahnhofsvorplatz.

Zuallererst wollte ich doch nochmals nachhören, ob ich in der Frage 'Rückreise ab Rom' etwas weiter komme. Es war ja nun anderes Personal an den Schaltern. Und in der Tat, eine junge Frau erkannte das Problem möglicherweise etwas besser als die Kollegen vom Vortag. Sie stellte mir wenigsten eine Fahrradkarte, das ist die Fahrkarte fürs das Fahrrad von Rom bis Mainz aus. Eine Reservierung ab Rom für den vorgesehenen Zug war ihr allerdings auch nicht möglich. Immerhin, einen Schritt war ich weiter gekommen.

Die Stadtbesichtigung war trotz der wie ich meinte, guten Planung nicht so einfach. Oft waren Einbahnstraßen in der Gegenrichtung das Hauptproblem. Doch ich konnte auf einiges verzichten, da ich mit Lenje ja schon zweimal hier gewesen war. Allerdings bemerkte ich zu spät, dass ich schon am Dom vorbei war, doch den Berg hinauf zurückfahren wollte ich auch nicht mehr.

Zuletzt kam ich in den Hafenbereich, wo die großen Fähren und sonstige Passagierschiffe lagen. Wieder schweiften die Gedanken in die Vergangenheit, vor allem zu der Schiffsreise von hier nach Tunesien. Am Leuchtturm war ich noch nicht gewesen. Also fuhr ich durchs Hafengelände dorthin.

Das war’s schon mit Genua, danach begann ich mit der Weiterfahrt in Richtung Nervi. Zunächst war das für lange Zeit noch innerstädtischer Verkehr.

Die Landschaften, durch die ich bisher von zu Hause aus gefahren bin, waren mir im wesentlichen bekannt. Aber die Strecke von Genua bis Pisa war vollkommen neu für mich. Die Hauptverbindungsstraße ist die SS1, oder wie sie auch genannt wird, die 'Via Aurelia'. Die ist zwar sehr stark durch den Kfz-Verkehr belastet, doch eine richtige Alternative gibt es nicht. Zudem ahnte ich, dass die Strecke bis etwa La Spezia vom Profil her nicht einfach werden würde.


Und in der Tat, schon in Nervi, einem Vorort von Genua, begannen die ersten
Steigungen. Da hielt ich schon mal Ausschau in Richtung Meer, ob es nicht in dessen Nähe eine leichtere Fahrmöglichkeit gäbe. Dazu kam, dass es vom Wetter her ein schöner Tag war, der aber auch manchen Schweißtropfen rinnen ließ. Die 25°-Marke war schon am Vormittag erreicht.

Allerdings wurde ich oft durch die schönen Aussichten aufs Meer belohnt. Eine echt schwieriger Anstieg gab es dann hinter Camogli, wo es in Richtung Santa Margherita (Portofino) und Rapallo geht. Das sind zwar alles wunderschöne Orte, aber das Hinkommen muss man sich regelrecht verdienen. Ich glaube, viele Alpenpässe sind zwar länger, aber nicht steiler.

In Santa Margherita machte ich eine längere Ruhe- und Kaffeepause am Hafen in einem Straßencafé. Zwei Herren in meinem Alter setzten sich schließlich zu mir, es waren ebenfalls Deutsche aus Aachen.

Auch sie waren mit den Fahrrädern unterwegs und hatte hier einen Ruhetag eingelegt. Allerdings fuhren sie in der Gegenrichtung. Sie waren in Bellinzona gestartet und wollten über Savona noch wenigstens bis Alassio

fahren. Da konnte ich ihnen aus meinen eigenen Erfahrungen einige Tips geben. Über meinen weiteren Streckenverlauf machten sie keine günstigen Prognosen. Nun, ich hatte zunächst auch noch nicht mehr erwartet.

Die Unterhaltung und die Ruhepause war mir sehr recht gewesen. Ich hatte zwar noch vorgehabt nach Portofino mit seinem schönen Hafen zu fahren, aber nun war mir mal wieder die Zeit davongelaufen.

Relativ einfach komme ich dann nach Rapallo, ebenfalls eine Hafenstadt, die auch in der deutschen Geschichte eine Rolle gespielt hatte.

Hier fanden nach dem ersten Weltkrieg die Friedensverhandlungen zwischen Deutschland und Rußland statt. Ich glaube, ein wenig Bammel vor der nun wieder vor mir liegenden Steigung in Richtung Lavagna hat hier die Besichtigung noch etwas hinausgezögert.

Doch schlimmer als es schon war, kam es nicht mehr. Die Straßenbauer haben möglicherweise auch schon mal an die 'armen' Radfahrer gedacht, und die Spitzen der Berge einfach für ein kurzes Stück untertunnelt. Das hat sich ein paar Mal sehr günstig ausgewirkt.


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Burg in Rapallo


Ab Lavagna wurde es dann flach bis Sestri. Die Straße führte nun in unmittelbarer Nähe des Meeres am Strand entlang. Am Stadteingang von Sestri, stand eine Große Plakatwand mit den Namen von Hotels. Nun, für heute hatte ich genug Körner gelassen und beschloss, hier die Etappe zu beenden. Eine Jugendherberge war nicht in der Nähe, so dass ich mir mal einige Hotels notierte. Wie ich dann feststellte, gab es viele Hotels in der Stadt, doch wo ich fragte, es war nirgends etwas frei.

Schließlich kam ich zu einer Privatpension, wo zwar auch alles belegt war, aber die Besitzerin fragte bei Bekannten nach. Dort war dann noch ein Dreibettzimmer frei, das sollte aber 130.000 Lit. kosten. Das war mir etwas zuviel und ich suchte weiter. Und so geht es einem dann, alles war vergeblich. Reuig und demütig schlich ich mich wieder zu der freundlichen Dame und meinte, ich würde das Zimmer doch nehmen. Aber nun war es schon von einer Familie belegt worden. Die Frau aber wollte mir helfen und fragte, ob sie bei einer Bekannten in einem etwas entfernteren Ort nachhören solle? Ich konnte nicht mehr zögern und sagte zu.

Hier war in der Tat noch ein Bett frei, da musste ich zugreifen. Allerdings kostete das auch stolze 90.000 Lit. Aber was will man in der Not sonst machen. So nahm ich denn die restlichen vier Kilometer unter die Füße, bzw. unter die Räder und fuhr nach Casarza-Ligure zu dieser Privatpension. die Wirtin war sehr nett und das Doppelzimmer mit Dusche und WC recht ordentlich. Zum Abendessen in einem Lokal konnte ich mich nicht mehr aufraffen. So aß ich von meinen Vorräten, war auch nicht schlecht. Aber müde und kaputt sank ich anschließend ins Bett.

Heute sind es nur 82,22 Km geworden. Dafür habe ich 7,45 Std. gebraucht.
Durchschn. 10,61 !! Km.

Ges. Km: = 990

10. Tag, Sonntag, 28. Mai 2000

Sestri - Lido di Camaiore

 

Das Frühstück in der Pension in Carsarza reihte sich nahtlos an die Qualität der vergangenen Tage an. Was besonderes war das nach meinem Geschmack eben nicht, gerade mal ein Cappuccino (Instant) und wieder ein

verpacktes Croissant, das war alles. Nun gut, verhungert bin ich nicht, fürs Erste musste es eben reichen.

Schon gegen 08.00 Uhr konnte ich wegfahren. Die paar Kilometer bis Sestri waren bald zurückgelegt. Unterwegs dachte ich, dass ich mich wenigstens bei der Signora, die mir gestern bei der Zimmersuche behilflich gewesen war, bedanken müsse. Das tat ich dann auch und übergab ihr 5.000 Lit. für die Kosten mit dem Telefon. Sie hat sich gefreut.

Hinter Sestri beginnt dann erneut eine bergige Strecke, die sich bis La Spezia wieder schwer fahren ließ. Die Gegend heißt 'Cinque Terre', das bedeutet fünf

Orte. Hiervon habe ich bisher nichts gewusst. Erst im Vorfeld, beim Einlesen, wurde ich darauf aufmerksam. Dabei hieß es einmal. es sei die schönste Gegend Italiens. Nun wurde ich neugierig.

Der Haken an der Sache war, dass die Zufahrt zu den einzelnen Orten an der Steilküste noch wesentlich schwieriger war, als die übers Gebirge führende Hauptstraße. Von dort gingen lediglich schmale Zugangswege den steilen Berg hinunter -natürlich auch wieder hinauf-. Die Orte liegen alle in einer großen Bucht, und sind Untereinander und mit dem Umland hauptsächlich mit der Bahn und mit den Küstenschiffen zu erreichen.

Mit dem Fahrrad konnte man also nur schwerlich dorthin kommen. Nun, mein Konto an gefahrenen Kilometern wies ja kein Defizit auf und so entschloß ich mich, das Stück bis La Spezia mit dem Zug zurückzulegen und dabei wenigstens in einem der Orte, nämlich in Vernazza, zur Besichtigung auszusteigen. Am Bahnhof in Sestri erkundigte ich mich nach der Zuglage, der erste Zug fuhr um 9.40 Uhr. Bis dorthin konnte ich mir die Stadt noch ein wenig ansehen.

Der Zug war mit Ausflüglern gut besetzt. Die Fahrt dauerte nicht lange, führte aber fast nur durch Tunnels. Lediglich an den Bahnhöfen sah man kurz das Tageslicht. Dabei kam es vor, dass das Ende des Zuges auch noch im Tunnel stehen musste.

Am Bahnhof in Vernazza gab ich das Fahrrad bei der Gepäckaufbewahrung ab und machte die Besichtigung zu Fuß. Es waren noch nicht allzuviele Besucher da. Die Händler waren dabei, ihre Verkaufsstände aufzuschlagen.

Ich konnte also noch relativ in Ruhe den urigen, aber doch romantischen Ort besichtigen. Wenn man will, hat man den Ort in ein paar Minuten durchlaufen.

Die Hauptstraße führt hinab zum kleinen Hafen, wo die Küstenschiffe anlaufen und die Fischer ihr Handwerk betreiben. An den Hängen führen enge Gassen hinauf, die Häuser kleben förmlich am Berg. Auf einer Anhöhe stehen die Reste einer Burg, von wo man einen schönen Blick auf den Ort und die Küste mit ihren Einbuchtungen hat. In einem Straßencafé am Hafen mache ich sozusagen zweites Frühstück. Hierbei unterhielt ich mich einige Zeit mit zwei Paaren am Nebentisch. Sie waren aus Lindau am Bodensee und machten hier Wanderurlaub.

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Gasse in Vernazza in ‚Cinque Terre'

 

Um 11.00 Uhr war in der Kirche nebenan eine Messe, die ich auch noch besuchen konnte - es war ja Sonntag -. Auf dem Rückweg zum Bahnhof ist die Straße nun doch sehr belebt, bestimmt zur Freude der Händler, denn ihre Stände waren stark belagert. Gegen 13.00 Uhr fuhr ein Zug nach La Spezia, damit war diese kleine Episode auch schon beendet. Als Fazit dieses Sonntagmorgens möchte ich aber sagen, dass er einer der touristischen Höhepunkte der gesamten Reise war.

Vernazza ist der mittlere der fünf Orte. Ich hätte schon vor La Spezia aus dem Zug steigen können, doch die Berge waren noch nicht alle. Wie schnell wird‚man bequem. Ich fuhr also bis La Spezia, und sah mir die Stadt in Nähe des Bahnhofs sowie den Hafen etwas an. In Bahnhofs machte ich in einer parkähnlichen Anlage Picknick. Es war nun schon 14.00 Uhr, doch ich hatte heute noch so gut wie nichts gefahren.

Der Himmel war heute überwiegend bedeckt, aber es war trocken und mild. Am Nachmittag waren es etwa 23 Grad.

Zunächst ging es noch etwas hügelig bis Carrara weiter. Diese Gegend ist durch ihre weißen Marmorsteinbrüche bekannt. Von der Uferstraße kann man sie gut in den Bergen sehen, man könnte meinen, es läge Schnee dort oben.

 

Ab hier führt nun die Straße eben am Strand vorbei. Gemessen an gestern, für den Sonntagnachmittag eine reine Spazierfahrt. Es gleicht sich oft alles aus. Kurz vor Viareggio mache ich in Lido di Camiore am Strand nochmals eine Kaffeepause. Dabei ziehe ich Bilanz, wie weit es eigentlich noch bis Rom ist und stelle fest, dass ich eigentlich bei halbwegs durchschnittlichem Tagespensum wahrscheinlich schon am Freitag, dem 02. Juni dort sein werde.

Dabei hatte ich noch vor zwei Tagen geglaubt, eher einen Tag später anzukommen. Das hob meine Stimmung wieder. Ich meinte daher auch, für heute nicht mehr allzuviel fahren zu müssen. Also, wenn ich hier unterkomme, werde ich alsbald absatteln.

Wegen des schönen Strandes gibt es hier viele Hotels, doch es funkeln die 'Sterne', d.h. zum Teil sehr feudale Unterkünfte. Ich sehe mich aber dennoch um. Als erstes fällt mir der Hinweis auf ein Hotel im 'grünen' auf, das in der Nähe ist. Doch schon im großen Hof denke ich, das ist mal wieder nichts für dich. Aber fragen kann man ja. Die aufgetakelte Signora an der Rezeption schwärmt in höchsten Tönen von ihrem Haus. Sie mache mir gar ein Sonderangebot mit exklusivem Abendessen und Frühstück vom Büfett für 'nur' 180.000 Lit. Oh weih, sehe ich so aus? Nein danke.

Das nächste ist dann das Hotel 'Giglio'. Die sind zwar etwas moderater in ihren Preisvorstellungen, aber 100.000 müsste ich auch hier auf den Tisch legen.

Was solls, für viel weniger werde ich hier bestimmt nichts finden. Aber zeigen lasse ich mir erstmals das Zimmer doch. Es ist sehr in Ordnung, zwei Betten, mit Dusche und WC, gehört sich auch so. Nebenan ist ein Schuppen, wo ich die ausgewaschene Wäsche zum Trocknen aufhängen kann.

Ein Bus aus Berlin kommt ebenfalls an und lädt eine Reisegruppe aus. Deren Programm ist für heute zu Ende, nun lungern sie auf den Sitzgelegenheiten im Empfangsraum und an der Rezeption herum und warten bis der Speiseraum geöffnet wird. Sie bekommen hier ihr Nachtessen. Ich weiß nicht warum, aber das zögert sich noch hinaus. Deshalb gehe ich zu einer Pizzeria am nahen Strand und esse dort für 14.000 Lit. eine Pizza. Aber das war diesmal nichts besonderes.

Heute war ein sehr gemütlicher Tag gewesen. Ich habe gerade mal 54,40 Km in nur 3 1/2 Stunden gefahren. Der Schnitt betrug 15,44 Km/h.

Gesamt Km 1.040, also schon mehr als 1.000.

11. Tag, Montag, 29. Mai 2000

Lido di Camiore - Castelfiorentino


Das Wetter lässt sich heute nicht so gut an. Ein sehr heftiger Wind treibt dicke, dunkle Wolken vom Meer her übers Land, aber es regnet nicht.

Ich packe meine Taschen und belade das Fahrrad. Die Wäsche auf der Leine im Schuppen war gut getrocknet. Danach gehe ich zum Frühstück, das ich für 7.30 Uhr bestellt hatte. Die Signora an der Aufnahme ist noch nicht fertig mit dem Büfett und auch nicht sonderlich gut gelaunt. Es sieht so aus, als ob sie verschlafen hätte. Und da kommen ihr auch noch die ersten Gäste aus dem deutschen Bus in die Quere. Während ich schon im Speisesaal Platz genommen hatte, wollten sie auch hinein. Doch rigoros wurden sie wieder hinaus gewiesen, vor acht Uhr gäbe es für sie kein Frühstück, sagte die Dame. Das sei so ab gemacht. Murrend verließen sie wieder den Saal, wobei sie wohl etwas neidisch zu mir herüber sahen.

Nun, ich fühlte mich allein sehr wohl. Auch das Büfett war jetzt aufgebaut und ich konnte mich bedienen. Das war mal wieder was recht ordentliches, das erste vernünftige Frühstück in Italien bei dieser Tour.

Ich war noch nicht ganz fertig, als die große Saaltür dann doch schon etwas vor acht Uhr geöffnet wurde. Szenen, wie die nachfolgenden beobachte ich gerne, weshalb ich mir auch noch etwas Zeit ließ. Aber ich musste mich fragen, ob ich mich in der Menge nicht auch so verhalten würde. Der Reinhard Mey hat ja die Schlacht am kalten Büfett mal besungen. Wenn es hier auch nicht ganz so schlimm war, aber es gibt einem schon zu denken, wie einige aus der Reihe tanzen und sich vor die anderen mogeln, wie gerade im Schinken, im Salami und im Käse gewühlt wird, so dass schließlich nur noch ein unordentlicher Haufen auf der Platte zurückbleibt. An den Säften wird im Stehen zunächst ein Glas herunter gekippt, und ein weiteres mitgenommen.

Danach mache ich mich fertig zur Abfahrt. Ich nehme wieder die Straße am Strand vorbei in Richtung Viareggio. Der stürmische Wind hat das Meer regelrecht aufgewühlt und treibt große Wellen an den Strand. Ein schöner Anblick. Das reizt mich, um ein paar Fotos zu machen.

Zügig ging's nun in Richtung Pisa, das Gelände ist ziemlich flach und der Wind kam eher von hinten als von vorne.

Um 10.00 Uhr bin ich schon in Pisa. Auch hier hatte ich mir mein Besichtigungsprogramm zurechtgemacht. Ich war ja schon zweimal hier. Die Hauptsehenswürdigkeit ist natürlich der Domplatz mit dem schiefen Turm und dem Baptisterium. Der Turm ist immer noch gesperrt, 1989 konnte ich mit Lenje noch hinaufsteigen

Nach der Besichtigung trinke ich am Rande des Platzes einen Cappuccino. Am Nebentisch sitzt ein Paar aus Holland, mit dem ich eine rege Unterhaltung führen kann. Beim Kellner bezahle ich schließlich mit einem großen Schein und gebe angemessenes Trinkgeld extra. Er gibt mir eine Menge kleinerer Scheine als Wechselgeld zurück. Obwohl ich es mehrmals nachzähle, komme ich zu dem Ergebnis, dass er mir einen Schein zuwenig (1000 Lire = 1.-DM) zurückgegeben hat. Da er anschließend für längere Zeit nicht mehr vor die Tür kam, ging ich ins Lokal hinein. Am Tresen reklamierte ich bei ihm und übergab ihm den Bündel Geldscheine Er zählte zweimal nach und meinte dann, es würde schon stimmen. In der Tat, als ich anschließend wieder nachzählte, stimmte es wirklich. Da hat er wohl flugs den fehlenden Schein dabei gemacht.



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Pisa, schiefer Turm



Das mag nun etwas kleinlich meinerseits klingen, aber ich kann mal nicht aus meiner Haut und bin auch da für reelle Geschäfte. Die eine Mark hätte mir ja auch nicht weh getan, doch wenn ich sie ihm hätte geben wollen, wäre das ja auch in Ordnung gewesen. Aber sich so mir nichts, dir nichts an meinem Geld zu bedienen, da spiele ich einfach nicht mit. Und ein Versehen seinerseits schließe ich vollkommen aus.

Ich fuhr dann noch durch die Stadt, sah mir ein paar Sehenswürdigkeiten an, fuhr eine Strecke am Arno vorbei und bediente mich auch noch am Bancomat. Denn Bargeld braucht man ja immer

Danach ging es auf mir bekannten Straßen durchs Tal des Arno in Richtung Pontedera. Da ist es lange Zeit wie beim innerstädtischen Verkehr, ein Ort reiht sich an den anderen. In Cascina mache ich um die Mittagszeit Pause auf einer Bank eines größeren Platzes. Doch bevor ich meine Sachen auspacken konnte, stieg mir ein feiner Bratengeruch in die Nase.

Der kam von einem Imbisstand auf der anderen Seite des Platzes. Da konnte ich nicht widerstehen und kaufte mir einen halben Gockel. Das hat sehr gut geschmeckt, wenn auch die Mahlzeit gegen meine Gewohnheiten ging.

Bis Pontedera war sehr starker Verkehr auf den Straßen. Doch dann kommt die Autobahn in die Nähe und es wurde merklich ruhiger. Aber zunächst musste ich noch eine Panne am Rad beheben. Es gibt fast keine größere Tour, wo mir nicht der Schaltzug zum großen Kettenblatt reißt. Das ist an sich nicht schlimm, im Laufe der Zeit habe ich schon eine gewisse Übung beim Auswechseln bekommen. Aber sicherheitshalber erledige ich die Arbeit auf dem Hof einer Autoreparaturwerkstätte, nachdem ich den Chef um Erlaubnis gefragt habe. Das ging eigentlich Ruck-Zuck.

Die Gelegenheit nahm ich aber auch wahr, um mich nach Übernachtungsmöglichkeiten in den vor mir liegenden Orten zu erkundigen. Der Chef meinte, in Castelfiorentino wäre eigentlich gute Möglichkeit. Also, beschloss ich, noch bis dorthin zu fahren. An den nächsten Ort, Certaldo, hatte ich auch keine guten Erinnerungen. Dort waren Jupp (Thienes) und ich 1996 nicht untergekommen.

Bis Castelfiorentino konnte ich nun die typische Landschaft der Toscana genießen. Sonstige Sehenswürdigkeiten waren eher selten. Im Zentrum der Stadt, an einem großen Platz, entdeckte ich das Hotel 'Lamy'. Ich dachte, von der Lage her könnte das mal das 'Grand-Hotel' gewesen sein, vom jetzigen Aussehen allerdings weniger. Ich fragte nach, und die Signora bot mir zwei Zimmer zur Auswahl an. Das eine sollte 50.000 Lit. kosten, war allerdings ohne Bad/Dusche. Das machte nichts, ich zog dies dem anderen, wesentlich teueren vor.

Das Haus ist wie gesagt schon etwas älter und der Beschriftung nach mit Restaurant. Aber davon war nichts zu merken. Mein Zimmer befand sich allerdings im dritten Stock, das machte die Sache etwas schwieriger, mit dem Gepäck die Treppen hinauf. Die Dusche befand sich direkt neben dem Zimmer und wurde eigentlich von sonst niemand benutzt.

Nach der Dusche sah ich mich mal auf dem Platz vor dem Hause um und trank einen Cappuccino in einer Bar. Hunger hatte ich noch keinen, offensichtlich hielt das halbe Hähnchen noch etwas an.


Später machte ich noch einen Bummel durch die Stadt, doch viel zu sehen gab es eigentlich nicht. Und so kam es, dass ich dann doch schon früh nach einem Restaurant Ausschau hielt. Aber die meisten Lokale hatten heute, am Montag, geschlossen. Lediglich in Nähe des Bahnhofs war etwas geöffnet. Da war ich der erste Gast. Der Wirt und die Bedienung sprachen soviel deutsch, dass eine Verständigung gut möglich war. Das Auswählen des Essens war somit relativ leicht.


Während ich wartete, trank ich schon mal vom Rotwein und betrachtete mir das Lokal. Das war neu renoviert und sehr geschmackvoll hergerichtet. Decke und Wände waren in hellen Pastellfarben gestrichen. Die Wände zudem mit
kulinarischen Motiven bemalt.


Zum Essen gab's zwei Vorspeisen, einmal geröstete Roggenbrot Scheiben mit
mit zwei Aufstrich - Varianten, und zum anderen zwei Scheiben rohen Schinken und mehreren Scheiben Salami, dazu ein Körbchen mit Flit - Scheiben. Als Hauptspeise hatte ich mir einen großen Teller Spaghetti Carbonara bestellt. Das hat vortrefflich gemundet. Bezahlt habe ich 23.000 Lit.

Schon gestern hatte ich ja gemerkt, dass ich zeitlich gut dran bin und vermutlich einen Tag früher in Rom sein werde. Über Handy bat ich Mechthild, mal vorsorglich bei den Schwestern in Rom nachzuhören, ob ich auch in diesem Fall ein Bett bei ihnen bekommen könne? Ja das ging in Ordnung.

Später telefonierte ich noch mit Gerhard Schäfer in Bliesen, um mich nochmals vor seiner Abfahrt wegen unseres Treffens in Rom abzusprechen.

Die Tagesleistung mit dem Rad betrug heute 92,24 Km bei 5,56 Stunden
Fahrzeit, Durchschn. 15,55 Km/h.

Ges. Km 1.132.

Der Rotwein beim Essen hatte mir die Beine noch etwas schwerer als üblich
gemacht, so dass ich mich nach der Rückkehr ins Hotel alsbald zu Bett legte.

12. Tag, Dienstag, 30. Mai 2000

Castelfiorentino - Siena

 

Beim Frühstück gab's wieder einen Rückfall in die alten Gewohnheiten, mal abgesehen von gestern. In meinem Tagebuch habe ich eingetragen: "La-La". Nun, es bestand mal wieder aus Zwieback, 2 Portionen Butter und zwei Portionen Marmelade, Kaffee und Milch waren ausreichend.

Doch dann war gegen Ende des Frühstücks noch ein eher kleines Ereignis, welches aber die ganze Situation schlagartig änderte. Nämlich bei der zweiten Portion Marmelade war der Deckel des Bechers etwas beschädigt. Ich sah es schon gleich beim Öffnen und war etwas vorsichtig. Und in der Tat, die Marmelade war etwas angeschimmelt. Die wollte ich natürlich nicht essen und trug sie zurück in die Küche. Die Oma tauschte es mir auch ohne viel Gespräch um. Doch dann kam die Chefin zu mir an den Tisch und entschuldigte sich mit großem Wortschwall. Ich wiegelte ab und meinte, so was könne schon mal vorkommen, ich nehme es nicht tragisch.

Aber sie hatte den angebrochenen Marmeladenkarton mitgebracht und zeigte mir das Haltbarkeitsdatum 4/2001. Gleichzeitig legte sie mir dann noch mehrere Zwieback, Butter und Marmelade auf den Tisch und forderte mich auf, weiter zu essen. Sie wollte mir auch noch frischen Kaffee machen, doch das lehnte ich ab. Viel Lärm um den kleinen Marmeladenbecher.

Dennoch bat ich sie schließlich um einen Gefallen. Sie sollte mit meinem Handy in der Jugendherberge in Siena anrufen und mir dort ein Bett für den Abend bestellen. Denn, wie ich abschätzen konnte, war ich dort schon frühzeitig und hätte mir am Nachmittag die Stadt noch ansehen können, ohne mich vordringlich mit der Herbergssuche zu beschäftigen. Ich gab ihr die Telefonnummer, doch sie führte das Gespräch mit ihrem eigenen Telefon. Ich stand dabei und hörte mit. Dann sagte sie, das Bett sei bestellt, damit war ich zufrieden.

Bei der Abfahrt gegen halb neun war es stark bewölkt, kühl und windig. Zunächst ging es ja noch durchs Tal der Elsa, so dass ich dennoch gut voran kam. Diesen Weg bin ich schon mal bei der Toscana Tour mit Jupp Thienes gefahren.

In Certaldo machte ich den ersten Halt. Hier gibt es vor allem hoch auf dem Berg eine große Burganlage. Es hätte sich bestimmt gelohnt, sich da oben umzusehen, zumal ich mit Jupp auch nicht hoch gekommen bin. Aber die heutigen Probleme waren die gleichen wie damals. Der Berg ist so steil, dass man mit dem Fahrrad nicht hochfahren kann, da müsste man schon schieben und das ist sehr mühselig. Und das Rad, wenn auch abgesperrt in der Stadt mit dem Gepäck stehen lassen und zu Fuß zu gehen, war mir ein zu großes Risiko. So blieb mir nur noch, ein paar schöne Blickwinkel zu suchen und Fotos von unten zu machen.

 

 

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Landschaft in der Toscana

 

Danach ging's durch typische Toscanalandschaft weiter. Streckenweise führte die Straße durch eine schöne Zypressenallee. Die Weinstöcke haben schon ausgetrieben und die Winzer sind bei der Arbeit. Auf Brachlandflächen blüht der Mohn und andere Wildblumen. Und wenn dann der Himmel und die Wolken alles noch entsprechend einrahmen, ist das schon ein schönes Bild,

Die Sonne hatte die Morgenfrische längst vertrieben, es ist mittlerweile gut warm geworden. In Poggibonsi mache ich eine Essenpause, Hierzu suche ich mir die schattige Anlage vor dem Hotel 'Italien' aus, in dem Jupe und ich damals übernachtet hatten.

Danach wird das Gelände etwas hügeliger und somit auch die Fahrt schwieriger. Doch bis Siena ist es nicht mehr weit.

Die Fahrt über Siena habe ich absichtlich gewählt, doch sie bedeutete für mich aber auch einen Umweg . Von Pisa aus hätte ich auch direkt in Meernähe über Cecina, San Vincenzo, Follonica nach Grosseto fahren können, das wäre wesentlich einfacher gewesen. Doch Siena hatte ich als sehr schöne Stadt kennengelernt, so dass ich sie wiedersehen wollte.

Gegen 13.00 Uhr war ich dort. Die Lage der Jugendherberge war mir bekannt. Als Anhaltspunkt diente mir der Bahnhof. Doch was manchmal auf der Karte so einfach aussieht, gestaltet sich in Wirklichkeit oft schwierig. So war es auch hier. Ich konnte niemand finden, der mir am Bahnhof den Weg zur Herberge zeigen konnte. Erst die Verkäuferin am Zeitungskiosk in der Bahnhofshalle wußte Bescheid. So kaufte ich mir bei ihr einen guten Stadtplan und ließ mir von ihr den Weg einzeichnen. Nun stellte ich fest, dass ich wieder einen Teil der Strecke zurückfahren musste, wo ich hergekommen war. Schon vor 14.00 Uhr war ich an der Herberge, aber die war noch bis 15.00 Uhr geschlossen.

So machte ich zunächst mal ausgiebiges Mittagspicknick.

Dann kam der erste Mitarbeiter und fragte nach meinem Begehr. Ich sagte, dass ich ein Bett vorbestellt habe. Doch davon war ihm nichts bekannt. Im übrigen seien sie schon länger für Tage voll belegt. Er schickte mich aber zu einer Privatpension in der Nähe, auch da war nichts zu machen. Obwohl es ja noch früh am Tag war, wurde es mir nun schon wieder bange.

Der junge Mann in der Herberge wollte sich auch nicht mehr so recht um mich kümmern und sagte, ich solle im Touristbüro nachfragen. Erst als ich ihn eindringlich bat, mir doch behilflich zu sein, telefonierte er in die Stadt. Danach meinte er, in einer Privatpension ganz in der Nähe der Piazza del Campo, dem Zentrum der Stadt sei noch ein Zimmer frei. Er gab mir die Adresse in der Via Roma und nach einem Trinkgeld beschrieb er mir den Weg anhand des Stadtplanes.

Und nun war ich wieder obenauf, denn ein Besuch der Piazza war ohnehin geplant, und nun konnte ich noch in der Nähe wohnen. Da brauchte ich am Abend nicht mehr zur Jugendherberge zurückzufahren. Und überhaupt, die Stadtbesichtigung konnte ich zu Fuß machen..

Die Pension war mal wieder ein altes Haus, von außen nicht sehr ansehnlich. Über zwei knarrende Holztreppen ging es hinauf in den zweiten Stock, die Signora erwartete mich schon. Sie hatte hier das gesamte Stockwerk des doch sehr geräumigen Hauses inne. Das Zimmer, das sie mir anbot, war ziemlich klein, ohne Waschgelegenheit und ohne Dusche und WC. Das befand sich alles direkt vor der Tür auf dem Flur in einem blitzsauberen, neuen Bad. Das hätte man eigentlich hier nicht vermutet. Die Signora passte genau auf, und nach jeder Benutzung kam sie mit dem Putzzeug, denn sie hatte noch andere Gäste. Und so war es auch nicht verwunderlich, dass es bis auf den Flur stark nach Putzmittel roch. Besser so als anders.

Für das Zimmer verlangte sie 50.000 Lit. ohne Frühstück, was sie auch gleich bei der Anmeldung kassierte.

Ich machte mich eilig fertig, um den Rest des Tages noch gut nutzen zu können. Zur Piazza waren es nur ein paar Hundert Meter.

Das ist ein großer, halbrunder Platz mit dem Rathaus und einem 104 Meter hohen schlanken Turm. Vom Rathaus zu den rundum stehenden Gebäuden steigt der Platz an. Hier finden alljährlich die bekannten Reiterspiele statt. Der Platz und das Umfeld ist von regem Betrieb erfüllt. Viele Jugendliche sitzen einfach in der Sonne auf dem Boden und unterhalten sich. Die Straßencafés am Rande sind gut besetzt. Auch ich sehne mich nach einer Pause und lasse mich in einem Tisch nieder. Bei einem Cappuccino und einem Stück Kuchen kann ich so richtig die Beine wegstrecken und das rege Treiben beobachten.

Ein Hochzeitspaar kommt noch mit ein paar Gästen und einem Fotografen zum Platz, wo sie Bilder des Tages machen.

Danach mache ich einen Bummel durch die angrenzenden Stadtteile, insbesondere zum Dom. Das ist ebenfalls einer der Höhepunkte der Stadtbesichtigung. Die Kirche ist innen mit schwarzem und weißem Marmor ausgekleidet, ein sehr schöner Anblick. Ebenfalls imposant die große Kuppel und die beiden Haupteingänge.

Zum Dom wäre noch zu sagen, dass er nach seiner Fertigstellung den Bürgern der Stadt doch etwas zu klein geraten schien, obwohl er schon damals zu den größten gehörte. So wurde geplant, das jetzige Hauptschiff zum Querschiff zu machen und ein ganz neues Hauptschiff im Winkel von 90° anzubauen. Das sollte die größte Kirche der Welt werden. Ein Teil der schon begonnenen Arbeiten ist heute noch zu sehen. Aber der Stadt ist dann doch das Geld ausgegangen und man musste von dem Vorhaben absehen.

Der Rückweg führte mich wieder zur Piazza. Es wurde nun langsam Zeit, noch etwas zu Abend zu essen. Es gibt dort einige Schnellgaststätten, wovon ich mir eine aussuchte. Am Tresen kaufte ich mir ein ansehnliches Stück Pizza und ein Bier, dem ich noch ein zweites folgen ließ. Das Lokal war nicht sehr stark besetzt. Die jungen Leute, die ich am Nachmittag hier gesehen hatte, waren weitgehend verschwunden. In einer Ecke setzte ich mich an einen Tisch. Ein schöner Platz, von dem man das Geschehen im Lokal und an der Selbstbedienungstheke gut beobachten konnte. Dazu habe ich mal wieder etwas parat:

Es kamen zwei junge Leute - ein Pärchen -, die sich zunächst an der Theke die Angebote ansahen. Dann gingen sie in einen Nebenraum, wo man offensichtlich bedient wurde. Der Kellner folgte ihnen und kam danach zurück um die Bestellung fertig zu machen. U.a. bereitete er Pommes frites zu. Als er diese auf dem Teller anrichtete, langte er mehrmals mit den Fingern zu und aß welche. Doch damit nicht genug, er zapfte noch eine Cola ab. Offensichtlich war ihm das Glas etwas zu voll geraten, denn das überschüssige trank er einfach ab und stellte dann das Glas aufs Tablett. So ein Schwein, ich kann keinen treffenderen Ausdruck für diesen Burschen finden. Ich war regelrecht schockiert und musste an mir halten, dass ich mich nicht einmischte. Schon gut. dass man in den Lokalen nicht alles mitbekommt, wie es da zugeht. Da könnte einem schon mal das große Kotzen kommen.

Danach schlenderte ich zurück in meine Herberge. Eine Dose Bier nahm ich mir noch mit, die ich bis zum Einschlafen trank.

Das Resümee für heute fällt sehr gut aus, trotz der Panne mit dem Bett in der Jugendherberge. Das Wetter war super, eine sehr schöne Gegend wie im Bilderbuch. Dazu kam eine relativ kurze Fahrstrecke und der Aufenthalt in Siena. Da war ich rundum zufrieden.

Fahrleistung: 60,37 Km = 4,27 Std., Durchschn. = 13,52 Km/h

Gesamt Km = 1.192.

13. Tag, Mittwoch, 31. Mai 2000

Siena - Fonteblande

 

In der Pension in der Via Roma in Siena bin ich am Morgen schon einige Zeit wach und horche, ob der Tag im Hause beginnen würde. Aber es rührt sich nichts. Schließlich gehe ich mal ins Bad, mache mich fertig und packe meine Taschen. Es ist inzwischen schon halb acht. Ich dachte mir, wenn die Signora Frühstück anbietet, nehme ich es. Doch es rührt sich nichts, es ist absolut still im Haus

Ich probiere mal die Abschlußtür zum Treppenhaus, die lässt sich öffnen, auch die Haustür. So belade ich mein Fahrrad und lege den Zimmerschlüssel auf einem Tisch im Flur ab. Die finanzielle Seite hatte ich ja schon gestern geregelt. Gegen 8.00 Uhr verlasse ich das Haus ohne Frühstück.

 

 

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Siena, Rathausturm

Zuerst fahre ich nochmals zur Piazza, um Fotos mit anderer Beleuchtung zu machen. Dort war auch schon ein Café geöffnet, wo die Leute, die es eilig hatten, ein kleines Frühstück einnahmen. Auch ich begab mich zu ihnen, trank einen Cappuccino und aß zwei kleine Stückchen. Ansonsten war in der Stadt noch nicht viel los, überhaupt kein Vergleich zu meiner Ankunft am gestrigen Nachmittag. Lediglich die Stadtreinigung war schon voll in Aktion.

Danach suchte ich mir den Weg in Richtung Grosseto. Und siehe da, ich kam wieder zu der große vierspurigen Ausfallstraße SS 223, die Jupp und ich 1996 absolut nicht fahren wollten und auch schließlich gemieden hatten.

Wir hatten eben etwas 'Bammel' vor dem vielen Verkehr und waren zudem der Meinung, dass sie nicht für Fahrräder zugelassen sei.

Diesmal überprüfte ich die Beschilderung schon weit vor der Auffahrt sehr genau. Ich konnte einfach keine Verkehrsbeschränkung für Fahrräder feststellen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich mich in dem starken Fahrzeugverkehr nicht wohl fühlen konnte.

Doch nach einigen Kilometern hört der vierspurige Ausbau auf und es gibt in jeder Richtung nur noch eine Fahrbahn. Der Charakter einer Schnellstraße bleibt jedoch bestehen, d. h., sie ist überwiegend kreuzungsfrei und relativ neu ausgebaut. Die Gegend ist sehr hügelig und nach meinen Erkenntnissen dünn besiedelt. Bis Grosseto, das sind immerhin über 70 Km gibt es keine einzige Ortsdurchfahrt. Außer dem Örtchen Civita Maritime, das hoch über der Straße an einem Hang liegt, wo ich einen Essenpause machte, sind nur kleinere Siedlungen oder Gehöfte zu sehen. Aber auch mit der Landwirtschaft ist nicht allzuviel los. Das hügelige Land ist meistens bewaldet oder mit Buschwerk bewachsen. Naturfans kommen hier schon eher auf ihre Kosten.

Das Wetter zeigt sich heute mal wieder von seiner besten Seite. Ich kann schon zeitig in kurzen Hosen und ohne Ärmlinge fahren.

Das schon beschriebene hügelige Land ist wohl schön anzusehen, doch so recht kann ich keinen Gefallen daran finden. Zu oft führt die Straße bergauf, wo man schon kräftig auf die Pedalen drücken muß. Dazu kamen noch so etwa 6 - 7 Tunnels, in der Regel zwischen 150 bis 350 Meter lang. Die vermieden zwar für mich die Fahrt über die Bergrücken, stellten andererseits aber eine gewisse Gefahr dar.

Ich versuchte diese dadurch gering zu halten, indem ich vor dem Eingang der Tunnels wartete, bis eine größere Kolonne von Fahrzeugen vorbeigefahren war und danach eine Lücke im Verkehr entstand. So konnte ich relativ gefahrlos den vor mir herfahrenden Autos nachfahren. Im übrigen sind die Tunnels meistens beleuchtet und haben einen Seitenstreifen. Das ungute Gefühl blieb jedoch bestehen. Ohne meine eingeschaltete Fahrradbeleuchtung hätte ich mich sowieso nicht hinein getraut.

Einmal klappte es jedoch mit dem Tunnel nicht so richtig. Schon von weitem sah ich eine Bergkette wie eine Wand vor mir liegen. Eine Weiterführung der Straße konnte ich nicht erkennen. So musste es mal wieder durch einen Tunnel gehen. Und der war schließlich 2,5 Kilometer lang. Da habe ich bange Minuten durchlitten. Doch es ist wieder mal gut gegangen. Wenn ich vorher meine Karte richtig studiert hätte, wäre mir das aufgefallen. Eine Möglichkeit über den Berg wäre auch drin gewesen, doch ich weiß im Nachhinein nicht, wie ich mich entschieden hätte.

Es gibt auch erfreuliches über diese Strecke zu berichten. Ich habe sie Straße der Blumen genannt. Keine gezüchteten, sondern einfache Wildblumen standen vielfältig am Wegrand. Immer wieder hielt ich an, um Fotos zu machen.

Und noch was schönes habe ich gesehen: Neben der Straße war ein Fabrikationsbetrieb für Tonwaren. Große Amphoren waren in Reihen aufgestellt und zogen die Blicke auf sich. Ein Transparent lud zur Besichtigung ein. Warum nicht, dachte ich und bog von der Straße ab . Das war schon ein vielfältiges Angebot, Vasen, Figuren, Skulpturen und sonstige Dinge aus Ton gebrannt, waren auf großen Flächen ausgestellt. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wo ich das eine oder andere bei meinen Leuten unterbringen könnte. Allerdings die Preise waren nicht niedrig. Und ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass alles Festpreise seien. Das übliche Handeln war offensichtlich hier nicht möglich. Das war schon eine schöne Abwechslung.

Vor Grosseto teilt sich die Straße. Die Ortsumgehung ist nun für Fahrräder gesperrt, doch ich wollte ohnehin durch den Ort fahren. Hier komme ich auch wieder ans Meer und zur Via Aurelia. Wie so oft, wenn ich neu in eine Stadt komme, steuere ich entweder den Bahnhof oder die Kirche an. Sie liegen ja in der Regel zentral und von dort kommt man immer gut weiter.

Auch hier kam ich zuerst zum Bahnhof, wo ich Halt machte. Ein ordentliches Picknick mit Wurst und Brot hatte ich ja schon gehabt, jedoch für Kaffee und Kuchen bin ich immer zu haben. Die Bahnhofsgaststätte machte einen ordentlichen Eindruck, so dass ich hier einkehrte zu Kaffee und Gebäck.

Mittlerweile, es war schon gegen 15.00 Uhr, hatte auch die unweit gelegene Information geöffnet und ich konnte dort vorsprechen. Ich erkundigte mich vornehmlich nach Unterkunftsmöglichkeiten, wenn ich noch 20 - 30 Km weiterfahren würde. Die Signora meinte, in Fonteblande gäbe es einige Hotels, doch die Preise lägen wohl bei 120.000 Lit. für die Nacht.

Aber wie sieht es überhaupt mit der Weiterfahrt über die Via Aurelia aus? Die ist ab hier mal wieder für eine längere Strecke vierspurig ausgebaut, und wie schon so oft habe ich Bedenken, ob ich weiterfahren kann. Doch sowohl bei der Information als auch bei den Taxifahrern am Bahnhof meinte man, es gäbe keine Beschränkung. Allerdings müsste ich mit regem Verkehr rechnen.

Doch als ich außerhalb der Stadt an die autobahnmäßig ausgebaute Auffahrt zur Via Aurelia kam wurde ich wieder unsicher, ob ich über diese Straße weiterfahren kann. Da gibt es in jeder Richtung zwei Fahrspuren mit erheblichem Verkehr. Direkt neben dem rechten Fahrbahnrand ist ein dicker weißer Strich und daneben steht eine hohe Doppelleitplanke. Da ist ein Ausweichen überhaupt nicht möglich.

Die Zweifel, ob ich mich rechtmäßig auf der Straße bewegte, waren mir bald genommen, denn in kurzer Zeit überholten mich zwei Polizeifahrzeuge und ließen mich unbehelligt. Das war immerhin schon etwas.

 

In Fonteblande machte ich dann doch noch nicht Halt. Ich hatte mich nun an den Verkehr gewöhnt und fuhr weiter. Es war ja auch ein so schöner Tag.

Doch bald danach kam eine Tankstelle, wo ein großes Transparent auf einen Campingplatz hinwies. Ich dachte, ob die wohl auch leerstehende Campingwagen vermieten würden? Fragen kann man ja.

Der Mann von der Platzaufsicht meinte, er habe drei Wohnwagen zur Verfügung und werde sie mir zeigen. Schon mit dem ersten bin ich zufrieden. Da sind sechs Schlafplätze drin und ich brauche doch nur einen. Zudem ein Kühlschrank und eine Kochstelle mit zwei Platten. Der Verwalter verlangt 40.000 Lit. für die Nacht.

Die Anlage befindet sich in einem lichten Pinienwald und heißt 'Camping Ideal' Duschen kann ich in der sehr geräumigen und sauberen Toiletten- und Waschanlage. Nebenan ist eine Gaststätte mit einem Laden. Hier kaufe ich mir Esswaren fürs Abendbrot ein. Auch zwei Dosen Bier und eine Cola. Letztere ist schon für morgen, fürs Frühstück.

Etwa 30 Meter hinter meinem Wohnwagen ist eine Düne und dahinter befindet sich der Strand und das Meer. Die letzten Badegäste packen ihre Sache ein. Schön wie die Sonne auf dem Wasser glitzert. Ich denke, dass man hier einen schönen Urlaub verbringen könnte.

Danach gehe ich zurück und mache mir mein Essen. Ich glaube, dass ich diese Form zum Übernachten gerne öfters hätte. Wäre mir jedenfalls lieber als in einem piekfeinen Hotel.

Nach dem Essen begebe ich mich wieder zum Meer. Es ist nun fast Abend und menschenleer. Ein herrliches, leichtes Gefühl überkommt mich, als ich so ganz allein am Wasser vorbei schlendere, das ist richtig entspannend. Ich komme zu einer anderen Gaststätte wo ich noch eine Limo trinke. Auch der Verwalter des Campingplatzes kommt hinzu und unterhält sich mit mir, er spricht ganz gut deutsch. Es stellt sich heraus, dass die Wirtin seine Frau ist. Und wie der 'Zufall' es will, hat sein Schwiegervater am Nachmittag eine Sendung selbst gebrannten Schnaps gebracht. Ich kann mich nicht herumdrücken und muss einen mittrinken, und noch einen. Es sind noch mehr Gäste im Lokal und es beginnt, lustig zu werden. Doch für mich ist dann Schluss. Ich möchte den Schnaps bezahlen, doch das gibt's nicht.

Die Dämmerung bricht nun schon herein, als ich nach Hause komme. Das Ende dieses Tages hat mich wieder in eine vortreffliche Stimmung versetzt.

Im Wohnwagen kann ich noch die Gelegenheit nutzen, über Nacht den Akku meines Handy aufzuladen.

Der Tacho am Fahrrad zeigt für heute 106,12 Km in 6,28 Std. Das ist ein Durchschnitt von 16,38 Km/h. Die Gesamtkilometer betragen 1.298, das ist für die 13 Tage ein Schnitt von rund 100 Km pro Tag. Damit bin ich sehr zufrieden.

14. Tag, Donnerstag, 01. Juni 2000

Fonteblande - Santa Marinella

 

Die 'Premiere' im Wohnwagen verlief hervorragend, habe mindestens so gut geschlafen wie in einem der bisherigen Hotelbetten. Die Sache mit den Toiletten und der Waschanlage war doch etwas umständlicher als ich gestern in der ersten Euphorie wahrgenommen habe. Dennoch alles halb so schlimm, Ich glaube, das ist in erster Linie eine Gewohnheitssache.

Zum Frühstück mache ich mir Brote aus meinem Vorrat und trinke die Dose Cola. An den Gasherd traue ich mich nicht heran.

Durch die Pinienbäume schien schon die Sonne, es würde heute bestimmt wieder ein schöner Tag werden, aber auch sehr warm. Überhaupt entsprach das Wetter der letzten Tage den Erwartungen südlicher Zonen. Das war mir gerade recht, vor allem möchte ich keinen Regen haben.

Ich packte also meine Sachen zusammen und schob das Rad bis zum Ausgang. Auf den Sandwegen der Anlage konnte man nicht fahren. An der Rezeption forderte ich meinen Ausweis zurück, bezahlt hatte ich ja schon gestern. Vom Chef war noch nichts zu sehen, ich konnte mir gut vorstellen, dass er gestern Abend 'versackt' ist.

Durch das Gelände der Tankstelle kam ich wieder zur Via Aurelia. Die ersten 25 Km ging es zügig voran. Hinter Orbetello bog ich von der Hauptstraße ab. Aus meiner Karte war ersichtlich, dass ich einen Weg am Meer vorbei nehmen kann. Das malte ich mir schon so richtig aus. Vielleicht konnte ich da auf einer Terrasse auch noch eine Tasse Kaffee trinken. Aber der Schein trog mal wieder.

Als ich nach der Abfahrt glaubte am Meer zu sein, versperrte mir ein Zaun die Weiterfahrt. Ich stand vor einem Privatgrundstück. Ich musste wieder zurück und ab der Kreuzung einen anderen Weg nehmen. Und der ging kontinuierlich steil bergauf. Zweimal musste ich absteigen und schieben. Vom Meer war gerade mal von der Höhe etwas zu sehen. Überall versperrten Zäune den Weg dorthin. Sechs Kilometer beschwerlichen Umwegs hatte ich mir so selbst aufgeladen. Enttäuscht suchte ich den nächsten Weg zur Aurelia zurück.

Meine schlechte Stimmung schlug aber gleich wieder um, war die Straße nunmehr nur noch zweispurig. Das war nicht, wie man annehmen könnte ein Nachteil für mich weil es nun enger auf der Straße wird, sondern ein Vorteil, denn nun gab es wieder einen abgegrenzten Seitenstreifen, auf dem ich von dem übrigen Verkehr nicht behelligt wurde.

An einer kleinen Tankstelle machte ich dann Halt, trank einen Cappuccino und ließ mir ein Sandwich machen. Danach war mir wieder etwas wohler. Doch in- zwischen waren die Temperaturen schon recht hoch angestiegen. Das machte mir bei der Weiterfahrt immer mehr zu schaffen.

Ich komme nun an der Stadt Montaldo vorbei, fahre aber nicht hinein. Nach einiger Zeit liegt links von mir auf einem Hügel Torquinia. Aus dem Stadtbild ragen etliche viereckige Türme heraus, wie die Geschlechtertürme in San Gimiano in der Toscana. Eine schöner Anblick, jedoch die Stadt ist für mich heute unerreichbar.

Mein Wasservorrat ist nun auch wieder zu Ende und ich muss erneut eine Pause machen. Dazu bietet eine Raststätte gute Gelegenheit. Ich kaufe mir eine 1 1/2 Literflasche Mineralwasser und trinke nochmals Kaffee. Am Tresen steht ein Fernfahrer, der mich in deutsch anspricht. Er sagt, dass er mich vor einiger Zeit mit seinem LKW überholt habe. Er kommt aus Stuttgart und fährt nach Rom. Wir unterhalten uns noch eine Weile und ich verabschiede mich. Dabei meint er, er könne mich ja auch bis Rom im LKW mitnehmen. Ich gebe zu bedenken, dass ich ja gerade bis Rom mit dem Fahrrad fahren möchte, und so kurz vor dem Ziel würde ich ohne Not nicht gerne aufgeben. Zudem habe ich ja in Rom mein Zimmer erst ab morgen bestellt, das gäbe wieder Unannehmlichkeiten. Er hatte es jedenfalls gut gemeint.

Die Via Aurelia war schon längere Zeit wieder vierspurig gewesen. Aber vor Civitavecchio wurde sie endgültig zweispurig, wie es der Fernfahrer mir vorausgesagt hatte. Der Grund ist der, dass nunmehr die Autobahn nach Rom in unmittelbarer Nähe vorbei führt und den meisten Verkehr von der Landstraße wegnimmt.

Am frühen Nachmittag komme ich dann ins Zentrum von Civitavecchio. Trotz der Tageszeit herrscht hier reges Leben. Ich fahre am Hafen vorbei und lasse mich zur Abwechslung mal in einer Eisdiele nieder. Hier leiste ich mir ein gemischtes Eis. Das und die Pause haben mir sehr gut getan. Dann geht's am

Badestrand weiter in Richtung Santa Marinella.

Ich habe mir ausgerechnet, dass es von dort aus nur noch höchstens 70 Km bis Rom sind. Also werde ich mir dort auch ein Zimmer suchen und mir den Rest der Strecke für morgen aufheben.

Doch im ersten Hotel, vier Sterne und direkt am Meer, in dem ich am Ortsanfang vorsprach, nannte man mir einen Preis von 150.000 Lit. , den ich jedoch nicht akzeptieren wollte. Es wurde mir diesmal nicht bange, es war ja noch früh am Tag. Ich fragte einen Passanten nach weiteren Möglichkeiten und der zeigte in meine Fahrtrichtung. Der eigentliche Ort, der sich lange am Strand vorbeizog, folgte ja erst.

So sah ich dann an einer Straßenkreuzung ein Hinweisschild auf ein weiteres Hotel. Dem folgte ich in eine Seitenstraße. Hier kam ich in Nähe des Bahnhofs zum 'Miramare', ein frisch renoviertes Haus. Man bot mir ein Zimmer mit zwei Betten für 90.000 Lire an, einschl. Frühstück. Es hatte Dusche und WC, das Haus insgesamt ein sehr gutes Ambiente. Weiteres Suchen würde mir wohl nicht mehr viel nützen. Hier blieb ich also.

Ich war früh dran und legte mich nach der Dusche aufs Bett und schlief ein. Um wieder aufzustehen musste ich mir dann einen Ruck geben, wollte ich doch noch was im Zentrum essen. Doch zuerst ging ich zum Strand und setzte mich dort auf der Promenade an einen freien Tisch einer Bar. Kaffee, so glaubte ich, hatte ich für diesen Tag schon genug getrunken und so bestellte ich mir eine gut gekühlte Fanta.

Bei der Herfahrt war ich an einer Schnellgaststätte mit feinen Nudelgerichten vorbeigekommen. Da ging ich nun drauf los. Doch das ist mir nun schon wieder passiert, dass ein solches Lokal schon gegen 18.00 Uhr geschlossen ist. Offensichtlich sind die nur auf das Publikum tagsüber eingestellt. In der Nähe hatte aber noch ein Lebensmittelladen geöffnet. Hier wollte ich dann für den Abend Schinken, Salami, Brot und Bier sowie eine Flasche Mineralwasser einkaufen. Der Chef bediente mich persönlich. Als ich nur eine geringe Menge an Schinken und Salami forderte, bot er mir schon vorgeschnittene Ware an, Ich sollte sie billig haben.

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Am Mittelmeer bei Santa Marinella

Das ging dann wie auf dem Markt weiter. Zuerst musste ich kosten, es schmeckte gut. Von 150 Gramm kam ich schließlich nach dem Motto von dieser Sorte noch zwei Scheiben und hiervon auch noch ein Stück auf fast 400 gr. Nun, teuer war es wirklich nicht, er hätte die Ware vermutlich heute nicht mehr verkauft, aber was sollte ich mit dem vielen Zeug.

 

Als ich dann weiter durch die Stadt schlenderte kam ich doch noch in ein Viertel, wo noch etliche Imbisstuben geöffnet hatte. Hm, wie das nach Brathähnchen und Pizza duftete. Auf dem Rückweg konnte ich da einfach nicht vorbeigehen und begab mich in eine Pizzeria. Die Pizzas kamen direkt aus dem Ofen zur Theke. Der Andrang war ziemlich groß. Ich ließ mir zwei verschiedene Stücke geben. An einem kleinen Tisch, wo bereits ein ebenfalls schon älteres Ehepaar saß, fand ich noch einen Platz.

Die Frau eröffnete das Gespräch, Es störte sie überhaupt nicht, dass ich Deutscher war und es mit der Sprache gegenseitig sehr haperte. Sie plauderte munter drauf los. Nun, ich muss sagen, einiges habe sowohl ich als auch sie verstanden. Als ich sagte wie alt ich sei und wieviel Km ich bisher gefahren habe, meinte sie vorwurfsvoll zu ihrem Mann, er solle auch mal wieder was in der Richtung tun, dann würde möglicherweise auch sein Bauch verschwinden. Es ist schließlich ein amüsanter und kurzweiliger Aufenthalt in der Pizzeria geworden.

Meine zuvor gekauften Esswaren trug ich anschließend in der Nylontüte nach Hause. Doch ganz umsonst war der Einkauf nicht gewesen. Bevor ich zu Bett ging, habe ich doch noch etwas von dem 'Sonderangebot' genascht. Mit dem Ablauf des heutigen Tages konnte ich wieder mehr als zufrieden sein.

Es sind 100,06 Km geworden. Dazu brauchte ich 5,56 Std., das ist ein Schnitt von 16,84 Km/h.

Gesamt Km 1.398

15. Tag, Freitag, 02. Juni 2000

 

Santa Marinella - Rom

 

 

Ich mache mich schon frühzeitig fertig, um später nicht zu sehr in der Sonne fahren zu müssen. Auch das Frühstück steht schon zeitig bereit. Es ist im Gegensatz zu manch anderem sehr ordentlich. Der schon etwas ältere Chef bedient selbst, d.h. er macht Kaffee und Milch zurecht und fragt nach weiteren Wünschen. Ich lasse mir etwas Brot nach bringen. Danach belade ich mein Rad und mache noch ein Foto vom Hotel, denn gestern lag mir die Vorderfront des Hauses doch zu sehr im Schatten.

Gegen 08.00 Uhr fahre ich auf die Via Aurelia los. Diese ist, wie ich gestern schon erwähnt habe, hier nur noch zweispurig, fährt sich aber sehr gut. Durch zeitweilig große Zypressen Alleen geht es zügig in Richtung Rom. Es wird wieder richtig heiß, genau so wie man sich eigentlich Italien vorstellt. Ich muss viel trinken, meine Vorräte sind bald aufgebraucht. An einer Tankstelle versorge ich mich mit Mineralwasser und trinke - na was schon??- einen Cappuccino und esse ein Stückchen.

Nun ist es nicht mehr weit bis Rom. Der Verkehr wird immer stärker und die Straße wieder vierspurig. Über mir ziehen große Verkehrsflugzeuge Warteschleifen, denn der Flughafen Leonardo da Vinci ist in der Nähe. Von rechts kommen immer häufiger Zubringerstraßen zur Via Aurelia. Dann die erste Ampel und die ersten Ortsschilder von Rom. Es ist gerade 12.00 Uhr vorbei. Doch ein Stück des Weges ist es dennoch.

Ich hatte mir vorgenommen, als erstes mit dem Rad bis zum Petersplatz zu fahren, wenngleich ich zu meinem Quartier wieder etwas in etwa die gleiche Richtung zurückfahren musste. Stadteinwärts brauchte ich mich immer nur an das Hinweisschild 'Cita Vaticano' zu halten. Dennoch habe ich an Straßenkreuzungen 2 - 3 mal nachgefragt. Schließlich kam ich an die große Mauer, die den Vatikan umgibt. Hier ist auch der Besuchereingang zum Museum und der Sixtinischen Kapelle. Nun kannte ich mich selbst aus. Es ist nur noch ein kurzer Weg bis zum Petersplatz.

Genau um 12.47 Uhr war ich dort. Das war schon ein erhebendes Gefühl, ein großer Augenblick. Zunächst sah ich mich staunend mal nach allen Richtungen um. Das hatte ich also wirklich geschafft. Dann fragte ich einen Passanten, einen Holländer, ob er mir ein Foto machen würde. Das tat der natürlich gerne.

 

Geschafft, das Ziel ist erreicht - Rom, Petersplatz

Vor der Absperrung zwischen Petersplatz und der Prachtstraße Via Concillianzione war gerade eine Demonstration für die Freiheit von Bangladesch im Gange, wozu eine Menge an Polizei im Einsatz war. Aber außer Sprechchören und Parolen über Megafon verlief alles friedlich.

Dann machte ich mich auf den Weg zu meinem Quartier in der Via Pineta Sacchetti. Hierbei kam ich am Bahnhof San Pietro vorbei. Ich dachte, da könne ich gleich die Frage der Rückfahrt mit dem Fahrrad klären. Aber hier wurde gerade umgebaut, man verwies mich an den Hauptbahnhof Termini. Also immer noch nicht alle Unklarheiten beseitigt.

 

Auf dem weiteren Weg zur Herberge musste ich wieder zwei - dreimal Nachfragen. Schließlich hatte ich auch das geschafft.

An der Pforte des Klosters der Vietnamesischen Schwestern war zunächst keine Verständigung möglich.

Meine beiden bisherigen Ansprechpartnerinnen, die Schwestern Angela und Anna-Maria waren noch in der Mittagsruhe. Dann kam eine weitere deutsch sprechende Schwester, Maria-Rosa. Sie studierte das Aufnahmebuch und meinte, ich sei ja einen Tag zu früh. Doch als dann Schwester Anna-Maria dazukam klärte sich alles auf. Mit ihr hatte auch Mechthild meine vorzeitige Ankunft abgesprochen.

Ich bekam ein Zweibettzimmer im dritten Stock, ein gutes Zimmer mit Dusche und WC. Auch für das Fahrrad fand man einen geeigneten Abstellplatz. Ich richtete mich im Zimmer ein und machte mich dann fertig, um erneut in die Stadt zu fahren. Diesmal aber mit dem Bus der Linie 49.

Die Bushaltestelle ist nur etwa 50 Meter von Eingang zum Kloster entfernt. Ich mache mir schon mal Kleingeld für die Fahrkarte zurecht. Doch das hätte ich eigentlich aus der Zeit mit Lenje in Alassio wissen müssen, beim Busfahrer kann man nicht bezahlen. Man muß schon vorher eine Karte haben und die dann im Bus entwerten. Was tun?, ich fahre mal eben 'schwarz'. Hoffentlich kommt kein Kontrolleur, das wird teuer, ich glaube 80.000 Lit. Ich sehe es auch am Verhalten der anderen Fahrgäste. Ohne Verzögerung drängen sie sich nach dem Einstieg zum Entwerter, um bei einer Kontrolle nicht aufzufallen..

Wegen der Fahrkarte mache ich mich nach der Ankunft am Vatikan kundig. Die Fahrkarten gibt es im Tabakladen und kosten pro Tag für alle Buslinien der Stadt - es gibt auch noch private Buslinien, die man extra bezahlen muss -, 6.000 Lit. Ich kaufe mir mal 2 Karten, denn eine brauche ich ja schon für die Rückfahrt. Damit ist auch mein Gewissen wegen der 'Schwarzfahrt' entlastet.

Ich halte mich zunächst im Bereich von St. Peter auf und gehe mal bis zur Engelsbrücke. Dann wage ich weitere Schritte über den Tiber in die Stadt, alles gewissermaßen zum Eingewöhnen. Ein richtiges Programm für den heutigen Tag hatte ich noch nicht. Ich kaufe mir noch was zum Trinken für den Abend, Esswaren hatte ich ja noch genügend vom Einkauf in Marinella.

So waren auch die ersten Schritte zum weiteren Aufenthalt in Rom getan. Nach meiner Rückkehr war auch die Schwester Angela an der Rezeption, die hier ihren Hauptarbeitsplatz hat. So lernte ich auch sie kennen. Ich kann es vorwegnehmen, das sind alles liebenswerte Menschen, die sich sehr um die Belange ihrer Gäste kümmern.

Mit Gerhard Schäfer, der ja inzwischen auch schon in Rom eingetroffen sein musste, hatte ich vereinbart, dass ich ihn von meinem Quartier aus im Hotel 'Rosa' anrufen werde. Das erledigte ich noch. Die Verbindung klappte auf Anhieb. Hierzu hatte ich mir extra eine Telefonkarte für den Automat gekauft. Mit dem Handy wäre das wesentlich teurer geworden. So fiel lediglich ein Ortsgespräch für eine geringe Gebühr an, egal wie lange man telefonierte.

Ich musste ihm schon einiges vorab erzählen. Wir verabredeten schließlich, dass wird uns am Sonntag, dem 4.6., gegen 9.00 Uhr am Obelisk des Petersplatzes treffen werden.

Heute bin ich nochmals 59,44 Km gefahren, in 3.37 Std. = 16,41 Km/h.

Bis zum Petersplatz hatte ich somit insgesamt eine Strecke von 1.468 Km zurückgelegt.

Noch ein Fazit zum reinen Verlauf der Fahrt: Da ich nicht über den Gotthard-Pass fahren konnte, hielten sich die Strapazen - abgesehen von der Etappe Genua - Sestri- in Grenzen. Das Wetter hat es sehr gut gemeint. Die ersten Tage waren zwar z.T. recht kühl, doch zum Radfahren war es schon recht. Der schlechteste Tag in dieser Hinsicht war wohl die Abfahrt von Airolo bis zum Lago Maggiore, wo es doch sehr trüb war und es auch 2 - 3 Schauer gab.

Die Tage, als es sehr heiß war, will ich nicht nennen. Natürlich setzt einem die Hitze zu, doch ich betrachte das Ganze eher als ein Geschenk Gottes, denn mit welchem Wetter will man um diese Zeit in Italien sonst rechnen.

Der Aufenthalt in Rom:

Dass es in dieser geschichtsträchtigen Stadt viel zu sehen gibt, liegt ja wohl klar auf der Hand. Ich werde die einzelnen Punkte, die ich aufsuchte, soweit wie möglich ansprechen, kann sie aber in ihrer geschichtlichen und kulturelle Bedeutung kaum würdigen. Dafür fehlen mir schlicht und einfach die hierfür erforderlichen speziellen Kenntnisse.

 

16. Tag, 3. Juni 2000

Die Schwester Anna-Maria war u.a. auch zuständig fürs Frühstück. Da sich auch mehrere Pilgergruppen in ihrem Haus aufhielten, meinte sie es sei besser, wenn ich schon relativ früh, d.h. so gegen 7.00 Uhr frühstücken könne. Das war mir gerade recht, bin ich doch täglich schon früh auf den Beinen.

Nun, das Frühstück war recht ordentlich, nicht so üppig, aber reichlich. Die Schwestern versorgten die Gäste mit Kaffee , Tee o.ä., soviel man wollte. Auf den Tischen standen Körbchen mit übergroßen Kaisersemmeln. Ich nahm mir jeweils 2 Stück. Dazu stand Butter, Marmelade und Streichkäse bereit, Wer wollte, bekam gerne etwas nach. Ich konnte also bequem schon gegen 8.00 Uhr das Haus verlassen und in die Stadt fahren.

Die Fahrt mit dem Bus hatte ich ja schnell kapiert.

Also an diesem Samstag fuhr ich mit dem Bus, mit Umsteigen in Nähe der Engelsbrücke, zum Bahnhof Termini, um die Reservierung für das Fahrrad auf der Heimreise zu regeln. Der Bahnhof Termini ist einer der größten in Europa und ich brauchte eine gewisse Zeit, um mich zu orientieren. Als erstes studierte ich den Aushangfahrplan für die abfahrenden Züge. Dabei empfand ich schon mal eine große Erleichterung, als ich bei dem für mich vorgesehenen Zug u.a. das Symbol für Fahrradbeföderung entdeckte. Ich dachte, da kann ja wohl nichts mehr schief gehen.

Unter den vielen Schaltern in der großen Halle waren die Nummern 11 - 13 für den Auslandsverkehr vorgesehen. An der Nr. 12 stellte ich mich in der nicht gerade kleinen Warteschlange an. Hier muss man sich schon etwas in Geduld üben, jeder der hier vorspricht hat so seine Probleme.

Nach einiger Zeit sprach mich ein Herr der Bahn an, der im Außenbereich der Schalter die Reisenden betreute und sie über Unzulänglichkeiten informierte.

Von mir wollte er wegen der Sprache zunächst meine Herkunft wissen und mein Anliegen. Dann meinte er, für eine Reservierung müsse ich mich nebenan in einen größeren Raum begeben, der extra dafür vorgesehen sei.

Also ging ich zur Reservierungsstelle. Hinter der Pendeltür steht ein Automat, wo ich mir eine Nummer ziehen muss, die aufgerufen wird, wenn ich an der Reihe bin. Ich bekomme die Nr. 261, die Nr. 245 Ist an der Reihe. Ich setze mich zu den anderen Wartenden. Es dauert eine Weile bis ich dran bin, ich komme zum Schalter Nr. 1.

Eine junge Frau bedient mich. Sie ist mürrisch und motzt, dass ich kein italienisch spreche. Ich lege ihr meine bisherigen Unterlagen, insgesamt schon fünf Fahrausweise vor, und sage dass ich noch eine Reservierung für das Fahrrad brauche. An Hand meiner Sitzplatzreservierung hätte sie sich wohl über den betreffenden Zug usw. informieren können. Sie verschwindet in den rückwärtigen Diensträumen und holt sich Verstärkung in der Person einer deutsch sprechenden Kollegin. Ich erkläre alles noch mal und denke, nun ist alles klar. Doch der Computer gibt keine Reservierung aus. Die Signora schreibt dann eine von Hand. Offensichtlich ist sie jedoch nicht von der Richtigkeit ihres Handelns überzeugt und begibt sich erneut nach hinten. Dann kommt sie zurück und beginnt zu schimpfen, zuerst über mich, weil ich nicht italienisch spreche und sie könne kein deutsch.

Dann macht sie die bereits geschriebene Karte ungültig, weil das wohl auf diese Art nicht geht und sagt mehrmals 'Finito', also Schluss - Ende. Dabei macht sie mit beiden Händen eindeutige Bewegungen, wie ich solle den Platz räumen und verschwinden. Doch das lasse ich mir nicht bieten. Ich sage energisch 'non' und verlange den 'Chef'. Das war ihr doch zuviel, sie wird regelrecht hysterisch und überhäuft mich mit erregter Stimme mit Ausdrücken, die ich allerdings nicht verstehe. Dann drückt die den Freigabeknopf und fordert mich wieder auf, meinen Platz zu räumen. Ich denke nicht daran, obwohl nun schon der nächste Kunde hinter mir steht. Schließlich nimmt sie meinen noch vor ihr liegenden Nummernzettel und schreibt die Nr. 9 drauf. Also doch, der Chef ist am Schalter 9.

Also gehe ich dorthin. Aber nach Schalter 8 ist Schluss, keine Nr. 9 da. Ich will schon wieder zurück, als ich noch einen Schalter ohne Nummer sehe. Dort sitzt ein älterer Herr mit Brille. Ich frage ihn, ob er hier der Chef sei? "Si" sagt er, also bin ich richtig.

Es beginnt nun alles wieder von vorn. Ich packe meine Unterlagen aus und lege sie ihm der Reihe nach auf den Tisch. "Capito" meint er, er hat also verstanden. Er rückt die Brille zurecht und blättert im dicken Kursbuch. Dann begibt er sich an den Aushangfahrplan und sieht dort nach. Als er zurückkommt erklärt er mir, dass ich für diesen Zug keine Reservierung brauche. Mit der schon vorhandenen Fahrradkarte könne ich das Rad in den Zug einstellen. Diese Form der Beförderung war mir natürlich auch bekannt, nur hat es mir bisher niemand gesagt, in den meisten Fällen ist eben eine Reservierung erforderlich. Also war die Frage geklärt, ich war zufrieden und bedankte mich.

Mein Gott, was war das wieder aufregend gewesen, nun konnte ich beruhigt die kommenden Tage in Rom verbringen. Doch es war noch nicht das Ende, das kommt bei der Heimfahrt.

Zunächst kaufte ich mir an einem der Getränkestände eine Fanta und setzte mich auf eine Bank. Der halbe Morgen war zwar schon vorbei, aber ich konnte noch einiges unternehmen. Zuerst wollte ich mit der Metro nach St. Paul vor den Mauern fahren. Das ist die Hauptkirche, die am weitesten vom Zentrum entfernt ist. Ich informierte mich also über den Betrieb der Metro und kaufte mir im Tabakladen eine Fahrkarte, denn ohne geht ja nicht.

Die Fahrt nach St. Paul war kein Problem. Auf Tafeln in den Waggons kann man den Streckenverlauf und die Haltepunkte gut verfolgen. Im Bahnhof von St. Paul standen dann bei der Ankunft 7 - 8 Kontrolleure, die die Reisenden auf ihre Fahrkarten überprüften. Einige wurden angehalten und mussten mit in den Dienstraum.

Von der Metro her kommt man von hinten an die Basilika. In den Seitennischen waren noch Hl.-Messen im Gange, so dass ich noch an einer teilnehmen konnte. Danach wandte ich mich der Besichtigung der Kirche zu.

Als erstes beeindruckt natürlich das große Hauptschiff mit der prächtigen Kassettendecke. Ebenso wirkte auch der Papstaltar mit dem Baldachin auf vier Säulen. Diesen Papstaltar gibt es in jeweils abgewandelter Form in jeder der vier Hauptkirchen. Sehenswert ist auch der große Vorhof mit den vielen Säulen

Ringsum sowie ein kleiner Innenhof.

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An der hl. Pforte zog ich mir schon gleich eine tadelnde Belehrung eines Ordners zu, weil ich sie nichtwissend als Ausgang benutzte. Man darf hier nur in die Kirche hineingehen, für die anderen Kirchen wußte ich also Bescheid.

Um die Mittagszeit kaufte ich mir an einem der Imbisstände vor der Basilika ein Sandwich und ein Getränk, welches ich auf einer Bank verzehrte.

Von hier aus fahren auch Busse in die Stadt. Ich benutzte also einen bis zum Vatikan, wo ich in die Linie 49 umstieg und zu meinem Quartier fuhr. Hier machte ich zunächst ein Mittagsschläfchen. Eigentlich wollte ich jeden Tag eine Mittagspause machen, doch das ist mir in der Folge kaum noch gelungen.

Am Nachmittag fuhr ich dann wieder in die Stadt, bis zum Vatikan. Für eine Besichtigung von St. Peter war noch ausreichend Zeit.

Zuerst kaufte ich mir noch ein T-Shirt, damit ich was zum Wechseln hatte, weil ich ja die Fahrradkleidung nicht mehr anziehen konnte.

St. Peter betrat ich nun auch durch die hl Pforte und kam in dieser Reihenfolge zur Pieta von Michelangelo, zur Statue des Hl. Petrus und zum Papstaltar mit dem Baldachin auf den vier gewundenen Säulen, direkt unter der gewaltigen Kuppel. Vorne, in der Apsis, befindet sich das Heilig-Geist-Fenster mit der Taube als Symbol. Durch dieses Fenster scheint gerade die Nachmittagssonne, was einen besonderen Lichteffekt hervorbringt. Viele Pilger stehen da mit ihren Kameras und wollen gerade dieses Motiv fotografieren. Das Fotografieren - auch mit Blitz- wird hier und in den meisten anderen Kirchen, zumindest

geduldet, was ich persönlich sehr positiv finde.

Dass St. Peter von der Bedeutung sowie von der Größe und Ausstattung her eine hervorgehobene Stellung unter allen katholischen Kirchen hat, brauche ich wohl nicht besonders zu erwähnen.

Am Hauptaltar fand noch eine Messe statt, die von einem deutschen Kirchenchor aus Seesen, das liegt in der Nähe von Hildesheim, musikalisch begleitet wurde. Es war schon sehr eindrucksvoll, hier etliche deutsche Lieder zu hören. Obwohl mir das abschließend mehrstimmig vorgetragene 'Großer Gott' gut gefallen konnte, wäre mir die geläufige Melodie aus dem 'Gotteslob' lieber gewesen; damit hätte man sich manches vom Herzen wegsingen können. Doch man kann die Leistung des Chores nur loben. Auch den übrigen Gottesdienstteilnehmern scheint es gut gefallen zu haben, denn es gab, wie in Italien üblich, zum Abschluss reichen Beifall.

Danach hatte ich noch Gelegenheit den Chormitgliedern zu begegnen. Dabei konnte ich noch ein Foto machen und dem Dirigenten meine Anerkennung aussprechen.

Der erste Tag war also schon ein gelungener Anfang in Rom.

Das Abendessen nahm ich in meinem Zimmer ein. Neben dem Quartier befand sich ein Supermarkt, wo man so ziemlich alles einkaufen konnte, u.a. auch fertige Menüs mit halben Hähnchen, Schnitzel, Pommes frites, Bratkartoffeln, Nudelgerichten, Gemüse und Salat. Davon machte ich in der Folge mehrmals Gebrauch.

17. Tag, Sonntag, 4. Juni 2000

 

Mit Gerhard Schäfer hatte ich mich ja für heute um 9.30 Uhr am Obelisk auf dem Petersplatz verabredet. Das Wetter zeigte sich wieder von seiner besten Seite.

Ich war sehr zeitig in der Stadt und schon vor 9.00 Uhr am Petersplatz. Kurz danach begann der Aufmarsch von unzähligen Musikkapellen aus ganz Italien von der Engelsbrücke her über die Via Concilianzione herauf. Ich dachte schon, es lief wieder eine Protestdemonstration an. Doch als ich sah um was es ging, war ich doch sehr erleichtert. Dafür plagte mich dann ein anderes Problem. Gerhard erschien nicht wie abgemacht. Die Zeit verstrich, ich konnte ihn nicht finden. Es war schon fast 11.00 Uhr, als ich ihn schließlich erblickte. Wie sich herausstellte, hatte die Bahn mal wieder eine Panne und sein Zug erhebliche Verspätung.

Gemeinsam sahen wir uns den Rest des Aufmarschs der Musikkapellen an und beschlossen, noch weiter dazubleiben. Inzwischen war nämlich am Fenster vom Arbeitszimmer des Papstes ein Teppich ausgehängt worden als Zeichen, dass der Papst noch kommen werde.

Bis das soweit war, besuchten wir den deutschen Friedhof im Vatikan und die dazugehörende Kirche. In der Kirche war auch eine Gottesdienstordnung ausgehängt, aus der hervorging, dass die Messe am Donnerstag, 8.6., 7.00 Uhr, von Kardinal Ratzinger gehalten wird. Das war ja mein letzter Tag in Rom und ich beschloss. an diesem Morgen hierher in die Messe zu gehen.

Gegen Mittag erschien dann tatsächlich der Papst am Fenster und begrüßte die aufmarschierten Musiker. Diese erwiderten ihm mit einem unbeschreiblichen Beifall, mit Fahnenschwenken und danach mit Musikdarbietungen. Zum Abschluss gab der Papst seinen Segen. Das ganze war ein unerwarteter aber sehr erfreulicher Aspekt in unserem Programm, das dadurch allerdings etwas durcheinandergebracht wurde.

Wir mussten nun halt etwas improvisieren. Wir gingen zuerst an der Mauer vorbei, über die einst mal der Fluchtweg der Päpste zur sicheren Engelsburg führte. Die Engelsburg besahen wir nur von Außen und schritten über die Engelsbrücke ans andere Ufer des Tiber. Etwas stromaufwärts ließen wir uns in Höhe des Justizpalastes nieder und tranken eine Cola. Danach begaben wir uns zur Piazza Navona, wo wir in einer Seitengasse die Deutsche Nationalkirche Santa Maria del Anima aufsuchen wollten . Die ist nur über den rückwärtigen Eingang zugänglich, doch der war verschlossen.

 

 

Die Ideen zu Besichtigungen gehen Gerhard nicht aus. Er führte mich anschließend zur Kirche Maria in Sopra Minerva, auf deren Vorplatz der kleine Elefant mit dem Obelisk steht. Hier hatte ich auch Gelegenheit Kerzen abzubrennen, was in den großen Kirchen bisher nicht möglich war.

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Die Engelsburg und Engelsbrücke

 

Dann musste Gerhard wegen eines wichtigen Termins wieder für kurze Zeit in sein Hotel zurück. Wir verabredeten uns, am Pantheon wieder zu treffen.

Derweil ging ich allein zur spanischen Treppe und zum Trevi-Brunnen. Beides sind bevorzugte Treffpunkte der Besucher Roms, dementsprechend auch der Betrieb. Es war inzwischen sehr warm geworden und die Leute suchten gerne schattige Plätzchen auf.

Unterwegs kam ich an einer Pizzeria vorbei, wo mir mein Magen Halt gebot.

Gehorsam kehrte ich ein und aß ein Stück Pizza und trank eine Cola.

Eigentlich sind das ja alles Wiederholungen von vor 50 Jahren. Am Trevi-Brunnen dachte ich auch an die Münze, die ich damals hinein geworfen habe. Es heißt ja, dass derjenige wieder nach Rom zurückkommt. Das ist zwar keine Sache die man glauben muss, aber bei mir es ist's eingetreten.

Das Pantheon war heute auch verschlossen. Ich setzte mich in eines der Straßencafés um auf Gerhard zu warten. Zuerst ziehen wir vor das italienische Nationaldenkmal Vittorio Emanuel II. und danach über die Große Treppe zum Capitol hinauf. Hier befindet sich auch das Reiterstandbild Marc Aurels sowie die Säule mit der Wölfin und Remus und Romulus. Auch der nahen Kirche Sta. Maria in Araceoli statten wir einen Besuch ab. Hier ist wohl die Statue des Jesus-Bambino mit den Körben der Briefe von Kindern der Haupt Anziehungspunkt. Dann sehen wir uns noch den mamertinischen Kerker an, wo einst Petrus gefangen gehalten wurde, und gehen ein Stück des Weges in Richtung Forum Romanum.

Das war eine Fülle von Sehenswürdigkeiten und Eindrücken, ich glaube, mehr kann man an einem Nachmittag nicht aufnehmen. Schon etwas ermüdet fuhr ich nach Hause, doch ich war sehr glücklich über den schönen Tag.

Vielen Dank meinem Freund Gerhard.

Zum Abendessen in meinem Quartier hatte ich mich bestens eingedeckt. Also, ich muss es gestehen, auch wenn es jemand kritisch sehen sollte, zwei Dosen Bier, dazu noch Fanta oder Sprite und bei Bedarf auch noch Mineralwasser mussten es zum Essen und danach schon sein, um den täglichen Flüssigkeitsverlust auszugleichen.

 

18. Tag, Montag, 5. Juni 2000

 

Das heutige Programm hatte ich gestern schon mit Gerhard durchgesprochen.

Nach dem Frühstück fuhr ich mit dem Bus in die Stadt und mit der Metro (Linie B) zur Pyramide des Cestius. Hier befindet sich auch ein altes Stadttor, die Porta San Paolo mit einem Teil der ehem. Stadtmauer, ein sehenswerter Bereich.

Danach fuhr ich wieder mit der Metro zurück zum Kolloseum. Hier beschränkte ich die Besichtigung auf den Außenbereich, denn an den Kassen war erheblicher Andrang. Ich habe es ja schon mal gesehen und das reichte mir eben.

Zu Fuß marschierte ich dann zum Circus Maximus und anschließend zur Kirche Sta. Maria in Cosmedin mit dem 'Mund der Wahrheit'. Auch dem nahen Tempel der Vesta - es gibt noch einen zweiten- stattete ich einen Besuch ab, bevor ich in der Parkanlage am Tiberufer eine Ruhepause machte.

An einem Imbisstand kaufte ich mir ein Getränk, denn bei den schon früh aufgekommenen hohen Temperaturen gab es Durst.

Doch die Hitze darf einen in Rom nicht schrecken. So machte ich mich alsbald wieder auf und ging vor der Tiberinsel über die Brücke auf die andere Seite des Flusses.

 

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Das Kollosseum

Von der Insel hatte ich eine ganz andere Vorstellung, etwa eine grüne Oase oder so was. Doch die ist ganz zugebaut. Flußaufwärts befindet sich die Garibaldibrücke, von wo man einen schönen Blick über den Fluß mit St. Peter im Hintergrund hat.

Danach schlenderte ich am linken Ufer zurück, am Marcello-Theater vorbei, zum Forum Romanum. Das ist der Teil Roms aus dem Altertum mit vielen Ausgrabungen. Einiges ist noch gut erhalten und sehenswert. Da nenne ich mal die Bögen des Titus, des Septimius Serverus und den Konstantinbogen.

Von anderen Bauwerken sind aber auch nur noch Ruinen vorhanden. Vielfältig stehen oder liegen Säulen in den Anlagen. Ich muss sagen, dass die zur Verfügung stehende Zeit es nicht zuläßt, sich intensiv mit der Geschichte und allem drum und dran zu beschäftigen. Für mich ist es vor allem auch sehr ermüdend.

So kaufe ich mir mal wieder einen Sandwich und ein Getränk und lasse mich auf einem wahrscheinlich geschichtsträchtigen Stein im Schatten nieder. Dabei hatte ich es zufällig getroffen, dass ich geraden unter einem in Blüte stehenden Lindenbaum saß. Das gab eine besondere 'Duftnote'.

Am Nachmittag fuhr ich dann mit dem Bus zum Vatikan. Hier hatte ich mir die Besichtigung der Vatikanischen Museen, der Sixtinischen Kapelle und der Kuppel des Petersdomes vorgenommen.

Am Eingang des Museums fuhr ich ja jeden Tag zweimal mit dem Bus vorbei und konnte sehen, welcher Andrang da zeitweise herrschte. Ich hatte Glück, die große Masse war schon im Museum, ich konnte ungehindert bis zu den Kassen durchgehen und fand sofort Einlass. In die Sixtinische Kapelle gelangt man nur durchs Museum, so dass man das zwangsläufig mitnehmen muss. Aber auch hier gilt wieder, dass man gar nicht alles aufnehmen kann, so umfangreich sind die Angebote und die Wissensbereiche. Für das eine oder andere hat man ohnehin kein besonderes Interesse.

So durchstreifte ich die Museen relativ zielstrebig bis zur Sixtinischen Kapelle.

Sie ist wohl der Höhepunkt der hier angebotenen Besichtigungen. Sie ist ja wie so vieles in Rom für das Heilige Jubeljahr frisch renoviert und restauriert worden. Die Wände sind mit großflächigen Malereien der berühmtesten italienischen Künstlern versehen. Prunkstück ist jedoch die Decke mit Fresken von Michelangelo.

Obwohl ich schon etwas müde geworden war, wollte ich noch den Aufstieg zur Peterskuppel schaffen. Etwas geriet ich in Zweifel, als ich am Kassenhaus den Hinweis las, dass ältere Leute, wozu ich mich inzwischen ja auch zählen muss, sich der Strapazen des Aufstiegs bewusst sein sollten und diese Überlegung in ihren Entschluss einfließen lassen sollten. Doch die aufkommenden Zweifel konnte ich abwehren.

Für den Aufstieg hatte ich ohnehin den nicht so frühen Nachmittag ausgewählt, denn ich hatte festgestellt, dass gegen 18.00 Uhr die Sonne direkt von hinten auf die Peterskuppel und den -Platz schien. Ich glaube, dass sich das Licht in diesem Falle besser zum Fotografieren eignet, wenngleich ich sonst eher Seiten- oder Gegenlicht bevorzuge.

Ich muss sagen, der Aufenthalt mit dem Blick über die Stadt bis zu den Albaner Bergen, war wieder ein ganz besonderes Erlebnis.

Nach dem Abstieg hatte gerade in einer der Seitennische von St.Peter eine Messe begonnen, der ich noch beiwohnte. Dabei war ich mächtig stolz darauf, dass ich einen Teil der Predigt verstehen konnte. Der Geistliche sprach nämlich über den hl. Bonifazius, den Patron der Deutschen, dessen Namens- und Gedenktag heute, am 5.6. war.

Sehr müde kam ich gegen 19.30 Uhr mit dem Bus in der Via Pineta Sacchetti an. Der Tag war voll und ganz ausgefüllt.

19. Tag, Dienstag, 6. Juni 2000

 

Heute bin ich wieder mit Gerhard verabredet, wir wollen uns um 9.30 Uhr am Petersplatz treffen.

Bei den Schwestern ist täglich eine hl. Messe in der Hauskapelle. Ich gehe heute erstmals dorthin. Ein Landsmann der Schwestern ist der Zelebrant.

Danach Frühstück wie jeden Tag. Bis zur Abfahrt des Busses habe ich noch etwas Zeit und kann auf meinem Zimmer noch ein paar Dinge in Ordnung bringen. Es wird heute wieder ein heißer Tag werden, erst am Abend ziehen ein paar Wolken auf.

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Basilika Maria Maggiore

Gerhard ist heute pünktlich, der Zug hatte keine Verspätung. Aber er ist stark erkältet, der Ärmste. Ich meine, er solle in sein Quartier zurückfahren und sich auskurieren. Doch er lässt sich nicht vom vorgesehenen Plan abbringen.

So gehen wir zunächst zu Fuß zur Metro-Station des Vatikans, Ottaviano, und fuhren bis Termini.

Danach wieder ein Fußmarsch bis Santa Maria Maggiore, einer weiteren der vier Hauptkirchen. Auch hier gehen wir durch die hl. Pforte ins Innere. Dort fällt mir wieder die schöne Kassettendecke im Hauptschiff auf. Ebenso der Papstaltar unter dem Baldachin, der von vier gedrehten Säulen (Kaneluren) getragen wird.

 

In der Krypta befindet sich eine Glasvitrine, die ein Stück Holz von der Krippe in Bethlehem enthalten soll. Man kann einfach nicht alles Sehenswerte aufzählen und erst recht nicht die gewonnenen Eindrücke wiedergeben.

 

Nun bleibt mir noch eine Hauptkirche, St.Johann im Lateran. Bis dorthin ist es nicht weit von Maria Maggiore aus, so dass wir das kurze Stück des Weges ebenfalls zu Fuß gehen.

Vor der Erweiterung des Petersdomes soll St.Johann die größte Kirche der Welt gewesen sein. Auch hier machen wir eine ausführliche Besichtigung. Einen Steinwurf weg ist das Baptisterium, die Taufkapelle. Die habe ich noch nicht gekannt, aber Gerhard zeigt sie mir und erklärt alles ausführlich. Zu erwähnen wäre auch noch die Hl. Stiege, auf der sich die Gläubigen auf den Knien, betend hinaufbegeben. Über diese Treppe soll Jesus in Jerusalem zu Pilatus geführt worden sein. Auf den Marmorstufen, die allerdings mit Holz überdeckt sind, sollen sich noch Bluttropfen befinden.

 

 

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Basilika St. Johann im Lateran

 

Danach fahren wir mit dem Bus wieder bis in die Nähe der Piazza Navona. Zuerst besuchen wir den Blumenmarkt und gehen dann zur deutschen Nationalkirche St. Maria del Anima. Diesmal ist sie geöffnet und wir können hineingehen. Hier ist u.a. das Grab des letzten aus Deutschland stammenden Papstes.

 

Gerhard hat immer noch mit seiner Erkältung zu kämpfen. Ich dränge nun darauf, dass er nach Hause fährt und biete ihm an, auf der Piazza Navona noch was zu trinken. Er ist schließlich damit einverstanden. Wir lassen uns also in einem Straßencafé nieder und trinken jeweils eine Cola. Als ich bezahlen will, ist mein Brustbeutel, den ich ausnahmsweise in die Hosentasche gesteckt hatte, verschwunden. Schon wieder eine missliche Sache, aber ich habe ja noch Geld in der Fototasche. In dem Brustbeutel war

lediglich ein Handvorrat für den Tag. Es dürften so um 70.000 Lit. gewesen sein.

Ich verfolge den Ablauf der letzten Stunde und kann mich an ein unnatürliches Gedränge im Bus erinnern, woran 4 männliche Personen beteiligt waren. Sie hatten ziemlich engen Körperkontakt mit mir, was im Bus ja häufig vorkommt, wozu aber in dieser Situation kein Anlass bestanden hatte. Offensichtlich gehörten sie zusammen und haben das Gedränge inszeniert, um mir den Geldbeutel zu entwenden. Mit Sicherheit kann ich es aber nicht sagen.

Nach diesem Schreck verabschiedete ich mich von Gerhard. Wir trafen uns ja ohnehin wieder am folgenden Tag zur Papstaudienz.

Trotz allem, es geht weiter. Ich sah mich nochmals auf dem Platz um, an den Brunnen, und besuchte die Maler, die ihre Produkte feilboten.

Viele jungen Leute halten sich um die Brunnen herum auf, manche sitzen in Gruppen einfach auf dem Boden und unterhalten sich. Da ist schon was los und das ergibt ein buntes Bild. Der größte und der bedeutendste der Brunnen ist der Vier-Ströme-Brunnen. Die vier herausquellenden Wasserströme sollen

die Donau (für Europa), den Nil (für Afrika), den Ganges (für Asien) und den Rio de la Plata (für Amerika) darstellen. Offensichtlich waren die größeren Ströme wie z.B. der Missisippi oder der Amazonas beim Bau des Brunnens noch nicht bekannt.

Neben dem Platz steht noch eine große Kirche, St. Agnes, die ich auch noch aufsuchte. Hier war Gelegenheit, wieder ein paar Kerzen zu stiften.

Dann machte ich Pläne, was ich am Nachmittag noch unternehmen könnte.

Zuerst aß ich ein Sandwich. Dann studierte ich meinen Stadtplan und beschloss, mit der Buslinie 218 zu den Kallixtuskatakomben zu fahren. Dort musste ich eine Weile warten, bis eine Gruppe für eine deutschsprachige Führung zusammengestellt war.

Nicht weit von den Katakomben ist die Basilika San Sebastian, die zu den sieben Hauptpilgerkirchen gehört. Dahin ging ich wieder zu Fuß. Einen weiteren Fußweg, aber einen wesentlich längeren, machte ich dann in der umgekehrten Richtung, wieder an den Katakomben vorbei, zu der kleinen Kapelle 'Quo Vadis'. Es wird berichtet, dass Jesus an dieser Stelle dem hl. Petrus begegnet sei und dieser erstaunt gefragt habe 'Quo vadis Dominus?'

was soviel heißt wie 'Wohin gehst Du, Herr'. Über diese Geschichte gibt es den gleichnamigen Roman von Henry Sienkiewicz. In der Kapelle ist u.a. auch ein Stein im Fußboden eingelassen, worauf die angeblichen Fußabdrücke Jesu zu sehen sind.

So hatte ich auch den Nachmittag noch sinnvoll genutzt, aber ich war mal wieder sehr müde geworden.

Bei der Rückkehr ins Kloster war Post für mich angekommen. Schwester Angela überreichte mir einen großen Brief von der Prefettura della Casa Pontificia. Ich öffnete ihn gleich, wobei mir die Schwester interessiert, vielleicht auch etwas neugierig zuschaute. In der Tat enthielt er die zwei Einlasskarten für Gerhard und mich zu der morgigen Papstaudienz. Und was für Karten das waren, 'Reparto Speziale' stand darauf. Selbst Schwester Angela war darüber erstaunt, ich war ein wenig stolz darauf und freute mich schon auf den nächsten Tag.

 

 

20. Tag, Mittwoch, 7. Juni 2000

Tag der Papstaudienz

 

Das Wetter ist heute bewölkt, aber trocken. Im Vergleich zu den Vortagen nicht so gut. Aber was heißt das schon, wenn's nicht regnet. Möglicherweise ist das gerade richtig für den Heiligen Vater, wegen seiner angegriffenen Gesundheit.

Mit Gerhard traf ich mich nach neun Uhr am Petersplatz. Unsere Plätze zur Audienz waren ganz oben, seitlich vom Baldachin, aber auf der gleichen Ebene. Ich darf das ruhig hier erwähnen, dass es bevorzugte Plätze waren.

Unterhalb von uns, auf dem Petersplatz befanden sich dann die anderen Pilger, Tausende mit ihren bunten Hüten, meistens gelb oder rot, ein schönes Bild.

Bei uns war das so, dass wohl jeder eine gute Sicht im Sitzen gehabt hätte. Aber als das 'Papamobil' mit dem Papst ankam, sprangen alle auf, jeder wollte mehr sehen als der andere. Viele standen schließlich auf den Stühlen. Doch nach und nach wurde es wieder normal.

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Der Hl. Vater während der Audienz

Zum Ablauf der Audienz ist zu sagen, dass zuerst die einzelnen Gruppen unter großem Beifall vorgestellt wurden, während der Papst unter dem Baldachin auf seinem Stuhl sitzt. Dann spricht er in verschiedenen Sprachen, auch in deutsch, ein paar Sätze zu den Pilgern. Schließlich erteilt er seinen päpstlichen Segen. Hierbei werden auch die mitgebrachten Andachtsgegenstände mitgesegnet.

Schließlich kommen Brautpaare zu ihm, die vor ihm niederknien und seinen Ring küssen. Danach sind besonders privilegierte Personen an der Reihe. Und zum Schluss sind es dann einige Gruppen von jeweils 15 - 20 Personen, die vor ihn hintreten dürfen. Er spricht jeweils kurz mit ihnen. Unter diesen Gruppen entdecke ich auch eine Frau, die kurz zuvor noch direkt neben mir gesessen hatte. Wenn ich gewusst hätte, wie man das anstellen kann, hätte ich mich wahrscheinlich auch darum bemüht.

Aber auch so war die Audienz ein ganz großer Augenblick, gewissermaßen der Höhepunkt der Pilgerfahrt.

Nach der Audienz hat Gerhard es eilig. Seine Gruppe verlässt schon am frühen Nachmittag die Stadt. Er möchte aber noch gerne in den Petersdom. So verabschieden wir uns voneinander mit dem Versprechen, uns zu Hause alsbald zu treffen.

Ich warte noch eine Weile, bis sich die Menge etwas verteilt hat. Nach 12.00 Uhr fahre ich mit dem Bus bis zur Piazza del Populo. Den Nachmittag wollte ich noch zu weiteren Besichtigungen nutzen. Leider war das Wetter im Moment noch schlechter geworden, der Himmel war stark mit dunklen Wolken verhangen. Man meinte, es könne jeden Moment anfangen zu regnen. Doch Gott sei Dank blieb es trocken.

Nun, ich überquere den Platz, in dessen Mitte ein Obelisk steht, und der von zwei Kirchen eingerahmt ist. Über eine Treppe steige ich zum Monte Pincio hoch, von wo man normalerweise einen schönen Blick über die Stadt bis zu St.Peter hat.

Von dort komme ich dann wieder zur spanischen Treppe, d.h. zuerst zu der oben stehenden Kirche Trinita del Monti. Die ist innen einfach und fast schmucklos gestaltet, ein extremer Kontrast zu den vielen prunkvollen Kirchen der Stadt.

Trotz des Wetters ist auch heute auf der spanischen Treppe wieder Leben, ziemlich laut. Das ist wahrscheinlich jeden Tag so.

 

Mein weiterer Weg führt mich auch wieder zur Fontana Trevi. Auch hier treffen sich die Besucher in großer Anzahl. Ich bleibe im äußeren, dem oberen Bereich, hinab zum Wasser, wo auch die Leute die Münzen einwerfen, gehe

ich nicht.

Eigentlich sollte ich mal wieder was essen. Das habe ich hier in der Nähe schon mal getan. Also suche ich die betreffende Pizzeria auf, wo ich mir zwei verschiedene Stücke Pizza bestelle, dazu trinke ich eine Cola. Das hat sehr gut geschmeckt, nun kann es wieder weitergehen.

Das Pantheon ist heute geöffnet, das sehe ich mir natürlich auch an. Das ist ein großer Rundbau ohne Fenster mit einer großen Kuppel. Das Licht fällt durch eine große Öffnung oben in der Kuppel.

Auch zur Piazza Navona komme ich wieder. Während sich die Jugend um die Brunnen drängelt, sind die Cafés überwiegend mit älteren Leuten besetzt. Hier schaue ich eine Weile wieder den Malern zu, wie sie ihr Handwerk ausüben und ihre Geschäfte abwickeln.

Weiter geht's zu Fuß in Richtung Tiber, über die Engelsbrücke zu Via Concilianzione. Der Nachmittag ist schon fast vorbei, ich bin müde und kaum noch aufnahmefähig. Der lange Fußweg am Nachmittag hat mich doch sehr geschlaucht. Also nehme ich den nächsten Bus und fahre ins Quartier.

Für die lieben Schwestern habe ich eine große Schachtel Pralinen gekauft, die ich Schwester Angela beim Bezahlen meiner Rechnung übergebe. Die sechs Tage Aufenthalt kosteten mich 330.000 Lit., 20.000 gab ich ihr noch fürs Haus.

Also, hier fühlte ich mich sehr gut aufgehoben, die Schwestern waren alle nett zu ihren Gästen. Ich würde jedenfalls nochmals hier einkehren.

21. Tag, Donnerstag, 8. Juni 2000

 

Heute ist mein letzter Tag in Rom. Ich hatte mir ja vorgenommen zuerst zum Kardinal Ratzinger in die Messe zu gehen. Wie ich bereits erwähnt habe, ist die um 7.00 Uhr in der Kirche am deutschen Friedhof neben dem Vatikan.

Mit der Schwester Anna-Maria hatte ich in den vergangenen Tagen schon darüber gesprochen. Sie meinte, ihr sei bekannt, dass der Kardinal jeden Donnerstag dort die Messe lese. Aber es gebe ein anderes Problem. Ihre Klosterpforte sei während ihrer eigenen Messe nicht offen. Ich müsse dann schon gegen 6.00 Uhr das Haus verlassen. Das war für mich eigentlich kein Problem, ließ mich aber dennoch von ihr von der Pforte aus gegen 5.00 Uhr wecken.

Die Fahrt mit dem Bus nach St.Peter war in rekordverdächtiger Zeit geschafft.

Es waren fast keine Autos unterwegs und kaum Fahrgäste im Bus. Schon um 6.20 Uhr war ich am Petersplatz. Der war um diese Zeit noch menschenleer. Lediglich eine Polizeistreife war zu sehen, etwas später kam die Putzkolonne.

Mit dem Einlass zur Kirche musste ich noch warten. Es kamen noch mehr Deutsche, hauptsächlich Bayern. Um zehn vor sieben konnten wir dann das große Tor in Richtung Friedhof passieren.

Die Kirche war etwa zur Hälfte besetzt, als es 'bimmelte' und die geistlichen Herren einzogen. Doch wer war nicht unter ihnen?, seine Eminenz, der Kardinal. Ich war schon etwas enttäuscht, doch Messe ist Messe dachte ich mir. Aber das hätte ich ja auch bei den Schwestern haben können.

Nach der Messe machte ich noch Fotos in der Kirche und sah mir die Gottesdienstordnung nochmals an. Und da war der Kardinal auf der Liste der Zelebranten gestrichen.

Ich fuhr nun wieder ins Kloster zurück, wo ich dann zunächst frühstückte. Danach packte ich meine Taschen, belud mein Fahrrad und verabschiedete mich von den netten Schwestern, die mich sechs Tage lang so hervorragend betreut hatten. Besondere Eile war nicht geboten, es war schon fast 10.30 Uhr

als ich abfuhr.

Mein erstes Ziel war der Bahnhof Termini. Der liegt genau auf der gegenüberliegenden Seite der Stadt. Ich habe auf den Zähler gesehen, es waren fast 14 Kilometer. Da brauchte ich schon eine längere Zeit, bis etwa 12.00 Uhr.

Das Fahrrad konnte ich mit den Gepäcktaschen bei der Aufbewahrungsstelle abgeben. Nun war mir leichter, den Nachmittag hatte ich noch zur freien Verfügung.

Nachdem ich in der Bahnhofshalle noch etwas getrunken hatte, wanderte ich zu Fuß in Richtung Maria Maggiore, dann zum Nationaldenkmal, Piazza Venetia sowie Piazza und Kathedrale San Marco. Zwischendurch aß ich in einem Restaurant einen Teller mit Spaghetti und Soße und trank eine Cola.

Weiter schlenderte ich über die Prachtstraße Via Nationale und kam nochmals nach Maria Maggiore. Hier ruhte ich mich etwas aus und trank in einem Straßencafé einen Cappuccino.

Dann ging's wieder zurück zum Bahnhof. Der Marsch hatte mich doch sehr ermüdet, kein Wunder, ich war nun schon über 12 Stunden auf den Beinen.

Im Bahnhof gab es mehrere Restaurants, eins mit Garten. Dort ließ ich mich nieder und holte mir am Selbstbedienungsbüfett einen schönen Salatteller und einen Weck, dazu trank ich eine Limo.

Schließlich war es gegen 20.00 Uhr und ich holte mein Fahrrad ab. Für die Reise besorgte ich mir noch eine Dose Bier und ein Sandwich. Dann begab ich mich zum Bahnsteig, wo mein Zug über Mailand nach Zürich um 21.22 Uhr abfahren sollte. Gegen 20.45 Uhr wurde er langsam hereingeschoben.

Als erstes galt es, meinen reservierten Sitzplatz zu finden und meine Packtaschen dort abzulegen.

Nun beginnt das Drama mit dem Fahrrad auf der Bahn erneut. Ich suchte das Fahrradabteil, wo ich angeblich das Rad ohne Reservierung hätte einstellen können. Aber so was gab es nicht. Deshalb wandte ich mich an das Zugpersonal. Doch der Zugführer schüttelte den Kopf und sagte 'Non'. Ich glaube, ich wurde weiß wie ein Leintuch. Dann reichte ich dem Schaffner das Bündel mit den Fahrkarten, die dieser überprüfte. Er sprach mit dem Zugführer und sagte was von Telefonieren. Dieser begab sich nun ins Dienstabteil und ich konnte vom Bahnsteig aus sehen, wie er ein sehr langes Telefongespräch führte. Inzwischen war ein weiterer Radfahrer, ein Italiener angekommen, der ebenfalls mitfahren wollte. Es ging schon auf die Abfahrtzeit los, als der Zugführer wieder auf den Bahnsteig kam und zu mir sagte 'Si' (Ja). also ging es doch. Mir fiel ein gewaltiger Stein vom Herzen.

Aber nun wohin mit dem Fahrrad. Der Zugführer meinte, ich solle es einfach im Eingang des Waggons abstellen. Nun, für die Not ginge das, aber da kam wieder der Italiener mit seinem Rad, und der wollte doch auch mit. Ei, ei, ei.

Für zwei Räder war hier kein Platz.

Das Zugpersonal räumte daraufhin das Dienstabteil (sie belegten ein anderes) und wir sollten nun die Fahrräder dort unterbringen. Das war ein an sich ganz normales Abteil zum Sitzen, die Sitze mit feinem Plüsch überzogen. Es tat mir richtig weh, als ich das doch immerhin mit Ölresten verschmierte Rad hinein schob. Ich habe bei meiner Ausrüstung immer Plastikmaterial (Tüten o.dgl.) dabei, u.a. auch einen blauen Müllsack. Diesen schnitt ich auf, so dass ich eine Plane hatte, die ich über die Sitze legte. Das Zugpersonal hatte sich in dieser Richtung um nichts gekümmert.

Der andere Radfahrer hatte noch einen Sitzplatz in einem Nachbarabteil gefunden. Ich verstand ihn so, dass er bis Mailand mitfahren wolle. Bis dorthin habe er die beiden Räder im Auge, ich könne ruhig auf meinen reservierten Platz zurückkehren. Nun, unser großes Problem war ja auch gelöst, der Zug war schon einige Zeit am Fahren.

Als ich nun zu meinem Platz kam, war dieser besetzt. Ein Rucksacktourist

hatte sich inzwischen hier breit gemacht, ein junger Mann, Kanadier wie sich herausstellte. Er wollte zunächst auf meine Aufforderung den Platz nicht räumen. Erst als ich ihm die Reservierungskarte vorhielt und deutlich machte, dass ich ja auch den Platz bezahlt habe, stand er auf. Im Abteil war ohnehin noch was frei.

Was war das wieder eine Aufregung gewesen. Es dauerte wohl eine Weile, bis Puls und Herzschlag wieder normal waren. Zuerst nickte ich mehrmals ein, doch dann war ich für lange Zeit fest eingeschlafen. Als ich zwischen drei und vier Uhr wach wurde, dachte ich, dass ich jetzt mal nach hinten gehen müsse, um auch dem Italiener in Mailand beim Aussteigen behilflich zu sein.

Doch was war nun?. Am Ende des langen Seitenganges von dem betreffenden Wagen lag mein Fahrrad im Treppenschacht der Ausgangstür. Sowohl vom Zugpersonal als auch von dem Italiener mitsamt seinem Fahrrad war nichts zu sehen. In dem Abteil, in dem die Räder gestanden hatten, schlief ein Pärchen auf den ausgezogenen Sitzen. Auch sie waren englich sprechend und zuckten mit den Schultern, als ich versuchte sie anzusprechen. Zum Schluss bin ich dann wohl sehr heftig geworden und ich glaube, dass sie sehr wohl verstanden hatten.

Da das Zugpersonal auch nicht mehr da war, nahm ich nun das Fahrrad, schob es in deren Abteil und setzte mich dabei. Zu spät kam mir der Gedanke, dass ich mein Gepäck auch hierher holen könne, denn inzwischen kamen wir in Mailand an. Hier wäre ohnehin auch ein Wechsel des Personals gewesen.

Und das neue Zugpersonal kam auch schon heran. Der Zugführer, ein baumlanger Mensch, vorneweg. Als der das normale Dienstabteil von dem Pärchen belegt vorfand, gab's einen mächtigen Krach. Kurzerhand warf er die beiden einfach raus. Doch wohin mit ihnen. Er wollte ihnen einen anderen Platz suchen und kam zuerst an mein Abteil. Ei der Daus, was ist denn das?,

ein Fahrrad im Abteil. Mit einem lauten Wortschwall herrschte er mich an. Was soll ich sagen? Ich stammele etwas von 'Chef in Stazione Roma Termini' dass der das dort angeordnet habe. Er brüllt, 'Nix Chef' und zeigt auf sich, quasi er sei hier der Chef. Dann geht's weiter: 'Biglietto, Ticket' fordert er. Habe ich ja noch in meinem Gepäck an meinem reservierten Sitzplatz.

Ich zeige nach vorne und gehe in die Richtung. Er kommt mir nach. Ich hole mein Bündel Fahrausweise und übergebe sie ihm. Umständlich rückt er die Brille zurecht und beginnt zu überprüfen. Als er fertig, ist gibt er mir alles wortlos zurück und will sich entfernen. Nun, so geht das ja auch wieder nicht dachte ich und frage ob nun alles okay sei. Gequält und missmutig antwortet er 'okay.'

Mit meinem Gepäck an den Schultern ziehe ich ihm nach. Nun ist er etwas zugänglicher. Ich stelle das Fahrrad im Eingang des Wagens ab, wo es allerdings sehr unsicher steht. Ich nehme mir den ersten Notsitz im Seitengang und behalte es bis Chiasso im Auge.

Chiasso ist die Grenzstation nach der Schweiz. Hier kommt auch neues, schweizerisches Personal. Die sprechen ja deutsch, so dass das Problem zuerst mit dem Zugführer besprochen werden kann. Der meint, es kämen ja noch mehrere Waggons auf den Zug, darunter auch ein Packwagen. Hier konnte ich dann das Rad vernünftig bis Zürich unterbringen.

In Zürich habe ich recht langen Aufenthalt. Zunächst muss ich mal frühstücken und kaufe mir eine deutsche Zeitung (Bild war schon da).

Dann wird mein IC nach Hamburg bereitgestellt, eine deutsche Zuggarnitur.

Nach der ganzen Aufregung schlägt nun mein Eisenbahnerherz wieder höher. Was sind das zunächst für tolle Reisewagen. Und das Abteil für die Fahrräder, das hat 12 oder 16 Stellplätze, alle nummeriert, eine davon ist für mich. Aber auch hier verzichte ich auf meinen reservierten Sitzplatz und suche mir einen noch freien Platz im Abteil neben den Fahrrädern, von wo ich das Fahrrad nun im Auge habe.

Bis Mainz verläuft die Fahrt ohne Probleme. Der Bahnhof wird schon seit längerer Zeit umgebaut, so dass das Umsteigen nicht ganz einfach ist. Da sind zunächst die hohen Treppen zur Unterführung, hinauf ist nicht gerade leicht. Zum Bahnsteig, zum Zug über die Nahestrecke, muss man dann über den Bahnhofsvorplatz, wenn man den Weg kennt, ist es nicht so schwierig.

Bis St. Wendel haben wir ein paar Minuten Verspätung. Mechthild, Thomas und Kevin erwarten mich am Bahnsteig. Und wer war noch gekommen?, Gerhard aus Bliesen mit seiner Mutter. Er hatte ja noch Urlaub und sie hatten ohnehin in der 'Stadt' zu tun. Da war ich sehr überrascht, aber noch mehr erfreut.

Zwei Dinge muss ich doch noch nachtragen: Aus dem Vorjahr kannte ich den Mitarbeiter der Saarbrücker Zeitung, Jan Althoff. Diesen rief ich an und erzähle ihm die Story mit dem St.Wendeler Bier in der Jugendherberge in Genua. Er machte darüber einen kleinen Bericht für die Zeitung.

Etwas später meldete ich mich auch wieder bei der Fahrradhotline der Bahn in Saarbrücken und ließ etwas los über meine diesbezüglichen Erlebnisse. Als Fazit meinte ich, dass ich mit dem Fahrrad einfacher bis Rom gefahren sei, als mit der Bahn zurück.

Das sind nun meine Erlebnisse bei der Pilgerfahrt nach Rom im großen Jubeljahr 2000.

 

Hugo Krechan                weiter Reisen

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