Hugo Krechan

 Santiago 2001

Als Pilger mit dem Fahrrad von St. Etienne über  Le Puy – Lourdes nach   Santiago de Compostela vom 23. April bis 19. Mai 2001

Übersicht über die gefahrenen Tagesetappen:

von

Tag nach über Seite

1 St.Etienne Unieux, Retournac, Varey

 

2 Le Puy Les Baraques, Bains, St. Privat

3 Monisterol Tour, le Villeret, Chanaleilles, St. Roche

4 St. Alban sur Limagnole, Rimeize, Aumont-Aubrac,

Lasbros, Nasbinals, Aubrac,

Chely d' Aubrac

5 Espalion Bozouls, Rodez, Baraqueville, Montmeyrac,Albi

6 Marsac Aussac, Montdragon, Lautrec, Soual, Revel,,

St. Felix

7 Villefranche Nailloux, Auterive,

8 St. Sulpilce Capens, Carbonne, Cazeres, St. Martory,

St. Gaudens, Montreieau,

9 Lannemezan Tournay, Tarbes,

10 Lourdes St. Pe, Betharram, Louvie-Juzon, Oloron,

11 Navarrenx Sauveterre, St. Palais, Galzetaburu

12 St.Jean-Pied-de-Port, Valcarlos, Ibaneta-Pass

13 Roncevalles Erro-Höhe, Larrasoana, Pamplona,

Alto del Pojo, Puente la Reina, Cirauqui,

14 Estella Los Arcos, Torres del Rio, Viana, Logrono,

15 Navarrete Najera, Santo Domingo de la Calzada,

16 Belorado Villafranca Montes de Oca, Burgos, Olmillos,

17 Castrojeriz Bodegas, Fromista, Carrion de los Condes,

Ledigos

18 Sahagun

 

18 Sahagun Gordaliza (Ri. N 601), Mansilla de las Mullas,

Leon,

19 Villadangos Puerte de Orbigo, Astorga, Castrillo de los

Polvazares, El Ganso, Rabanal, Eisenkreuz,

20 Molinaseca Ponferada, Villafranca del Bierzo, Trabadelo.

Pedrafitta, O'Cebreiro,

21 Triacastella Samos, Sarria, Portomarin, Ligonde,

22 Pallas de Rei Melide, Arzua, San Marcos, Monto del Gozzo,

Santiago de Compostela

Vorwort.

Wie immer beginnen die Vorbereitungen zu einer Fahrt bei mir frühzeitig, d. h. in

diesem Falle schon im Jahr 2000. Schon oft hatte ich mir bei den Radtouren

während der Wochen Gedanken darüber gemacht, was ich im nächsten Jahr

unternehmen werde.

Dabei kam mir immer häufiger Santiago in den Sinn. Sollte ich tatsächlich ein

drittes Mal dahin fahren?, warum eigentlich nicht?.

Was mir schon immer unter den Nägeln brannte, war Le Puy, die Stadt im

französischen Zentralmassiv, von wo ein Pilgerweg bis nach St. Jean-Pied-de-Port

führte und sich dort mit den Wegen aus Paris und Vezelay vereinigte.

Dass das ein schwieriges Unterfangen werden würde, bedachte ich zunächst

nicht. Doch in der Tat durchquert der Pilgerweg mehrere Flusstäler von wo es

wieder recht steil die Berge hoch geht. Die mittlere Höhe des Weges dürfte so

etwa bei 900 – 1000 Metern liegen, die höchsten Punkte bei ca. 1.300 und die der

Täler ungefähr bei 600 m. Fast jeder Fluss durchfließt tiefe Schluchten, Gorges

genannt, was allerdings reizvolle Landschaftsbilder abgibt.

Die Schwierigkeiten, die sich vor mir auftaten, hatte ich überhaupt nicht recht

bedacht, wir werden es sehen.

Meine Vorstellungen gingen dahin, diesmal nicht von zu Hause abzufahren,

sondern erst etwa ab Lyon. Das bedeutete, dass ich bis dorthin mit dem Zug

fahren würde. Von früheren Überlegungen wußte ich, dass ich dafür das Rad ab

Bahnhof Forbach vorschicken müsste. Bei der Nähe der französischen Grenze zu

uns, sollte das ja kein Problem sein.

Und noch was bezog ich in meine Überlegungen ein: Bei Gesprächen mit

verschiedenen Personen kam im Herbst auch öfters der Name Fatima ins

Gespräch. Bei der Fahrt mit Werner Lauer, 1998, hatte dieser in Santiago den

Vorschlag gemacht, noch bis Fatima weiter zu fahren. Das kam für mich damals

zu überraschend. Ich hatte mich überhaupt nicht darauf eingestellt und wollte das

nicht. Nun aber war Werner mit seiner Frau Maria dort gewesen und war sehr

beeindruckt. Danach begann ich zu rechnen: Wenn ich erst ab Lyon fahre, habe

ich ab Alsweiler rund 600 Kilometer eingespart. Und von Santiago bis Fatima

dürften es auch nicht mehr sein. Falls ich also in Santiago noch gut 'drauf' wäre,

könnte ich diese Fahrt wagen. Das klang eigentlich sehr verlockend. Aber ich

musste mir auch selbst eingestehen, dass die weiten Fahrten im zunehmenden

Alter für mich immer beschwerlicher werden würden. Also in dieser Hinsicht mal

abwarten.

 

 

So ging es ab Oktober 2000 mit den Vorbereitungen los.

An Literatur benutzte ich vornehmlich ‚Heinrich Wipper, Der Jakobsweg von Le

Puy nach Cahors' sowie aus der englisch sprachigen Serie der Bruderschaft of

Saint James, Nr.3 ‚Le Puy to the Pyrenees' Obwohl ich die englische Sprache

nicht beherrsche, konnte ich gerade aus dieser Broschüre nützliche Angaben über

Unterkünfte mit den Preisen, Entfernungen, Höhenangaben,

Einkaufsmöglichkeiten, Sehenswürdigkeiten u. dgl. entnehmen.

Weiterhin benutzte ich den großen Michelin-Straßenatlas sowie den Baedeker für

Frankreich. Für die Fahrt durch Spanien brauchte ich eigentlich keine besondere

Vorbereitung mehr, da kannte ich mich ja von den beiden vorherigen Fahrten aus.

Zudem hatte ich ja auch hier noch meinen altbewährten Pilgerführer.

Ich entschied mich also ab Lyon über St. Etienne zu fahren und dann an der Loire

aufwärts bis Le Puy. Ab dort wollte ich dem Pilgerweg, der ‚Via Podensis' heißt

über Monistrol-d' Allier, Sauques, La Roche, St. Albain sur Limagnole, Aumont-

Aubrac, Chely bis Espalion am Lot folgen. Dort wollte ich den eigentlichen

Pilgerweg zunächst verlassen und weiter über Rodez, Albi, Castres nach

Villefranche am Kanal du Midi fahren, um in Auterive der Familie Bonay einen

kurzen Besuch abzustatten und ihnen auch nochmals meinen Dank

auszusprechen.

Ich dachte einfach, die Leute haben dir 1999 in großer Not geholfen und dir ein

Bett und einiges mehr geboten, da kannst du, wenn du mal wieder in dieser

Gegend bist, nicht einfach vorbeifahren, als sei nichts gewesen. Etwa eine Stunde

Aufenthalt, evtl. bei einer Tasse Kaffee dürfte es schon sein.

Weiterhin würde ich danach auch wieder Lourdes aufsuchen und dann über

St.Jean – Pied-de-Port und den Ibaneta Pass nach Roncevalles fahren. Hier bin

ich schon auf dem großen französischen Weg nach Sanrtiago.

Die evtl. Weiterfahrt nach Fatima plante ich vorsorglich ebenfalls mal ein. Auch

von Portugal her gibt es einen Jakobsweg, genauer gesagt von Porto bis

Santiago. Diesen könnte ich also in umgekehrter Richtung benutzen. Auch da ist

ein Führer in englisch aus der schon erwähnten Serie vorhanden. So konnte ich

mir wenigstens schon mal ein Bild über den Weg und die Orte mit Herbergen

machen.

Darüber hinaus war es mir möglich, Zugverbindungen für die Rückfahrt im Internet

zu finden. Also schon wesentliche Anhaltspunkte. Für Fatima selbst kaufte ich mir

in der Missionsbuchhandlung St.Wendel ein entsprechendes Pilgerbüchlein sowie

einen Reiseführer über Portugal.

Hinzu kam noch, dass ich auf der Geburtstagsfeier vom Richard Becker einen von

dessen Bekannten kennen lernte, der als ausgesprochener Fatima Experte gilt.

Dies ist Herr Rudi Peter aus St. Wendel, der wiederum den in Fatima lebenden

Pater Kondor kennt. Dieser ist Leiter der Kommission, die die Untersuchung für

die Seligsprechung der beiden Seherkinder Jacinta und Francisco führte. Er hat im

Jahre 1956 in Tholey seine Primiz gefeiert und ist seitdem mit der Familie Peter

befreundet. Herrn Peter selbst und seine Frau hat er in Fatima getraut. Falls ich

dort hin komme, könne ich mich ruhig an ihn wenden und mich auf Herrn Peter

berufen.

Zwischendurch hatte ich Besuch von Herrn Scheid aus Namborn u d Herrn

Schumacher aus Niederlinxweiler und deren Frauen. Sie sind miteinander

befreundet und beabsichtigten im April/Mai ebenfalls den Jakobsweg von

Pamplona bis Santiago mit dem Fahrrad zu fahren. Sie wollten näheres über

meine Erfahrungen wissen. Sicher konnte ich ihnen einiges vermitteln. Herr

Scheid wollte mit einem Mountainbike fahren und sein Gepäck in einem Rucksack

mitführen. Das konnte ich ihm ausreden und meinte, er solle ein Rad mit

Gepäckträger nehmen. Ich lieh ihm hierzu meine noch gut erhaltene erste

Packtasche.

Anfang Februar brachte mir der Apotheker Jung ein Mail rüber, wo ein Herr

Burggraf aus Münstereifel um weitere Informationen zu meinen Berichten im

Internet bat. Bei einer anschließenden telef. Unterredung mit ihm ergab sich, dass

er auch mit dem Fahrrad nach Santiago fahren wolle. Allerdings sah er weit

größere Tagesetappen als ich vor.

Nach meiner Rückkehr habe ich nochmals mit ihm gesprochen. Anders als

vorgesehen war er bis nach Lissabon geflogen und dann über Fatima und

Santiago bis nach Hause gefahren. Er hatte zusätzlich ein Zelt dabei und ist schon

mal bis in den Abend hinein gefahren. Dabei hat er Tagesetappen bis zu 200 Km

zurückgelegt. Respekt!

Die weiteren Vorbereitungen meinerseits liefen fast routinemäßig ab. Die Packliste

habe ich mittlerweile im Computer gespeichert, die druckte ich mir aus und

ergänzte sie in einigen Positionen. Besser wäre allerdings gewesen, wenn ich was

gestrichen hätte, denn ich hatte mal wieder viel zu viel eingepackt. Doch darüber

später mehr.

Für den mir noch unbekannten Teil der Strecke fertigte ich mir einen Auszug über

vorhandene Herbergen.

Die Streckenbeschreibung ab Le Puy gestaltete ich diesmal etwas anders als

bisher. Zusätzlich trug ich die im Straßenatlas ersichtlichen Steigungen ein,

markierte sie mit einem roten Dreieck und den angegebenen Höhenmetern (Hm)

Ich habe es schon erwähnt, die Höhe dieser ‚Knüppel!' lag durchweg zwischen

900 und 1300 Metern. –Nur als Beispiel: Le Puy liegt etwa 650 m hoch und

Espalion 350 m. Zwischen diesen beiden Orten habe ich knapp 200 Km in drei

Tagen gefahren. Auf dieser Strecke hatte ich etwa 20 dieser Steigungen, wo ich

drüber musste. Wenn ich das heute nachbetrachte, muss ich sagen, das war

einfach zu viel.

Was mir noch auf dem Magen lag, war die Fahrradbeförderung nach Lyon. Im

Februar war ich mal mit dem Pkw in Saarbrücken und fuhr anschließend die paar

Kilometer bis zum Bahnhof Forbach in Frankreich, um entsprechende Auskünfte

einzuholen. Ich wollte tagsüber so früh wie möglich losfahren. Doch da gab es

schon den ersten Haken. In Metz war erst um 11.23 Uhr der erste Anschluß nach

Lyon, wo ich dann um 17.34 Uhr ankommen werde. Eigentlich hatte ich mir das

etwas früher vorgestellt, um evtl. noch etwas von der Stadt zu sehen und um

rechtzeitig in die Jugendherberge Lyon-Vennisieux zu kommen.

Man sagte mir auch, dass ich das Fahrrad vorschicken müsse. Das erledige eine

Spedition im Auftrag der Bahn, würde allerdings 300.-frs (rd. 100.-DM) kosten.

Das ist zwar ein stolzer Preis, aber das kann man nicht ändern. Nun wußte ich

jedoch Bescheid und konnte meine Planungen weiter durchziehen.

Als Zeitpunkt meiner Abfahrt legte ich den 23. April fest, das ist der Montag nach

dem Weißen Sonntag. Da könnte ich auch noch nach Fatima fahren und wäre

doch noch am 20. Mai wieder zu Hause.

Etwas hatte ich bei meinem ersten Besuch im Bahnhof Forbach nicht Bedacht, die

Osterfeiertage. Ich wurde unsicher, ob das Fahrrad noch rechtzeitig in Lyon

ankommen werde, wenn ich es erst nach Ostern aufgeben würde. So fuhr ich

nochmals hin, um das zu klären. Diesmal war ein anderer Beamter am Schalter.

Mit dem sprach ich nochmals meine Problem durch. Fazit: Ja es würde reichen,

wenn ich Dienstags nach Ostern das Fahrrad bringen würde.

So war ich dann am Osterdienstag gegen 9.00 Uhr schon dort. Zwei lange

Schlangen standen vor den beiden Schaltern in der Halle. Ich stellte mich an der

einen an und wartete geduldig. Doch Geduld musste ich auch haben, denn es

ging nur sehr langsam voran. Ich werde ja in solchen Fällen immer gleich unruhig.

Als ich an die Reihe kam, bediente mich ein etwas korpulenter, aber sehr

freundlicher Herr. Der hatte die Ruhe weg und ich muss im Nachhinein sagen, das

war gut so.

Auf mein Begehr, das Absenden des Fahrrades, fragte er: „Muss das denn sein?"

Etwas verdutzt gab ich zur Antwort, dass es doch wohl keine andere Möglichkeit

gebe. Er meinte aber, wenn ich nicht unbedingt über Tag fahren wolle, könne ich

ab Metz einen Nachtzug bis Lyon benutzen. Und da könne ich das Fahrrad, wie in

Deutschland üblich, im Zug mitnehmen. Allerdings käme ich dann während der

Nacht, so gegen 03.00 Uhr in Lyon an. Etwas verärgert gab ich zur Antwort, dass

ich doch schon zweimal hier am Schalter um Auskunft gebeten hätte, ebenso bei

der Fahrradhotline der Deutschen Bahn in Saarbrücken, und niemand habe mich

bisher auf diese Möglichkeit hingewiesen.

Da brauchte ich nicht lange zu überlegen, denn ich dachte, so etwas nach 05.00

Uhr wird es ja schon hell, und so gibt es ja keine allzu lange Wartezeit. So bat ich

also den Herrn, mir gleich die notwendigen Fahrunterlagen fertigzumachen. Die

Beförderung des Fahrrades war in diesem Falle sogar ohne zusätzliche Kosten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tag der Abfahrt, Montag, 23. April 2001

 

Endlich ist es soweit, der Tag der Abfahrt ist gekommen. Von der Uhrzeit her bin

ich noch nie so spät losgefahren. Heute ist Montag, der Tag nach dem Weißen

Sonntag. Thomas ist mit seiner Familie nochmals zur Kommunionfeier bei seinem

Patenkind Carolin Laub.

Er hat die anderen dort zurückgelassen und bringt mich zum Bahnhof nach St.

Wendel, wo der Zug um 18.05 Uhr abfährt. Das klappt alles wie vorgesehen. In

Saarbrücken steige ich in einen französischen Triebwagen um, ein schon etwas

älteres Gefährt mit einem lauten Dieselmotor. Die Fahrt bis Metz dauert etwa 1½

Stunden. Zum Umsteigen habe ich genau eine weitere halbe Stunde Zeit

Nachdem ich zu Hause meine Taschen gepackt hatte, habe ich sie gewogen. Es

waren fast 25 Kg. Ich muss doch fast verrückt sein. Jedesmal nehme ich mir vor,

eine sorgfältigere Auswahl an dem zum treffen, was ich mitnehmen werde. Aber

statt weniger, wird es immer mehr.

Um die hohen Bahnsteigtreppen im Bahnhof Metz hoch zu kommen, müsste ich

eigentlich die Taschen vom Rad nehmen und extra hoch tragen. Das ist mir etwas

umständlich und so sehe ich mich nach einem Aufzug um, den ich dann auch

finde. So geht es bequem zum Bahnsteig.

Der Zug steht schon bereit. Einen Bahnbediensteten frage ich nach dem

Fahrradabteil. Offensichtlich bin ich an den falschen geraten, er weiß es nicht.

Doch er geht sich in einen Dienstraum informieren. Er kommt schließlich mit

einem weiteren Eisenbahner zurück. Dieser kennt sich aus und zeigt mir das

Abteil. Ich muss sagen, das hätte ich wahrscheinlich allein nicht gefunden.

Das Einsteigen durch die normale Tür war mit dem Rad nicht einfach, eng und

hoch. Hier musste ich das Gepäck nun doch abnehmen. Im Waggon selbst war

jede Menge Platz für die Fahrräder. Vorsichtshalber sicherte ich es mit dem

Spiralschloss. Bei diesem Platzangebot kam in mir wieder der Ärger hoch, warum

mich bei meinem Auskunftsersuchen weder jemand in Forbach noch in

Saarbrücken auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Der Waggon, zu dem das Fahrradabteil gehörte, war nicht mehr der neueste, ganz

altmodische, nicht komfortable Sitze. Doch ich wollte mich nicht allzu weit vom

Rad entfernen und nahm in einem Abteil Platz, in dem schon ein Mann saß. Der

nahm kaum Notiz von mir, er mimte den Schlafenden. Wir blieben allein und

vorerst stumm.

Die Sitze konnte man ausziehen und somit die Füße hoch legen Das taten wir

später auch. Im Zug kann ich seit jeher gut schlafen. Und so dauerte es nicht

lange, bis ich nach der Fahrkartenkontrolle eingeschlafen war. Natürlich wird man

ab und zu mal wach. Ich bekam auch mit, dass wir irgendwo einen längeren

Aufenthalt hatten. So ab zwei Uhr bemühte ich mich, wach zu bleiben, damit ich

die Ankunft in Lyon nicht verpassen werde. Als ich dann merkte, dass mein

Partner auch mal wach war, fragte ich ihn, ob wir bald an meinem Ziel seien? Und

siehe da, er sprach gut deutsch, er war Lothringer. Nein, meinte er, wir

hätten mehr als eine Stunde Verspätung. Mir war das egal, ich konnte ohnehin

nicht so früh in Lyon weg.

Apropos Lyon, da hatte ich meinen ursprünglichen Plan wieder geändert. In

Erkenntnis der doch nicht leichten Verhältnisse im Zentralmassiv dachte ich, dass

ich die Länge der Tagesetappen reduzieren müsse und dadurch wohl einen Tag

länger brauchen werde. Deshalb wollte ich in Lyon die Situation überprüfen und

evtl. noch bis St.Etienne mit dem Zug weiterfahren. Dann hätte ich den

zusätzlichen Tag wieder zurückgewonnen. Mal sehen.

 

 

 

Kurz vor vier Uhr waren wir dann im Lyon-Perrache. Der Bahnhof ist noch

geschlossen, aber es gibt einen Notausgang bzw. –Eingang. Ich sehe mich um

und stelle fest, dass um 05.10 Uhr ein Zug nach St.Etienne fährt. Den werde ich

dann wohl zur Weiterfahrt benutzen.

Der Bahnhof hat den Zugang zu den Bahnsteigen nicht durch eine Unterführung,

sondern über eine Überführung. Dort oben befindet sich auch eine Gaststätte und

die Fahrkartenausgabe. Ich stelle das Fahrrad in eine Ecke und gehe über eine

Treppe hoch. Bis 6.00 Uhr ist noch alles geschlossen, lediglich eine Auskunft ist

besetzt. Ich erkundige mich, ob ich den von mir ins Auge gefassten Zug mit dem

Fahrrad benutzen kann. Ja, heißt es, und die fehlende Fahrkarte könne ich im Zug

nachlösen. Bis hierher bin ich zufrieden.

Beim Abgang zum Fahrrad über die Treppe, springen die Rolltreppen an. Es ist

kurz nach vier Uhr. Ich werde also das Rad nach oben schaffen und mich noch

eine Weile im Warteraum aufhalten.

Aber das Rad mit dem Gepäck die sehr hohe Treppe hinauf zu schaffen, ist schon

mehr als beschwerlich. Ich habe dafür hin und wieder schon mal die Rolltreppe

benutzt, obwohl das sicherlich mit gewissen Sicherheitsrisiken verbunden ist. Also

stelle ich das Rad auf die Treppe, halte beide Bremszüge mit den Händen ganz

fest und stemme mich dagegen. Das geht auch zunächst recht gut. Doch dann

wird es offensichtlich doch von dem Gewicht des Gepäcks nach hinten gezogen

und überschlägt sich.

 

Dabei werde ich mitgerissen und komme auf der Treppe unter dem Rad zum

Liegen. Vergeblich versuche ich aufzustehen, indem ich das Rad mit dem Rücken

hoch drücken will. Das geht einfach nicht, und die Treppe läuft unerbittlich weiter.

Da wird es mir schon arg mulmig. Es ist niemand in der Nähe, der helfen könnte.

Ich denke, hoffentlich geht das gut, wenn wir oben sind. Und es ging glimpflich ab.

Das Rad und ich werden wie am Meer einfach an ‚Land' gespült.

 

 

Da liege ich nun, hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. Zunächst befreie ich mich von

dem Rad. Dabei stelle ich fest, dass das Ganze nicht ohne Folgen abgegangen

ist. An der rechten Hand habe ich Fleischwunden am Handballen und an zwei

Fingerkuppen. Im Nu sind die Fliesen am Treppenabgang mit großen Bluttropfen

übersät. Mit einem Tempotaschentuch gelingt es mir die Wunden zu reinigen und

notdürftig zu stillen. So kann ich schließlich zum Warteraum gelangen und das

Rad mal vorerst dort abstellen.

 

In der Packtasche habe ich eine Erste–Hilfe–Box, so dass ich die Wunden

verpflastern kann. Es geht schon bald wieder, doch im rechten Knie verspüre ich

ebenfalls Schmerzen.

In welche Situation war ich da hinein gekommen. Aber eigentlich hätte es noch

schlimmer ausgehen können, und ich war selbst schuld an der ganzen Sache

Ja, das war also der erste Abschnitt meiner Fahrt, schon einiges erlebt, aber noch

keinen Meter auf dem Rad gesessen.

 

 

 

 

Der erste Tag mit dem Fahrrad, Dienstag, 24. April 2001

St. Etienne – Le Puy

Den Schock von dem Sturz stecke ich schnell weg, es muss ja weitergehen. Als

der Zug bereit gestellt wird, schaffe ich das Rad auf den Bahnsteig und in den

Zug. Es ist wieder ein Triebwagen, der ein Fahrradabteil hat. Das Lösen der

Fahrausweise bei der Schaffnerin bereitet keine Schwierigkeiten. Kurz nach

sieben Uhr sind wir in St. Etienne. Ich hatte noch gar nicht damit gerechnet, erst

recht nicht, weil das für eine so große Stadt ein so unscheinbarer Bahnhof ist. Ich

dachte, wir seien erst in einem Vorort. Doch die Schaffnerin hatte aufgepasst und

sagte mir Bescheid. Der Zug fuhr übrigens weiter nach Le Puy.

Beim Gang über den Bahnsteig sah ich ein Hinweisschild zu einer

Behindertentoilette. Diese suchte ich auf, um meine Fahrradkleidung anzuziehen.

Dabei bemerkte ich auch auf dem rechten Knie eine Wunde auf der Kniescheibe,

die offensichtlich auch zu den Schmerzen beitrug.

In der Bahnhofshalle kaufte ich mir an einem Backwaren - Verkaufsstand zwei

Stückchen und einen Cappuccino, die ich an einem der Stehtische verzehrte. Hier

herrschte um diese Zeit reger Betrieb.

Das Rad hatte ich etwas abseits in der Halle auf der Stütze abgestellt. Plötzlich

gab es einen Knall und das Fahrrad lag auf dem Boden. Was war geschehen?

Kurz vor der Abfahrt von zu Hause hatte ich mir noch eine neue Stütze gekauft,

weil die alte schon etwas ausgeleiert war. Ich war der Meinung, dass ich etwas

gutes getan hätte. Aber nun war sie unter der Last des Gepäcks einfach

abgebrochen. Offensichtlich hat sie auf dem glatten Marmor Fußboden nicht den

rechten Halt gefunden und ist einfach weggerutscht und schließlich zerbrochen.

Das ließ sich nun nicht gleich reparieren. Das abgebrochen Teil steckte ich vorerst

in die Packtasche. Das Rad aber konnte ich vorerst nur noch dann abstellen,

wenn es sich anlehnen ließ.

Seltsamerweise habe ich keine große Eile, vom Bahnhof loszukommen. Es ist

schon fast 08.00 Uhr als ich abfahre. Ein Taxifahrer erklärt mir den Weg in

Richtung Unieux an der Loire. Das Wetter ist auch nicht sehr aufmunternd. Es

könnte Regen geben. Vor allem aber ist es sehr kühl.

 

Die Weiterfahrt ins Tal der Loire muss man sich so vorstellen: St. Etienne liegt

schon im Zentralmassiv, am Ende eines Tales, dessen Wasser in die Rhone, bei

Lyon abfließt. Zur Loire, an der später auch Le Puy liegt, sind es etwa 17 Km.

Bekanntlich fließt die Loire nach langem Lauf in den Atlantik. Also muss ich nun

zuerst über eine Wasserscheide. Dieser Weg hätte ruhig etwas leichter sein

können. Hinzu kam, dass die Verkehrsführung für mich nicht immer leicht zu

erkennen war. Ich musste ein paar mal nachfragen. Zudem gab es den ersten

kräftigen Schauer, der mich zwang, die Fahrt für einige Zeit zu unterbrechen.

Doch der Regen hatte möglicherweise auch etwas Gutes; die Wolken lichteten

sich und die Kälte war herabgekommen. Zeitweise kam nun die Sonne hervor und

es wurde wärmer.

Es war schon fast 10.00 Uhr, als ich an die Loire kam. Ich dachte, nun geht es

einfach bis Le Puy am Fluss entlang. Dem war jedoch nicht so . Oft war im Tal

nur Platz für den Fluss, so dass die Straße über dem Steilhang an den Bergen

vorbei führte. Und da muss man erst mal hinauf. Glücklicherweise waren die

Temperaturen jetzt angenehm, ich konnte erstmals für dieses Jahr überhaupt in

kurzen Trikotärmeln fahren.

 

Im Tal der Loire zwischen Unieux und Le Puy

 

Eigentlich hätte ich nun zufrieden sein können. Aber die immer wieder zu

nehmenden Steigungen setzten mir körperlich mehr zu als ich dachte. So wurde

ich langsam richtig missmutig. Als dann die mühsam gewonnene Höhe bei

Retournac auf einer relativ kurzen, aber steil abfallenden Strecke wieder verloren

ging, hatte ich den Rest meines Mutes fast gänzlich verloren. Unten im Tal war

neben dem Bahnübergang auch der Bahnhof der Stadt. Da fuhr ich mal hin. Es

war etwa halb zwei Uhr. Am Aushang-Fahrplan informierte ich mich über

Fahrmöglichkeiten nach Le Puy. Im Nachhinein muss ich sagen, Gott sei Dank

gab es vor vier Uhr keine Zugfahrt. Ich wäre sonst tatsächlich den Rest der

Strecke mit dem Zug gefahren, so ‚lädisch' war ich.

Wahrscheinlich kamen ein paar Faktoren zusammen: Mit Sicherheit fehlte mir von

der Nacht etwas Schlaf. Dann der Sturz auf der Rolltreppe und die noch

nachwirkenden Schmerzen. Und nicht zuletzt hatte ich seit dem Frühstück in St.

Etienne nichts mehr gegessen. Nun war es schon fast 14.00 Uhr. Als erstes wollte

ich nun mal das Essen nachholen. In einer Bar bestellte ich mir einen Sandwich

und eine Fanta. Die Wirkung stelle sich schon nach kurzer Zeit ein, mir wurde

wesentlich besser. Nun fand ich wieder zu meiner gewohnten Form zurück. Dazu

kam, dass sich hinter Retournac das Tal wieder aufweitete und die Straße

nunmehr weitgehend eben in Richtung Le Puy weiterführte. Dennoch hatte ich

noch ein gutes Stück zu fahren.

Es ist schon gegen 18.00 Uhr, als ich in Le Puy ankam. Vom Äußeren

beeindrucken zunächst zwei Dinge: Die Kirche St. Michael und die übergroße

Marienstatue. Beide befinden sich auf hohen, spitzen Felsen aus vulkanischem

Gestein, die aus der Ebene herausragen. Ihre Besichtigungen stelle ich zurück,

weil ich mich zunächst um die Übernachtung kümmern muss.

Das Zentrum ‚Pierre Cardinal', die Jugendherberge, in Nähe der Kathedrale, habe

ich schnell gefunden. Wie so oft liegt sie mal wieder auf einem Berg, da muss ich

das letzte Stück des Weges tüchtig schieben. Doch das wichtigste ist, man hat

noch ein Bett für mich. In einem Vier-Bett–Zimmer komme ich unter. Mit Frühstück

verlangt man 53.-frs (etwa 18.-DM).

Einer der Zimmergenossen ist ein etwa 40-jähriger Franzose, von Beruf Ingenieur,

und heißt Rouven. Er stammt aus Amneville in Lothringen, ist zu Fuß unterwegs

und will in etwa zehn Wochen in Santiago sein. Er spricht deutsch und will

natürlich viel von mir wissen, nachdem ich ihm erzählt habe, dass ich schon zum

dritten mal nach Santiago unterwegs bin. Das mache ich natürlich gerne, muss

aber schließlich darauf hinweisen, dass ich auch noch etwas Zeit für meine

eigenen Bedürfnisse wie Duschen, Essen u. dgl. brauche. Jedenfalls war es eine

schöne Begegnung mit ihm.

 

 

Nach dem Duschen mache ich mich auf den Weg in die Stadt um etwas zu essen.

Hierbei komme ich an der Kathedrale vorbei, der ich dann zuerst einen Besuch

abstatte. Viele Treppenstufen führen nach oben. Von Pilgern oder sonstigen

Personen ist nichts zu sehen. Am Aushang stelle ich fest, dass morgens um

sieben eine Messe ist. Da möchte ich hinein gehen.

In der Kirche ist vor allem die ‚Schwarze Madonna', eine Nachbildung des in der

französischen Revolution öffentlich verbrannten Originals sehenswert.

Zum Essen muss ich weiter hinab in die Stadtmitte. In einem Schnellimbiss

bestelle ich mir ein Schnitzel, das allerdings sehr klein geraten war, eine Portion

Pommes frites und ein Bier. Der Preis war wie das Schnitzel, 32 Frs. Es hat mir

sehr gut geschmeckt.

Der erste Tag mit dem Rad hat mich doch sehr mitgenommen, das hätte ich nicht

gedacht. Richtig müde schleppe ich mich wieder den Berg hoch und lege mich

sofort ins Bett.

Immerhin bin ich heute auf eine Fahrleistung von 95 Km gekommen. Die Fahrzeit

betrug 8,30 Std. der Durchschnitt war 11,23 Km/h

 

 

 

 

2. Tag, Mittwoch, 25. April 2001

Le Puy – Monisterol sur Allier

Rouven ist schon früh aus dem Bett und verlässt alsbald die Herberge. Das

Wetter ist nicht besonders, es ist stark bewölkt und regnerisch. Dennoch stehe

auch ich auf und mache mich fertig.

Um 07.00 Uhr wollte ich ja zur Messe, aber das schaffe ich nicht. Zuerst zum

Frühstück. Es ist noch kein Personal da. In der Küche steht ein Körbchen mit

meinem Namen, da ist Zwieback drin (schon wieder) sowie Butter und

Marmelade. Nescafé steht an der Kochplatte, den muss man sich selbst

herrichten. An sich kein Problem, ich komme zurecht.

Ein Ehepaar hantiert ebenfalls noch in der Küche. Es sind Holländer. Ich

komme mit ihnen ins Gespräch und sie erzählen, dass sie seit dem 11. März

von Holland aus zu Fuß nach Santiago unterwegs sind. In Le Puy haben sie

einen zusätzlichen Ruhetag einlegen müssen, weil die Wanderschuhe des

Mannes in Reparatur sind.

 

Sehr begeistert sind sie von ihrem Aufenthalt in Vezelay, wo auch Werner und

ich in 1998 waren. Der Plausch mit ihnen wird länger als gedacht, so komme

ich gerade noch zu der Messe um 9.00 Uhr in einer Seitenkapelle der

Kathedrale. Doch das ist nicht so tragisch, denn es hat mittlerweile angefangen

zu regnen. Bei diesem Wetter werde ich ohnehin vorerst nicht abfahren.

 

 

 

Le Puy, Madonna St. Michael

Dennoch packe ich mal meine Taschen und belade das Fahrrad. Von der Stadt

habe ich auch noch nicht viel gesehen. Als dann der Regen weniger wird,

begebe ich mich zunächst mal hinter die Kathedrale, wo der Aufstieg zur

Madonna beginnt. Ich habe gewisse Zweifel, ob die Ausführung der Statue gut

gelungen ist. Für meinen Geschmack nicht besonders. An den Treppen des

steilen Anstiegs kehre ich um, das ist mir zu mühsam. Auch nach St. Michael

gehe ich nur bis zum Fuße des Berges.

Nun, es ist abzusehen, dass sich das Wetter bessert und so mache ich mich

wieder auf den Weg in die Herberge. Es ist schon nach halb zwölf, als ich

endlich abfahren kann.

Der Regen hat aufgehört und das Wetter ist nun durchaus zum Radfahren

geeignet. Der Weg aus der Stadt führt steil bergauf. Irgendwo muss ich eine

Abfahrt verpasst haben, denn ich befinde mich schließlich auf dem Weg nach

Aubenas. Zunächst dachte ich, dass dies die richtige Richtung sei. Doch ich

hatte den Namen mit Aumont-Aubrac verwechselt, das eines meiner Fernziele

war. Aubenas liegt nämlich im Quellgebiet der Ardeche, wo ich mal mit Lenje

gewesen war. Deshalb war mir auch dieser Name irgendwie geläufig.

Außer einem kleinen Umweg war das nicht so tragisch, das ließ sich

korrigieren, ohne umzukehren, bergauf ging es auf jedem Weg. Ab und zu gab

es Aussichtspunkte, von wo man auf den Talkessel von Le Puy zurückblicken

konnte. Links von meiner Fahrtrichtung, das ist grob gesagt in Richtung

Rhonetal, befinden sich die höchsten Berge dieser Gegend. Auf den Gipfeln

liegen noch Schneereste. Ein Zeichen, dass die Temperaturen noch recht

niedrig sind.

Bis les Baraques fahre ich 9 Km auf der N 88 stets aufwärts und biege dann auf

eine kleine Straße über St. Christoph in Richtung Bains ab. Bei dem Ort Cordes

komme ich dann auf die eigentlich vorgesehene D 589. Ab hier geht es wieder

aufwärts. Vor mir liegen noch drei ‚Hügel', bis ich den höchsten Punkt bei 1143

Hm erreichen werde. Was aber nun zusätzlich die Fahrt erschwert, ist der

aufkommende heftige Gegenwind. –Ein begeisterter Radfahrer und Buchautor

hat ein Buch geschrieben mit dem Titel: ‚Der Wind kommt immer von vorn'. Wie

sehr er damit recht hat, habe ich schon oft feststellen müssen. Das ist

symptomatisch, nur ganz selten bläst er von hinten, und das fast überhaupt

nicht am Berg.

Vielleicht machen diese Beschwerlichkeiten, zu denen ich z.B. auch Pannen

und dgl. zähle einen Teil des besonderen Reizes meiner Fahrten aus. Ich

möchte dies keineswegs herbei reden, denn am liebsten ist es mir, wenn bei

schönem Wetter alles glatt verläuft. Doch muss ich auch sagen, dass es ein

schönes Gefühl ist, wenn man eine Negativsituation bestanden hat.

Die Gegend hinter Bains ist nur dünn besiedelt. Ich möchte nun mal Picknick

machen, doch es bietet sich keine rechte Möglichkeit. Der Wind bringt auch

noch eine gewisse Kälte mit. Das einzige, was ich akzeptieren kann ist eine

Schlehenhecke an einem kleinen Hang, der mir schließlich auch noch das

Ausstrecken der Beine beim Sitzen gestattet. Das ist schon sehr ungemütlich,

und das beim ‚Mittagessen'.

Endlich bin ich hinter Montbonnet oben und ich mache eine kleine Trinkpause.

Auch muss ich mal nach meinem Knie sehen, das schmerzt nach diesem

Aufstieg. Neben der Wunde ist es etwas angeschwollen.

Danach geht es über eine steile Abfahrt ins Tal der Allier. Bis zum nächsten Ort,

St.Privat, an einem Nebenflüsschen der Allier, sind es gerade mal 6 Km und

schon ist der mühsam errungene Höhengewinn wieder vertan. An einem

‚Tante–Emma–Laden' halte ich an, um meinen Getränkevorrat aufzufrischen.

Eine Ruhemöglichkeit gibt es auf einem kleinen Parkplatz nebenan. Hier im Tal

sind nun wieder angenehmere Temperaturen. Und bedeutend weniger Wind.

Das Wetter ist sogar richtig schön geworden. Sonne und Kumuluswolken

wechseln sich ab. Ein besonders schönes Bild gibt die auf einer Bergkuppe

stehende Kirche des Ortes ab.

Nach kurzer Zeit komme ich zur ‚Gorges l' Allier' (Schlucht der Allier). Tief unten

im Tal windet sich der Fluß und zeitweise sind die Gleise der Bahnlinie

Clermont – Nimes zu sehen. Die Bahn verschwindet aber bald wieder in einem

Tunnel. Was sind das schöne Landschaften, die an einem vorbei huschen Für

die Mühen der vorangegangenen Anstiege fühle ich mich reichlich belohnt

In Monistrol sur Allier weitet sich das Tal etwas auf, so dass für den kleinen Ort

mit dem Bahnhof Platz ist. Am Anfang des Dorfes steht eine Herberge, an der

ich aber noch stramm abwärts vorbeifahre. Ein größeres Hotel befindet sich in

der Ortsmitte, zu dem auch eine Unterkunft für Wanderer gehört.

Interessenhalber studiere ich mal die Preistafel und komme zu dem Ergebnis,

dass ich eigentlich auch schon hier gut übernachten könne. Aber ich habe ja

noch nicht allzuviel gefahren, obwohl es schon auf fünf Uhr zugeht.

Bis zum nächsten Ort, Saugues, möchte ich doch wenigstens noch kommen,

das sind noch etwa 20 Km. Beherzt gehe ich am Ende des Ortes das

Straßenstück aus der Schlucht aufwärts an. Hui, das ist wieder nicht so einfach.

Nach ein paar hundert Meter beginne ich zu überlegen: Wenn das so

beschwerlich weiter geht, brauche ich ja etwa drei Stunden bis Saugues und

dann darf aber nichts dazwischen kommen. Nein, unter diesen Umständen

kann es ja gut 20.00 Uhr werden, das mache ich nicht. Nochmals so ca. 350

Hm sind mir am Ende des Tages doch etwas zu viel. Für heute reicht's, ich

kehre um und fahre wieder in den Ort zurück.

In dem erwähnten Hotel ‚des Gorges' frage ich nach einer Unterkunft. Ja, ich

kann ein Zimmer haben. Das ist sehr preiswert. Mit dem Abendessen kostet es

nur 130,-frs, das sind etwas über 40,-DM. Ein Frühstück nehme ich nicht, ich

muss zumindest einen Teil meiner Vorräte wegschaffen. Aber einen

Cappuccino trinke ich gleich. Es ist erst 17.15 Uhr.

Das Zimmer ist sehr ordentlich, hat allerdings ein Doppelstockbett. Aber das

kümmert mich nicht. Ansonsten hat es warmes und kaltes Wasser und einen

Klo. Die Dusche ist auf dem Flur. Da auch die Heizung funktioniert, nutze ich

die Gelegenheit, um meine Unterwäsche zu waschen. Die wird heute noch

bequem trocken.

 

 

 

Das Tal der Allier mit der Bahnlinie

Um 19.00 Uhr gibt es schon Abendessen. Da wäre ich mal gespannt, was das

bei dem Preis ist. Doch mein Pessimismus war absolut nicht angebracht. Das

zähle ich mal auf: Ein Körbchen mit Brot und eine Karaffe Wasser standen

schon auf dem Tisch. Dann kam eine Terrine feine Gemüsesuppe. Von der

habe ich mir mal vorsorglich einen Nachschlag genommen. Das Hauptgericht

war ein großer Teller mit Nudeln, Gulasch und Mischgemüse. Danach gab es

zwei Scheiben Ziegenkäse, das ist allerdings was für Kenner, wozu ich mich

nicht zähle. Der Nachtisch bestand aus einem Becher Pudding mit Eischnee.

Dazu trank ich ein viertel Rotwein, der kostete 15.-frs extra. Also da kann man

wirklich nichts sagen.

Außer mir waren noch vier Pilger im Haus, die haben auch alle was gegessen.

Meine heutige Fahrleistung hielt sich, was die Kilometer angeht, doch sehr in

Grenzen. Allerdings habe ich ja am Morgen kaum was gefahren.

Es sind gerade mal 46 Km in 4,30 Std. und einem Durchschn. von 10,30 Km/h.

geworden. Aber, ich bin müde ‚wie ein Hund', und gehe nach dem Essen gleich

ins Bett.

3. Tag, Donnerstag, 26. April 2001

Monistrol – St. Alban sur Limagnol

Gut geschlafen stehe ich rechtzeitig auf. Das angeboten Frühstück habe ich

nicht angenommen, ich habe noch ausreichend Proviant in der Tasche, den

muss ich mal wegessen.

Es wird doch gut acht Uhr bis ich wegfahren kann. Noch ist es kühl, aber

trocken, die Sonne wird sich vielleicht durchsetzen. Das erste Stück des Weges

in Richtung Saugues kenne ich ja noch von gestern. Es geht noch eine Weile

bergauf, dann wird es flacher. Neben der Straße rauscht ein Bach ins Tal zur

Allier. Das flache Teil hält allerdings nicht lange an. Die Straße überquert nun

den Bach und dann geht es unaufhörlich den Berg hinauf.

Gestern habe ich schon mal hinter Bains gesehen, dass an den Steigungen

neben der normalen Kilometrierung auch die erreichten Höhenmeter

angegeben sind. So ist es auch hier. Im Prinzip ist das eine gute Sache, man ist

immer auf dem Laufenden in welcher Höhe man sich befindet.

Es ist auch heute wieder nicht leicht für mich, die Steigungen hochzufahren.

Irgendwie habe ich diese Berge unterschätzt. Wie es auch sei, ich muss da

hoch. Dann muss ich eben öfters mal eine Pause machen und mich ausruhen.

Langsamen Trittes geht es weiter. Sehnsüchtig blicke ich nach vorne, wann die

nächste Tafel mit den Kilometer- und Höhenangaben kommt.

In Monistrol bin ich bei 650 Hm abgefahren. Saugues soll nach den Angaben in

meinem Atlas bei 980 Meter liegen, aber da bin ich doch vorbei. Schließlich

erreiche ich den höchsten Punkt. Gott sei Dank. Das letzte Schild zeigte 1.100

Hm.

Nach Saugues fällt in der Tat die Straße wieder ab, so dass die Höhenangaben

von ca. 1000 m. zutreffen dürften. Es ist schon gegen 11.00 Uhr, als ich dort

ankomme. Somit wurde mir auch klar, dass ich gestern in Monistrol den

etwaigen Zeitbedarf nach hier ziemlich richtig war und dort übernachtet habe.

Als erstes trinke ich einen Cappuccino und esse ein Stückchen, das tut gut.

In der nahen Kirche sollen die Gebeine von zwei Heiligen ruhen, St. Benilde

und St, Menardus. Einer der Schreine ist zu sehen. Ich zünde mal Kerzen an, in

der Hoffnung, dass ich die momentanen Strapazen wenigstens psychisch

besser verkrafte.

Sehenswert ist auch der sogenannte Turm der Engländer. Im unteren Geschoß

betreibt ein Kunsthandwerker sein Gewerbe.

Im Obstladen kaufe ich mir schließlich als Vorrat noch zwei Bananen, und dann

geht es gegen 12.00Uhr über die D 585 weiter. Eine Weile lässt es sich nun gut

fahren. Der Weg verläuft nun durchs Tal der Seuge. Zwar ist mittlerweile die

Sonne zeitweilig zu sehen, doch es ist immer noch recht kühl. Ohne Jacke geht

es nicht.

Doch dann steht mir vor der Ortschaft Tour mal wieder ein Berg im Weg. Doch

diesmal ist es nicht so schlimm. Im Ort ist ein ehem. Schloss zu sehen.

Vom Zentralmassiv war mir bekannt, dass es hier wildwachsende Narzissen

gibt. Schon im Tal der Loire hatte ich danach Ausschau gehalten, habe aber

keine gesehen. Ich glaubte, sie seien schon verblüht, zumal ich Pflanzen mit

ähnlichen Blättern sah, die ich für Narzissen hielt. Doch in der folgenden

Hügellandschaft, es ging hier mehrmals leicht auf und ab, sah ich dann bei dem

Örtchen la Brugeire doch welche. Anfangs nur wenige auf einer Wiese, wie bei

uns die Schlüsselblumen. Schnell machte ich den Fotoapparat fertig, denn ich

dachte, es könnten auch schon die letzten Exemplare sein. Mal wieder einer

meiner Irrtümer.

Denn nun begann das erst. In der Folge kam ich an große Wiesenflächen, die

über und über mit den Narzissen voll standen. Ich war regelrecht entzückt ob

der Pracht und musste noch mehrmals den Fotoapparat in Aktion bringen.

Mittlerweile bin ich mal wieder in einem Tal und fahre auf den Ort Chanaleilles

zu, wo ich eine Pause einlegen möchte. Vor dem Dorf kommen mir zwei

belgische Pilger entgegen, mit denen ich mich kurz unterhalte. Sie meinen, ich

hätte eine Abfahrt versäumt und müsse wieder ein Stück zurückfahren. Sie

zeigen mir eine schmale Straße, die bergauf führt. So recht traue ich dem

Braten nicht und befrage mich deshalb bei einem Bauern, der mit seinem

Traktor daher kam. Der bestärkte mich dann in meiner Ansicht, dass ich wieder

nach Chanaleilles zurück müsse. Hier komme ich dann auch zu meiner

Kaffeepause.

Auf dem Kartenauszug und in meiner Streckenbeschreibung hatte ich

anschließend wieder einen recht steilen Streckenabschnitt vermerkt. Da kam

mir die gerade beendete Pause sehr zugute.

Dennoch, war das an einigen Stellen steil. Da konnte ich das Rad im kleinsten

Gang gerade noch fahren. Ich glaube, ich hätte an diesen Stellen auch genau

so schnell geschoben. Und wieder mal verwünschte ich die schweren

Gepäcktaschen, ob ich nicht doch ein Paket mache und etwas nach Hause

schicke. Das wäre nicht schlecht

Im oberen Teil des Anstiegs wird es dann wieder etwas flacher. Die Höhe, wo

ich nun hinkomme, heißt St. Roche und liegt bei 1309 Hm. In der Nähe ist eine

Kapelle mit dem gleichen Namen. Das ist für mich Anlass zu einer Besichtigung

und zum Ausruhen.

Zwei Mädchen mit Rucksäcken kommen ebenfalls dazu. Sie sind aus der

Schweiz und gehen bis Santiago. Sie hoffen in etwa zwei Monaten dort zu sein.

Ich mache ihnen ein Foto, notiere eine Adresse und verspreche, ihnen das Bild

zuzusenden. (das habe ich inzwischen auch getan).

 

 

An der Kapelle St. Roche

Nun gibt es wieder eine schöne Abfahrt nach St. Alban sur Limagnole.

 

Vom Wetter habe ich ja schon gesprochen, es war oft blauer Himmel mit Sonne

und Wolken, aber auf den Höhen sehr, sehr kühl. Heute Nachmittag gab es

auch wieder zeitweise heftigen Wind, der mich vor allem nach St. Alban sehr

vorsichtig abfahren ließ, denn wie schnell ist man von einer Bö erfasst und fliegt

in den Graben.

In meinem Führer ist St. Alban wieder mit einem Hotel –Centre- verzeichnet,

dem eine Herberge angeschlossen ist. Das ist direkt gegenüber der Kirche, wo

ich ohnehin anhielt. Und sofort kam der Monsieur von der Rezeption über die

Straße herbei und fragte, ob ich übernachten wolle. Das war mir mal wieder

etwas zu aufdringlich und lehnte ab.

Doch dann überdachte ich meine Situation und kam zur Ansicht, dass es doch

besser sei, wenn ich hier bleiben würde. Es war zwar erst 16.30 und ich hatte

erst knapp 60 Kilometer gefahren. Ich sagte mir, dass ich mich nun doch etwas

vernünftig verhalten müsse, um einigermaßen gut aus diesem ‚verflixten'

Massiv heraus zu kommen.

So fragte ich dann doch den Herrn, der noch vor der Tür stand, ob dies die

angegebene Herberge sei und was ein Zimmer kosten würde.

Er nahm mich mit hinein und machte mir ein Angebot für ein Zimmer mit

Dusche und WC sowie mit Abendessen und Frühstück für 350,-frs. Das war mir

etwas zuviel, so dass er mir ein Zimmer mit Etagendusche für insgesamt 300.-

frs anbot. Das war mir dann recht. Vorsichtshalber ließ ich mir das Angebot

aufschreiben.

Das Zimmer war recht ordentlich, es lag zur Straße mit Blick auf die Kirche.

Nach dem Duschen sah ich mir den Ort mit der Kirche und dem Schloss an.

In einem kleinen Supermarkt kaufte ich etwas Reiseproviant und Getränke,

schon für morgen ein. Hier gab es auch ‚Karlsbräu' aus Homburg, wovon ich

mir eine Dose als Schlaftrunk mitnahm.

Gespannt war ich auf das Abendessen. Das war wirklich gut. Zuerst gab es

einen Salatteller mit Flit, dann eine Poulardenkeule mit Zucchinigemüse und

fritierten, dicken Kartoffelscheiben sowie einen Nachtisch. Dazu trank ich

wieder ¼ l Rotwein für diesmal 8.-frs.

Gefahren hatte ich heute 61,2 Km in 6,25 Std. bei einem Durchschnitt von nur

9,6 Km/h.

Das war wieder ein anstrengender Tag gewesen.

 

4. Tag, Freitag, 27. April 2001

St. Alban – Espalion

Das Frühstück gibt es nicht so früh, erst um acht Uhr. Es reicht, wenn ich um

halb sieben aufstehe und mich in aller Ruhe fertig mache. Vom Zimmerfenster

werfe ich einen ersten Blick nach draußen. Welch schöner Anblick heute

morgen. Über dem Glockenturm der Kirche ein wolkenloser, blauer Himmel.

Das kann ja im wahrsten Sinne des Wortes ein heiterer Tag werden. Das hebt

natürlich die Stimmung.

Das Frühstück ist, mal abgesehen von der spärlichen Butterration, gut und sehr

reichlich, mit Café au lait. Das schaffe ich nicht alles.

Als ich dann das Fahrrad aus der Garage hole und belade, stelle ich fest, dass

es doch noch empfindlich kühl ist. In der Nacht hatte es Frost gegeben, die

Scheiben der Autos sind vereist und müssen frei gekratzt werden. Ohne Jacke

geht es vorerst nicht.

Am nahen Verkehrskreisel finde ich gleich die richtige Straße in Richtung

Aumont–Aubrac. Sie hat einen eigenen Namen und heißt ‚Route Margeride', ist

also was besonderes. Die Wiesen sind noch von Rauhreif überzogen und durch

das Tal windet sich ein kleiner Bach, der jedoch bald in einen größeren mündet.

Gestern abend schon hatte ich eine Rötung der Nase und des Gesichts im

Bereich der Backenknochen festgestellt. Offensichtlich hatte ich mir am

Nachmittag durch die Sonneneinstrahlung, aber auch möglicherweise durch

den Wind und die UV-Strahlen in der Höhe einen leichten Sonnenbrand

zugezogen. Vorsichtshalber hatte ich mir schon etwas Systral–Creme

aufgetragen. Doch nun spüre ich es wieder. So mache ich im nächsten

Örtchen, Rimeize, Halt und reibe mir das Gesicht mit Sonnenschutzöl ein. Hier

war ich nun in einem, ich nenne es mal so, ‚Hochtal', wo wieder viele Narzissen,

aber auch Löwenzahn blühten. Der Rauhreif war nun schon zum Teil von der

Sonne aufgeleckt worden.

Von den Hügeln und aus dem nahen Waldstück kommt das Flüßchen Rimeize

und plätschert munter durchs Wiesental hinab. Weiter oben umkurvt das

glasklare Wasser die im Bachbett liegenden großen Steine oder springt munter

über die kleineren hinweg.

Eine wunderbare, so scheint es, noch vollkommen heile Welt. Auf der mit

Birken und Pappeln umsäumten Straße ist an diesem Morgen kaum Verkehr.

Ich muss einfach ein paar mal anhalten, um die herrlichen Anblicke zu

genießen.

Unwillkürlich denke ich an ein Lied von Franz Schubert, das ich zu Hause auf

einer LP habe und das von Hermann Prey gesungen wird. Es beginnt:

‚Oh, wie schön ist deine Welt, Vater, wenn sie golden strahlet.

Wenn dein Glanz hernieder fällt, und den Staub wie Schimmer malet':

Obwohl ich überhaupt nicht singen kann, sehe ich mich hier in dieser

menschenleeren Gegend veranlasst, die zwei Strophen des Liedes, so quasi

als Morgenandacht, zu singen. Ich befinde mich in einer richtigen

Hochstimmung.

An einer Brücke, die über den Bach führt, klettere ich hinab und mache ein

Foto. Danach komme ich noch an einem Mühlenbetrieb vorbei und dann ist

das Tal zu Ende.

 

 

 

 

Das Flüßchen Rimeize zwischen St. Alban und Aumont

Danach zieht sich die Straße wieder am Hang vorbei durch den Wald bis auf

1120 Hm. Mein Nahziel ist Aumont – Aubrac, das ich nun bald erreiche.

Hier ist Wochenmarkt, da schlendere ich mal drüber. Ein buntes Bild beherrscht

die Szene in dem hübschen Dörfchen.

Heute ist Freitag, das Wochenende ist nahe. Als ich an der Post vorbeikomme,

sehe ich dort einen Geldautomaten. Ich denke, da kannst du dir deine

Reisekasse auffüllen. Wer weiß, wann die nächste Gelegenheit wieder kommt.

Jedoch durch die Sonneneinstrahlung kann ich das Display nicht lesen.

Kurzerhand bitte ich den Schalterbeamten mir behilflich zu sein. Das geht dann

reibungslos, ich habe 1.000 frs. mehr im Geldbeutel.

So geht es nach kurzem Aufenthalt weiter. Das Gelände ist wieder sehr wellig.

Obwohl es generell so um 900 bis 1000 Meter hat, sind immer wieder

Steigungen von 100 bis 200 Hm zu nehmen. Schon am ersten längeren Anstieg

ärgere ich mich über mich selbst; da hatte ich doch gestern in Erwägung

gezogen, evtl. ein Paket zu machen und überflüssige Dinge nach Hause zu

schicken, und nun habe ich eben in Aumont bei der Post die allerbeste

Gelegenheit nicht genutzt.

Es plagt mich aber noch ein weiteres Problem, mit dem ich eigentlich oft zu tun

habe, aber über das ich, so glaube ich, bisher noch nie was geäußert habe:

Meine empfindlichste Stelle am Körper ist beim Radfahren der Po. Bei großer

Anstrengung kommt es immer wieder vor, dass die Haut an bestimmten Stellen

regelrecht aufreißt. Das ist schon etwas schmerzhaft und beeinträchtigt die

Sitzhaltung. Seit gestern plage ich mich nun wieder mit dem Problem herum.

Abhilfe schaffe ich mir mit Cremes und Salben, die ich immer bei mir habe

Kurz nach 12.00 Uhr komme ich in den kleinen Ort Malbouzon. Ah , hier ist

wieder eine Poststelle, doch die haben schon Mittagspause. Und die mache ich

nun auch. In einer Gaststätte kehre ich ein und trinke einen Cappuccino und

esse ein Hörnchen. Offensichtlich ist in der Nähe ein Betrieb, dessen Arbeiter

hier ihre Mahlzeit einnehmen, denn nun kommen laufend Leute in

Arbeitskleidung und verschwinden im Speisesaal. Die Bedienung ist regelrecht

am Laufen.

Etwas gestärkt geht es dann weiter den Berg hinauf in Richtung Nasbinals. Die

Landstraße hat hier einen neuen Namen. Sie heißt nun ‚Route en Aubrac'. Wo

der Wind nicht ankommt, ist es relativ warm. Diese Möglichkeit nutze ich am

Dorfplatz in Nasbinals, wo ich meine zwei Bananen esse. Doch ehrlich, es ging

nicht nur um die Bananen, es war auch mal wieder eine Ruhepause fällig.

Ich bin immer noch nicht oben, an diesem Berg. Das ist überhaupt der höchste

Punkt, den ich bis weit über die Pyrenäen hinaus zu überfahren habe.

Übrigens spätestens hier stand mein Entschluss endgültig fest, dass ich nicht

nach Fatima fahren werde. Wenn ich bis Santiago kommen sollte, ist Schluß.

Also, auf geht's zum ‚Col d' Aubrac'. Ich kann hier nur die kleinsten Gänge

fahren. Es ist eine karge Landschaft, am Berg liegen noch Schneereste. Und

recht kühl ist es auch noch.

Ab und zu zischt ein Laster an mir vorbei und bringt mich fast aus dem

Gleichgewicht. Bei schwerem Tritt denke ich schon mal, wie schön wäre es,

wenn einer von den anhalten und mich bis zum Gipfel mitnehmen würde.

Doch wie sagt der Volksmund: ‚Wer langsam reit' kommt genau so weit'.

Endlich bin ich oben am Schild mit der Aufschrift: ‚Col d' Aubrac – Altitude 1340

m'. Hier war auch die Departement–Grenze von Lozere und Aveyron.

Zuerst packe ich mich zusätzlich ein, denn nicht nur hier ober ist es ziemlich

kühl, sondern auch auf der zu erwartenden Abfahrt wird es wegen der

mangelnden Bewegung nicht besser.

 

 

Eigentlich hatte ich die ganze Zeit gezweifelt, dass ich heute noch zu meinem

vorgesehenen Ziel Espalion kommen würde, doch nun bin ich sicher, dass ich

die gut 30 Km abwärts schaffen werde. Es ging zwar nicht in einem Schuss

bergab, flache Stellen und sogar leichte Anstiege waren immer wieder drin,

dafür aber lange Strecken mit ausgeschilderten 8% Neigung. Da ist man

natürlich oft in Versuchung, einfach laufen zu lassen, doch zu hoch darf die

Geschwindigkeit nicht werden.

Ab und zu kamen mir Radfahrer entgegen, die also dorthin wollten, wo ich her

kam Die bedauerte ich regelrecht.

Nach etwa 25 Km komme ich nach Come d' Olt am Fluß Lot. Das ist mal wieder

ein etwas größerer Ort, dessen Kirchturm eine merkwürdig schiefe Spitze hat.

Hier suche ich als erstes nach der Poststelle, die ich auch in der Ortsmitte finde.

Eigentlich komisch, nun bin ich aus dem gröbsten heraus, und nun will ich mir

‚Marscherleichterung' verschaffen. Doch was zu viel ist, ist einfach zuviel. Also

gebe ich mir einen Ruck und gehe hinein.

Hinter dem Schalter bedient eine Frau, zwei weitere sind als Kundinnen da. Es

dauert eine Weile, bis ich an die Reihe komme, die haben sich einiges zu

erzählen. Derweil sehe ich mich um und entdecke auf einem Schrank

ausgestellte Faltkartons als Angebot. Da bin ich schon mal in dieser Hinsicht

beruhigt.

Mit meinem Wunsch ist die Dame am Schalter wohl etwas überfordert. „Nach

Deutschland"? fragt sie nachhaltig, das hatte sie offensichtlich noch nicht

gehabt. Sie ruft in die Privaträume nach ihrem Sohn. Der kennt sich besser aus.

Als erstes rechnet er mir den Preis aus und sagt, ein Paket von ca. 5 Kg würde

225 frs. kosten, das sind stolze 75.-DM. Im Prinzip würde sich das überhaupt

nicht rechnen, wenn ich nicht auch meinen Hausanzug dazu auserkoren hätte,

frühzeitig die Heimreise anzutreten. Der war ein Weihnachtsgeschenk von den

Kindern und wie ich weiß, nicht gerade billig. Alles andere hätte ich ruhig dem

Abfallkorb anvertrauen können.

Ich werde also mit mir und dem jungen Mann einig, dass das Paket wie

vorgesehen abgeschickt wird. Es sind in der Tat mehr als 4 Kg, die ich aus

meinen Taschen ausräume. Das bin ich mal los, der Weg bis Spanien ist noch

weit.

Erleichtert fahre ich dann am Lot vorbei in Richtung Espalion. Dabei

überschlage ich mal den Höhenunterschied, den ich gerade hinter mich

gebracht habe. Espalion liegt bei 342 Hm, das sind also rund 1000 m.

 

 

 

 

 

 

Espalion, Brücke über den Lot

 

In Espalion komme ich gegen 17.00 Uhr an, wo ich zuerst die Information

aufsuche und mich nach der Herberge erkundige. Die Angestellte gibt mir einen

Stadtplan und die Adresse. Ich frage, ob sie nicht für mich dort anrufen wolle.

Natürlich werde ich es bezahlen. Ich weiß, dass das den Angestellten oft nicht

erlaubt ist, aber auf meine nochmalige Bitte ist sie dann doch dazu bereit. Sie

bestellt mir ein Bett und gibt meinen Namen durch.

Da kann ich schon mal beruhigt weiter fahren. Die Herberge ist etwas

außerhalb der Stadt. Es ist eine Kombination zwischen Jugend- und

Wanderherberge, und wird von einer gutmütigen, älteren Dame betreut.

Da es am nächsten Morgen vor acht Uhr kein Frühstück gibt, buche ich nur die

Übernachtung. Die kostet 60 frs. Ich habe für die Nacht ein Vier-Bett-Zimmer für

mich allein.

Nach dem Duschen fahre ich wieder in die Stadt zurück. Das ist eine hübsche

kleine Stadt, mit etlichen romantischen Anziehungspunkten. Dazu zählen u.a.

der Fluß mit einer Brücke aus dem Mittelalter sowie das Rathaus und die

Kirche.

Im Zentrum lasse ich mich in einem Straßenlokal nieder und trinke ein Bier.

Dabei stelle ich fest, dass sich einige der Gäste an einem nahen Imbisswagen

mit einer Pizza bedienen und die hier an den Tischen verzehren. Ich frage die

Bedienung, ob das so üblich sei, und sie stimmt zu. Also mache ich das

ebenso. Dazu trinke ich noch ein zweites Bier und gebe für das

Entgegenkommen ein etwas großzügigeres Trinkgeld.

Die Zeit verrinnt oft schneller als gedacht. Und so fahre ich alsbald zur

Herberge zurück.

Jetzt muss ich mich aber mal mit meinem Körper befassen. Die Wunden an der

Hand beginnen zu heilen. Aber das Knie schmerzt und ist angeschwollen. Die

Wunde auf der Kniescheibe hatte ich tagsüber mit einem Pflaster versorgt, sie

ist noch weiterhin offen. Mit dem Knie mache ich mir schon ein paar Sorgen,

aber ich nehme an, dass in den kommenden Tagen die Belastungen weniger

werden und es dann besser wird. Zu einem Arzt werde ich vorerst noch nicht

gehen. Aber ich behandele es mal selbst mit Bepanthen aus meiner

'Bordapotheke' und mit Beinwohlgel.

Trotz der schönen Landschaft, die ich am Morgen erleben durfte, bin ich bei der

heutige Etappe wieder sehr gefordert worden. Dennoch habe ich 82 Km

gefahren. Das ist wohl in erster Linie auf die tolle Abfahrt am Schluss

zurückzuführen. Damit ist auch der gute Durchschnitt von 13,25 Km/h bei der

Fahrzeit von 6,33 Std. zu begründen.

 

 

 

5. Tag, Samstag, 28. April 2001

Espalion – Marsac bei Albi

Im ‚Centre de Herbergement' ist noch alles still, als ich gegen halb sieben

aufstehe. Mein Frühstück bereite ich mir aus meinen Vorräten. Die finanzielle

Seite habe ich gestern schon geregelt und meinen Ausweis zurückbekommen.

Das Knie hat sich wieder zu seinem normalen Zustand zurückgebildet.

Dennoch versorge ich es mit Salbe. Auch der Po bekommt seine ‚Einreibung'

weg.

Eigentlich wollte ich heute bis Albi fahren, aber das ist eine an sich weite

Strecke. Ob ich die nicht besser kürzen soll, mal sehen.

Kurz vor acht Uhr fahre ich los, die Herbergsmutter kommt gerade mit dem Pkw

an.

In der Stadt hatte ich schon gestern die Richtung ausgemacht, in der ich weiter

fahren muss. Die Burgruine Calmont d' Olt, die oben auf dem Berg steht, habe

ich schon gestern gesehen, war aber der Meinung, dass ich wahrscheinlich

nichts mit ihr zu tun habe. Doch das war wieder ein Trugschluss. Noch in der

Stadt ändert die Straße ihre Richtung und führt nun schon wieder steil aufwärts.

Nach den letzten Häusern befinde ich mich dann schon bald auf der Höhe der

Burg.

Das Wetter ist heute ziemlich gut, vor allem ist es nicht so kalt wie in den

Morgenstunden der letzten Tage. Und trocken ist es auch. Also in dieser

Hinsicht schon mal gute Aussichten.

Die Bergstrecke war wieder etliche Kilometer lang, aber neu ausgebaut. Für die

ins Tal fahrenden LKW waren besondere Hinweisschilder aufgestellt, die zur

Vorsicht mahnten. Auch das Gefälle war angegeben, meistens 7 – 10 %, das

bedeutete für mich also Aufstieg. Ab und zu waren an Aussichtspunkten, in den

Kurven der alten Straße, Rastplätze angelegt, die ich gerne annahm. Von 340

Hm in Espalion war ich schließlich bei 630 m oben. Danach ging es wieder

besser. Zunächst ein recht langes Stück über eine Hochfläche, dann aber in

einem Schuss hinab ins Tal des Aveyron nach Rodez.

Für diese Stadt hatte ich mir etwas Zeit zur Besichtigung eingeplant. Vor allem

wollte ich zu der im Baedeker angegebenen Kathedrale ‚Notre Dame'. Doch die

liegt im oberen Teil der Stadt, einem recht hohen Hügel. Den schaffe ich nicht

mit dem Rad, ich muss etliche Meter schieben.

Am Berg komme ich auch an der romanischen Kirche St. Amans vorbei, die

ebenfalls ein schönes Bild abgibt.

In der Nähe der Kathedrale trank ich auf der Terrasse einer Gaststätte einen

Cappuccino. Am Nachbartisch saßen Franzosen, ein junges Pärchen mit den

Eltern des Mannes.

An der, an meiner Packtasche befestigten Jakobsmuschel hatten sie gleich

erkannt, was es sich mit mir auf sich haben könnte. In französisch – deutschem

Mischmasch stellten sie diesbezügliche Fragen, die ich zu ihrer Zufriedenheit

beantworten konnte. Sie waren schon ein wenig beeindruckt. Der jungen Mann

machte mir noch ein Foto mit meinem Apparat, bevor ich mich verabschiedete.

Bei der Weiterfahrt kam ich am Bahnhof vorbei. Hier stieg ich wieder ab. Wie

schon erwähnt, hatte ich Bedenken, ob ich heute noch bis Albi kommen würde.

Die Witterungsverhältnisse waren ja bestens, aber ich müßte dann weit mehr

als 100 Km fahren, das war mir einfach zu viel. So suchte ich nach einem

Ausweg: Wie wäre es, wenn ich ein Stück mit der Bahn fahren würde?

Einer der Schalterbeamten sprach soviel deutsch, dass ich das Problem mit ihm

erörtern konnte. Was ich bereits angenommen hatte, bestätigte er mir. Die

Bahnstrecke berührte mehrmals die Straße nach Albi. Er meinte, wenn ich noch

etwa 35 – 40 Kilometer fahren wolle, so könnte ich in der Nähe von Naucelle ,

vom Bahnhof Montemeyrac kurz vor 15.00 Uhr die restlichen gut 40 Kilometer

mit dem Zug bis Albi fahren. Dann bräuchte ich auch nicht hinab ins Tal des

Viaur und wieder hoch.

Doch gerade dieses Tal hatte ich mir noch angemerkt, da es von einem großen

Eisenbahnviadukt überspannt wird. Doch man kann nicht alles haben.

Jedenfalls fand ich die Alternative interessant. So käme ich jedenfalls noch

frühzeitig nach Albi, könne mir dort eine Unterkunft in der Jugendherberge

suchen und hätte auch noch Zeit zur Stadtbesichtigung.

Also fuhr ich dann über den Fluß Aveyron in Richtung Albi los. Die hohen Berge

der letzten Tage liegen nun weitgehend hinter mir. Das Land wird immer

flacher, wenngleich auch hier noch einige Hügel vor mir stehen.

Rodez habe ich bei etwa 350 Höhenmetern verlassen und erreiche den vorerst

letzten Höhepunkt nach 25 Kilometern mit nochmals 814 Hm hinter dem Ort

Baraqueville. Die Bahnstrecke habe ich oft in Sichtweite.

Danach geht es bis Montmeyrac wieder abwärts. Für den genannten Zug habe

ich gerade noch soviel Zeit, dass ich mir die Fahrkarte besorgen kann.

Eigentlich schade, dass ich das Stück mit dem Zug fahre, wo doch nun so

schönes Wetter ist. Vielleicht kommt mir das in Albi zugute.

Und noch was hat sich geändert: Während es in den Bergen viele karge

Flächen mit Grau- und Brauntönen gab, ist nun ein wohltuendes grün

vorherrschend. Neben den bekannten Laubbäumen und Sträuchern sind nun

immer häufiger auch Obstbäume sowie Wiesen und bestellte Äcker zu sehen.

Ein untrügliches Zeichen, dass es gen Süden geht. Auch der Raps ist schon am

Blühen.

Der Zug ist nur schwach besetzt und hat ein Fahrradabteil. Ich bin nun doch

froh dass ich sitzen und mich ausruhen kann.

Gespannt bin ich aber auf die Überquerung des Viaur, dessen Viadukt ich

gerade erwähnt habe. In der Tat, das ist schon eine eindrucksvolle, hohe

Brücke, soweit man dies aus dem Zug erkennen kann. Ich denke aber auch an

den Aufstieg aus dem Tal heraus, der wäre bestimmt wieder happig geworden.

Es bleibt auch noch etwas Zeit, im Zug Picknick zu machen.

Kurz vor vier Uhr ist der Zug in Albi. Am Stadtplan vor dem Bahnhof fertige ich

mir eine Wegeskizze zur Jugendherberge. Die finde ich relativ schnell. Doch an

der Rezeption teilt man mir mit, dass schon alles belegt sei. Ich bin sehr

enttäuscht und frage mich, wann man denn überhaupt zum einer Herberge

anreisen muss, wenn man gerade mal um vier Uhr schon kein Bett mehr

bekommen kann??

Dabei hatte ich mir alles so schön vorgestellt, Duschen und dann die Stadt

besichtigen. Das einzige, was man in der Herberge noch für mich tun kann,

man gibt mir einen Stadtplan mit, wo der Weg zur Tourist-Info vermerkt ist. Also

mache ich nach dort auf den Weg.

Auch die habe ich schnell gefunden. Die Dame an der Auskunft spricht etwas

deutsch, die Verständigung ist nicht das Problem, wohl aber der Umstand, dass

sie mir auch nichts vermitteln kann. Übers Wochenende seien sehr viele Gäste

in der Stadt und die vorhanden Unterkünfte schon alle seit dem frühen

Nachmittag ausgebucht. Ich solle es mal in dem etwa 12 Km entfernten Marsac

versuchen, da sei ich ja schnell mit dem Fahrrad. –Was haben die Leute

manchmal für eine Ahnung?-

Nun, was bleibt mir anderes übrig, meine Träume zerplatzen wie Seifenblasen.

Ich frage deshalb ob sie für mich anrufen und mir ein Zimmer bestellen könne.

Ja, das macht sie. Aber beim ersten Anruf wird sie abgewiesen. Ich erden

schon wieder nervös. Doch beim zweiten klappt es im Hotel ‚des Fleurs'.

Sie versorgte mich noch mit Prospekten und zeichnete mir den Weg aus der

Stadt auf dem Plan ein. Schließlich meinte sie, ich könne mir ja zur

Stadtbesichtigung noch etwas Zeit lassen, denn das Zimmer sei fest bestellt.

Nun war mir wieder etwas besser, es schien doch noch alles gut zu werden. So

konnte ich mir noch die Sehenswürdigkeiten in der Nähe ansehen, z.B. die

Kathedrale St. Cécile, das Palais de la Berbie, ein großer Platz auf dem noch

Markttreiben herrschte und eine weitere Kirche, St. Salvy.

Danach fahre ich noch zum Fluß Tarn hinab, der mit seinen beiden Brücken

Pont Vieux und Pont du 22. August ein eindrucksvolles Bild abgibt.

Albi, Brücken über den Tarn

Der Tarn tritt bei Albi aus der Gebirgsregion aus und fließt anschließend durch

flacheres Gelände auf die Garonne zu. Die Täler aller größeren Flüsse, die ich

ab Unieux bei St. Etienne durchquerte, es waren die der Loire, Allier, Lot,

Aveyron und Tarn, führten alle die Bezeichnung ‚Gorges'. Ich habe es schon

mal erwähnt, das das ‚Schlucht' heißt, was wohl zumindest tiefes Tal oder so

ähnlich bedeutet. Nun, ich kann es nicht verhehlen, obwohl ich mir die Route ja

selbst ausgesucht hatte, dass ich sehr froh war, diese ungemein schwierige,

wenn auch zugegeben oft reizvolle Wegstrecke hinter mich gebracht hatte.

Die Straße nach Marsac führte nun durch das normale Tal des Tarn, immer

eben. Im Hotel ‚des Fleurs' wartete man schon auf mich. Man ist am Umbauen

und der Restaurantbetrieb ist deshalb z.Z. eingestellt. Das Zimmer kostete 170

frs. Daran gab es nichts zu mäkeln.

Der Tag hat mich doch noch einige Nerven gekostet und ich bin auch wieder

bedeutend mehr gefahren als ich wollte. Der Tacho zeigt 92,2 Km in 7,12

Stunden = Durchschn. 12,8 Km/h.

Die Körperdusche bringt mich wieder auf die Beine, so dass ich anschließend

nach dem Abendessen Ausschau halte.

In dem kleinen Ort ist nicht viel los. Zuerst gehe ich mal zur nahen Kirche

wegen einer Vorabendmesse. Aber da ist vor 11.00 Uhr am nächsten Morgen

nichts drin. Beim weiteren Gang durch die Straßen finde ich eine Pizzeria. Ich

schaue rein, aber außer dem Bäcker ist niemand da. Pizza hatte ich ja erst

gestern und so frage ich nach einen Nudelgericht, Spaghetti Bolognaise oder so

was. Ja, das kann er bieten. Der Bäcker ist Spanier und möchte von mir einiges

zu meiner Reise wissen.

Dann bringt er das Essen, eine super große Portion, zwar keine Spaghetti, aber

dünne Bandnudeln. Das hat mit der delikaten Soße hervorragend geschmeckt.

Zum Trinken hatte ich mir mal wieder ¼ Rotwein bestellt. Aber das Essen habe

ich nicht alles geschafft, das soll was heißen. Mit dem Wein hat es 59 frs.

gekostet.

Also gab es doch noch ein gutes Ende des Tages. Danach gehe ich aber

schnell ins Bett.

 

 

 

6. Tag, Sonntag, 29. April 2001

Marsac – Villefranche

Das Wetter ist auch heute Morgen recht passabel, trocken und nicht so kühl.

Schon gestern Abend hatte ich mit dem Patron wegen dem Zeitpunkt des

Frühstücks gehandelt. Der wollte partout nicht vor neun Uhr, er müsse. Doch

das war mir entschieden zu spät, so einigten wir uns auf ½ neun.

Schon vor dieser Zeit holte ich das Fahrrad von seinem Abstellplatz und belud

es. Zunächst war noch niemand von den Wirtsleuten zu sehen. Erst im letzten

Moment kam die Wirtin und fragte nach, was ich trinken möchte?, Kaffee

natürlich. Das Frühstück hat sie schnell hergerichtet.

Aber sie hat keine gute Laune, spricht fast nichts. Erst als ein Mann dazu kam,

nicht der von gestern, und sich hinter dem Tresen zu schaffen machte, kam ein

Gespräch zu Stande. Natürlich drehte sich das wieder um meine Fahrt. Nun

gab mir die Frau auch einen Tipp wie ich in Richtung Castres weiterfahren

kann, ohne dass ich nochmals nach Albi zurück musste. Erst gegen 9.00 Uhr

kam ich in den Sattel.

Am Sonntagmorgen war so gut wie kein Verkehr auf den Straßen. Zunächst

gab es auch keine nennenswerte Steigungen, so dass ich gut voran kam.

Alsbald kann ich die Ärmlinge ausziehen, die Beinlinge behalte ich mal noch an.

Die Höhe über N.N. liegt nun bei etwa 200 m. Der einzige Anstieg, der zu

erwähnen wäre, ist bei dem kleinen Städtchen Lautrec, da geht es mal auf 325

m hoch. Doch was ist das gegen den vergangenen Tagen.

Hier ändere ich auch etwas meinen Streckenplan und fahre nicht über Castres.

Das ist ja schon eine größere Stadt. Auf der Karte stelle ich fest, dass ich sie

auf einem kürzeren Weg weiträumig umfahren kann. Bei Soual komme ich dann

wieder auf die vorgesehene Route.

Hier mache ich dann auch mal Picknick und zwar in der Wartehalle einer

Bushaltestelle. Denn das Wetter hatte sich nun doch nicht so entwickelt, wie ich

es erhofft hatte. Der Himmel ist wieder fast ganz mit Wolken bedeckt und es

weht ein frischer Wind. Aber zum Fahren noch recht passabel.

Zu sehen gab es hier recht wenig, außer, dass ich in einer recht fruchtbaren

Gegend war. So fahre ich zügig bis Revel weiter, wo ich in einer Bar eine Tasse

Kaffee trinke.

(Es kann aber auch ein Cappuccino gewesen sein).

Nun gibt es schon mal ein paar klitzekleine Hügel zu nehmen, die man aber mit

Schwung gut fahren kann. Das macht eher Spaß. Hier gibt es auch die ersten

Hinweise auf die Stadt Castelnaudary am Kanal du Midi. Dort ist in etwa die

Wasserscheide zwischen Mittelmeer und Atlantik. Bis zu meinem heutigen Ziel,

Villefranche, sind es jetzt noch etwa 30 Km, ich bin gut dran.

Die Ärmlinge habe ich inzwischen wieder anziehen müssen, aber es wäre mir

lieber gewesen, wenn ich mal hätte die Beinlinge ausziehen können. Das war

bisher überhaupt noch nicht möglich gewesen.

Vor St. Felix, das auf einem Berg liegt, und dessen Kirche schon von weitem zu

sehen ist, nehme ich aufs Geratewohl eine kleine Straße, von der ich annehme,

dass sie mich in ebenem Terrain um den Berg herum in Richtung Ziel führen

würde. Ich bin ja bei solchen Aktionen schon oft auf die Nase gefallen, aber

diesmal hat es prima geklappt.

Bei Avigonet kam ich auf die Route National 113. Es begann leicht zu tropfen,

es kümmert mich wenig. Bis Villefranche sind es nur noch 5 Km.

Dort stand am Ortsanfang ein großes Schild mit ortsansässigen Betrieben, u.a.

auch mit zwei Hotels. Ich notierte mir deren Adressen und fuhr in den Ort

hinein. Das erste Hotel brauchte ich nicht lange zu suchen. Es stand alsbald auf

der linken Seite der Straße. Doch bevor ich hinkam sah ich, wie zwei Wanderer

darauf los gingen. Unter einem großen Baum hielt ich an und beobachtete die

beiden. Denen erging es hier, wie mir im nunmehr nur noch 25 Km entfernten

Auterive am Hotel Pyrenees. Sie läuteten und klopften an der Tür, einer sah

durchs Fenster, aber nichts regte sich. Sollte hier schon wieder Bettenknappheit

herrschen?. So fuhr ich mal schnell weiter, in der Hoffnung das andere Hotel

bald zu finden.

Es war gegen 17.00 Uhr, als ich beim Hotel ‚Pradelle' ankam. Ich muss sagen,

man hat mich sehr freundlich empfangen und half mir gleich beim Unterbringen

des Fahrrades. Währenddessen ging draußen ein heftiger Schauer nieder, Nun

war ich doch froh, dass ich im Trockenen war.

Für das Zimmer verlangte der Chef 160 frs und fürs Frühstück 25 frs.

Während ich mein Gepäck in mein Zimmer im ersten Stock schaffte, kamen

auch die beiden Wanderer ins Hotel. Sie trugen beide gleichartige, etwas

bräunliche Kleidung. Im ersten kurzen Gespräch erzählten sie, dass sie aus

Spanien kommen und zu Fuß auf dem Weg nach Jerusalem sind. Ich werde sie

morgen beim Frühstück wieder treffen und dann mehr berichten.

Das Zimmer war etwas altmodisch, aber sehr sauber, hatte Dusche und WC,

sogar die Heizung ließ sich ‚anwerfen'. Das war dann auch wieder mal eine

Gelegenheit, etwas Wäsche auszuwaschen.

Beim ‚Boss' erkundigte ich mich, wann es Abendessen gebe, Ja, vor 20.00 Uhr

auf keinen Fall. Ich studierte mal die Speisenkarte, Hm alles gutes Essen, doch

das billigste kostete 99,00 frs. Das war mir mal wieder zu viel. Hier kann ich mir

ja auch mal die Frage stellen, ist das nun Sparsamkeit oder etwa Geiz?, Ich

weiß es selbst nicht. Bleibt mir also wieder der Weg in die nahe Pizzeria, die ich

bei der Anfahrt zum Hotel gesehen habe.

Pizza esse ich eigentlich sehr gerne, auch zu Hause. Es macht mir absolut

nichts aus, wenn ich sie ein paar mal hintereinander habe.

Um 19.00 Uhr war in dem Lokal noch nicht viel los. Aber ich war nicht der erste.

Sie verkauften auch über die Straße. Ich bestelle mir einen Rotwein, eine Pizza

grande und ausnahmsweise noch einen Salatteller. Letzter war zwar sehr fein,

doch von der Menge her hätte ich ihn besser sein lassen. Auch heute packe ich

wieder nicht alles. Zusammen bezahle ich 75 frs.

Alles in allem war ich heute sehr zufrieden. Bei dem relativ ebenen Gelände

brauchte ich mich nicht allzusehr anzustrengen. So ist es auch nicht

verwunderlich, dass ich auf eine stattliche Summe der gefahrenen Kilometer

kam. Der Tacho zeigte erstmals über Hundert, genau 107,38. Die Fahrzeit war

7,17 Std. und der Durchschnitt betrug beachtliche 15,15 Km/h.

Bis heute habe ich knapp 500 Kilometer zurückgelegt, genau 483.

Hierbei fällt mir ein, dass ich das ‚Neuland' nun schon ganz hinter mich

gebracht habe. Alles was nun noch vor mir liegt, habe ich wahrscheinlich schon

wenigstens einmal befahren.

Nun da die Fahrt durch das Zentralmassiv beendet ist, habe ich doch noch ein

anderes, ein besseres Verhältnis zu der Route bekommen. Wenn es auch

manchmal schwer war, so bin ich doch dankbar, dass ich in den paar Tagen so

viel schönes und neues zu sehen bekam.

 

 

 

 

 

 

 

 

7. Tag, Montag, 30.April 2001

Villefranche – Auterive – St. Sulpice

In der Nacht hat es mehrmals stark geregnet, doch beim Aufstehen ist die Welt

zumindest wieder teilweise in Ordnung. Der Regen hat aufgehört.

Das Frühstück ist erst um 08.30 Uhr fertig. Ungeduldig sitzen die Gäste an den

Tischen und warten. Neben mir sitzen die beiden Spanier, die nach Jerusalem

pilgern. So ist ohnehin etwas Zeit für eine Unterhaltung. Ein älteres belgisches

Ehepaar beteiligt sich auch daran. Natürlich stehen die beiden Spanier im

Mittelpunkt. Der größere von den beiden ist der Wortführer und beantwortet

auch unsere Fragen.

Sie gehen von hier weiter über Carcasonne, in Nähe des Mittelmeeres vorbei

nach Oberitalien, Slowenien und Kroatien, durch Griechenland, die Türkei,

Syrien und Jordanien, insgesamt etwa 6.000 Kilometer. Sie rechnen damit,

etwa im November am Ziel zu sein. Eine Mammuttour. Wir wünschen ihnen,

dass sie gesund bleiben und vor allem in den Krisengebieten des nahen Ostens

gut durchkommen. Da kommt man sich mit der eigenen Leistung etwas klein

und winzig vor. Respekt!

Das Frühstück war recht ordentlich. Der Regen hat zwar aufgehört, aber es ist

doch sehr stark bewölkte. Dennoch gehe ich den Tag optimistisch an, auf die

spezielle Regenkleidung verzichte ich. Es wird gut neun Uhr bis ich abfahren

kann.

Mein erstes Ziel für heute ist Auterive, wo ich meine Wohltäter, aus dem Jahre

1999, die Familie Bonay, im Schloss ‚La Verniére' aufsuchen werde. Doch ich

komme nicht weit, denn schon gleich hinter Villefranche beginnt es zu nieseln.

Das ist im Moment nicht so schlimm. Aber es wird immer stärker, so dass ich

mich noch vorm Kanal du Midi unterstellen muss.

Nein, das geht nicht gut aus, denke ich. Nach einer Weile entschließe ich mich,

die Regensachen auszupacken und mich regentauglich umzuziehen. Von

Hans-Gerhard, meinem Sohn, habe ich Gamaschen geschenkt bekommen, die

werde ich heute mal ausprobieren. Ich finde sie praktisch, weil sie auch noch

die Schuhe mit abdecken. Weiter ziehe ich den Schutz für den Helm an sowie

den Regenumhang (Poncho). Über die Packtaschen kommt der besondere

gelbe Regenschutz und über die Lenkertasche ziehe ich eine Nylontüte.

Natürlich ist meine Bewegungsfreiheit nun etwas eingeschränkt, es geht

wesentlich langsamer voran. Ich befinde mich etwa 40 Kilometer südlich von

Toulouse, wo ich allerdings nicht hinfahren werde, und muss hier ein kleines

Mittelgebirge durchqueren, mit etlichen Steigungen, vergleichbar bei uns mit

dem Weg nach Tholey oder Winterbach. Bei dem mittlerweile herrschenden

‚Sauwetter' (Entschuldigung ) nicht ganz leicht.

Wenn es so schon bei der Abfahrt geregnet hätte, wäre ich mit Sicherheit nicht

losgefahren. Ein paar Mal kommt Hoffnung auf, wenn es für kurze Zeit aufhört.

Doch es geht so weiter bis kurz vor Auterive. Wenigstens hier macht der Regen

dann eine längere Pause.

 

Auterive, ‚La Verniére'

Mein Plan, gegen 12.00 Uhr in Auterive zu sein geht nicht auf. Es wir halb eins,

gerade noch Zeit, um fürs die Herrschaften ein Mitbringsel zu besorgen. Ein

Blumenladen hat noch geöffnet. Morgen ist ja der Erste Mai, und da verschenkt

man, zumindest in Südfrankreich Maiglöckchen. Das kenne ich inzwischen. Das

Angebot ist somit heute besonders groß.

Die Besitzerin des Ladens empfiehlt mir eine bepflanzte Schale, die sehr

hübsch aussieht und 59.-frs kostet. Die nehme ich und sage auch für wen sie

bestimmt ist. Ja, Madame Bonay ist ihr bekannt. Für den Herrn des Hauses

wollte ich noch eine Flasche Rotwein einkaufen, aber die Läden sind

inzwischen alle wegen der Mittagspause geschlossen.

So fahre ich denn mit der Blumenschale auf mein Ziel los. Wenn ich immer von

dem Schloss rede, so ist das sicherlich nicht mit einem solchen wie z.B. an der

Loire zu vergleichen, es ist mehr ein Zweckbau für die Besitzer eines großen

landwirtschaftlichen Betriebes. Doch es heißt offiziell ‚Chateau La Verniére'.

Ich klingele an der Pforte und Monsieur Bonay kommt heraus. Er hat mich

sofort erkannt und begrüßt mich sehr herzlich. Die Freude über das

Wiedersehen sieht man ihm deutlich an. Er bittet allerdings gleich um

Entschuldigung, weil Madame nicht zu Hause sei. Sie weile z.Zt. in New York

bei einem der Kinder. Das fand ich natürlich auch schade.

Er bat mich ins Haus, wo er sich für seine Männerwirtschaft wiederum

entschuldigte. Das nehme ich nicht tragisch, meinte ich, ich sei ja zu Hause in

der gleichen Situation.

Ich übergab ihm natürlich die Blumen mit vielen Grüßen an seine Frau, dazu

eine CD von meinem Reisebericht aus 1999 –Santiago II-, die ich zu Hause

extra gebrannt hatte.

Natürlich wollte er mir noch was zu essen machen und fragte, ob ich

übernachten möchte?. Nein, meinte ich, ich sei ja lediglich gekommen um

‚guten Tag' zu sagen und mich nochmals für die damals gewährte Hilfe zu

bedanken. Ich möchte heute auch wenigsten noch bis zur Garonne, etwa

Capens oder Carbonne kommen.

Nun gut, er hakte auch nicht mehr groß nach, so dass ich mich relativ leicht

verabschieden und weiterfahren kann. Ein kurzer Besuch eben.

Es sieht fast so aus, als ob der Regen nur für die Zeit meines Aufenthaltes in

Auterive aufgehört habe. Bei der Weiterfahrt bin ich noch nicht aus dem Ort

draußen und es beginnt erneut zu regnen. Und da sind schließlich zwei, drei

heftige Schauer dabei. An einem weiteren Anstieg kann ich mal in einer offenen

Scheune eines Hofes unterstellen. Ist das ungemütlich.

Vom Regenschutz des Helmes tropft mir das Wasser in den Nacken.

Haarsträhnen hängen mir auf der Stirn und trotz der Gamaschen habe ich

nasse Füße bekommen. So kann und werde ich natürlich nicht lange

weiterfahren. Bei der nächsten Gelegenheit zur Übernachtung werde ich das

Handtuch werfen. Wieviel habe ich überhaupt schon gefahren? Ich sehe auf

den Tacho, oh Schreck, der ist ausgefallen. Hat der auch Wasser geschluckt?

Oder ist die Batterie leer?

Der nächste Ort heißt Sulpice und ist noch ein gutes Stück von der Garonne

entfernt. Ich sehe mich um, ob ich jemanden treffe, den ich nach einem Hotel

fragen kann. Es ist so um 15.00 Uhr. Aber, bei dem Hundewetter ist kein

Mensch auf der Straße. Ein Obstladen hat geöffnet, ich kaufe zwei Bananen.

Die Bedienung zeigt mir die Richtung zum Hotel am Platze. Gut, das ist schon

immerhin etwas.

Das Hotel ‚Esplanade' ist ein schon älteres, aber sehr geräumiges Haus und

hat vermutlich schon bessere Tage gesehen. Ein paar männliche Gäste halten

sich am Tresen auf. Die Bedienung meint, sie hätten Zimmer und ruft die

Chefin. Ich frage, ob ich schon mal meine nassen Oberkleider ablegen könne

und setze mich dann an einen Heizkörper, der gut warm ist. Das Wasser läuft

vom Poncho auf den Boden und bildet eine Lache. Ich entschuldige mich und

bestelle einen Kaffee weil die Chefin immer noch nicht da ist.

Endlich kommt sie. Ja, ich kann hier bleiben und sie beauftragt eine Bedienung,

mir das Zimmer zu zeigen. Ich frage nicht nach dem Preis, das ist Nebensache,

aber ob man die Heizung anstellen kann? Ja, auch das ist möglich.

So spanne ich meine Wäscheleine im Zimmer aus und hänge alle nasse

Sachen darauf. Die anschließende Dusche bringt auch die Lebensgeister

wieder zurück. Danach begebe ich mich in die Gaststube und trinke einen

Cognac.

Nun möchte ich doch den Zimmerpreis wissen und ob Halbpension möglich ist.

Das Zimmer kostet schließlich mit Frühstück und dem Abendessen 225 frs,(75

DM). Es ist mir recht.

Der Fahrradcomputer ist immer noch ohne Anzeige. Ich hatte das schon mal, er

ist dann wieder gekommen. Ich lege ihn auf die Heizung. Insgesamt werde ich

etwa 50 – 53 Km gefahren haben. Das reicht eben. Wenn ich dann noch die

Anstiege mit einbeziehe, erst recht. Das waren immerhin 8 Hügel, etwa 6 wie

nach Tholey und zwei steilere, etwa nach Winterbach.

Gegen acht Uhr gehe ich zum Abendessen. Also, da gab es in mancherlei

Hinsicht Überraschungen, so dass ich über das für mich nicht alltägliche

Essenserlebnis mal wieder berichten muss.

Zunächst, was man von außen nicht vermutet, ein sehr gediegener Essraum für

gut 30 Personen. Auch sonnst viel, viel Platz im Haus, u.a. noch ein großer

Saal, wo möglicherweise größere Feiern stattfinden.

 

 

 

 

 

 

Die Chefin bedient selbst und weist mir meinen Platz an. Der Tisch ist gedeckt

und die Vorspeise schon aufgetragen: Eine kalte Platte auf einem Zinnteller mit

fünf Fächern angerichtet und ein Brotkörbchen mit Flit. Auf dem Teller befinden

sich:

a) ein Stück Pastete, b) ein halbiertes, gekochtes Ei mit einer Soße,

c) gebratene Schinkenwürfel, d) ein Stück Melone, und

e) 6 Scampi –ich nehme mal an, dass die roten Krebstiere mit den Schwänzen

so heißen-

Das war ja super. Ich denke, da muss ich mir gleich noch einen Rotwein

bestellen. Aber die Madame ich schon mit einer Karaffe unterwegs. Und ich

muss sagen, das hat alles toll geschmeckt, nur mit den Scampi tat ich mir etwas

schwer und lasse zwei übrig. Sprichwort: Was der Bauer nicht kennt........!

Danach wird ein gebratenes Fischfilet mit Mandelplättchen aufgetragen, fein!

War das schon die Hauptspeise?, das wäre schon was gewesen. Doch nach

den aufliegenden Besteckteilen und den Tellern müsste eigentlich noch was

kommen. Und so war es. Madame brachte noch ein großes Steak und eine

Menge Pommes frites Das Steak war Medium, wie ich es eigentlich nicht so

gerne habe, ich muss mich da immer etwas überwinden. Doch es hat super

geschmeckt. Vielleicht müsste ich mich da etwas mehr den allgemeinen

Gepflogenheiten anpassen. Aber es war alles so reichlich, dass ich wieder

Reste machen musste.

Von der aufgetragenen Obstschale kann ich nichts mehr nehmen. Auch den

angebotenen Kaffee schlage ich aus.

Das war dann in etwa doch noch ein versöhnlicher Abschluss dieses

verregneten Tages. –Gute Nacht-.

 

 

 

 

 

8. Tag, Dienstag, Erster Mai 2001

Sulpice – Lannemezan

Dass das Wetter manchmal die tollsten Kapriolen schlägt, ist Wohl jedem

hinlänglich bekannt. Hatte ich mir gestern noch Sorgen gemacht, wie ich bei

dem Regen in den kommenden Tagen überhaupt weiter kommen werde, so ist

das heute absolut kein Thema mehr. So einen blanken, blauen Himmel habe

ich schon lange nicht mehr gesehen

Meine Sachen sind weitestgehend getrocknet, doch z.B. die Regenkleidung

werde ich wohl heute nicht mehr brauchen. Und der Computer funktioniert auch

wieder. Offensichtlich hatte er sich nur verschluckt und das war ihm nicht gut

bekommen. Lediglich das Abdeckglas ist innen noch etwas beschlagen, aber

aus Erfahrung weiß ich, dass sich das wieder normalisiert. Beim nächsten

Regen bekommt er einen extra Schutz in Form einer Nylontüte.

Das Frühstück war einfach, aber sehr reichlich, Brot, Butter, Marmelade und

Café au lait. Ich habe nicht alles essen können. Das Rad ist schnell beladen

und dann mache ich noch ein paar Fotos im Ort.

Nach dem gestrigen Regen ist es allerdings heute morgen sehr frisch. Doch

hinter dem Ort geht es schon gleich wieder bergauf, so dass es mir hier nicht

mehr kalt wird.

Auf der Fahrtrichtung links kann ich nun bei glasklarer Sicht die Berge der

Pyrenäen sehen, die bis tief hinab mit Schnee bedeckt sind. Bei diesen

Verhältnissen hebt sich natürlich meine Stimmung wieder

Der Erste Mai ist auch, oder gerade in Frankreich ein Feiertag, an dem

zunächst noch sehr wenig Verkehr auf den Straßen herrscht. Nach einer

schönen Abfahrt komme ich bei Capens an die Garonne. Über eine große

Brücke fahre ich auf die andere Seite des Flusses, von wo es in südlicher

Richtung weitergeht.

In Capens ist Markt, besser gesagt, Flohmarkt. Interessant, was die Händler

nicht alles anzubieten haben, und manches wird auch noch gekauft. Ich mache

hier eine kurze Pause und schaue mir das Treiben mal an.

Der Weg führt nun durch das Tal leicht aufwärts. Es ist eine schmale, ruhige

Straße. Ab und zu sehe ich vor mir die eindrucksvollen Bilder der Pyrenäen.

Ohne Besonderheiten geht es am Fluß entlang weiter über die D 10 bis zu dem

Städtchen Cazeres. Es ist nun kurz vor 12.00 Uhr und Zeit, wieder eine Pause

zu machen.

In der Innenstadt ist reger Betrieb. Die Gaststätten (Bars) sind gut besucht, die

Blumenläden und Lebensmittelgeschäfte haben geöffnet. Zuerst versorge ich

mich jedoch an einem Bankomat mit neuem Bargeld. Dann kehrte ich in einer

Bar ein, um dort meine Pause zu machen. Es war hier viel Betrieb und ich

stellte fest, dass das mal wieder so ein ‚Tiplokal' war, wo die Leute ihre

Lottoscheine ausfüllten. Es war zwar ziemlich laut, aber ich blieb doch. Da kann

man gut die Menschen im positiven Sinne beobachten.

Ich trank einen Cappuccino und aß ein Croissant, also immer das gleiche. Es

traten zwei Männer zu mir an den Tisch und fragten, ob das Fahrrad vor der Tür

mein sei?, Sie meinten, wegen der Jakobsmuschel an der Gepäcktasche

müsse es sich auch wohl um einen Jakobspilger handeln. Ich konnte nur 'ja'

sagen. Der Wortführer der beiden erklärte mir, dass auch sie hier im Ort eine

kleine Jakobsbruderschaft hätten, zu der auch sie gehören würden. Er lud mich

ein, mit ihnen in ihr Clubheim zu gehen, wo ich noch mehr von ihnen treffen

könne. Das war zwar gut gemeint, doch ich lehnte mit dem Hinweis ab, heute

noch bis Lannemezan fahren zu wollen.

Dann würden sie mir wenigsten einen guten Tipp geben, wo ich dort

übernachten könne und sie nannten mir das ‚Demi-Lune' (Halbmond). Ich

musste ihnen sagen das ich das schon kennen würde. Ich erklärte ihnen auch,

dass ich von Sulpice komme und dort im Esplanade übernachtet hätte. Das

kannten sie auch und sie führten in unmissverständlicher Weise die Hand zu

Mund, zum Zeichen, dass es dort gutes Essen gibt. Das konnte ich nur

bestätigen.

Da ich nicht ins Clubheim mitgehen wollte, bestand er darauf, mir einen Kaffee

zu bezahlen. Nun da hatte ich nichts dagegen. Und so kam es, dass meine

Anwesenheit im Lokal auch von anderen Gästen nicht unbemerkt blieb. Einige

kamen herüber an den Tisch und ich musste ihnen über meine Touren

erzählen. Das ging allerdings mehr schlecht als recht, doch mit Händen und

Füßen, vor allem aber mit den Taschenbüchern, die ich aus den betreffenden

Jahren bei mir hatte, konnte ich doch einiges vermitteln. Die Begegnung mit

ihnen hatte mir gut gefallen.

Doch hatte ich hier mehr Zeit liegen lassen, als ich wollte. Das muss aber auch

mal sein. Letztendlich fuhr ich dann doch weiter.

 

Tal der Loire, Fahrt in Richtung Pyrenäen

 

 

Ein gewohntes Bild kam immer wieder auf. An den Straßen standen Kinder, die

den Vorbeifahrenden Maiglöckchen anboten.

In Palaminy machte ich noch ein Foto von einem Stadttor. Das hatte ich auch

schon 1999 abgelichtet, aber den Namen vergessen.

Was ich eigentlich am Morgen nicht für möglich gehalten hätte, trat nun doch

wieder ein. Es bewölkte sich langsam, mehr und mehr. Die ersten Wolken,

dicke, weiße, waren mir ja noch recht, weil sie sich gut auf den Fotos machen.

Aber dann wurden sie immer dunkler.

Eigentlich hatte ich ja noch eine Besichtigung von St. Gaudens geplant. Ich war

schon in der Stadt, die ich auch hätte gut umfahren können. Doch aus Angst

vor erneutem Regen fuhr ich dann doch weiter

Zwar gibt es hier auch eine Jugendherberge, in der ich bestimmt preiswert hätte

übernachten können. Doch dann wäre mein weiterer Zeitplan durcheinander

gekommen. Vor allem wollte ich morgen rechtzeitig in Lourdes sein, um dort

noch was vom Nachmittag zu haben.

Mit stetem Blick zu den Wolken fuhr ich dann weiter. Bevor ich nach Montrejean

kam machte ich noch mal Pause mit einem kleinen Picknick. Danach kommt

wieder ein kräftiger Anstieg in Richtung Lannemezan

Auf der Höhe kannte ich ein Lokal, wo ich wieder zu einem Cappuccino

einkehrte. Die Dame des Hauses, die selbst bedient, war ebenso unfreundlich,

wie ihr Mann vor zwei Jahren. Ich kann so was nicht verstehen. Die Leute leben

doch von ihren Gästen. Eigentlich hätte ich überhaupt nicht reingehen sollen.

Doch als ich ihr ein Gespräch regelrecht aufdrängte und ihre schönen Blumen

lobte, besonders die Kletterrosen, wurde sie freundlicher. Aber da war ich

schon am Aufbrechen.

Vor zwei Jahren war ich übrigens hier in einen Gewitterschauer geraten. Und

ähnliches drohte mir auch jetzt wieder. Doch mehr als ein paar Tropfen gab es

diesmal nicht. Ich legte mich mächtig ins Zeug, Gegen 17.00 Uhr kam ich in

Lannemezan am Halbmond an, gerade rechtzeitig vor einem nun etwas

kräftigeren Schauer.

Die gleiche Dame wie 1999 saß wieder an der Rezeption. Ich fragte nach einem

Zimmer mit Halbpension und sie machte mir einen Preis von 210 frs, das war

genau ein Franc mehr als beim letzten Mal.

Beim Abendessen saß am Tisch nebenan ein junger Mann aus Bonn, der auf

der Rückreisen von einer Dienstfahrt nach Spanien war. Er hatte die

Gelegenheit genutzt und sich einen Tag in Lourdes aufgehalten. Es ist für mich

immer wieder beeindruckend, mit welcher Begeisterung oft junge Leute, die

manchmal mit der Religion nicht viel am Hut haben, über ihre Erfahrungen in

Lourdes reden.

Das Essen war auch diesmal wieder sehr gut im Hotel, aber bei weitem nicht so

umfangreich

In nahezu sieben Stunden habe ich heute 98 Km gefahren. Durchschn. = 14,26

Km/h

Insgesamt sind es nun 636 Km.

Das muss ich auch noch erwähnen: Gestern und heute hatte ich keine

Schmerzen und keine Schwellungen im Knie. Doch die Wunde auf der

Kniescheibe will nicht recht zu heilen.

 

 

 

9. Tag, Mittwoch, 02. Mai 2001

Lannemezan.-. Lourdes

 

In der Nacht hat es wieder mal geregnet, am Morgen ist es stark bewölkt, aber

trocken, in den Bergen hängen die Wolken.

Das Frühstück ist sehr ordentlich, dem Hotel angemessen.

Ich mache mich zeitig auf den Weg, um möglichst früh in Lourdes zu sein.

Hinter Capvern gibt es eine etwa acht Kilometer lange, fast atemberaubende

Abfahrt in Richtung Tournay. Das Gefälle kann ich mit meiner Mentalität gar

nicht voll ausnutzen, ich bremse immer wieder ab, um keine allzu große

Geschwindigkeiten aufkommen zu lassen. In Tournay mache ich eine kleine

Pause und kaufe ein paar Lebensmittel ein.

Was eben noch bei der Abfahrt eine Erleichterung war, kommt jetzt umgekehrt

auf mich zu. Es folgt nun ein langer Aufstieg bis zur Höhe vor Tarbes. Die

Strecke kenne ich ja schon, und so schaue ich nach einer Weile immer zur

Höhe, ob der Fernsehumsetzer noch nicht in Sichtweite ist. Bald ist es soweit

und der höchste Punkt ist erreicht. Danach geht es wieder hinab nach Tarbes.

Damit ich nicht durch die Stadt brauche, muss ich etwa in der Hälfte der Abfahrt

nach links abbiegen. Das hatte ich schon mal gemacht, war aber damals nicht

so recht mit der Streckenführung zufrieden. Ich glaubte, der Stein des Weisen

müsste weiter links liegen und hatte dies schon in meine Routenplanung

einbezogen.

Doch das war absolut falsch. Hier kam ich in ein stark hügeliges Gelände, wo

ich mir an Aufstiegen wieder recht schwer tat. Einmal zwang mich sogar ein

Lkw in der Kurve einer schmalen Straße zum Absteigen, so dass ich

anschließend etwa 100 Meter schieben musste.

Immer wieder hielt ich nun Ausschau nach dem richtigen Weg und fand ihn

dann auch schließlich. Hier gelobte ich dann Besserung und verzichtete auf

weitere Abweichungen.

 

 

 

Die Fahrt durch das Gelände hat mich natürlich wieder was an Zeit gekostet, so

dass ich erst gegen 13.30 Uhr in Lourdes ankomme. Das ist zwar noch früh

genug, um an den Nachmittagsveranstaltungen teilzunehmen, doch hätte ich

mindestens eine Stunde früher da sein können.

Mit der Quartiersuche mache ich nicht viel Federlesen, ich fahre einfach in

Richtung Hotel ‚La Parisien', in Nähe der Stadtpfarrkirche, wo ich mit Werner

1998 war. Im Jahr darauf war ich genau gegenüber. Außer den beiden Häusern

gibt es da noch mehrere Möglichkeiten. Das war für mich am einfachsten.

Der Chef im Parisien erkennt mich wieder und fragt u.a. nach meinem Begleiter.

Für das Zimmer verlangt er mit Frühstück 210.- frs. Da braucht man in Lourdes

für eine Nacht nicht lange zu überlegen. Es ist ein geräumiges Zweibettzimmer

mit allen sanitären Einrichtungen. Gut so!

Ich möchte nun nicht mehr viel Zeit verlieren, dusche und ziehe los. Das Wetter

ist inzwischen ausgesprochen heiter geworden, was ja gerade in Lourdes nicht

so oft , der Fall ist.

Lourdes, an der Grotte

Bis zur Sakramentsprozession kann ich noch einiges erledigen. Ich kaufe zuerst

ein paar Souvenirs sowie zwei kleine Plastikfläschchen, die ich mit Wasser von

der Grotte fülle. Die sind für die Schwägerinnen Maria und Marlene. Ich habe

sie anschließend durch ganz Spanien mitgenommen.

Für alle Anliegen, d.h. für meine persönlichen und die, die mir mitgegeben

wurden, stifte ich diesmal nur eine einzige Kerze, aber dafür die größte, die es

im Bereich der Grotte zu kaufen gibt. Sie kostet 50 frs. Die nehme ich mit zur

Grotte und übergebe sie dort einem Ordner, damit sie auf dem Ständer vor der

Marienstatue abgebrannt wird. Die meisten Kerzen werden ja an einem

besonderen Platz etwas seitlich in großer Zahl abgebrannt.

 

Ebenso bestelle ich eine heilige Messe im gleichen Sinne

Danach habe ich noch etwas Zeit und suche die drei Kirchen des Heiligtums

auf.

Später ist dann die Sakramentsprozession und abends die Lichterprozession,

denen Ich beiwohne, d.h. an beiden Prozessionen nehme ich erstmals nicht

aktiv teil, sondern lediglich als Zuschauer. Der jeweilige Gang durch die große

Anlage ist mir diesmal zu anstrengend. Dabei stelle ich übrigens fest, dass die

Sakramentsprossesion in der unterirdischen Basilika endet. Das soll nun immer

so sein. Das Ende vor der Basilika wie in den Jahren zuvor mit all den Kranken

hatte mir auch imponiert.

Überhaupt spielen die Kranken bei den Prozessionen und sonstigen

Veranstaltungen die zentrale Rolle. Bewundernswert, wie sich die vielen Helfer

freiwillig in ihren Dienst stellen und die Krankenwagen und Rollstühle

transportieren.

Über den eigentlichen Inhalt des Aufenthaltes in Lourdes möchte ich mich nicht

auslassen, das sind intime und ganz persönliche Angelegenheiten, die man mit

sich selbst auszumachen hat. Wer darüber mehr wissen will, muss seine

Erfahrungen an Ort und Stelle selbst machen.

Die Zeit ist in Lourdes, zumindest für mich, jedesmal kurz bemessen. Zwischen

den beiden Prozessionen begebe ich mich zum Hotel zum Nachtessen. Ich

habe ein Cordon bleu mit Beilagen für 52 frs gegessen und einen viertel Liter

Rotwein getrunken.

Nach der Lichterprozession nehme ich mir noch eine Dose Bier als Schlaftrunk

mit aufs Zimmer.

Ich bin mal wieder sehr beeindruckt, aber auch müde.

Heute bin ich 61 Km in 4,33 Std., bei einem Schnitt von 13,50 Km/h gefahren

 

 

 

 

10. Tag, Donnerstag, 03. Mai 2001

Lourdes – Navarrenx

Mit dem frühen Aufstehen habe ich ja keine Probleme, So halte ich es auch

heute und gehe zur Grotte, wo ich um 6.30 Uhr schon eine hl. Messe habe.

Eine Pilgergruppe aus der Schweiz ist auch anwesend und ihr geistlicher

Betreuer ist Mitzelebrant. Er hält auch die Predigt, die ich zumindest teilweise

verstehen kann. Das ist ganz ordentlich

Danach eile ich wieder ins Hotel zum Frühstück. Zu vielen kleinen

Begebenheiten mache ich mir je Notizen im Taschenbuch oder spreche was

auf mein Diktiergerät. Sonst könne man so an sich unwichtige Einzelheiten

nicht behalten. Zum heutigen Frühstück habe ich im Taschenbuch nur ‚gut'

eingetragen. Also wird es entsprechend gewesen sein, ich weiß es jedenfalls

nicht mehr.

Das Wetter ist bei meiner Abfahrt in Lourdes recht passabel. In St.Pe mache

ich beim bekannten Bäcker eine Pause, um ein Flit einzukaufen. Der Chef

zeigt gerade einer Schulklasse –oder ist es der Kindergarten?- die

Bachstube. Seine Frau bedient im Laden. Nachdem ich mein Brot gekauft

habe, frage ich nach dem Chef. Der kommt herbei. Er stutzt zunächst, kann

mich aber dann offensichtlich einordnen. Er zeigt auf den Backofen und

spricht etwas von dem Foto, das ich ihm 1998 gemacht und 1999

mitgebracht hatte. Dann spricht er mit seiner Frau und danach ist auch sie im

Bilde. Das war ein kurzes, aber freudiges Wiedersehen.

Nach kurzem Aufenthalt fahre ich weiter. Mein Weg führt in jedem Falle über

Oloron. Nach dort gibt es im Vorland der Pyrenäen zwei Fahrmöglichkeiten,

keine ist leicht. Ich habe beide schon gefahren. Diesmal wollte ich eigentlich

wieder über Rebenac fahren, also wie 1999. Doch ganz sicher war ich mir

über die beste Route nicht. Deshalb befrage ich in der Nähe von Nay einen

Autofahrer, der mit seinem Pkw gerade auf die Hauptstraße einbiegen will.

Der ist anderer Meinung als ich und meint, der einfachere Weg sei für mich

über Louvie Juzon. Ich lasse mich überzeugen und sage, dass ich den Weg

kenne. Doch er lässt sich nicht davon abbringen, mich mit dem Pkw bis zur

Abfahrt nach Louvie Juzon zu begleiten. Eine noble Geste, danke.

Ich habe es schon erwähnt, dass es nun nicht ganz leicht wird. Fast ständig

geht es aufwärts, zwar keine steile Rampen, aber immerhin. Allerdings gibt

es auch ein paar Passagen, wo man während der Fahrt ein wenig ausruhen

kann.

Um die Mittagszeit komme ich nach Louvie Juzon, wo ich eine Kaffeepause

einlege. Im Ort zweigt auch die Straße ab, die zum Col d' Aubisce und Col du

Soulor führt, zwei von der Tour de France bekannte Pässe mit höchsten

Anforderungsstufen.

Der weitere Weg nach Oloron ist dann gut zu fahren. Fast immer eben, zur

linken die zum Teil noch mit Schnee bedeckten Berge der Pyrenäen.

In Oloron mache ich wieder eine Pause mit Picknick. Zuerst aber suche ich

die Kirche auf. In der Straßenkurve vor der Kirche steht auf der Böschung

eine Bank, auf der ich mich nun schon zum dritten Mal niederlasse. Von hier

hat man einen schönen Blick in Richtung Ortsmitte und auf den

Straßenverkehr..

Das Wetter war bisher recht ordentlich, aber nun ziehen dunkle Wolken

heran. Da mache ich besser, dass ich weiter komme.

Wenn es weiterhin gut läuft, könnte ich heute noch bis Sauverterre kommen,

wo ich mit Werner mal übernachtet habe, Aber, das dürften noch gut 40

Kilometer sein.

Doch durch diesen Plan wird alsbald ein Strich gemacht, In Fahrtrichtung vor

mir zieht ein Gewitter auf. Aus den dunklen Wolken zucken heftige Blitze.

Zwar ist es noch weit weg, aber so was ändert sich ja schnell. Und bald fallen

auch schon die ersten Tropfen, die kommen noch nicht aus den

Gewitterwolken, aber ich muss mich bald in dem kleinen Örtchen Gurs

unterstellen.

Plötzlich steht ein junger Mann neben mir, ich bin heftig erschrocken, und

fragt, wo ich hin wolle. Er macht mir das Angebot mit ihm zu kommen und bis

morgen bei einer Gruppe Jugendlicher zu bleiben. Oh nein, denke ich, das ist

mir doch etwas zu heiß, darauf lasse ich mich nicht ein. Ich lehne dankend

ab. Er zeigt mir noch ihr Haus und meint, ich könne es mir ja noch überlegen.

Als er weg ist, fahre ich trotz des noch leichten Regens schnell weiter.

Der nächste Ort, wo Aussicht auf eine Hotelunterkunft besteht, ist Navarrenx.

Ich schätze, dass ich bis dorthin noch etwa 5 Kilometer fahren muss. Aber

genau dort, dürfte auch das Gewitter stehen, ich höre es schon donnern.

Aufmerksam beobachte ich nun die im Außenbezirk der Stadt stehenden

Häuser, ob da nicht schon eine Unterkunftsmöglichkeit besteht. Nein, ich

muss trotz des nun richtig einsetzenden Gewitterregens weiter fahren.

Ich schaffe es gerade noch bis zur Stadtmauer der ehemals befestigten

Stadt. Hier kann ich mich im Bereich des Tores unterstellen. Ich muss lange

warten, is es wenigstens etwas aufhört zu regnen. Das Gewitter zieht nur

langsam weiter. Unter diesen Umständen kann ich nicht mehr weiterfahren

 

 

Oloron, Kirche

 

Es geht inzwischen ohnehin auf sechs Uhr los. Ich fahre also in die Stadt

hinein.

Bald sehe ich den Hinweis auf ein Hotel. Am Aushang informiere ich mich über

die Preise. Die erscheinen mir mit 235 frs etwas hoch, so dass ich zuerst noch

zum zweiten Hotel fahre. Aber hier ist schon alles belegt. Was soll ich weiter

suchen, ich fahre also zu dem ersten zurück.

‚Hotel du Commerce' heißt es. Die Dame an der Rezeption zeigt mir in einem

Nebengebäude das in Aussicht stehende Zimmer. Es soll 255 frs. kosten. Ich

frage, ob sie nicht was preiswertere habe und daraufhin ermäßigt sie den Preis

auf 250 frs!!

Nun, ich bin nicht der geborene Armenier, die ja im Ruf stehen, noch besser

handeln zu können als die Juden, und gebe mich damit zufrieden. Die Dame

meint, falls ich Bedarf habe, könne ich im Haupthaus zu Abend essen und

frühstücken.

Nein, zu Abendessen wollte ich schon mal nicht, denn noch in Oloron hatte ich

mir in einem kleinen Supermarkt meine Eßvorräte mit gekochtem Schinken und

Flit aufgefüllt. Das reichte mir gerade für den Abend. Allerdings fehlte mir ein

zünftiges Getränk, wie etwa eine Dose Bier.

Ansonsten war es ein großes Zimmer mit zwei Betten und einem Fernseher

sowie einem recht ordentlichen Bad.

Die Heizung war auch noch in Betrieb, so dass ich die feuchten Sachen gut

trocknen konnte. Hierbei stellte ich jedoch fest, dass meine Ärmlinge nicht mehr

im Gepäck waren. Ich verfolgte den Fahrtverlauf rückwärts, und kam zur

Erkenntnis, dass ich sie in Oloron noch in der Hand hatte, als ich die Taschen

zum Picknick auspackte. Wahrscheinlich habe ich sie dort liegen lassen.

Als ich das Fahrrad im Keller weg sperrte, kam ein Mann dazu, der sich als

Chef des Hauses darstellte. Er sprach gut deutsch und war wollte gerne eine

Unterhaltung führen. U.a. erzählte er, dass er öfters in Rheinfelden bei

Karlsruhe weile, mit dieser Stadt hätten sie eine Partnerschaft.

Da es weiterhin regnete, machte es keinen Sinn, eine Stadtbesichtigung

durchzuführen.

Gefahren bin ich heute eigentlich genug.

Es sind 88,5 Kilometer in rund 6 Stunden geworden. Durchschn. 14,65 Km/h.

Gesamt Km. 786.

 

 

 

11. Tag, Freitag, 04.Mai 2001-10-22

 

Navarrenx – St. Jean-Pied-de-Port

 

Während der Nacht hat es aufgehört zu regnen. Die Stimmung steigt wieder,

ich bin gut drauf. Mein Wetterbericht am Morgen lautet: Trocken, hohe Wolken

hinter denen man den Stand der Sonne erahnen kann, mäßig warm. Also zum

Fahren recht gut.

Ich packe und belade das Fahrrad. Danach gehe ich zur Rezeption, um zu

bezahlen und zu frühstücken. Die Tische im Frühstücksraum sind schon zum

Teil gedeckt. Doch was steht u.a. darauf?, jeweils ein Körbchen mit Zwieback.

Den Zwieback zum Frühstück kann ich einfach nicht leiden, das ist lediglich

eine Notlösung. Ich teile also mit, dass ich kein Frühstück möchte und zahlen

will.

Zu meiner Überraschung verlangte die Dame nun nur noch 240 frs für das

Zimmer, der Chef habe es so angeordnet. Da hat sich das kleine Schwätzchen

gestern abend noch ein wenig gelohnt.

 

 

Wegweiser bei St. Palais

 

Ohne Frühstück fahre ich los. Es läuft gut über Sauveterre bis St. Palais. Hier

mache ich vor der Stadt an einem Supermarkt Halt und hole in der Cafeteria

mein Frühstück nach. Danach kaufe ich mir noch ein Getränk und Esswaren für

unterwegs, meine Vorräte habe ich ja gestern abend weitgehend weggeputzt.

Der Markt hat auch eine Abteilung für Sportartikel. Ob die auch Ärmlinge

haben?, dann werde ich mir ein Paar neue kaufen, denn ohne werde ich wohl

nicht über die Runden kommen. Nein, die haben ja schon eine große Auswahl,

aber so was nicht.

Auf dem Weg zur Kasse komme ich an der Strumpfabteilung vorbei. Vielleicht

würden es auch schon ein Paar Damenstrümpfe tun, Kreppstrümpfe oder so

was. Da fällt mir eine ausgepackte Kinderstrumpfhose ins Auge. Von der ziehe

ich mal ein Beinchen über den Arm.

Die passt ja, da werde ich die Füßchen und das Oberteil abschneiden und

schon habe ich Ersatz. Das ist doch sehr kräftiges Material, die nehme ich mit.

Hoffentlich laufen die Maschen nicht ein. Sie kostet schließlich noch 30 frs (10.-

DM), doch wieder ist ein Problem gelöst.

Die Weiterfahrt kann ich ruhig angehen lassen, bis St.Jean sind es nur noch

etwa 30 Km. Am Pilgerkreuz in Galzetaburu mache ich kurze Rast.

In St. Jean sehe ich am Ortsanfang einen Fahrradladen. Ich war bisher noch

nicht dazugekommen, den in St.Etienne abgebrochenen Ständer reparieren zu

lassen. Dazu war jetzt die richtige Gelegenheit. Der Chef des Einmann-

Betriebes gab sich alle Mühe, und nachdem er kurz nach Hause gefahren war,

hatte er das passende Teil parat. Er brauchte es nur noch zurecht zu schneiden

und einzubauen. Dafür verlangte er 20 frs, worauf ich gerne 30 gab. Wieder ein

Problem gelöst.

Erleichtert fuhr ich in die Stadt, zuerst in die rue de Citadelle, zum Büro der

inzwischen verstorbenen Madame Debril. Einige Männer haben deren

Aufgaben übernommen.

In die Herberge in der gleichen Straße wollte ich nicht. Sie war mir bekannt,

auch wegen ihres schlechten Pflegezustandes. Ein deutsch sprechender Mann

gab mir die Adresse einer Privatpension.

Auf dem Weg dorthin sprachen mich zwei weitere deutsche Pilger an. Auch sie

haben ihre Räder eingepackt im Zug mitgebracht, werden sie aber morgen erst

auspacken und zusammenbauen. Sie haben sich in einem Hotel eingemietet,

das aber inzwischen belegt ist. In einer in der Nähe liegenden Privatpension sei

aber noch was frei. So ging ich also zuerst dort hin.

Die Besitzerin nannte mir den Preis für das Zimmer mit 160 frs und für das

Frühstück 25 frs. Ich dachte, ich könnte noch was besseres finden und bat mir

Bedenkzeit aus. Dann fuhr ich zu der anderen Adresse. Ab er dort öffnete mir

niemand.

Und dann fing es wieder an zu regnen, so dass ich schnell wieder zurück fuhr.

Bei dem Rückstau an einer Ampel habe ich mich verschaltet, so dass sich der

Umwerfer an der Schaltmechanik des Rades verbog. Beim Drehen der Pedalen

gab es nun starke Geräusche. Ich konnte so nicht mehr weiterfahren und

musste bis zur Pension schieben.

Der Madame erklärte ich nun, dass ich das Zimmer zu den angegebenen

Bedingungen nehmen würde. Sie schrieb mir den Preis nochmals auf einen

Zettel auf. Das fand ich gut.

Ich sagte ihr aber, dass ich das Gepäck zunächst im Flur stehen lassen würde,

weil ich zuerst das Fahrrad in Reparatur bringen müsste. Offensichtlich hat sie

das anders verstanden und fing an zu lamentieren. Vielleicht meinte sie, ich

hätte da eine krumme Sache vor.

Glücklicherweise kam ihr Mann und ein Bekannter mit einem Lieferwagen und

brachten Baumaterialien ans Haus. Nachdem ich denen das Malheur mit dem

Rad erklärt hatte, war dann alles klar. Sie meinten, ich solle das Rad auf ihr

Auto laden und dann würden sie mich zu einem Bekannten fahren, der das

reparieren könne. Das war mir allerdings nicht recht, denn ich hatte ja schon

einen Monteur in der Stadt. Doch dann stellte sich heraus, dass es sich hierbei

um die gleiche Person handelte, ein Verwandter von ihnen.

Der machte dann Augen, als ich schon wieder mit einem neuen Problem kam.

Die Reparatur dauerte nun etwas länger und kostete 60 frs, das war für meine

Situation noch erträglich. Ich war ja froh, dass ich überhaupt geholfen bekam.

Durch den Regen fuhr ich dann zurück und bezog mein Zimmer. Ich war immer

noch zeitig dran und wollte trotz des regnerischen Wetters noch etwas von der

für den Jakobsweg bedeutungsvollen Stadt sehen. Mit Werner war ich ja 1998

auch nur kurz hier gewesen.

In der Kirche hoffte ich auf eine Abendmesse. Aber es gab nur ein Orgelspiel

und später etwas geistliche Musik aus der Konserve. In einer Regenpause

setzte ich so meinen Gang durch den Ort fort.

So gegen 18.00 Uhr dachte ich ans Abendessen. Doch um diese Zeit ist noch

nichts zu machen, frühestens um 19.00 Uhr, sagt man mir. So lange möchte ich

nicht mehr warten. In einem ‚Tante Emma Laden' kaufe ich mir zwei Dosen Bier

und ziehe mich auf mein Zimmer zurück. Von meinen Vorräten mache ich dann

kalte Küche.

Das Zimmer hatte eine Elektroheizung, die ich vor meinem Weggehen

eingeschaltet hatte. So war es nun gemütlich.

Heute hatte ich mich mit dem Fahren etwas zurückgehalten. Es waren 66,55

Km in der Zeit von gut 5 Stunden, das ist ein Schnitt von rund 13 Km/h.

 

 

St. Jean-Pied-de-Port – Ansicht mit der Kirche im Hintergrund

 

12. Tag, Samstag, 05. Mai 2001

St. Jean-Pied-de-Port – Roncevalles

In der Nacht habe ich nicht gut geschlafen, es hat viel geregnet. Fortwährend hörte

ich das Wasser vom Dach des Schuppens hinter meinem Fenster in den Kanal

laufen.

Dennoch mache ich mich in der Frühe fertig, das heißt, ich ziehe mich mal zur

Abfahrt entsprechend an und packe meine Taschen. Gestern Abend hatte ich mir

noch die Ärmlinge zurecht geschnitten und oben und unten gesäumt, damit die

Maschen nicht auslaufen. Ich glaube, dass sie so ihren Zweck erfüllen. Heute ist also

Premiere.

Aber bei diesem Wetter steige ich vorerst nicht aufs Rad. Es steht ja der schwierige

Aufstieg zum Ibaneta Pass und damit die Überquerung der Pyrenäen auf dem

Programm.

Das Frühstück ist für acht Uhr angesagt. Die Madame ist nicht anwesend, der Herr

des Hauses betätigt sich als Küchenchef. Positiv bemerke ich gleich, dass es keinen

Zwieback gibt, sondern frisches Brot. Dazu ausreichend Butter und Marmelade sowie

Kaffee mit Milch. Der Kaffee ist gut heiß, das tut wohl.

Wir führen eine etwas holperige Unterhaltung, aber es geht. Ich frage nach der

Zeitung, um nach dem Wetterbericht zu sehen. Der sieht ja gar nicht so schlecht aus.

Dagegen ist Monsieur jedoch skeptischer. Er zeigt in eine bestimmte Richtung und

meint, wenn die Wolken von dort kämen, wäre nicht viel Gutes zu erwarten.

Ich sage ihm, dass mich ich unter diesen Umständen spätestens gegen 12.00 Uhr

entscheiden werde, ob ich heute noch weiterfahre. Wenn es weiterhin so regnet,

werde ich noch eine Nacht hierbleiben. Er ist damit einverstanden.

Danach gehe ich mehrmals vors Haus und sehe zum Himmel. Es ist so, als wolle ich

regelrecht besseres Wetter herbei sehen. Es geht schließlich schon auf halb zehn

los, als es tatsächlich besser wird. Die Wolken werden lichter und der Regen hört

auf.

Ich denke, bis Roncevalles wirst du wohl kommen und entschließe mich abzufahren.

Die üblichen Regenschutzmaßnahmen kann ich vorerst unterlassen, ich ziehe nur

die Wetterjacke an.

Am Ende des Ortes sehe ich zwei weitere Radfahrer in einiger Entfernung vor mir

herfahren. Es sind also noch mehr Gleichgesinnte unterwegs. Meine Stimmung ist

recht ordentlich, wenngleich ich vor dem Pass diesmal etwas mehr Respekt habe.

Doch die Freude währt nicht allzu lange. Die Wolken werden wieder dunkler und bald

beginnt es erneut zu regnen. Zunächst kann ich noch weiterfahren. Doch dann wird

es immer heftiger und ich stelle mich an einem Schuppen unter, um abzuwarten.

Das kommt nun doch schlimmer als ich vermutet habe. Was tun?, ich könnte die

paar Kilometer wieder zurückfahren oder mich regenfest einpacken und auf gut

Glück weiterfahren.

Ich entschließe mich für das letztere und hole die Regenkleider aus der Tasche.

Diesmal erhält auch der Computer seine besondere Haube. So geht es dann weiter.

Manchmal kommt Hoffnung auf, wenn es etwas heller wird. Doch im großen und

ganzen bleibt es düster.

Nun kommen auch schon die ersten Anstiege, Mit der Regenkleidung fährt es sich

hier noch schlechter. Mehrmals muss ich anhalten, um das angesammelte Wasser

vom Poncho abzuschütten.

In Valcarlos trinke ich in einer Bar einen Cappuccino und einen klaren Schnaps.

Beides wärmt von innen. Dabei lasse ich mir Zeit, in der Hoffnung, dass sich das

Wetter wieder bessert. Doch es bleibt mal so und mal so. Sollte ich mir hier schon ein

Zimmer nehmen?. Ach was, ich probiere es weiter. Von den beiden anderen

Radfahrer habe ich nichts mehr gesehen. Offensichtlich habe die es genauso

gemacht.

Nun komme ich an den kontinuierlichen Aufstieg. Am Anfang geht es ja noch

einigermaßen, doch bald gibt es immer mehr steilere Stellen. Keuchend drücke ich

mich langsam hoch. Mein Gott ist das heute schwierig.

Die Wolken haben sich inzwischen in die Berge geschoben und die Sicht wird immer

schlechter. Angespannt horche ich nach rückwärts in den Nebel, um herannahende

Fahrzeuge rechtzeitig wahrzunehmen. Die Situation ist nicht ganz ungefährlich. Von

Kurve zu Kurve taste ich mich voran, halte oft an, um was zu trinken oder ruhe eine

Weile. Wo ist meine Motivation, nichts ist mehr da.

Es regnet weiter, zwar nicht in Strömen, aber immerhin. Und dann befällt eine

richtige Kälte den Körper, es wird im höchsten Maße ungemütlich. Die Zeit verrinnt,

es geht nur noch in kurzen Abschnitten weiter.

Schließlich erkenne ich, dass ich doch schon im flacheren Teil vor der Passhöhe bin.

Endlich bin ich am Schild, das den Pass anzeigt. Hier ist die reinste Waschküche,

noch wesentlich schlimmer als 1998. An ein Foto ist überhaupt nicht zu denken.

Der Ibaneta Pass ist ja im Vergleich zu anderen Pässen, nur ein ‚Hügel'. Er ist

gerade mal 1.057 Meter hoch, das ist relativ wenig. Dennoch hat er mir heute das

Letzte abverlangt. Selten war ich so fertig, auch vom Kopf her, der war so gut wie

leer.

Bis Roncevalles ist es nicht mehr weit. Ich ziehe nichts zusätzliches mehr an. Ich

werde ohnehin nicht schnell fahren können. Mit besonderem Fahrtwind ist also nicht

zu rechnen. Die Finger sind klamm, es ist nicht leicht, den Lenker zu halten.

Nach ein paar Minuten bin ich unten an der Herberge. Es ist nun 14.30 Uhr, aber es

wird erst um 16.00 Uhr geöffnet. Vor der Rezeption liegen schon etliche Rucksäcke

anderer Pilger.

Ich sperre mein Rad ab und stelle es mit dem Gepäck im Gewölbe des Klosters

unter. Dann begebe ich mich in das neue Hotel/Restaurant. Ach, ist das gemütlich

warm in der Gaststube. Wenn ich gerade hier bleiben könnte. Ich frage also nach

einem Zimmer. Doch leider sind die schon ausgebucht. Dann bleibe ich vorerst mal

in dem Lokal und entledige mich mal der nassen Oberkleider.

Als erstes trinke ich wieder einen Schnaps, Cognac oder so was. Ich bin ja sonst kein

großer Freund dieser alkoholischen Getränke, doch in diesen Situationen trinke ich

schon mal so was. Man hört es ja öfters, das solle das Immunsystem gegen

Erkältungskrankheiten stärken. Und ich glaube auch, dass es hilft.

Danach esse ich einen Sandwich oder Bocadillo wie das in Spanien heißt und trinke

einen Cafe con leche, an Stelle eines Cappuccinos. Langsam spüre ich, wie die

Lebensgeister wieder in den Körper zurückkehren. Es sind noch mehr Pilger im

Lokal, sie haben die gleichen Probleme wie ich. Das Warten wird zur Qual, die Zeit

verrinnt nicht, Ich trinke noch einen zweiten Kaffee. –Also zum Essen und Trinken:

ein Sandwich oder belegtes Brötchen oder Brot heißt in Spanien Bocadillo, und der

von mir so hoch geschätzte Cappuccino wird nun zum Cafe con leche, oder einfach

Kaffee.

Von der Zeit her hätte ich bequem noch ein gutes Stück weiterfahren können, doch

bei dem Wetter macht das einfach keinen Sinn.

Schließlich ist es soweit, ich gehe hinab zur Annahme. Es ist kurz vor vier, als sie

geöffnet wird. Jeder muss einen Zettel mit den Personalien ausfüllen. Danach geht

ein Betreuer mit der ersten Gruppe zur Unterkunft. Der Weg geht durch die

Klosteranlage ein paar Treppen hoch. Gemütlich ist es auch diesmal nicht. Aber man

sieht es deutlich, dass in den drei letzten Jahren etliches verbessert wurde.

Wir werden in dem größeren der Schlafräume untergebracht. Da ich einer der letzten

in der Reihe bin, bekomme ich nur noch eines der oberen Etagenbetten. Ich lege

meine Lenkertasche als ‚Belegtzeichen' darauf und gehe den Rest meines Gepäcks

holen. Als ich zurückkomme ist ein anderer Betreuer da, und der weist mir in dem

kleinen Raum ein Bett unten zu. Ich sage nichts von dem anderen Bett und bin froh,

dass ich dieses nun erhalten habe.

 

Ich habe es eben schon kurz erwähnt, dass sich einiges seit meinem ersten

Aufenthalt verändert hat. Vor allem die sanitären Anlagen, wie Klo, Dusche und

Waschgelegenheiten sind zufriedenstellend verbessert worden. Auch in der Küche

gab es kleine Veränderungen. Die langen Treppen habe neue Stufen erhalten und

lassen sich wesentlich besser gehen. Doch in den Fluren und Treppen zieht es nach

wie vor.

 

Duschen werde ich mich heute nicht. Ich ziehe mir die feuchten Kleider vom Leib und

rubbele mich mit dem Handtuch ab. Das tut gut, aber dennoch klappern ein paarmal

die Zähne. Die trockene Wäsche tut dem Körper gut. Ich wußte, dass sich auf dem

Dachboden noch ein Trockenraum befindet. Dort hänge ich meine Regenkleidung

auf. Die feuchte Wäsche kommt an die Spiralfedern der Matratze über mir. Das ist

wohl alles sehr primitiv, aber es gibt nichts besseres.

 

Danach mache ich mir im Aufenthaltsraum einen Kaffee aus meinen Vorräten –

Nescafé, Trockenmilch, Süßstoff und einen Alu-Becher habe ich immer bei meiner

Ausrüstung dabei- und esse wieder was. Es wird mir wieder besser.

 

Doch das Knie macht sich heute wieder bemerkbar, ich reibe es mit einer Salbe ein.

Die Wunden an der Hand, insbesondere den Fingern, sind weitgehend verheilt und

verursachen keine Probleme mehr.

 

Um 18.00 Uhr geht alles zur Klosterkirche in die Messe. Zwei Patres zelebrieren ein

feierliches Amt, einer spielt die Orgel. Nun glaube ich auch zu wissen, was das grüne

Zeichen auf ihren Messgewändern bedeutet. Es ist das Emblem der Augustiner-

Mönche. Nach der Messe spricht noch einer der Patres zu den Pilgern und erteilt

danach den Pilgersegen. Eine eindrucksvolle Begebenheit.

 

Anschließend gehe ich in das andere Restaurant am Platze. In dem geräumigen

Schankraum ist der große Kachelofen angeheizt. Es sind schon viele Pilger da. Die

meisten drängen sich um den Ofen.

 

Warmes Essen gibt es erst um acht Uhr, d.h. noch eine ganze Stunde warten. Aber

die belegten Brote und Sandwichs gehen gut. Ein Bogadillo mit rohem Schinken

reicht mir auch, dazu trinke ich zwei Gläser Rotwein. Das kostet zus. 900 Peseten

(Pts.), das sind etwas mehr als 11.-DM).

 

 

 

 

Roncevalles, Klosterkirche, Pilger beim Segen nach der hl. Messe

 

Ach ja, nun muss man sich wieder an das spanische Geld gewöhnen, aber nicht

mehr lange -, der Euro kommt ja im nächsten Jahr.

In der Herberge nehme ich vorsichtshalber mal zwei Tempil (Arznei gegen

Erkältungskrankheiten).

Ich bin müde und lege mich vorerst mal mit den Kleidern aufs Bett, um nochmals

alles zu überdenken. Das war schon ein sehr harter Tag. Darüber schlafe ich ein.

Erst am späten Abend, oder war es schon Nacht, werde ich wieder wach und lege

mich richtig in den Schlafsack.

Kilometer habe ich ja heute nicht viel gefahren, es waren nur 29 in 3,35 Stunden.

Das ergab den Mini.- Durchschnitt von 8,0 Km/h.

 

 

 

 

13. Tag, Sonntag, 06. Mai 2001

 

Roncevalles – Estella

Das Leben in den Herbergen beginnt ja immer sehr früh. Die ersten, die aufstehen,

warten ja den Tag nicht ab, bei denen geht es ja jetzt schon wieder um die besten

Plätze in der nächsten Herberge. Wenn gutes Wetter ist, wandern die ersten noch im

Dunkeln ab. Heute ist es natürlich nicht so schlimm, ich kriege mit, dass es draußen

noch regnet.

Die Wäsche über mir ist einigermaßen trocken geworden, so dass ich sie wieder

anziehen kann. Die trockene Garnitur kommt zurück in die Tasche. Entsprechend

dem Wetter ziehe ich mich an. Heute kann ich nicht sagen, ich warte wegen des

Regens mal ab. Nach acht Uhr muss die Herberge ohne Rücksicht geräumt sein. Ob

man will oder nicht, man muss hinaus.

Zum Frühstück aus den Vorräten finde ich gerade noch einen Platz an dem großen

Tisch im Ess- und Aufenthaltsraum. Einen Kaffee kann ich mir heute morgen nicht

richten. Ich habe absolut keine Chance, an die einzige Brennstelle heranzukommen,

um mir heißes Wasser zu machen. In der Not geht es auch so.

Nach und nach wandern die Pilger ab, ich war der einzige Radfahrer gewesen.

Der Regen ist nun doch nicht mehr so stark, wie gestern zeitweise, doch wer mag ihn

in dieser Situation überhaupt?. Der Weg der Fußpilger, der in Spanien ‚Camino'

genannt wird, verläuft nun oft an der Landstraße vorbei. Und da gehen sie nun, allein

oder in Gruppen, mit dem Rucksack beladen, darüber meistens ein Regencape, oft

einen Wanderstab in der Hand. Ich glaube nicht, dass sie es leichter haben als ich.

Ich denke, was wird mir der heutige Tag bringen?. Wenn ich vielleicht bis Pamplona

kommen würde, das wäre schon was.

Als ich mich die Erro Höhe –ein Pass im Vorgebirge- hoch kämpfe, regnet es immer

noch etwas, doch es scheint langsam besser zu werden.

Zu dem Land, durch das ich seit gestern gefahren bin –die Pyrenäen und diese Erro

Höhe möchte ich noch was historisches loswerden: Hier hat Karl der Große im

Kampf mit den Mauren eine wichtige Schlacht verloren, an der auch sein Mitstreiter

Roland beteiligt war. Auf der Erro Höhe liegt ein großer Stein mit einer Vertiefung.

Die Sage erzählt, dass dies ein Fußabdruck vom Roland sei.

In Larrasoana gönne ich mir dann doch noch eine Tasse Kaffee in der Bar.

Danach fahre ich schon auf Pamplona los, Es ist gegen 11.30 Uhr, und in der Tat, es

hört nun auf zu regnen. Welch ein Glück, die Straßen werden trocken.

Am Rande der Stadt hat man einen schönen Blick auf den Fluss Argo und die

Basilika.

 

Hier steige ich ab und mache ein Foto. Ein junges Paar mit Kinderwagen bietet sich

an, auch von mir ein Foto zu machen. Ich finde das als eine noble Geste.

Nun kann ich auch den Regenumhang ausziehen, ich werde ihn vorerst nicht mehr

brauchen. An der Stierkampfarena vorbei fahre ich zur Kathedrale. Es ist noch eine

Sonntagsmesse im Gange. Die Besichtigung der Kirche ist somit nicht möglich. So

fahre ich nach kurzer Zeit weiter, Richtung Stadtmitte. Dabei komme ich an die

Pilgerherberge, wo mich ein Deutscher, ein Bayer, anspricht. Er versieht hier eine

Art Helferdienst und möchte wissen, ob ich zum Übernachten komme. Nein, meine

ich, es habe ja aufgehört zu regnen und da möchte ich wenigsten noch bis Puente la

Reina fahren. Die Herberge dort kenne ich, die ist sehr in Ordnung.

In der Fußgängerzone -Calle Major- hat eine Konditorei geöffnet. Im Laden ist eine

Menge Betrieb. Als ich hineinkomme, wird gerade ein Tischchen mit zwei Plätzen

frei, so dass ich eine schönen Sitzplatz finde. Ich bestelle mir ein Stück Nusstorte

und einen Cafe con leche. Beim Verzehr lasse ich mir Zeit, ich habe ja schon weit

mehr als 50 Km gefahren und es ist erst nach 13.00 Uhr. Bis Puente sind es auch

nur noch etwas über 20 Km, das reicht dann für heute.

Ich fahre noch durch ein paar Straßen der Stadt und dann geht es weiter.

Zuerst muss ich aber noch über den Alto del Perdon. Das ist ein Bergrücken, auf

dem ca. 30 Windräder stehen. Als einzelner Berg ist er ja nicht so schlimm. Aber

wenn man nun zum wiederholten Male am Tag an einen solchen kommt, wird es

schon etwas schwieriger. Um es kurz zu machen, da habe ich mich wieder etwas

hinauf quälen müssen. Und was nun wieder häufiger auftritt, ich habe wie gestern

schon, Schmerzen im Knie.

Da werde ich auch nicht die zwar ruhige, aber doch hügelige Strecke über Uterga

fahren, sondern über die N 111 direkt nach Puente. Vom Alto del Perdon erfolgt das

nun in einer kilometerlangen Abfahrt. Das ist toll, die ist nicht so steil, da kann ich mal

richtig laufen lassen.

Schon vor 16.00 Uhr bin an der noch geschlossenen Herberge. Es warten schon

andere Pilger. Als der Verwalter gegen 16.00 Uhr kommt und mit den Formalitäten

beginnt, stehe ich so günstig, dass ich als einer der ersten an die Reihe komme. –

Streng nach dem Bibelwort: ‚Die letzten werden die ersten sein'.

Ich werde im Buch eingetragen, bezahle 400 Pts. und erhalte einen Zettel mit der Nr.

2 des betreffenden Schlafraumes. Dummerweise frage ich noch, wo ich das Fahrrad

abstellen könne. Nun erst fällt dem Verwalter auf, dass er die Radfahrer nicht darauf

aufmerksam gemacht hatte, dass sie erst dann ein Bett erhalten können, wenn alle

Fußgänger untergebracht sind. Das ist ein Grundsatz, der eigentlich überall gelten

sollte, aber kaum verwirklicht wird.

Mit mir sind noch weitere vier Radfahrer da, keiner wollte warten. Ich forderte mein

Geld zurück und wir begaben uns zu den beiden Hotels, die uns der Verwalter

empfohlen hatte. Doch unter 100.- DM war da nichts zu machen. Wir befanden uns in

einer gewissen Ratlosigkeit. Die anderen vier beschlossen, zuerst mal was zu

trinken, dann werde man weiter sehen.

Das war mir zu unsicher. Ich entschied mich dafür, bis zur nächsten mir bekannten

Herberge in Estella zu fahren. Das waren aber nochmals gut 20 Km. Ich war der

Meinung, wenn es darauf ankommt, die schnell abgespult zu haben. Das war doch

kein Katzensprung und schon gar nicht eine leichte Angelegenheit. So fragte ich

unterwegs mal wieder in Maneru und Cirauqui nach Unterkunftsmöglichkeiten. Es

war nichts zu machen.

 

Estella, Pilgerbrücke über den Ega

Endlich bin ich in Estella, es ist schon nach 18.00 Uhr. Ein Paar, Franzosen, kommen

mir entgegen, die frage ich nach der Herberge. Sie ist nicht mehr weit, über die

Brücke und schon ist man da.

Am Eingang befindet sich auch schon die Anmeldung. Der junge Mann dort ist sehr

freundlich, sagt mir aber, dass alle Betten bereits vergeben sind. Ich muss nun mal

wieder ein sehr enttäuschtes Gesicht gemacht haben, denn nun sagte er, ich könne

noch ein Notbett haben. Nach den Erfahrungen des Tages war mir das recht.

Überglücklich war ich darüber allerdings nicht, doch ich dachte, ich könne ja immer

noch in der Stadt nachsuchen. Die zwei Helfer brachten also eine Matratze herbei

und richteten in einer Ecke des Schlafsaales mein Lager her. Das war sicher etwas

mehr als nichts.

Etwas später teilte er mir mit, ein Mädchen, das in einem der oberen Betten liege,

möchte gerne mit mir tauschen. Doch das wollte ich zuerst nicht annehmen, aber

wenn es nun so sein sollte, warum nicht. So willigte ich ein.

Einer der jungen Helfer ernannte sich nun selbst zu meinem persönlichen Betreuer,

trug mir ein Teil des Gepäcks zu meinem neuen Bett, brachte das Fahrrad zu einem

sicheren Abstellplatz im Hinterhof und zeigte mir die übrigen Räume der Herberge.

Über ein kleines Trinkgeld freute er sich natürlich.

Mein Urteil zu dieser Herberge, in der ich bisher noch nicht gewesen war: Die Küche

mit integriertem Aufenthaltsraum war sehr geräumig und mit mehreren Kochstellen

ausgestattet. Küchengeräte und Kochgeschirr war ausreichend vorhanden. Auch die

sanitären Anlagen waren tipptopp.

In den Schlafräumen war es zwar etwas eng, aber es waren z.T. Schränke für

Gepäck und Kleider vorhanden. Also alles in allem aus meiner Sicht sehr gut.

Im Schlafraum treffe ich wieder die Franzosen, die mir den Weg erklärt hatten. Sie

‚wohnen' direkt neben mir.

Nun, so glaube ich, läuft die Pilgerschaft in etwa in normalen Bahnen. Allerdings

muss man immer mit Schwierigkeiten rechnen. Es ist aber auch im Nachhinein ein

schönes Gefühl wenn man sie gemeistert hat.

Danach gehe ich zu Fuß ins Zentrum der Stadt.. Hier treffe ich wieder zwei deutsche

Radfahrer, auch schon etwas ältere Herren. Sie hatten auch Probleme mit der

Unterkunft in der Herberge und sind daraufhin in ein Hotel gezogen. Also

Möglichkeiten hätte es auch für mich noch gegeben. Ich frage, wo man was essen

könne. Sie meinten vorerst nirgends, denn es werde mindestens 20.00 Uhr, in

einigen Lokalen sogar 21.00 Uhr werden.

Dann werde ich zunächst mal etwas trinken, wozu ich mir die Bar eines Restaurants

aussuche. Zunächst erkundige ich mich aber nach dem Abendessen bei ihnen. Der

Mann hinter dem Tresen meint, es werde 20.30 Uhr werden und zeigt mir den Weg

zu Speisesaal. Doch das dauert mir mal wieder zu lange. Ich bestelle mir ein Bier

und frage, ob ich eine Portion von der Tortilla in der Glasvitrine haben könne. Aber ja,

meint er und schiebt sie in die Mikrowelle. Ich trinke noch ein zweites Bier und habe

danach ein gutes Sättigungsgefühl. Anschließend geht es zurück in die Herberge.

Beim Duschen hatte ich wieder mein Knie untersucht. Es war etwas angeschwollen

und hatte eine höhere Temperatur als das linke. Wieder behandele ich mich selbst, in

dem ich Salbe auftrage. In meiner Apotheke finde ich Tabletten gegen

Gelenkschmerzen, die, so meine ich dem Beipack entnehmen zu können, auf mein

Krankheitsbild passen könnten. Also nahm ich davon auch welche. – Nach meiner

Rückkehr habe ich natürlich auch mit meinem Arzt darüber gesprochen, der meinte,

dass dieses Mittel dafür absolut untauglich gewesen sei.- Manchmal hilft aber auch

schon der Glaube.

Ich stelle es mir schon schlimm vor, wenn ich wegen des Knies das Handtuch werfen

müsste. Dabei muss ich oft an einen Fußpilger aus Köln denken, Hans mit Namen

und 1998 auch schon 72 Jahre alt, der in Cebreiro erhebliche Probleme mit dem Knie

hatte. Der Bedauernswerte, konnte sich quasi nur noch fortschleppen, wollte aber

nicht aufgeben. Vielleicht gelingt es mir, die Tagesetappen künftig etwas kürzer zu

gestalten.

Die heutige Etappe war, bedingt durch die Schwierigkeiten in der Herberge von

Puente la Reina, mit 96,31 Km auch wieder viel zu lang geworden. Dafür habe ich

bei einem Schnitt von 12,46 Km/h 7,43 Std. gebraucht.

Eigentlich kann ich mit diesem Tag doch zufrieden sein. Entscheidend ist letztlich ja,

wie er endet. Und das war gut. Den Regen am Morgen habe ich schon fast

vergessen. Die Kleider sind sozusagen wieder am Leib getrocknet. Ich hoffe nur,

dass es keine gesundheitlichen Folgen hat. Den Problemen, die tagsüber auftreten,

muss man eben entgegentreten und versuchen, sie zu meistern. Es gibt fast immer

eine Lösung.

 

 

 

 

14. Tag, Montag, 07. Mai 2001

Estella – Navarrete

In der gut ausgestatteten Küche der Herberge ist es heute kein Problem, den Kaffe

herzurichten und relativ gemütlich zu frühstücken.

Zum Hinterhof, wo das Fahrrad abgestellt ist, muss ich zu ebener Erde durch einen

großen Raum, eine Art Garage, in dem man ebenfalls Schlafmöglichkeiten für die

Pilger hergerichtet hat. Es sind in diesem Jahr offensichtlich schon früh viele Leute

unterwegs, so dass ein gewisser Engpass an Betten besteht.

In diesem Raum sehe ich einen Mann beim Packen, der auf dem Rücken seines T-

Shirts den Namen eines Fahrradclubs aus Borken in Westfalen trägt. Ich unterhalte

mich kurz mit ihm. Er ist mit seiner Frau ebenfalls mit dem Fahrrad in Richtung

Santiago unterwegs. Ich werde die beiden noch mehrmals treffen.

Vom Wetter ist zu berichten, dass auch heute der Himmel bedeckt ist, doch es regnet

nicht. Dafür ist es aber lausig kühl, um nicht zu sagen, richtig kalt. So versehen auch

heute wieder die zurechtgemachten Ärmlinge gut ihren Dienst. Doch an der Ausfahrt

der Stadt geht es gleich den Berg hinauf, da wird es einem beim Fahren schon von

selbst warm.

Bis zur sogen. ‚Weinquelle' beim Kloster Irache ist es nicht weit. Für die, die es noch

nicht wissen, was es mit dieser Quelle auf sich hat, sei es kurz erklärt: An dem

Kloster führt der Pilgerweg direkt an einer Weingroßhandlung vorbei. Offensichtlich

aus Werbegründen hat man dort einen Brunnen errichtet, an dem man sowohl

Wasser als auch Rotwein kostenlos abzapfen kann. Der Wein ist allerdings nur zum

Trinken an Ort und Stelle gedacht, also nicht zum Mitnehmen. Es wird erzählt, dass

Pilger nach dem Besuch der Quelle, vor allem an heißen Tagen, gerade noch bis zur

nächsten Herberge gekommen sind .

Für mich besteht in dieser Hinsicht heute keine Gefahr, dazu ist es zu kühl.

In leichten Wellen führt die Straße nun weiter, vorbei an der Burg Monjardin bis Los

Arcos. Hier suche ich die Herberge auf in der stillen Hoffnung, die beiden Betreuer

aus dem Vorjahr, Jan und Jak, anzutreffen. Doch die sind beide schon längst

abgelöst, ein Ehepaar betreut nun die schöne Herberge. Aber in der Bar an der

Straßenecke neben der Brücke genehmige ich mir eine Tasse Kaffee. Der wärmt

etwas auf.

Unterwegs treffe ich wieder das Ehepaar aus Borken, zwei sympathische Leute. Wir

sprechen kurz miteinander, wobei ich ihnen sage, dass ich heute bis Navarrete

fahren möchte. Dort befindet sich nämlich wieder eine schöne, gute Herberge.

Die beiden haben einen etwas schnelleren Tritt als ich und ziehen alsbald davon.

Zwischen Torres del Rio und Viana gibt es wieder nicht ganz leicht zu nehmende

Steigungen. Viana selbst, eine kleine sehenswerte Stadt, liegt auf einem Berg, aber

es gibt auch eine Umgehungsstraße. Den Weg hinauf meide ich diesmal und nehme

die bequemere Alternative um die Stadt herum.

Nun geht es auf Logrono zu, Das ist eine größere Stadt, entsprechend auch der

Verkehr. In Stadtnähe ist die Straße vierspurig ausgebaut, und die vielen Fahrzeuge,

die sie benutzen, erzeugen auch bei mir öfters ein etwas mulmiges Gefühl.

Ansonsten komme ich ja mit dem Straßenverkehr gut zurecht.

Über den Ebro kommt man in die Stadt hinein. Auch hier wieder lebhafter Verkehr,

von dem ich mich langsam mitziehen lasse. An einem großen Außenthermometer

wird die Temperatur mit gerade mal 10° angezeigt, und das in der Stadt. Dann ist es

außerhalb wohl noch etwas weniger. Doch das ist mir viel lieber als Regen.

Für Logrono habe ich kein Besichtigungsprogramm vorgesehen. Aber es ist schon

fast 12.00 Uhr, so dass ich ein einer Seitenstraße eine Pause in einer Bar einlege.

Ich esse zwei Magdalenas und trinke einen Cafe con leche.

 

 

Heute habe ich zwar keine Eile, aber ich mache mich dennoch auf den Weg, an der

Kathedrale vorbei, weiter durch die Stadt. An der Ausfahrt ist die Straße wieder

vierspurig. Hier habe ich jedes mal Bedenken, ob ich als Radfahrer die Straße

befahren darf. Doch mittlerweile fällt es mir leichter, sie zu benutzen. Fast unendlich

lang zieht sie sich anschließend einen Berg hoch. Eigentlich sieht man ihr die

Steigung nicht an, doch beim Treten in die Pedalen merkt man es an den kleinen

Gängen.

Schon am frühen Nachmittag, gegen 15.15 Uhr, komme ich nach Navarrete. Die

Herberge habe ich in sehr guter Erinnerung und so fahre ich direkt drauf los. Dort hat

es inzwischen eine weitere Verbesserung gegeben, sie wird nun von einem

holländischen Ehepaar ganztägig betreut. Vorher musste man den Schlüssel in der

Bar nebenan holen und abends kam ein Gemeindesekretär und machte die

Registrierung.

Ich treffe die Herbergsmutter am Eingang. die mich zu ihrem Mann mit zur

Anmeldung nimmt. Der macht ein bedenkliches Gesicht und meint, die Betten seien

schon alle vergeben, ich solle besser bis Najera weiter fahren. Ich sage, dass ich

eine Knieverletzung habe und das –allerdings etwas übertrieben- schwerlich schaffen

werde.

Er berät sich mit seiner Frau und meint dann, es gäbe doch noch eine Möglichkeit:

Es bestehe nämlich eine Reservierung von mehreren Betten, doch die Betreffenden

hätten sich noch nicht gemeldet. Er werde die Betten nun anderweitig vergeben. Ich

fand es ohnehin seltsam, dass die Herberge schon um 15.00 Uhr voll belegt sein

solle.

Ich kam in einen der Räume mit 8 Betten und bekam eine der unteren Schlafstellen.

Das war prima. Das Ehepaar aus Borken ist auch schon da.

Zu dieser Herberge muss ich unbedingt noch ein paar Worte verlieren:

Es ist eine der schönsten, die ich auf dem ganzen Weg erlebt habe. Die Schlafräume

habe meistens acht Betten, die sanitären Anlagen können mit denen eines guten

Hotels mithalten. Ein großer Aufenthaltsraum mit etlichen Tischen und viel

Sitzgelegenheit. An einer Wand ist eine Küchenzeile mit mehreren Kochstellen,

Backofen, Spüle, Waschmaschine und Münztrockner installiert.

Letzterer war zwar bei meiner Ankunft defekt, aber man hatte schon den Mechaniker

gerufen, der sich darum kümmerte.

Die Heizung ist eingeschaltet, auch in den Schlafräumen und verbreitete eine

wohlige Wärme.

Für die Übernachtung hatte man keinen festen Tarif, man erwartet , wie das oft der

Fall ist, eine freiwillige Spende. Der Herbergsvater wies darauf hin, dass um 19.30

Uhr eine Messe ist. Der Pfarrer freue sich auf die Pilger.

Danach gäbe es in der Herberge ein gemeinsames Nachtessen, das er und seine

Frau mit einigen Helferinnen zubereiten würden. Das fand ich prima und meldete

mich gleich dazu an und wollte einen Geldbetrag stiften. Er lehnte das aber ab und

meinte, eine Flasche Rotwein würde es auch tun. Gut, das kann ich auch tun.

Dennoch fällt die Spende höher aus als normal.

Es ist ja noch früh am Tag, und so nutze ich wie etliche andere Pilger die Zeit und

Gelegenheit, um mal wieder die angefallene Wäsche zu waschen. Der Trockner ist

zwar noch nicht fertig, aber es werden die Wäschespinnen aufgestellt. Der

Herbergsvater kümmert sich selbst darum, dass die Wäsche aller schon bis zum

Abend weitgehend trocken ist.

Danach esse ich noch was, die Leute aus Borken ebenso. Sie heißen Harald und

Maria. Wir führen eine angeregte Unterhaltung, wobei ich meine Kenntnisse vom vor

uns liegenden Weg so gut wie möglich einbringe.

Um sechs öffnet der kleine Supermarkt in Nähe der Herberge. Ich besorge die

versprochene Flasche Rotwein sowie Mineralwasser und Lebensmittel für meinen

täglichen Bedarf.

Um 19.30 Uhr ziehen wir dann zur nahen Kirche. Die Pilgermesse ist wieder eine

stimmungsvolle Angelegenheit, der Pastor kann u.a. sehr schön singen. Auch die

Pilger sind aktiv dabei. Zum Segen kommen alle vor den Altar.

Danach zeigt der Pfarrer den Anwesenden die Schatzkammer der Kirche. Man kann

es kaum glauben, was diese doch nicht allzu große Pfarrei nicht alles an wertvollen

und historischen Dingen besitzt. So was gibt es eigentlich nur in den großen

Kathedralen am Wege.

In der Schatzkammer sieht man zunächst nur allgemeine Dinge an den Wänden, wie

Bilder o. dgl. Doch dann öffnet der Pfarrer eine mit Sicherheitsschlössern versehene

dicke Holzbohlenwand, hinter der ein großer Glasschrank sichtbar wird. In dem

befinden sich nun eine große Anzahl wunderbarer sakraler Gegenstände, wie

Monstranzen, Kelche, Kreuze, Gefäße und sonstiges.

Natürlich spricht er auch was dazu, danach verteilt er an die Anwesenden

Erinnerungsbildchen.

Ich bin sehr beeindruckt von dem, was in der Kirche angeboten wurde und frage

mich, warum nicht öfters wenigsten auf eine Abendmesse hingewiesen wird. In

manchen Herbergen weiß man noch nicht einmal ob überhaupt bzw. wann eine

Messe ist.

Nach diesem schönen Erlebnis geht's in die Herberge zum Abendessen.

Man hat die Tische zu einer großen Tafel zusammengestellt. Die Sitzplätze werden

etwas knapp, obwohl nicht alle zum Essen kommen. Wir sind etwa 35 Leute. Maria

und Harald sind auch da. Fast Jeder der Anwesenden hat noch etwas mitgebracht

und auf den Tisch gestellt. Es erinnert von der Sache her an die Herberge in St.Juan

de Ortega, wo der Pfarrer die von ihm selbst gekochte Suppe an die Pilger verteilt

hat. Es hat ja schon mal geheißen, er sei inzwischen verstorben, aber der

Herbergsvater hat mir hier auf meine Frage gesagt, er lebe noch, sei aber schwer

krank.

Was haben denn die Frauen hier alles gerichtet?. Zunächst wird Brot und Salat auf

den Tischen verteilt. –Die Tische sind übrigens nett gedeckt, mit Tellern, Besteck

usw.- Dazu wird eine deftige Graupensuppe angeboten. Danach gibt es einen feinen

Eintopf mit Reis und Gemüse. Dazu die Getränke, in der Hauptsache Rotwein, und

Mineralwasser. Schließlich werden noch zwei Schalen mit Obst angeboten.

Ich muss sagen, eine tolle Sache, das hat allen gut gefallen.

 

 

Navarrete, beim Abendessen in der Herberge

 

Zum Abschluss holt dann noch der Herbergsvater seine Gitarre hervor und gibt ein

paar Lieder zum Besten. Dabei wird er von einer älteren, englisch sprechenden

Dame im Gesang unterstützt. Bravo!

Also, das war ein Tag, den man mit ‚Super' beurteilen muss.

Heute bin ich lediglich 63 Km gefahren in 5,10 Std. Durchschn. 12 Km/h.

Ich habe nun schon über 1000 Km, genau 1.041.

 

 

 

 

16. Tag, Dienstag, 08.Mai 2001

Navarrete – Belorado

Zum Frühstück sind im Aufenthaltsraum alle Tische mit Brot, Butter und Marmelade

gedeckt. Der Herbergsvater fragt, was man trinken möchte. Das alles geht auf

Kosten der Herberge. Natürlich werde ich das durch eine weitere Spende

ausgleichen. Das ist aber dennoch sehr gut.

Vom Herbergsvater lasse ich mir noch seine Heimatadresse geben, damit ich ihm

das eine oder andere Foto von dem vorzüglichen Aufenthalt zusenden kann.

Das Wetter ist wie gestern, stark bewölkt, trocken, aber empfindlich kühl. Ohne

Wetterjacke geht nichts. Hätte man diese Wetterlage vorausahnen können, wäre es

wohl besser gewesen, eine der kurzen Radhosen gegen eine lange und eines der

Trikots gegen ein solches mit langen Armen einzutauschen. So muss ich mich halt

mit dem behelfen, was ich dabei habe. Doch kühl ist noch besser als Regen.

 

Landschaft zwischen Najera und Santo Domingo de la Calzada

 

 

Um also warm zu bleiben, heißt es kräftig in die Pedalen treten. Praktisch ohne

anzuhalten fahre ich bis Santo Domingo de La Calzada durch. Ich befinde mich nun

in der Provinz La Rioja, wo der gute Wein wächst. Die Strecke ist leicht bergig.

Gegen 12.00 Uhr bin ich in Santo Domingo.

 

 

In der Herberge will ich mir den Stempel abholen, aber die sind schon in der

Mittagspause. So fahre ich zur Kathedrale, das ist die mit dem Hühnerstall in der

Kirche. Was es damit auf sich hat, habe ich ja schon zweimal beschrieben. Auch die

Kathedrale ist verschlossen. Man kann lediglich bis zu dem großen Absperrgitter

gehen und von dort einen Blick in den Kirchenraum und auf den Hühnerstall werfen.

Wer mehr sehen will, kann gegen Eintritt durchs Museum in den Innenraum

gelangen. Ich hole mir lediglich den Stempel am Museumseingang.

Vor der Kathedrale habe ich Harald und Maria aus Borken getroffen, sie kommen

gerade vom Mittagessen. Ich suche ebenfalls eine mir bekannte Bar auf und trinke

einen Kaffee und esse ein Bocadillo. Es sind noch andere Pilger hier. Mit einem

Spanier kann ich ein paar Worte wechseln.

An einer Bank möchte ich mir noch etwas Bargeld am Automat holen, doch ich gebe

zu der Karte die falsche Pin-Nr. ein. Auch das noch, denn jede Falscheingabe wird

registriert und kann Folgen haben. Das lasse ich zu Hause bei der Kasse wieder in

Ordnung bringen. Vorsichtshalber benutze ich beim nächsten Versuch an einem

anderen Automaten meine zweite Karte. Nun funktioniert es.

Ich werde heute nur noch bis Belorado fahren. Dort ist eine Herberge. Die nächste

wäre in St. Juan, doch das Stück möchte ich nicht mehr anhängen, müsste ich ja

noch über den Pedraia Pass. Es ist besser, dem Knie eine gewisse Schonung zu

gönnen. Nach St. Juan werde ich dann ohnehin nicht kommen, das liegt nämlich

etwas abseits der Straße und bedeutet einen Umweg.

Vor Belorado sind ohnehin noch zwei Anstiege, die reichen mir gerade, denn hierbei

verspüre ich schon wieder die Schmerzen im Knie. Das wäre an sich nicht so

schlimm, wenn es danach nicht auch noch anschwellen würde, das macht mir

Kummer.

In Belorado komme ich gegen 15.00 Uhr an und suche die Herberge. Diese wird von

einem Schweizer Ehepaar betreut, zwei sehr umgängliche Leute. Aber was nutzt mir

das, wenn ich hören muss, dass die an sich kleine Herberge schon voll belegt ist.

Und das schon um diese Zeit, ich kann es kaum fassen. Aber der Herbergsvater

bietet eine Alternative an: In unmittelbarer Nähe habe sie einen garagenähnlichen

Raum angemietet, in dem zusätzlich über 30 Betten aufgestellt sind.

Er zeigt mir diese Unterkunft. Durch die Tür im Garagentor kommt man direkt in den

relativ großen Raum. Mein Gott, wie primitiv. Auf einem Zementboden stehen 17

oder 18 Etagenbetten, die trotz allem schon zum Teil belegt sind. Die Wände und

Decke sind dunkel und angeschmutzt, alles sehr ungemütlich. Ein kleiner Heizlüfter

soll etwas Wärme verbreiten. Doch davor sitzt eine junge Frau und legt abwechselnd

ihre feuchte Wäsche zum Trocknen auf.

Eines der unteren Betten ist noch frei, das belege ich mal vorerst. Ich entlade das

Fahrrad und fahre zurück in die Stadt. In einem Hotel am Kirchplatz frage ich nach

einem Zimmer, nichts. Ebenso ergeht es mir in einer Pension. Was soll es?, ich fahre

zurück in die Garage. Neben mir haben sich zwei französische Paare

niedergelassen. Sie machen einen sehr sympathischen Eindruck, sind nett und

freundlich. Ich denke, was nehmen die Pilger doch nicht alles an Unannehmlichkeiten

auf sich, um diesen langen Weg durch Spanien hinter sich zu bringen. Aber, so ist

das eben, ich bin nun auch zufrieden.

Sanitäre Anlagen, Küche oder Aufenthaltsraum gibt es nur im Refugium. Also gehe

ich zum Duschen dort hin. Hier ist es wenigstens warm. Die Herbergsmutter erzählt,

dass sie noch in der letzten Woche zusätzliche Heizgeräte anschaffen mussten. In

dem geräumigen Aufenthaltsraum saß auch alles um zwei große Gas Heizöfen

Mit dem Herbergsvater spreche ich über meine Knieproblem. Er meint, er hätte

ohnehin um 17.00 Uhr mit einem anderen Pilger einen Termin beim Arzt, da könne

ich mitgehen. Nein, so dramatisch sehe ich es nun doch nicht. Bei geringer

Belastung ist es gut auszuhalten. Ich werde mich vorerst selbst therapieren.

Nun wird auch eine der Duschen frei, so dass ich an die Reihe komme. Aber hier

sieht es auch nicht gerade freundlich aus. Das kleine Räumchen ist gleichzeitig auch

noch Toilette und Waschraum. Der Boden ist nass, da ist es schon ein Problem,

nach dem Duschen einigermaßen trocken in die Wäsche zu kommen. Ich ziehe mal

einen Vergleich zur gestrigen Herberge in Navarrete und kann nur sagen:

Gestern König, heute Bettelmann!

Die Herbergsmutter hat mir übrigens mitgeteilt, dass um 19.30 Uhr eine Messe sei.

Sie empfahl mir, wenn ich wolle, frühzeitig dort zu sein. Die Kirche sei z.Zt. einer der

bestgeheizten Räume im Ort.

Vor dem wärmenden Ofen setze ich mich anschließend an den Tisch und führe mein

Tagebuch. Doch es ist wenig Platz, andere Leute kommen mit ihren Esswaren. So

mache ich noch eine Besichtigung im Ort. Doch damit bin ich bald fertig. Die Bar am

Marktplatz, die ich kenne, hat noch geschlossen. So suche ich eine andere auf. Es

sind nur wenig Gäste da, aber es ist warm. Ich trinke wieder einen Kaffee und esse

eine Magdalena.

Als ich das Lokal verlasse, fängt es zu allem Überfluss auch noch an zu regnen. Eilig

suche ich wieder die Garage auf. Hier krieche ich noch für eine Stunde in den

Schlafsack.

 

 

Danach gehe ich zur Messe. Es ist wie die Herbergsmutter gesagt hatte, die Kirche

ist gut beheizt. Sie selbst kommt auch hinzu. Aber ansonsten sind es höchsten 15

Pilger von schätzungsweise ca. 60, die in der Herberge übernachten.

Bei meinem Rundgang hatte ich mir schon ein Restaurant in der Nähe der Kirche

ausgewählt, das für meine Begriffe ein recht ordentliches Menü–Angebot hatte. Dort

ging ich also nach der Messe hin.

Im Speisesaal saßen schon etliche Leute. Es waren nur noch zwei Tische direkt

neben dem angeheizten Kamin frei. So setzte ich mich an den einen. Mir wurde auch

bald klar, warum gerade diese beiden Tische nicht besetzt waren. Es war eigentlich

hier zu warm. Aber bei allem was ich heute und teilweise auch gestern an niedrigen

Temperaturen habe aushalten müssen, will ich darüber überhaupt nicht klagen. Man

kann ja auch selbst für Abhilfe sorgen, ich zog meine Weste aus in blieb im Hemd

sitzen.

Das Essen hat vorzüglich geschmeckt. Neben dem halben Liter Rotwein und dem

Brot brachte die Bedienung zuerst ein Erbsengemüse, garniert mit feinen

Schinkenstreifen. Danach gab es drei kleine Hammelkoteletts mit Pommes und

gemischtem Salat. Als Nachtisch nahm ich wieder Eis. Das kostete zusammen 1.300

Pts.

Damit hatte der Tag doch noch einen guten Abschluss gehabt.

Gefahren bin ich heute knapp 60 Km in 4,30 Std. Insgesamt sind es nun 1.100 Km.

Abschließend möchte ich aber noch ein paar allgemeine Worte zu den Herbergen

sagen: Wie man erkennen kann, befinden sie sich auf unterschiedlichen

Qualitätsstufen. Etwa eine gute Hand voll heben sich besonders hervor. Manche

könnten ruhig etwas besser sein. Der Rest aber ist guter Durchschnitt. Man sollte

aber auch bedenken, dass es sich bei der Pilgerfahrt um eine Angelegenheit handelt,

bei der man ohnehin keinen Luxus erwartet. In der Regel ist alles ziemlich einfach

gehalten und dürfte den Ansprüchen der Pilger durchaus genügen. Wenn es nun mal

nicht so ist, möchte ich das keineswegs abwertend kritisieren, sondern nur als

Tatsache feststellen. So ist es auch hier in Belorado. Ich kann mich ohne Bedenken

für eine Nacht hier aufhalten.

 

 

 

 

 

16. Tag, Mittwoch, 09. Mai 2001

Belorado – Castrojeriz

Zur Ergänzung meiner gestrigen Ausführungen was die Ausstattung der Herberge

anbetrifft, kann ich heute morgen sagen, dass ich in der Garage sehr gut geschlafen

habe. Das Bett war ja auch in Ordnung und die Kälte im Raum habe ich im warmen

Schlafsack nicht bemerkt.

Gegen 07.00 Uhr stehe ich auf, ich muss aufs Klo ins Refugium. Das ist natürlich

nicht angenehm. Im Aufenthaltsraum ist schon eine rege Betriebsamkeit, jeder

möchte gern sein Kaffeewasser heiß machen. Da werde ich mich nicht anstellen. Ich

werfe mir lediglich noch eine Handvoll Wasser ins Gesicht und die Morgentiolette ist

abgehakt.

Danach packe ich meine Sachen und fahre los.

In der Bar ‚el Paso', an der Ecke zur Hauptstraße trinke ich einen Kaffee und esse

ein Croissant und eine Magdalena.. Das reicht fürs erste.

Die nächste größere Stadt ist Burgos. Es ist wieder stark bewölkt, nach ein paar

Kilometern kommt Nebel auf. Das ist zum Fahren gar nicht gut, zumal die Sichtweite

immer geringer wird. Da ist besondere Vorsicht geboten. Doch bei dem markierten

Seitenstreifen hat man eine gewisse Sicherheit. Ein paar Bodenwellen bis Villafranca

bereiten noch keine große Schwierigkeiten.

Hinter Villafranca beginnt dann ein etwa 3 Kilometer langer Anstieg mit

durchschnittlich 6% zum Alto de la Pedraja. Da geht es bis 1150 m hoch.

Da kommt man schon gehörig ins Schwitzen, den habe ich ja auch gestern

absichtlich gemieden. Doch es gibt auch etwas gutes zu berichten. Etwa im letzten

Viertel des Anstiegs lichten sich die Nebelschwaden und die Sonne kommt hervor.

Da kommt wieder gute Stimmung auf, denn das kann ich nicht verhehlen , die ist oft

vom Wetter abhängig, mal hoch, mal tief. Der La Pedraja ist übrigens der höchste

Pass, den ich bisher auf der Tour überqueren musste, also noch 100 Meter höher als

der Ibaneta in den Pyrenäen.

Nach einer Abfahrt gibt es zwar noch einen weiteren Anstieg, aber dann geht es eher

leicht abwärts bis Burgos. Das läuft prima. Bis Mittag habe ich die mehr als 50 Km

bis Burgos schon hinter mir.

Heute gehe ich mal wieder in die Kathedrale, Dabei ist mir allerdings das Rad

hinderlich. Doch ich schließe es einfach mit dem Gepäck an einem Fahrradständer in

Nähe der Kirche an. Ich habe einfach Vertrauen, dass es nach dem Besuch noch da

ist.

 

 

 

Burgos, vorne Brücke über den Arlanzon, dahinter Stadttor und Kathedrale

 

Die Renovierung der Außenfassade der Kathedrale ist immer noch nicht

abgeschlossen. Teile des Baugerüstes stehen noch. Jedoch seit 1998 hat sich doch

schon einiges verändert. Das neue sieht gut aus.

In der Sakristei lasse ich mir den Pilgerstempel in meinen Ausweis drücken.

Mein Fahrrad steht noch unversehrt an seinem Platz. Dort lasse ich es auch stehen

und gehe zuerst wieder in eine Bar in der Nähe. Eigentlich wollte ich nur einen Kaffee

trinken, doch in der Vitrine sind gefüllte Eier mit einer Soße ausgestellt. Das ist

eigentlich mehr eine kleine Leckerei. Doch ich lasse mir eines mit einem Stück Brot

servieren, war gut. Mehr brauche ich im Moment nicht.

Am Fluß Arlanzon fahre ich langsam zur Stadt hinaus. Dabei komme ich an einem

Fahrradladen vorbei, wo ich schon mal drin war. Kurz vor 13.00 Uhr ist der Laden

noch geöffnet und ich frage nach Ärmlingen. Meine selbst gefertigten haben nun

doch schon ein Loch, so dass ich die Gelegenheit nutze, mir ein Paar neue zu

kaufen. Sie haben was zur Auswahl. Ich kaufe mir welche für etwa 25.-DM. (1.900

Pts.). Schon wieder ein Problem gelöst. Doch es kommt noch was.

Beim Überfahren einer Kreuzung so ziemlich am Ende der Stadt reißt mir plötzlich

mit lauten Knall der vordere Bremszug. Da bin ich vielleicht erschrocken und wußte

zunächst gar nicht was ich tun sollte. Erst im letzten Moment bekam ich die Situation

in den Griff. Das ist wieder mal gut gegangen.

 

 

So schob ich denn mein Rad auf die Seite und packte meine Ersatzteiltasche aus.

Eigentlich gegen meinen Willen hatte mir mein technischer Berater genau dieses

kleine Stück Drahtseil von zu Hause mitgegeben. Nun konnte ich es verwerten. Die

Reparatur führte ich selbst durch, die war in ein paar Minuten erledigt.

Ich fuhr nun über die N 120 in Richtung Castrojeriz weiter. Die Temperaturen waren

mittlerweile soweit angestiegen, dass ich die neuen Ärmlinge nicht lange anbehalten

konnte.

Der Weg nach Castrojeriz über die Straße ist ein gutes Stück weiter als der

Wanderweg. Und so kam es auch, dass ich bei der Einschätzung der noch zu

fahrenden Kilometer mal wieder gründlich daneben lag. Und dann stand auch noch

plötzlich ein Gewitter vor mir am Himmel.

Vorsorglich stieg ich in Olmillos, das ist dort wo die Burg steht, ab und kehrte in

einem Lokal ein, um mal abzuwarten was es gibt. Es dauerte auch nicht lange und es

begann zu regnen. Da hatte ich eine gute Nase gehabt. Während der Wartezeit

bestellte ich mir eine Portion Tortilla und eine Fanta.

Das Gewitter zog nur langsam ab. Noch bei den letzten Regentropfen fuhr ich weiter.

Das Gelände war hier relativ eben, Berge waren selten. Doch schon im Restaurant

hatten es mir Gäste angedeutet, dass es bis Castrojeriz noch etliche Kilometer seien.

Manchmal möchte man es nicht wahr haben, aber hier zog sich die Strecke schier

endlos dahin. Doch als ich bei einem Schäfer mit seiner Herde vorbeikam ließ ich mir

dennoch so viel Zeit, um ein paar Fotos zu machen.

Endlich bin ich am Ziel. Aber, man könnte es fast erraten, die Herberge war auch hier

schon belegt. Der Verwalter war kein besonders freundlicher Typ. Ich hatte das

Gefühl, der fertigte die Leute mehr so von oben ab. Er hatte aber eine Liste mit den

Hotels im Ort parat. Ich hatte schon wieder meine Bedenken, hoffentlich geht das

gut. Doch im Hotel ‚el Meson' waren noch Zimmer frei. Man brachte mich in einem

Nebengebäude unter. Es war ein blitzsauberes Zweibettzimmer mit Dusche WC und

einem Fernseher, das 4.000 Pts. kostete.

Und ich muss sagen, dass mir das sehr gut gefallen hat. Eigentlich sollte man sich so

was ruhig mal öfters gönnen. Da kann man sich so richtig ausbreiten und pflegen.

Zudem kann ich wieder einen kleinen Waschtag einlegen.

Das Knie muss ich nun täglich behandeln, ob viel oder weniger gefahren. Aber

dramatisch sehe ich die Sache immer noch nicht.

Als ich mein Fahrrad wegschließen will, treffe ich Harald auf der Straße. Sie haben

ebenfalls kein Platz in der Herberge gefunden und wohnen in einem anderen Hotel.

Ich stelle in Aussicht, dass ich das Abendessen bei ihnen nehmen werde. Doch dazu

ist es nicht gekommen, denn es kam wieder starker Regen auf. Und dem wollte ich

mich auf keinen Fall aussetzen.

So lief ich denn die paar Schritte zu meinem Hotel. Das Restaurant befindet sich im

Souterrain des Hauses mit einem sehr geschmackvollen Aufenthaltsraum. Das

Essen ist prima, dem Ambiente des Hauses angepasst. Aber die Preise sind etwas

höher.

Ich esse eine Nudelsuppe mit Kichererbsen und Brot, vier Scheiben gebratenes

Fleisch (wie Kaiserbraten), mit Pommes und Salat. Dazu steht eine Flasche Rotwein

auf dem Tisch, die ich bis zu dem von mir gezogenen imaginären Strich austrinke.

Als Nachtisch wähle ich wieder Eis. Das waren diesmal besonders große Portionen,

wie ich schon vorher beobachtet hatte.

Das hat zusammen 1.800 Pts. gekostet.

Ich kann mir am Abend vorher vornehmen was ich will, von weniger fahren und so,

wenn es tagsüber gut läuft, fliegen alle Vorsätze über Bord. Heute kam allerdings die

lange Strecke von Burgos bis Castrojeriz dazu, wo es kaum Möglichkeiten zum

Übernachten in Nähe der Straße gab. Was soll's, alle Ausreden helfen nichts. Es

sind 97,51 Km geworden. Fahrzeit 6,50 Stunden, Durchschnitt 14,27 Km/h.

 

 

17. Tag, Donnerstag, 10. Mai 2001

Castrojeriz – Sahagun

Gestern hat es geheißen, dass es das Frühstück erst um acht Uhr geben würde.

Das war mir eigentlich etwas spät, zudem hatte ich noch Vorräte in der Tasche.

Davon aß ich also auf meinem Zimmer.

Kurz vor acht Uhr ging ich zum Haupthaus, um mein Fahrrad zu holen. Aber hier war

noch alles wie tot. Ich blickte durch die Scheibe der noch verschlossenen

Eingangstür und sah, dass dahinter im Vorraum schon etliche Personen warteten.

Offensichtlich Gäste aus dem Haupthaus. Vom Personal war noch nichts zu sehen.

Somit kam ich auch nicht ans Fahrrad. Erst nach acht Uhr kam eine Dame und

sperrte die Tür auf. Natürlich drängte sich alles um sie, die einen wollten ihr

Frühstück, andere einen Kaffe oder Espresso und ich wollte bezahlen.

Die Leute zum Frühstück mussten noch warten, bis das entsprechende Personal da

war. Der Kaffeeautomat wurde angeheizt. Währenddessen kam ich an die Reihe und

konnte meine Rechnung bezahlen. Ich bekam meinen Ausweis zurück und den

Schlüssel zur Garage, wo mein Fahrrad stand.

So konnte ich danach alsbald in Richtung Fromista losfahren. Bis dorthin sind es

etwa 25 Km.

Hier komme ich nun in die große Hochebene Nordspaniens, die Meseta. Das sind ca.

180 Km fast nur flaches Gelände. Dass nun die Anstrengungen nicht mehr so groß

sind, versteht sich von selbst. Auch das Wetter ist recht gut. Es läuft also gut.

In Fromista habe ich erstmals richtige Gelegenheit, um die bedeutende romanische

Kirche St. Martin näher zu besichtigen. Das evangelische Gotteshaus beeindruckt

nicht nur von außen, sondern besticht auch durch die schlichte Gestaltung des

Innenraumes. Dadurch wird die architektonische Schönheit besonders

hervorgehoben.

In einer Bar trinke ich noch einen Kaffee zu meinem nur halbwegs ordentlichen

Frühstück.

Das Wetter ist noch besser geworden, ich kann mal wieder ohne Jacke fahren. Bis

Carrion fährt sich sehr gut auf einer schmalen, absolut ebenen Landstraße.

Im nächsten Ort, Poblacion, mache ich etwas langsam und fahre am Haus der Alten

Oma vorbei, die mich 1999 einfach deswegen nicht aufgenommen hatte, weil ich

Deutscher war. Nun, von mir aus sei ihr verziehen. Noch vor 12.00 Uhr komme ich

nach Carrion. Ich fahre bis zum Marktplatz, stelle mein Rad ab und suche eine Bar

auf. Von außen hatte ich den großen Tresen gesehen mit etlichen Plastikboxen. Ah,

denke ich, da sind Esswaren drin, denn etwas kleines essen wollte ich schon. Ich

hatte schon den Kaffee bestellt als ich sah, dass in den Behältern die Tipp- und

Lottoscheine waren. Was zu essen gab es

Boadilla del Camino, Gotischer Gerichtspfeiler

 

überhaupt nicht, schade. So trank ich meinen Kaffee und begab mich in den kleinen

Supermark ‚Spar' und kaufte mir dort noch einige Esswaren. Damit machte ich

anschließend am Rande der Stadt Picknick.

Bis Sahagun sind es nun noch etwa 40 Kilometer. Die müsste ich am Nachmittag bei

den Verhältnissen noch gut schaffen. Doch es trübt sich wieder ein und es gibt zwei

bis drei kleinere Schauer. Die tun aber heute nicht weh, zumal es nicht kalt ist.

Ich komme wieder an den Resten einer alten Windmühle vorbei, die ich ursprünglich

mal für einen Turm gehalten hatte. Der Bau verfällt von Mal zu Mal immer mehr.

Die Herberge ich Sahagun befindet sich ziemlich an Anfang der Stadt. Auch heute

bin ich nochmals früh dran, die Herberge ist noch verschlossen. Aber man kann

einen Seiteneingang benutzen und sich ein Bett einrichten. Maria und Harald sind

auch wieder da.

Die Herberge ist noch ziemlich neu und befindet sich in einer ehem. Kirche Für die

Unterkunftsräume hat man oben im Kirchenschiff eine zweite Decke eingezogen, das

hat sich gut gemacht. Man darf sie ruhig zu den besseren zählen. Die

Toilettenanlagen sowie der Aufenthaltsraum mit Küchenecke befinden sich in gutem

Zustand.

Um 16.00 Uhr erscheint eine weibliche Bürokraft und nimmt die Anmeldungen

entgegen. Hier erhebt man eine feste Gebühr von 500 Pts. Das ist seit langem mal

wieder eine Herberge, wo ich keine Probleme mit der Unterbringung hatte.

Nach dem Duschen besichtige ich mit Harald und Maria die kleine Stadt. Zum

Abschluss kehren wir in einer Bar ein, wo wir gemeinsam noch einen trinken. Zum

Abendessen haben wir uns auch schon ein Lokal ausgesucht, doch das Problem ist,

dass es erst um 21.00 Uhr Essen gibt. Diesmal möchte ich schon essen gehen, doch

den beiden dauert das zu lange. Die kaufen sich in einem Laden die entsprechenden

Waren ein und kochen sich selbst was in der Herberge.

Bei dem Rundgang durch die Stadt habe ich an der Kirche San Lorenzo gesehen,

dass dort um 19.00 Uhr eine Messe ist. Es ist ja noch viel Zeit, so dass ich dort hin

gehe. Wie so oft, und wie auch bei uns zu Hause, sind nur wenige Personen in der

Kirche, hauptsächlich ältere Frauen.

Sahagun, San Tirso

Ich gehe wieder durch die Stadt und hoffe ein Lokal zu finden, wo es früher

Abendessen gibt. Aber die haben alle die gleichen Zeiten.

In dem auserwählten Lokal nahe der Herberge bewegt sich auch noch nichts. Mit den

anderen Pilger warte ich im Schankraum und trinke derweil ein kleines Bier.

Pünktlich um neun Uhr werden die Türen zum Speiseraum geöffnet. Zwei Männer

bedienten. Es war alles schon weitgehend vorbereitet, es gab eigentlich nur zwei

Menüs. Die Abfertigung ging ruck-zuck. Um zehn Uhr waren schon alle mit dem

Essen fertig. Ich hatte als ersten Teller ein kalte Platte mit Schinken, Salami und

Käse. Danach gab es eine rote Bratwurst mit zwei Spiegeleiern, Bratkartoffeln und

Salat. Als Nachtisch nahm ich mir diesmal Obstsalat. Der obligatorische Wein und

Brot standen auch auf dem Tisch. Mir hat es sehr gut geschmeckt und ich bin gut satt

geworden. Es hat 1.200 Pts gekostet.

Die Herberge war als ich weg ging noch gar nicht so stark belegt, aber nun, bei

meiner Rückkehr, waren kaum noch Betten frei.

Heute war insgesamt ein schöner Tag, an dem ich mich sehr zufrieden und mit

einem echten Glücksgefühl zu Bett legte. Mit dem Knie hielte sich die Beschwerden

in Grenzen, ich bin heute wieder voller Zuversicht.

Gefahren hatte ich 90,6 Km, in 5,40 Std. bei 16,1 Km/h.

Insgesamt sind es nun 1.297 Km.

 

 

 

 

18. Tag, Freitag, 11. Mai 2001

Sahagun- Villadangos

 

Heute war ich schon sehr früh wach, warte aber noch etwas mit dem Aufstehen. In

unserer Box mit 8 Betten schläft noch alles. Doch schließlich bringt das ja nichts, also

heißt es aufstehen. Schon vor sieben war ich im Waschraum und mache mir in der

Küchenzeile mein Frühstück. Anschließend wird gepackt und das Fahrrad beladen.

Heute ist vom Wetter her ein super Tag, ich würde sagen der beste bisher. Auf einem

Feldwirtschaftsweg kann man mit dem Rad bis zur nächsten Stadt, Mansilla, fahren.

Allerdings ist der Belag überwiegend Schotter, so dass man kräftig durchgeschüttelt

wird. Ich habe den Weg ja schon zweimal gefahren, nun reicht es mir.

Diesmal benutze ich die N 120 bzw. N 601. Das sind zwar etliche Kilometer mehr,

aber der Fahrkomfort ist doch bedeutend besser. Der Verkehr ist allerdings oft sehr

stark , doch bietet der abgetrennte Fahrstreifen für die Radfahrer eine relativ gute

Sicherheit. Ich jedenfalls habe keine Schwierigkeiten damit. Abgesehen von einer

Trink- und Ruhepause fahre ich die mehr als 40 Kilometer praktisch an einem Stück.

Kein Problem, das Gelände ist ja immer noch flach.

 

 

Brücke über den Ceja bei Sahagun

 

 

Im Spätsommer diesen Jahres, noch bevor ich diesen Bericht fertig habe, bin ich die

Strecke von Santa Marta bis Mansilla bzw. Leon nochmals gefahren, das heißt als

Zuschauer der Spanien-Radrundfahrt am Fernsehen. Das hat mich sehr gefreut.

Die Orte, durch die ich in Spanien komme, kenne ich ja mittlerweile fast alle mehr

oder weniger. So kann ich bisweilen auf zeitaufwendige Besichtigungen zum Teil

verzichten. So auch in Mansilla de las Mulas.

Heute ist hier Markttag. Eine Menge Leute bewegen sich um die Verkaufsstände.

Natürlich mache ich hier einen kleinen Aufenthalt und schlendere über den Platz.

Aber außer etwas Obst habe ich ja nichts zu kaufen. Eine Gruppe spanischer

Radfahrer kommt auch zum Platz, die kenne ich doch. Klar, die haben doch in

Sahagun neben mir geschlafen. Einer spricht deutsch, wie er mir sagte, ist er sogar

in Mannheim geboren. Sie wollen hier was essen. Das sind junge Leute, die ein

großes Tagesprogramm absolvieren. So etwa um 150 Km, jeden Tag.

Im Restaurant, wo ich bei der vorhergehenden Tour mit den beiden Deutschen aus

Bad Breisig gegessen hatte, trinke ich eine Tasse Kaffee und esse eine Portion

Tortilla.

Ich habe es schon erwähnt, dass heute sehr schönes Wetter ist. Zum ersten Mal auf

der ganzen Tour, kann ich nun mal die Beinlinge ausziehen und in der kurzen Hose

fahren.

Jetzt geht es auf Leon zu. Schon vom Namen her ist dies eine der bekanntesten

spanischen Städte und auch eine der größten, durch die die Pilger kommen. Sie hat

eine große Vergangenheit und ist reich an Sehenswürdigkeiten, allem voran, die

Kathedrale, die Basilika San Isodoro und das ehem. Kloster San Marcos mit seiner

Kirche. Auch viele historische Gebäude, Plätze und Anlagen machen die Stadt für

die Besucher interessant.

Leider ist meistens die Zeit etwas begrenzt, so dass manches nicht so

wahrgenommen wird, wie es eigentlich angebracht sein sollte. Dass allerdings die

Kathedrale während der Mittagszeit bis 16.00 Uhr geschlossen ist, hat mich schon

etwas gestört. Gerne hätte ich mir noch mal das Innere dieses gotischen Prachtbaus,

insbesondere die vielen bunten Glasfenster angesehen.

Auf dem Platz vor der Kathedrale treffe ich wieder die spanischen Radfahrer. Der

deutsch sprechende ist sehr an einem Kontakt interessiert. Mich freut die Begegnung

ebenfalls und lasse mir von einem ein Foto mit der Gruppe machen.

Von einer Bank, auf der zwei Paare sitzen, dringen deutsche Worte herüber.

Interessiert gehe ich näher und spreche sie an. Es sind Landsleute von mir, aus

Mangelhausen bei Heusweiler.

Sie sind Fußpilger und haben sich die Gesamtstrecke auf drei Jahre verteilt. Heute

haben sie die mittlere Etappe abgeschlossen und fahren mit dem Zug nach Hause.

Langsam fahre auch ich durch die Stadt weiter, vorbei an einigen der vorerwähnten

Sehenswürdigkeiten. Über die Brücke bei San Marcos fahre ich aus der Stadt hinaus.

Bis zu meinem Tagesziel Villadangos sind es nun nur noch etwas mehr als 20

Kilometer. Hier habe ich bisher auch noch nicht übernachtet.

Ich werde von Maria und Harald begrüßt, die sich schon eingerichtet haben. Wenn

wir uns treffen, sind sie immer schon vor mir da. Die Schlafboxen haben je zwei

Bettgestelle mit drei Etagen, also Platz für 6 Personen. Eine offizielle Person ist noch

nicht da, so dass sich jeder einen freien Platz selbst suchen kann. Es sind schon

etliche Pilger da. Besonders groß ist die Herberge nicht.

Die oberen Betten sind noch fast alle frei. Doch lieber wäre mir schon etwas in der

Mitte, denn unten habe ich absolut keine Chance. In zwei der Kammern sehe ich

noch freie mittlere Betten. Doch als ich eines davon belegen will, kommt eine

resolute Frau herzu und herrscht mich in deutsch an, es sei alles belegt, auch die

oberen Betten. Sie war eine Französin aus dem Elsaß. Nun, das musste ich ja

glauben, stellte aber am Abend fest, dass dem nicht so war. Offensichtlich wollte sie

mit ihrer Gruppe für sich allein sein. Ich finde derartiges Verhalten sehr unfair.

Schließlich hatte ich alle Räume inspiziert, ohne was in der mittleren Etage gefunden

zu haben. Ich mache also die gleiche Runde noch einmal und komme an eine Box,

wo die beiden oberen Betten noch frei sind. Ich erkundige mich, ob sie auch

tatsächlich nicht belegt sind. Ein anwesender Mann meint, ich könne da Platz

nehmen. Ich werfe regelrecht mal meine Lenkertasche und den Fotoapparat hoch

zum Zeichen, dass es mein Bett ist. Dann lade ich mein Fahrrad ab und trage das

Gepäck zum Schlafraum. Nun stellte sich der Herr, mit dem ich eben gesprochen

hatte vor. Er sei Amerikaner, 55 Jahre alt und hieße James. Die anderen Personen

seien seine schon erwachsenen Kinder, zwei Töchter und ein Sohn. Er sprach gut

deutsch. Das führte er auf seinen langen Aufenthalt in Holland zurück, wo er 30

Jahre lang eine Firma geleitet habe. Er habe während meiner kurzfristigen

Abwesenheit mit seinen Kindern gesprochen und sie hätten eine neue Ordnung

beschlossen: Ich müsse mich unbedingt in das eine untere Bett legen, er selbst

belegt das andere. Die beiden Töchter kommen in die mittlere Etage und der Sohn

muss ganz oben liegen.

Nein das möchte ich nicht, doch der Einspruch nützt nichts. Ich fand ihr Verhalten

sehr nett. Sie waren auch in anderen Dingen großzügig, so hatten sie z.B. einen

großen Topf mit Reis gekocht und diesen entsprechend lecker mit Gemüse und einer

Soße angerichtet. Was sie selbst nicht essen konnten, boten sie anderen Pilgern an,

so dass nichts weggeschüttet werden brauchte.

Harald war inzwischen schon unterwegs gewesen, um noch andere Esswaren

einzukaufen. Er war eigentlich von schmächtiger Figur, mal mit mir verglichen, doch

essen konnte er gut. Die Sorge um das ‚tägliche Brot' lag ihm sehr am Herzen. Nach

einer Essenpause machte er sich schon wieder auf den Weg, um nun ein Lokal zum

Abendessen ausfindig zu machen.

Da gingen wir später gemeinsam hin. Auch hier hatten er eine gute Spürnase

gehabt. Mit dem Wirt hatte er schon Kontakt aufgenommen und der begrüßte uns

überschwenglich. Das Lokal war sehr schön und rustikal eingerichtet. Hinter dem

Tresen hingen einige große Schinken. Mit Stolz zeigte uns der Patron seinen

Grillofen, den er anschließend anfeuerte.

Doch etwas frustriert stellten wir schließlich fest, dass wir außer einem weiteren

Mann, die einzigen Gäste in dem großen Lokal blieben.

Das Essen war sehr gut. Wie gestern gab es zunächst wieder einen Teller mit Wurst,

Fleisch und Käse. Auf dem zweiten Teller befanden sich zwei schöne Koteletts und

Pommes, Salat haben wir extra bestellt.

Wir verbrachten einen angenehmen und unterhaltsamen Abend. Erst auf dem letzten

Drücker zogen wir gegen 22.00 Uhr zu Herberge. Um diese Zeit soll ja alles schon

‚daheim' sein.

Nun war doch heute ein so schöner und auch warmer Tag, dennoch spüre ich am

Abend ein Kratzen im Hals. Sollte etwa eine Erkältung im Anzug sein?. Vorsorglich

nehme ich mal wieder zwei Kapseln Tempil, die helfen mir ja gut. Die Schmerzen im

Knie sind heute nicht besonders spürbar aufgetreten.

Heute hatte ich 6,06 Stunden im Sattel gesessen und dabei in einem Schnitt von

14,46 Km/h 88,55 Km gefahren.

 

 

 

 

 

 

19. Tag, Samstag, 12. Mai 2001

Villadangos – Molinaseca

Bei der Familie James habe ich sehr gut geschlafen, Ich hatte nur Bedenken, ob ich

vielleicht geschnarcht hätte. Doch man sagte mir, es habe niemand was gehört. Sie

sind schon früh auf den Beinen. Mir ist das recht. Ich raffe meine Sachen zusammen

und begebe mich zu meinem Gepäck, das ich in einer Eckes des Flurs abgestellt hatte.

Hier war ich für mich alleine und auch die Familie James unter sich.

Mit dem Frühstück war ich zeitig fertig, etwas vor den Borkener. Zum Packen

brauchte Harald seine Zeit, wenn er auch sonst flott war.

Bei James hatte ich mich schon bedankt für die nette Aufnahme im Kreise seiner

Familie. Er war schon einige Zeit mit den Töchtern unterwegs, während der Sohn

nicht so recht aus den Startlöchern kam und sich noch einige Zeit länger in der

Herberge aufhielt.

Gegen 08.00Uhr fuhr auch ich los. Das Wetter ist zum Fahren sehr gut, wenn auch

nicht so wie gestern. Der Fußweg der Pilger führt eine größere Strecke neben der

Straße her. Die Fam. James hat schon ein gutes Stück zurückgelegt, als ich sie

einhole. Ich mache noch ein Foto von ihnen und verabschiede mich endgültig von

ihnen. Ich werde sie nun nicht mehr treffen. Wunderbare Leute.

In Puente de Orbigo mache ich einen Abstecher zur bekannten Brücke, von der der

Ort seinen Namen hat. Bei der Weiterfahrt schiebt nun ausnahmsweise mal der Wind

etwas von hinten, so dass es sehr flott vorangeht. Bis Astorga erreiche ich einen

Schnitt von über 20 Km/h.

Hier kehre ich heute zum drittenmal in derselben Bar ein. Ich lasse mir ein Sandwich

machen und trinke einen Cafe con leche. Doch das Brötchen packe ich diesmal

nicht, ich esse den Schinken herunter und lasse den Rest liegen.

Dann wird es noch interessant: In einer Ecke des Lokals sitzt eine Frau mit ihrem

Rucksack, eine Fußpilgerin also. Man hat sich anfangs mal zugenickt, aber damit

hatte es sich. Erst als ich aufbrechen will, merke ich, das sie deutsch spricht. Also

redete ich mit ihr. Doch da kam ich aus dem Staunen nicht heraus, Sie ist

Schweizerin und ist seit 71 Tagen ab Basel auf der Wanderschaft. Heute ist der 72.

Tag. Sie heißt Erika und will noch über Santiago hinaus bis Finistera ans Meer

gehen.

Das war noch eine interessante Begegnung mit dieser Frau. Zum Abschluss kann ich

sie noch zu einem Erinnerungsfoto bewegen. Während sie noch die Stadt

besichtigen möchte, setze ich mich in Richtung Rabanal in Bewegung.

In dem schön renovierten Ort Castrillo de los Polvozares mache ich eine kleine

Besichtigungspause. Wenngleich ich schon zweimal hier war, lohnt sich das

Umsehen doch immer wieder.

Nun sind aber die flachen Wegstrecken vorerst vorbei. Und schon an der ersten

Steigung in Richtung Rabanal fahren Harald und Maria zu mir auf. Wir bleiben eine

Weile zusammen, doch deren Tritt ist mir letztendlich etwas zu schnell. Ich lasse sie

also vorfahren.

Nun geht es auf den höchsten Punkt der Fahrt zu. Der Boden ist karg und nur

spärlich landwirtschaftlich genutzt. Es gibt nur wenige, ärmliche Orte hier, wie z.B.

Santa Catalina und el Ganso.

In Rabanal befindet sich die von der englischen St. Jakobsbruderschaft betreute

Herberge, die bei den Pilgern einen ausgesprochen guten Ruf genießt. In meinen

vorhergehenden Berichten ist hierüber was nachzulesen. Harald und Maria treffe ich

in Nähe dieser Herberge. Sie haben ihre Pause schon hinter sich und können sich

nicht recht entschließen, ob sie weiterfahren sollen oder nicht. Es ist gerade mal

14.00 Uhr. Aber die Herberge wird nicht vor 15,30 Uhr geöffnet. Da müssten sie ja

noch längere Zeit warten.

Ich sage, das ich zunächst mal in der Bar eine Pause machen und dann zum Cruz de

Fero (Eisenkreuz) fahren werde. Das ist ja bald der höchste Punkt, und dann geht es

bis Molinaseca ja nur noch bergab. Dort werde ich übernachten. Sie entschließen

sich ebenso und fahren schon mal vor.

Nach der Kaffeepause geht's auch bei mir weiter. Doch jetzt wird es schwierig. So

steil und so hoch hatte ich die Anstiege gar nicht in Erinnerung. Man konnte fast

meinen, sie seien seither gewachsen. Im Ernst, das war sehr, sehr schwer. Bis

Foncebadon, einem halb verfallenen und schon mal für längere Zeit gänzlich

verlassenes Dorf, schiebe ich mich langsam hoch. Man ist nun dabei, den Ort wieder

aufzubauen. Eine Herberge soll es schon geben.

In den Ort hinein fahre ich nicht, am Rande mache ich eine ausgedehnte

Ruhepause. Das nun kommende Straßenstück hat es besonders in sich. Schon die

ganze Zeit konnte man in der Anfahrt sehen, wie sich der Weg am Berg hochzog. Da

geht es noch mehr zur Sache. Der kleine Gang ist ohnehin nur drin, da muss ich

schon mal eine Pause mehr einlegen.

Endlich kommt die große Kurve, wo es etwas flacher wird. Ah ha, denke ich, nun bin

ich oben. Aber nein, die Straße führt nur etwas um den Berg herum, aber immer

noch aufwärts. Ich denke, soll ich nicht besser doch absteigen und das Rad

schieben?. Das wäre zwar keine Schande, aber für mich doch so was ähnliches. Die

steilste Stelle fahre ich in Schlangenlinien hoch. Aber dann: Oben!!

Bis zum Kreuz ist es zwar noch ein Stück, doch da geht es ziemlich eben weiter.

Am Kreuz hält ein Bus aus Düsseldorf, der mit einer Reisegruppe unterwegs ist. Der

Fahrer hatte die Leute in Foncebadon aussteigen lassen und die kommen nun den

Fußpfad hoch. Das ist deren Pilgerweg. Ein Mann ist mit dem Bus hierher

gekommen. Mit ihm kam ich ins Gespräch und er meinte, wenn ich etwas früher dran

gewesen wäre, hätte ich zwei weitere deutsche Radfahrer getroffen. Ich sagte, dass

ich die kennen und heute abend wieder treffen würde.

Das Eisenkreuz befindet sich ja auf einem hohen Baumstamm, der auf einem großen

Steinhaufen steht. Die Steine sind in der Vergangenheit von den Pilgern hier

abgelegt worden. Sie haben sie teilweise schon von zu Hause mitgebracht. Aus den

vergangenen Jahren sind auch welche von mir dabei. Der Stamm des Kreuzes ist

übrigens im letzten Jahr erneuert worden.

 

 

 

Das Eisenkreuz (Cruz de Ferro) bei

Rabanal

 

Der Düsseldorfer bietet sich an, mir ein Foto zu machen. Nun kommen auch schon

die anderen Mitglieder der Gruppe an. Ich ruhe zunächst mal eine Weile.

Ganz oben bin ich immer noch nicht. Der höchste Punkt liegt beim Militärgelände an

einem weiteren Kreuz. Dort sind es 1.515 m. Das ist nun absolut die höchste Stelle

des Jakobsweges nicht nur hier in Spanien, sondern auf meiner Fahrt insgesamt.

Von Orbigo aus, das liegt bei etwa 820 Hm sind es somit immerhin rund 700 Hm

gewesen. Doch es ist geschafft, denn nun geht es in flotter Fahrt bis Molinaseca

wieder 900 Hm abwärts, und wie.

Aus Erfahrung weiß ich, dass hier Radfahrer abfahren, die nicht wissen, wie

‚bremsen' geschrieben wird. Meine Sache ist das nicht, ich lasse keine allzu große

Geschwindigkeit aufkommen. Oft habe ich sowohl die Hinterrad- als auch die

Vorderradbremse gleichzeitig gezogen. Ich möchte zudem auch noch was von der

Landschaft sehen.

Das Wetter hat sich im Laufe des Tages, den man ja bekanntlich nicht vor dem

Abend loben soll, mal wieder verschlechtert. Es ist nun stark bewölkt, aber noch

trocken. Auch sind die schneebedeckten Berge ringsum noch frei. Auch auf dieser

Seite des Rabanal Passes ist das Land sehr karg, doch an den Hängen stehen die

Büsche in voller Blüte, hauptsächlich Ginster, der hier sowohl gelb als auch weiß

blüht. Das sind sehr schöne Anblicke.

Die Herberge in Molinaseca ist auf der anderen Seite des Ortes in Richtung

Ponferada. Ich muss also zuerst durch den Ort fahren. Harald und Maria warten

schon. Ich habe Glück und bekomme noch ein Bett unten. Da bin ich froh drüber. Ich

weiß nicht, ein Bett in der oberen Etage hat mir bisher nichts ausgemacht und nun

meide ich es, so gut ich kann. Das ist das Alter.

Die Herberge ist zwar nicht so groß, hat aber Waschmaschine und Trockner. Doch

zuerst werde ich was essen, Harald und Maria ebenso. Zwei junge Männer setzen

sich in gleiche Absicht zu uns. Sie haben sich ein Nudelgericht gekocht. Deutsch

reden sie auch. Und siehe da, es sind schon wieder Saarländer. Sie kommen aus

Hülzweiler und Körprich und gehen den Weg nach Santiago zu Fuß.

Einer der beiden heißt mit Familienname Engel und sagt mir, dass seine Mutter

Pfarrsekretärin in Hülzweiler sei. Da muss ich mal gleich beim abendlichen Rückruf

Hans fragen, ob er die kennt. Natürlich kennen er und Waltraud die Frau. So was!

In einem Laden im Ort versorge ich mich mit Esswaren für den nächsten Tag, einem

Sonntag. Als ich zur Herberge zurückkomme gibt es Ärger. Es gibt doch

rücksichtslose Leute, auch unter den Pilgern. Da hat doch eine weibliche Person

tatsächlich ihre Unterwäsche an der einen Längsseite meines Bettes zum Trocknen

aufgehängt. Das geht mir entschieden zu weit. Bevor ich sie abreiße, mache ich die

Besitzerin ausfindig, ein schnippisches Ding. Ich fordere sie unmissverständlich auf,

die Stücke sofort zu wegzunehmen. Da spielt sie noch die Beleidigte.

Zum Abendessen gehen Maria, Harald und ich in den Ort . Unterwegs werden wir

von einem Gewitterschauer überrascht.

Im Ort gibt es mehrere Restaurants und somit vielfältige Angebote. Einer macht dem

anderen Konkurrenz. Wir entschließen uns für ein Lokal, wo ein Pilgermenü für 1.000

Pts. angeboten wird.

Ich nehme als ersten Teller Makkaroni Bolognaise, eine Portion, die ich einfach nicht

schaffe. Als zweiten Teller gab es wieder 2 Kotelett mit Kartoffeln. Salat gehörte

diesmal dazu. Harald und Maria aßen Fisch, sah auch gut aus. Dazu natürlich Brot

und Wein. Das war einfach nicht möglich, alles aufzuessen. Nachtisch gab es auch

noch, diesmal Pudding, super!

Heute habe ich wieder 88 Km gefahren. Der Durchschnitt war trotz des Passes 13,8

Km/h. Dafür habe ich 6,25 Std. gebraucht.

Gesamt Km 1.473.

Gesundheitlich fühle ich mich heute recht wohl, aber ich bin sehr müde.

20. Tag, Sonntag, 13. Mai 2001

Molinaseca – Triacastella

 

Nach dem Frühstück in der Herberge gibt es für Harald eine böse Überraschung. Er

kennt sich mit dem Fahrrad sehr gut aus und überprüft die Funktionsfähigkeit

laufend. Vor der Abfahrt stellt er fest, dass an seinem Vorderrad die Felge regelrecht

durch gebremst ist. Die war an einer Stelle so dünnwandig wie eine Zeitung. Damit

konnte er beim besten Willen nicht mehr viel machen. Nun, was tun?,

In dem kleinen Ort Molinaseca gab es keine Möglichkeit, den Schaden zu beheben,

schon gar nicht am Sonntag. Er muss eine neue Felge haben. Bis nach Ponferada,

der nächsten großen Stadt sind es nur etwa 7 Kilometer, überwiegend eben. Das

müsste er bei vorsichtiger Fahrweise schaffen. Doch ob er dort heute jemand findet,

der ihm helfen kann?

Ich habe ihn später von zu Hause angerufen und wollte dabei auch wissen, wie die

Sache ausgegangen ist. Er hat dort tatsächlich am Sonntag einen Reparaturbetrieb

gefunden, dessen Besitzer anwesend war. Doch der konnte ihm dummerweise nicht

sofort helfen. Sie mussten bis zum nächsten Tag (Montag) in Ponferada bleiben.

Zwei junge Saarländer aus Hülzweiler

und Körprich

 

Ich musste mich also in Molinaseca von den beiden verabschieden. Schade, es war

nach der Tagesetappe schön, wenn ich mit ihnen zusammentraf. Es waren zwei

sympathische Leute. Bei ihrem Problem konnte ich ihnen nicht helfen, so zog ich

alleine weiter.

Das Wetter ist noch recht gut, vom Regen gestern abend ist nichts mehr zu sehen,

Aber es ist noch stark bewölkt. Und kühl ist es wieder geworden. Ohne Wetterjacke

geht nichts.

Die beiden Jungen sind auch schon unterwegs, im Vorbeifahren grüße ich sie

nochmals.

Ponferada ist eine große Stadt, wo ich mich bisher noch nie lange aufgehalten habe.

Heute ist zwar Sonntag und kaum Verkehr, aber ich mache dass ich weiterkomme.

Bis Villafranca del Bierzo bin ich bisher über die Dörfer gefahren. Heute aber fahren

ja kaum Lkw und da nehme ich die alte N VI, da lässt sich sehr gut fahren. Schon

gegen 11.30 Uhr bin ich in Villafranca. Hier mache ich zunächst eine ausgiebige

Pause mit Kaffee und Kuchen. In dieser Bar habe ich mal feinen Käsekuchen

gegessen (wie zu Hause), doch heute gab es Nußtorte, war auch ganz gut.

Nun kommt wieder ein sehr starker Anstieg nach Cebreiro. Auf den 25 Kilometer sind

etwa 800 Höhenmeter zu überwinden, von 511 auf 1.300 Hm.

Wegen des heute geringen Verkehrs wollte ich mal wieder die neue N VI fahren, die

geht gleichmäßiger hoch. Ein Problem könnte es auf den langen Viadukten geben,

wenn der Wind kräftig weht. Da kann es schon mal brenzlig werden.

Aber am Anstieg finde ich mich nicht mehr zurecht. Die neue Straße ist inzwischen

auch schon eine alte, bzw. zum Teil ganz verschwunden, denn es wird schon wieder

gebaut und zwar ein Zubringer zur Autobahn Madrid – La Coruna. Dieser führt nun

zum Teil über die Trasse der ehem. neuen Straße. Nun, die ganz neue Straße fährt

sich prima, sie ist auch wesentlich breiter als die andere. Aber bergauf ist bergauf.

Also bis Pedrafitta geht es noch ganz gut, doch dann kommt der schwerste

Abschnitt. Und was mir gestern der Wind gegeben hatte, das holt er sich heute

wieder zurück. Ab dem Sattel in Pedrafitta bläst er mir kräftig ins Gesicht. Da wird die

Weiterfahrt schon ein hartes Stück Arbeit, Ich muss ein paar mal anhalten um mich

ausruhen. Einmal rutsche ich beim Anfahren von den Pedalen ab und muss ganz

vom Rad herunter. Es ist mir nicht mehr möglich aufzusteigen, ich muss halt eben

mal gut 100 Meter schieben.

Da fällt mir was ein, das ist die Stelle an der Werner und ich etwas hämisch zwei

Radfahrer angesehen haben, als sie hier auch schieben mussten und wir

vorbeigefahren sind. Wie sagten unsere Vorfahren? ‚Es rächt sich alles auf Erden'

und hier habe ich's schon.

Doch dann geht es doch wieder mit dem Fahren weiter und schließlich bin Ich oben.

'Alto de Cebreiro, 1.300 m. steht auf dem Schild.

Ich denke, dass ich mir nun wieder einen Kaffee und eine Pause verdient habe. In

einer Bar sitzen zwei Einheimische und halten Wache, sie rufen die Mutter, als ich

hereinkomme. Das Lokal ist recht ordentlich, nur kein Betrieb. Ich esse auch noch

eine Bocadillo. Die Leute wollen was von mir wissen. Nun, das Wörterbuch sowie

Hände und Füße müssen zur Verständigung herhalten.

Der Ort Cebreiro besteht nur aus ein paar Häusern, die meisten davon habe ich

schon mal fotografiert, ich kann mir die Durchfahrt ersparen. Auf einer Böschung am

Ortende steht über der Straße die große Herberge, an die ich gute, aber auch

weniger gute Erinnerungen habe. Von hier hat man eine wunderbare Aussicht auf

das umliegende Bergland.

Nach ein paar Hügeln, auf und ab, geht es zum Alto del Pojo hoch, Auch hier wird

das letzte Stück etwas schwierig. Oben grüßt der eherne Pilger mit dem Stab in der

Hand die Vorbeiziehenden.

Apropos Vorbeiziehend: Im Moment ziehen hier Regenschauer vorbei, einer

hinterläßt einen Regenbogen, den ich versuche zu fotografieren. Bei der Weiterfahrt

wird es weiter happig. In dem winzigen Dörfchen Vilar muss ich mich gleich zwei mal

vor dem Regen unterstellen. Andere Unterkunftsmöglichkeiten, Herberge oder Hotel

gibt es hier nicht. Also muss ich weiter. Ich denke, Triacastella ist nicht mehr weit.

Dort werde ich sicher unterkommen.

Als ich dann um die nächste Bergkuppe biege, hängt ein rabenschwarzer Himmel vor

mir. Oh weh, denke ich, wo der seine Ladung abläßt, da wird es schlimm. Ich sehe

schon, wie die langen Regenfahnen herabhängen, da gibt es für mich kein Entrinnen

mehr. Nun bin ich zudem auch noch in der langen Abfahrt mit etlichen Serpentinen

vor Triacastella, wo ich beim letzten mal von dem starken Wind, oder eher Sturm,

fast umgeblasen wurde. Der Regen kommt immer näher und auch der Wind setzt

wieder ein. Was ist das hier nur für eine Gegend?. Weit und breit ist keine

Unterstellmöglichkeit zu sehen, nur kleine Büsche, da kann ich doch nicht

unterkriechen.

Nun bin ich direkt vor der Wetterfront, die ersten Tropfen fallen. Doch das ist kein

Regen, sondern Hagel. Mensch, wie die Körner auf der Haut picken! In einer engen

Kurve erblicke ich eine Felswand, vor der ein etwas größerer Strauch steht, Das ist

wenigstens etwas, denke ich und fahre direkt drauf los. Eilig nehme ich das

Regencape aus der Tasche und schiebe das Rad soweit wie möglich in die Hecke.

Dann lege ich mich förmlich darüber und ziehe das Cape über mich. Der Hagel geht

in Regen über und der prasselt regelrecht auf mich herab. Das ist vielleicht eine

ungemütliche Situation. Das Wasser läuft mir zum Teil an den Beinen herunter bis in

die Schuhe. Ich muss mal meine Position ändern.

Schließlich gibt sich das Wetter. Es macht keinen Sinn zu warten, bis es ganz

aufhört. Ich werde weiterfahren, langsam beginne ich zu frösteln. Schnell ziehe ich

noch den Regenschutz über die Taschen und steige auf.

 

 

Ich ziehe den Poncho bis über den Lenker und halte ihn mit den Händen fest. So

bietet er den besten Schutz. Ich kann nur sehr langsam fahren, die Finger sind steif,

die Beine und Füße werden kalt. Ist das eine ärgerliche Situation, so knapp vor dem

Ziel, es sind noch höchstens 4 Kilometer bis Triacastella, in knapp 10 Minuten wäre

ich dort gewesen.

Ich hole mir vor, am ersten Hotel abzusteigen und dort ohne weitere Fragen mir ein

Zimmer zu nehmen. Doch zunächst muss ich mich nochmals unterstellen. Ich bin

nun schon etwas tiefer, hier gibt es Bäume, die etwas Schutz bieten. Aber noch bin

ich nicht in Triacastella.

Endlich bin ich an den ersten Häusern des Ortes. Ein Wegweiser zeigt nach links zur

Herberge. Nein, da möchte ich heute ja nicht hin. Doch zuerst muss ich schon wieder

beim nächsten Schauer anhalten. Diesmal stelle ich mich in einen an der Straße

stehenden Rohbau. Doch ich muss mich in Bewegung halten, es wird immer kälter.

Die Zähne fangen an zu klappern, verdammte Sch.....!

Zwei Häuser weiter haben sich drei Mädchen untergestellt. Die kommen nun in ihren

Anoraks die Straße hoch. Ich bleibe noch einen Moment stehen und winke sie zu mir

herüber. Wo das nächste Hotel sei?, wollte ich von ihnen wissen. Es sind Pilgerinnen

aus Dänemark, eine spricht gut deutsch.

 

Triacastella, Pilgerherberge

 

Sie wissen es nicht, doch warum ich nicht in die Herberge kommen wolle, meinten

sie. Die sei doch sehr in Ordnung. Sie konnten mich überzeugen und so ging ich mit

ihnen. Das waren nur ein paar Schritte.

Die Herberge bestand aus drei einzelnen Häusern. Der Verwalter hatte gerade das

erste voll belegt und fing bei meiner Ankunft mit dem zweiten an. Er wies mich in ein

Vierbett Zimmer ein. Es kamen nun nur noch wenige Pilger an. Der Boss meinte es

gut mit mir, ich konnte allein im Zimmer bleiben. Das gefiel mir besonders, da war

gute Möglichkeit, die durchnäßten Sachen zum Trocknen aufzuhängen.

Als Obolus konnte man eine freiwillige Spende machen, ich gab 500 Pts. Nach dem

Duschen und dem Einschmieren des Knies, das sich heute wieder stärker bemerkbar

gemacht hatte, ging ich in die Bar nebenan. Eigentlich nennt sie sich ja Restaurant.

Hier trank ich zuerst einen Mirabellen Schnaps zur Stärkung des Immunsystems,

danach noch einen Kaffee. Die Gaststube war übrigens gut aufgewärmt, das konnte

ich gebrauchen.

In dem Haus sah es nicht nach Essen aus, deshalb fragte ich danach. Ja, sagte die

Bedienung, man habe Abendessen. Also werde ich zur rechten Zeit wiederkommen.

Ich legte mich zunächst noch eine gute Stunde in den Schlafsack. Gegen 20.00 Uhr

ging ich dann wieder ins Lokal.

Eine Speisekarte konnte man nicht vorlegen. Die Bedienung zählte das geringe

Angebot auf. Was ich zuerst verstand, war Suppe, und das war gut, die wärmte auf.

Dann konnte ich noch Lomo verstehen, das sind gebraten Fleischstücke aus der

Lende. Und wo versteht man Pommes nicht?, so war das Essen bestellt. Als

Nachtisch nahm ich wieder Pudding, dazu natürlich auch Wein und Brot. Ich muss

sagen, dass ich zumindest gut satt geworden bin, wenngleich es nicht die Qualität

von gestern hatte. Doch was soll's?. Über den Preis, 1.000 Pts kann man ohnehin

nicht viel sagen.

Heute habe ich in etwa wieder genau so viel gefahren, wie an den beiden letzten

Tagen: 87,21 Km, in 7,08 Std., Durchschn. 12,22 Km/h.

Gesamt Km: 1.560, es sind noch etwa 150 Km bis Santiago, ein Silberstreif am

Himmel.

Fazit: Die heutige Etappe war nicht gerade leicht, zunächst die steilen Anstiege und

dann am Nachmittag das scheußliche Wetter. Doch es geht morgen wieder weiter.

 

 

 

21.. Tag, Montag, 14. Mai 2001

Triacastella – Pallas die Rei

 

Gestern hatte ich ganz vergessen, den Verwalter nach einer Küche zu fragen. Als ich

heute morgen danach suchte, fand ich nichts. So werde ich kurz was essen, alles

weitere ergibt sich im Laufe des Vormittags.

Zunächst aber regnet es noch in Schauern, so dass ich die Abfahrt noch etwas

hinauszögere. Doch dann nehme ich die erste größere Wolkenlücke zum Anlass, um

abzufahren.

Jedoch ich kam nicht allzuweit Schon kurz hinter dem Ort musste ich anhalten und

das Regencape und anziehen sowie den gelben Überzug für die Packtaschen

anbringen. Bis zum Kloster Samos gibt es weitere kleinere Güsse, aber da fahre ich

durch.

Die Pforte am Kloster ist noch verschlossen. Vom Pförtner, der deutsch kann aber

nur dann spricht, wenn er will, ist nichts zu sehen. Ich wollte mir eigentlich nur den

Stempel in meinem Pass drücken lassen. So fahre ich wieder ca. 100 m bis zur

Herberge zurück. Aber da ist auch niemand. Doch daneben ist eine zum Kloster

gehörende Tankstelle und der Tankwart kann mir helfen. Er hat auch einen Stempel

vom Kloster. Etwas weiter in Fahrtrichtung rechts befindet sich eine Bar, wo ich mein

Frühstück in etwa nachholen werde. Ich esse ein Croissant und trinke einen Kaffee.

Bei regnerischem Wetter geht's dann weiter bis Sarria. Mal habe ich den Poncho an,

dann kann ich ihn wieder für eine Weile ausziehen. Den Fotoapparat, den ich ja

sonst immer vor mir auf dem Bauch hängen habe, brauche ich vorerst nicht und habe

ihn in die Tasche gepackt.

 

So bietet mir heute auch Sarria keinen besonderen Anreiz zum Aufenthalt. Lediglich

den mit Mosaik ausgelegte Bürgersteig am Ausgang der Stadt betrachte ich vom Rad

aus.

Geographisch befinde ich mich nun schon in Galicien, wozu auch Santiago gehört.

Das ist an sich eine etwas ärmliche Region, kaum Industrie mit Arbeitsplätzen für die

Bewohner. Für eine karge Landwirtschaft reicht es gerade. Die Dächer der Ställe und

anderen Nebengebäuden der Höfe sind oft noch mit großen Steinplatten gedeckt.

Das Fahren wird nun noch schwerer. Neben dem Regen, ich muss mich bis

Portomarin noch zweimal unterstellen, richten sich die Berge immer höher vor mir

auf.

In Portomarin habe ich keinen Gedanken an die Stadt, die liegt nämlich auch wieder

auf dem Berg. Nach Überqueren der Staumauer fahre ich ohne anzuhalten gleich

links weiter. Wenn irgendwie möglich, möchte ich heute doch noch bis Pallas de Rei

kommen, Ligonde wäre mir auch schon recht.

Mit neuen Vorsätzen geht es an das letzte Teilstück der heutigen Etappe. Als erstes

kommt der Anstieg vor der keramischen Fabrik. Es beginnt wieder zu regnen, im

halben Berg stelle ich mich unter einem Akazienbaum unter. Die Ruhepause kommt

mir allerdings nicht ungelegen. Mit den Kräften ist es nicht mehr so weit her, doch

das ist noch nicht alles.

Beim Anfahren am Berg, das ist ohnehin öfters etwas schwierig, springt die Kette am

hinteren Zahnkranz mit lautem Geräusch über. Schnell halte ich wieder an, kann

aber die Ursache nicht ergründen. Auf der relativ breiten Straße fahre ich dann mal

quer zur Straße an, da ist die Steigung geringer. Das geht, es tut sich nichts. Also

kann ich weiterfahren, halte aber immer die Ohren gespitzt.

Ich bin schon fast oben, als ich aus dem Sattel gehen muss, und da habe ich das

gleiche Malheur wie eben. Den Rest der Steigung schiebe ich nun. Dann kontrolliere

ich nochmals den Lauf der Kette und schalte mehrmals durch. Aber einen Defekt

kann ich nicht erkennen. Was tun?

Auf der Ebene läuft es ja wieder. War die Kraftübertragung am Berg etwa zu viel?,

könnte ja sein. Am Berg werde ich jedenfalls etwas vorsichtiger fahren, evtl. an

steilen Passagen mal schieben. Das wäre ja nicht so schlimm, so käme ich jedenfalls

weiter. Bis Santiago habe ich ja nur noch etwa 100 Km. Vielleicht finde ich unterwegs

auch eine Werkstatt.

Ein neuer Schauer setzt in einem Waldstück ein. Doch nun beginnt ein Stück des

Weges, wo an den Bushaltestellen nicht nur die Schilder, sondern auch

Wartehäuschen stehen. Jetzt habe ich das Glück, ein solches anzutreffen. Da lässt

sich gut warten. Das ist auch Gelegenheit, mal wieder Picknick zu machen, denn vor

lauter Problemen habe ich schon lange nichts mehr gegessen.

Die Aussichten auf Wetterbesserung sind nicht besonders gut, wenngleich sich ab

und zu auch mal ein Stück blauer Himmel zeigt. In meinem Führer sind ja noch

etliche Orte eingezeichnet, aber das sind meistens nur wenige Häuser. Bars oder

Unterkünfte gibt es im Moment nicht. Nach dem Picknick komme ich nicht weit. Es

zieht schon wieder eine schwarze Front heran. Ich halte etwas drauf, denn vor mir

liegt wieder so eine kleine Ortschaft. Und hier habe ich nochmals Glück: An der

Abzweigung der Straße steht wieder eine Wartehalle. Die ist sogar ringsum fast ganz

mit Plexiglas verkleidet. Hier setze ich mich rein, da kann ich auch das Rad

unterstellen.

Mein Gott, was ist das nur für ein Wetter?. Es will nun nicht aufhören. Dazu peitscht

der Wind den Regen förmlich vor sich her. Nein, so kann und werde ich unter keinen

Umständen weiter fahren. Da werde ich lieber in den Ort hineinfahren und von Tür zu

Tür gehen und nach einer Unterkunftsmöglichkeit fragen (oder betteln). Ich sehe

mich schon für die Nacht in der Ecke irgendeiner Stube liegen.

Doch es hellt sich wieder auf, es wird besser. Das war in der Tat schon sehr heftig.

Ich kann weiterfahren. Die nasse Kleidung, hauptsächlich die Beiklänge, trocknet am

Körper.

Bei Hospital de la Cruz ist eine Kreuzung, da geht es unmittelbar dahinter wieder

rechts ab. Da muss ich, wie ich aus Erfahrung weiß, gut aufpassen, sonst ist man

vorbei. Nun geht's über eine kleine Straße, eine Art Feldwirtschaftsweg weiter.

Wieder kommt ein kleiner Ort. Ah ha, hier ist eine Gaststätte, hier werde ich mal

Pause machen. Doch schon beim Näherkommen merke ich, dass etwas nicht

stimmt, es ist alles verschlossen. Missmutig fahre ich weiter auf Ligonde zu.

Das Rad hält, allerdings bin ich an Steigungen etwas vorsichtig, zweimal bin ich zum

kurzzeitigen Schieben abgestiegen. Ligonde ist mal wieder ein etwas größerer Ort,

durch den sich die Straße lang dahin zieht, Stopp, habe ich eben Straße gesagt?

nein, Komplimente kann ich für dieses Stück des Weges nicht verteilen. Die

verdauten Reste des Kuhfutters liegen überall herum, vom Regen noch schön

verteilt. Das ist ein Matsch, da kann man nur im Schrittempo fahren, sonst hat man

die ganze Sch.... im Genick. Zudem ist an ein paar Stellen die Straße für die

Kanalisation aufgeworfen, schlimmer Zustand.

Im Ortsteil Eirexe befindet sich die Herberge, an die ich eigentlich gute Erinnerungen

habe. Übernachtet habe ich allerdings hier noch nicht. Den Anfang der

Bekanntschaft machte ich 1998, als Werner und ich hier vor einem Gewitter Zuflucht

suchten und uns einen Kaffe kochten. Die Herbergsmutter war damals sehr

zuvorkommend. Sie hatte auch ihre kleine Tochter Martha dabei. 1999 habe ich hier

wieder für den Stempel angehalten.

Auch nun ließ ich mir den Stempel in den Ausweis drücken und legte danach 200 Pts

auf den Tisch. Sie schob das Geld zurück und meinte, das sei kostenlos. Aber ich

sagte, das wäre für Martha. Da schnellte sie mit dem Kopf hoch und sah mich

perplex an. Ich sagte ihr, dass ich schon zweimal da war und dabei auch ihre Tochter

kennen lernte. Sie hat es begriffen und sich gefreut.

Der Regen hat nun schon längere Zeit eine Pause eingelegt. Bis Pallas gibt es noch

ein paar Bodenwellen, aber im Prinzip läuft es nun recht gut. An die misslichen

Situationen der letzten Stunden denke ich kaum noch.

Die Rezeption der Herberge in Pallas war noch nicht besetzt, aber einige der Pilger

hatten sich schon selbst im Buch eingetragen und Betten belegt. Als die Senora

gegen 17.00 Uhr ankam, war sie nicht in bester Laune. Es störte sie sehr, dass man

die Eintragungen eigenmächtig vorgenommen hatte, dazu, wie sie meinte, fehlerhaft.

Nun, da hatte ich mal wieder Glück gehabt, wenn ich schon früher da gewesen wäre,

hätte ich mich bestimmt auch eingetragen.

Während sie das nun selbst erledigte, schrieb ich ihr auf ein Blatt, wann ich schon

mal hier gewesen war. Ja, sie sagte gleich was von dem Foto, das ich von ihr

gemacht hatte. Ich wiederum spielte auf die Situation an, als sie mich im Zimmer für

Schwerbeschädigte unterbrachte, weil sonst schon alles belegt war. Sie konnte sich

offensichtlich noch erinnern.

Auch heute war die Herberge schon gut belegt. Mit mir und einigen anderen ging sie

dann in den dritten Stock, wo ich noch ein Bett in der unteren Etage bekam. Aber die

vielen Treppen mit dem ganzen Gepäck.

Zur Herberge ist zu sagen, dass sie seit 1998 einen gewissen Niedergang zu

verzeichnen hat. Die Schlafräume sind weiterhin in Ordnung, ebenso die Dusch- und

Waschräume sowie die Toiletten. Aber die damals gut ausgestattete Küche, war

absolut nicht funktionsfähig. Keine der an sich zahlreich vorhandenen Kochplatten

funktionierte, Geschirr war auch nicht vorhanden. Aber positiv ist zu vermerken, dass

ein Wäschetrockner aufgestellt war. Das ist was gutes.

Da ich voraussichtlich morgen ja nach Santiago kommen würde, wollte ich mich

heute nicht mehr mit dem Wäsche waschen abgeben. Ich fragte die Senora, ob ich

meine vom Regen feuchten Wäschestücke trocknen könne. Als sie zustimmte, gab

ich ihr die notwendigen Münzen und schon war die Sache am Laufen.

Danach aß ich noch was von meinen Vorräten. Das hätte ich wohl besser nicht

getan, denn der ganz große Hunger war schon weg, als ich zum Abendessen ging.

Das Essen in einem nahen Restaurant war der ‚Hammer'. Die Bedienung war mir

beim Aussuchen behilflich. Ich komme nicht umhin, auch heute wieder aufzuzählen,

was ich gegessen habe:

Wie immer kommt eine Flasche Rotwein auf den Tisch. Dann sehe ich der

Bedienung zu, wie sie von großen, runden Broten Scheiben, nein ‚Ranken' von Hand

abschneidet, und zu den einzelnen Tischen trägt. Die Suppe wird in Terrinen

aufgetragen, ich als Einzelperson bekomme eine für mich. Es ist eine feine

Hühnersuppe. Es fällt mir schwer, nicht mehr als einen Teller zu essen. Einen kleinen

Nachschlag, eine Kelle, erlaube ich mir dann doch.

Nun zum Hauptgericht: Ich hatte was von ‚Carne' (Fleisch) und Pommes bestellt.

Aber was da kam, kann ich kaum beschreiben. Zuerst muss ich mal eine Oktave

höher gehen. Also, auf dem Teller, der aus der Küche gebracht wurde, lagen ein

kleineres und ein großes Stück gebratenes Fleisch, offensichtlich Rinderbraten. Das

war eine Portion, die ich eigentlich nicht beschreiben kann. In einem Feinschmecker

Lokal hätte man da gut und gerne 3 – 4 Portionen daraus gemacht, ich schätze, dass

es kaum weniger als ein Pfund war. Dazu kam noch eine Schüssel mit super großen

Pommes. Das konnte ich beim besten Willen nicht schaffen. Ich musste vorzeitig

aufgeben. Fast die Hälfte des Fleisches habe ich nicht gepackt. Dabei kann ich mich

nicht erinnern, dass ich je in einem Lokal etwas von dem vorgesetzten Fleisch

zurückgehen ließ.

Wie der Wirt bei solchen Portionen, die der übrigen Gäste waren ja genau so groß,

noch einen Gewinn erwirtschaften kann, ist mir unerklärlich.

Dabei war ich mir gar nicht so sicher, was mich das nun kosten würde. Die

Bedienung sprach was von ‚Mille', das wären Tausend Pts. Das konnte ich nicht

glauben und meinte, sie falsch verstanden zu habe. Vorsichtshalber gab ich ihr mal

einen Zweitausend Schein, doch sie brachte mir wieder einen Tausender zurück.

Das ist nach deutschem Geld 12,25 DM.

Hier muss ich einfach aufhören mit dem Schreiben, auf meinem Diktiergerät habe ich

noch mehr Einzelheiten (z.B. Nachtisch, Essen zweier Pilger am Nebentisch U.S.)

über diesen Abend festgehalten, doch das würde schließlich zu weit führen.

Heute habe ich 72,48 Km gefahren, Fahrzeit 6,09 Std. Schnitt 11,77 Km/h.

Es war ein sehr schwerer Tag, dennoch bin ich nicht unzufrieden. Ich bin ja noch heil

hier angekommen. Die Probleme mit dem Fahrrad sind nicht mehr aufgetreten, mein

Knie ist nach wie vor behandlungsbedürftig

Morgen heißt die Devise: ‚Santiago ich komme'.

 

 

 

 

22. Tag, Dienstag, 15. Mai 3001

Pallas de Rei – Santiago

 

Also heute geht der letzte Ritt zu großen Ziel. Etwas aufgeregt bin ich schon. Das war in

den vergangenen Tage oft nicht leicht, aber nun sehe ich ans Ende.

In der Herberge gibt es keine Möglichkeit, Wasser heiß zu machen. So verzichte ich

wieder mal ganz aufs Frühstück. Ich dachte, dass es eine Weile auch ohne gehen

würde. Bis Arzua, das sind allerdings fast 30 Km, wollte ich so kommen. Doch das

war etwas zu blauäugig geplant. Ich hätte schon etwas früher rasten und frühstücken

sollen.

Das Wetter war fast so schlecht wie gestern, mehrmals musste ich mich unterstellen

und schließlich hatte ich auch sämtliche Regenschutz-Kleidung angezogen bzw. am

Gepäck angebracht. Auch der Computer bekam wieder sein Plastiktütchen

übergestülpt. Dazu kam, dass sich mir nochmals etliche leichte bis mittelschwere

Anstiege in den Weg stellten. Da hatte ich wieder etwas Mühe, ich musste öfters

ruhen. Die für heute noch mangelhafte Ernährung hat sich hier mit Sicherheit

ausgewirkt. Sonst ist nicht viel über die Fahrt zu berichten, Fotos habe ich seit

gestern fast überhaupt nicht machen können.

An der Einfahrt nach Arzua setzte wieder ein Schauer ein. Ich beeilte mich und wollte

noch bis zur Stadtmitte kommen. Doch das schaffte ich nicht. Im Eingang einer

‚Ferreteria', das ist eine Eisenwarenhandlung, stellte ich mich unter. Da dachte ich,

ob ich mir hier nicht schon eine Plane kaufen könne, um in Santiago das Fahrrad für

den Rücktransport einzupacken. Ich sprach mit einem Verkäufer darüber. Ja, sie

haben eine dicke, schwarze Folie, Meterware, vorrätig. Ich ließ mir ein Stück von 2 x

4 Meter abschneiden. Das Problem war nun auch gelöst..

In der Bar an der Kirche in der Ortsmitte, in der ich schon zweimal Rast gemacht

hatte, trank ich dann einen Kaffee und ließ mir ein Sandwich mit Schinken machen.

Vor mir lagen nun nur nach etwa 40 Km bis Santiago. Doch die Strecke kam mir

immer schwerer vor. Keuchend kam ich gerade noch die letzten Anstiege hoch, war

ich vielleicht mental schon am Ende?. Die Kraft war auch weitgehend hin. Ich stellte

mich nun nicht mehr unter. Für die immer wieder einsetzenden Schauer zog ich das

Regencape an und danach wieder aus. Mit ihm ist man beim Fahren ja auch noch

behindert.

Mit dem Rad hatte ich seit den Vorfällen hinter Portomarin keine Probleme mehr.

Einmal stieg ich noch ab und schob ein paar Meter.

Nun, Ende gut, alles gut. Ich bin nun schon in San Marcos. Von hier sind es nur noch

wenige Meter bis zum Hügel an der Herberge ‚Monte del Gozzo'. Irgendwo habe ich

mal über diese Stelle vom ‚Hügel der erfüllten Sehnsüchte' gelesen.

 

Pilgerdenkmal am Monte do Gozzo

 

Es ist in der Tat schon ein großartiges Gefühl, von hier hinab zu sehen in die Stadt,

dem Ziel, für das man so manche Strapaze und Entbehrung auf sich genommen hat.

Doch nun hat man es geschafft, Jubel und Dank kommt in einem hoch

Als erstes fahre ich zur Rezeption der großen Pilgerherberge, wo ich mir eigentlich

nur den Stempel und einen Stadtplan abholen wollte. Hier muss ich dann hören,

dass die Herberge in der Stadt, im Seminario Menor, wo ich eigentlich hin wollte,

geschlossen sei. Das ist ja wieder eine ganz neue Situation.

So nehme ich schließlich das Angebot hier zu bleiben an. Hier ist übrigens Platz für

etwa 800 Pilger, die in vielen, vielen einstöckigen Bauten in meistens 8.-.Bett.-

.Zimmern untergebracht werden.

An der Rezeption erhalte ich die Nr. eines Baues, dort bekomme ich dann von der

Aufsicht ein Bett angewiesen. Die erste Nacht sei kostenlos, sagt man mir. Doch

gegen eine freiwillige Spende hat man nichts einzuwenden. Eine Büchse steht schon

dazu bereit.

Die Anlage ist wie ein kleines Dorf für sich, mit drei Gaststätten –ein gutes

Restaurant, eine Selbsbedienungs-Gaststätte und eine Cafeteria- Einkaufsläden für

allerlei Waren, Wäscherei u.dgl. Alles befindet sich in gutem Zustand. Eine

Busverbindung in die Stadt besteht stündlich. Die nutze ich schon um 17.00 Uhr, um

evtl. ab 18.00 Uhr eine Messe zu bekommen. Das war jedoch falsch kalkuliert.

So sehe ich mir die Kathedrale und den näheren Bereich an. Und fahre am Abend

wieder mit dem Bus zurück.

In der Cafeteria esse ich ein Sandwich und trinke ein großes Bier. Danach mache ich

mich auf in meinen Bau. Meine körperlichen Kräfte sind fast gänzlich aufgebraucht,

ich mag nicht mehr lange aufbleiben und lege mich alsbald ins Bett.

Ich denke nochmals über die geplante Fahrt nach Fatima nach. Doch das ist für mich

einfach unmöglich.

Gefahren hatte ich zum Abschluss nochmals 66,75 Km in 5.44 Std., das ist ein

Schnitt von 11,63 Km/h. Die Addition der Tagesetappen ergab 1.698 Kilometer.

Die Endrechnung ergibt:

Km.Stand bei Ankunft in Santiago 31.406

minus Km.Stand bei Abfahrt in St.Etienne 29.697

das sind 1.709 Gesamtkilometer

 

 

 

 

Mittwoch und Donnerstag, 16. u. 17. Mai 2001

Aufenthalt in Santiago

 

Zum Frühstück gehe ich in die Cafeteria, trinke einen Café con leche und esse zwei

Croissants.

Ich habe mich mittlerweile entschlossen, auch die weiteren Tage meines Aufenthaltes in

Santiago auf dem Monte del Gozzo zu wohnen. Aber in dem Haus, in dem ich die erste

Nacht verbracht hatte, konnte ich nicht bleiben, Ich musste für die beiden nächsten

Nächte in einen anderen Bau umziehen. Nun kostete eine Übernachtung 1.200 Pts,

ohne Frühstück.

Danach fahre ich mit dem Bus< um 09.10 Uhr in die Stadt. Gestern hatte ich etwas

Schwierigkeiten mit der Haltestelle für die Rückfahrt. Heute lasse ich mir diese vom

Busfahrer zeigen, so dass es künftig besser geht.

Zuerst gehe ich zum Bahnhof und regele die Angelegenheiten für die Rückfahrt. Das

klappt an sich gut. Nur ärgere ich mich wieder über die mangelhafte Auskunft beim

Bahnhof Saarbrücken vor meiner Abfahrt. Ich will das im Nachhinein nicht vertiefen,

sonst kommt der Ärger nochmals hoch.

In der Stadt mache ich alle Wege zu Fuß. Als erstes gehe ich vom Bahnhof zum

Pilgerbüro. Wo ich mir die ‚Compostela' ausstellen ließ. Das ist die Urkunde, mit der

bestätigt wird, dass man als Pilger nach Santiago wenigstens 100 Kilometer zu Fuß

oder 200 Km mit dem Fahrrad zurückgelegt hat.

Vor dem Büro begrüßt mich ein holländischer Radfahrer, mit dem ich in Navarrete in der

Herberge war. Ein feiner Kerl. Er ist schon einen Tag länger hier und wird morgen mit

dem Rad bis nach Arles in Südfrankreich zurückfahren. Dort besitzt er eine

Ferienwohnung, wo auch seine Frau auf ihn wartet. Wie er mir sagte, möchte er über

den Somport Pass fahren. Ich habe mich sehr gefreut, ihn hier wieder getroffen zu

haben.

Um 12.00 Uhr ist die Pilgermesse in der Kathedrale. Es ist ein feierliches Amt mit sechs

Priestern. Lektorin ist die bekannte Ordensschwester mit dem schönen Gesang. Zum

Abschluss wurde das Botafumero (der große Weihrauchkessel) hereingebracht und

durch das Querschiff der Kirche geschwenkt.

Zum Mittagessen nehme ich mir in einer Bar eine Portion Tortilla und ein Bier. Danach

sehe ich mir noch Teile der Stadt an.

Allzu lange halte ich mich jedoch nicht mehr hier auf, denn ich möchte heute noch das

Fahrrad verpacken. Das erfordert auch noch einigen Zeitaufwand. So fahre ich dann mit

dem Bus wieder zur Herberge zurück.

 

 

Santiago, ein Teil der Pilgerherberge am Monte do Gozzo

 

In das Paket stecke ich noch etliche Wäschestücke und die Fahrradkleidung, damit ich

zur Rückfahrt nur noch eine Packtasche habe. Ich bin froh, dass das schon mal erledigt

ist. Eigentlich wollte ich nun noch ein Schläfchen halten, aber einer der Zimmer -

.Mitbewohner, ein Spanier mit etwas Deutschkenntnissen, hörte nicht auf zu fragen. So

vergeht die Zeit und ich gehe zum Abendessen in das Restaurant mit Selbstbedienung.

Die Auswahl des Essens bereitet keine Schwierigkeiten, denn in der Vitrine an der

Ausgabetheke sind Musterteller ausgestellt.

Als ersten Teller nehme ich einen Gemüse Eintopf mit grünen Bohnen ( auf die habe ich

schon die ganze Zeit vergeblich gewartet ). Der zweite ist Fischfilet mit Salzkartoffeln.

Dazu einen halben Liter Rotwein und ein Brötchen. Der Wein gehörte nicht zum Menü.

Es gab auch noch andere leckere Angebote, so z.B. ein schöner Salatteller, Reis mit

Gulasch oder Nudeln mit Soße Bolognaise. Als Nachtisch nahm ich Pudding. Das Menü

hat insgesamt 2.100 Pts. gekostet.

So ist der erste Tag in Santiago schon beendet, ich bin sehr zufrieden.

 

 

 

Donnerstag, 17. Mai, 2001

 

Ohne Frühstück fahre ich um 08.10 Uhr mit dem Bus in die Stadt und gehe zum

Bahnhof. Hier frühstücke ich in der Bahnhofsgaststätte und sehe mir um 09.00 Uhr die

Abfahrt des Zuges nach Hendaye an. Der Zug hat nur zwei Waggons, doch die relativ

viele Leute kommen bequem unter. Das läuft normal ab, da brauche ich für morgen

keine Bedenken zu haben.

Was ich noch nicht gewusst hatte, heute ist in Galicien Feiertag. Viele Geschäfte sind

nicht geöffnet. Etwas blöd, ich habe ja noch keine Souvenirs. Die Besorgung gestaltet

sich etwas schwierig. Gestern hatte ich mir schon das eine oder andere angesehen,

doch nun kann ich es nicht kaufen. Ich stelle das Problem mal bis zum Nachmittag

zurück, schlechter kann es ja nicht werden.

In der Stadt gibt es auch beim drittenmal immer noch neues zu sehen. Was aber

besonders auffällt, sind die folkloristischen Darbietungen sowie das Auftreten von

Gesangs- und Musikgruppen.

Das Wetter ist heute super, viel blauer Himmel und schöne weiße Wolken, der richtige

Rahmen zum Feiertag. Allerdings hätte ich mir während der Fahrt hierher wenigstens

auch ein paar Tage mehr von dieser Art gewünscht.

 

Santiago, Blick über die Stadt zur Kathedrale

 

Um 12.00 Uhr gehe ich wieder in die Kathedrale zur Pilgermesse. Diesmal befinden

sich acht geistliche Herren am Altar, darunter ein Deutscher. Die Nonne ist ebenfalls

wieder anwesend. Auch diesmal wird das große Weihrauchfass durch die Kirche

geschwenkt. Ich nehme an, dass das nun häufiger, vielleicht sogar täglich geschieht.

Das wäre auch richtig. Die Pilger freuen sich doch darauf.

Nach der Messe treffe ich den deutschen Priester in Nähe der Sakristei. Ich spreche ihn

an und mache ein Foto von ihm. Er kommt vom Bodensee und ist in Lourdes mit dem

Fahrrad gestartet. Die Rückfahrt bis Lourdes will er auch noch mit dem Fahrrad

durchführen und zwar über Finisterra, La Coruna und dann an der Küste vorbei bis Irun.

In der Stadt komme ich zum einem Lokal, eine Art Schnellimbiss, die ihre Angebote

auch in deutsch aushängen haben. Da gehe ich mal rein. Sie habe auch Speisenkarten

in deutsch, und preiswert obendrein. Ich nehme mir ein paniertes Schnitzel mit zwei

Spiegeleiern, Pommes und Salat, dazu ein Bier sowie zum Abschluß einen Kaffee. Das

kostete zusammen nur 1.400 Pts, das war super.

Am Nachmittag habe ich dann doch noch Gelegenheit etwas Geld für Souvenirs

auszugeben und gehe nochmals zur Kathedrale.

In Nähe der Bushaltestelle esse ich am Allmenda Platz noch ein Eis und fahre dann

zum Monte del Gozzo zurück. Ich bin ja nun seit heute morgen auf den Beinen und

verspüre eine beachtliche Müdigkeit. Zunächst lege ich mich eine Weile aufs Bett.

Danach packe ich schon mal alles was ich entbehren kann in die Tasche.

Wegen des Feiertages ist auch auf dem großen Freigelände an der Herberge reger

Betrieb. Viele Familien verbringen bei dem schönen Wetter hier den Nachmittag. Auf

den großen Freiflächen können die Kinder gut herum toben.

Zum Abendessen gehe ich wieder in die Selbstbedienung. Ich nehme mir Spaghetti

Bolognaise und Braten mit Pommes. Dazu Rotwein und Pudding als Nachtisch. Das

war mengenmäßig mal wieder zuviel, ich musste Reste machen.

Das war praktisch der Abschluss meines Aufenthaltes in Santiago. Morgen geht's nach

Hause.

 

 

 

Freitag und Samstag, 18. u. 19. Mai 2001

 

Ich bin schon früh wach, kann praktisch nicht erwarten bis es Zeit zum Aufstehen ist.

Gegen 06.30 Uhr beginne ich, mich fertig zu machen und den Rest meiner Sachen

einzupacken. Danach schleppe ich alles zur mehr als 100 Meter entfernten Rezeption.

Das ist doch schwer, an der einen Schulter das große Paket mit dem Fahrrad und an

der anderen die Packtasche und die Lenkertasche. Hier lasse ich mir ein Taxi bestellen.

Das verlief alles reibungslos, so dass ich schon sehr früh am Bahnhof war. Zuerst

frühstückte ich in der Bahnhofsgaststätte und ließ mir noch ein Sandwich als

Reiseproviant machen.

Der Zug war pünktlich, aber im Gegensatz zu gestern waren heute bedeutend weniger

Reisende auf dem Bahnsteig. Weshalb der große Unterschied, kann ich nicht sagen.

Es hatte zumindest den Vorteil, dass beim Einsteigen kein Andrang herrschte und ich

somit bequem meinen reservierten Platz fand und auch das Gepäck gut unterbringen

konnte.

Die meisten Mitreisenden waren ebenfalls Pilger mit Rucksäcken. Auf der anderen

Seite des Mittelganges saßen z.B. vier Franzosen mir gegenüber, eine lustige Gruppe,

die durch ihr Auftreten (Trinken, Essen, Unterhalten u. dgl.) für Abwechslung sorgte.

Bei sehr schönem Wetter fuhr der Zug wieder durch Gegenden, durch die ich noch vor

ein paar Tagen auf der Hinfahrt gewesen war. Ab und zu konnte man sogar deutlich

Teilstücke des Pilgerweges erkennen.

Unterwegs wurde der Zug mit etlichen Waggons, darunter auch ein Speisewagen,

bedeutend vergrößert. Dadurch hatte ich die Gelegenheit, auch noch meine letzten

Münzen spanischer Währung in Essen und Getränke umzusetzen.

Am späten Nachmittag gab es wieder ein paar Regenschauer. Pünktlich fuhren wir in

den Bahnhof Hendaye ein. Nun war ich also schon in Frankreich.

Hier muss ich mir noch eine weitere Fahrkarte lösen, doch der Schalter ist noch

geschlossen.

Vor der Bahnhofsgaststätte sitzt ein jüngerer deutscher Fußpilger mit seinem Gepäck.

Den spreche ich an. Ich habe den Eindruck, dass er finanziell abgebrannt ist und lade

ihn zu einem Bier ein. Das nimmt er gerne an.

Dann öffnet der Fahrkartenschalter und ich kümmere mich um meine Fahrkarte.

Ausdrücklich verlange ich bis Forbach Frontiere (Grenze). Ich bezahle, versäume es

aber, die Karte genau zu überprüfen. Inzwischen ist auch schon der Zug nach Paris

bereitgestellt, der ist unendlich lang. Früher sind um diese Zeit immer zwei Züge in

kurzem Abstand hintereinander gefahren. Der erste hatte nur Schlaf- und Liegewagen,

der zweite war ein normaler Zug. Heute ist es nur noch ein Zug und der ist gemischt.

Deshalb auch die immense Länge.

Ich suche mir einen nicht reservierten Sitzplatz und verstaue mein großes Paket mit

dem Fahrrad am Eingang des Waggons in den dortigen Großraum – Fächern. Das

klappt alles prima.

Nur die Abfahrt des Zuges verzöget sich schließlich um mehr als eine Stunde, wegen

eines verspäteten Anschlusszuges. Da kommt schließlich wieder etwas Nervosität auf,

ob da die Zeit zum Übergang in Paris reicht? Doch bei der Ankunft am Morgen in Paris

– Austerlitz sind wir wieder im Plan. Wie das möglich war, weiß ich nicht, ich habe

während der Nacht gut geschlafen.

Mit einem Gepäckwägelchen fahre ich zum Bahnsteig der Metro. Heute ist Samstag,

und somit entfällt der sonst um diese Zeit herrschende Berufsverkehr. Eigentlich geht

alles sehr leicht vonstatten.

Lediglich das Passieren der Eingangsschleusen zur Metro bereitet mit dem großen

Gepäckstück nach wie vor einige Probleme. Doch schließlich ist auch das geschafft.

In Paris Est habe ich zunächst noch einen längeren Fußweg vor mir, wo ich das ganze

Gepäck bis zum großen Querbahnsteig tragen muss. Erst hier kann ich einen der

vorhandenen Gepäckwagen benutzen. Zunächst frühstücke ich an einem der Kioske.

Danach heißt es wieder warten, denn der Abfahrtsbahnsteig steht ja hier nicht im

Voraus fest. Etwa eine halbe Stunde vor Abfahrt wird er auf einer großen elektronischen

Tafel angegeben. Nun beginnt das Rennen aller Reisenden nach den Plätzen. Ich

komme gut unter und kann auch das Paket mit dem Fahrrad gut am Eingang des

Großraumwagens abstellen.

Nach Abfahrt des Zuges kommt der Fahrkartenkontrolleur, dem ich meine in Hendaye

gelöste Fahrkarte aushändige. Doch der ist nicht damit einverstanden. Er macht mich

darauf aufmerksam, dass diese ja nur bis Paris gelte. Tatsächlich! Es gelingt mir aber,

ihn davon zu überzeugen, dass der Fehler nicht nur bei mir liege. Ich habe doch in

Hendaye ausdrücklich bis Forbach-Grenze verlangt.

Natürlich muss ich nachlösen, aber von der Nachlösegebühr sieht er ab.

In Saarbrücken komme ich kurz vor 13.00 Uhr an. Thomas, Mechthild und Kevin

erwarten mich am Bahnsteig.

Damit ist auch diese Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela beendet.

Nachzutragen wäre, dass ich auch zu Hause noch Probleme mit dem Knie hatte. Nun

erst suchte ich den Arzt auf. Der machte mir allerdings Vorwürfe, weil ich solange

gewartet und mich zum Teil falsch therapiert hatte. Als erstes verordnete er mir sechs

Wochen Fahrverbot mit dem Rad. Damit sowie mit Medikamenten und

Massagebehandlungen wurde es schließlich wieder gut.

 

 

 

 

 

 

 

 

Santiago 2001, Lyon – Le Puy - Espalion

– Rodez – Albi – Lourdes

Streckenbeschreibung:

Von Straßen Weg – über

einzel Gesamt

Nach Km Km

Lyon Jh in Lyon-Vénissieux

51. rue Roger Salangro, 69200 Venissieux (Rhone)

Tel. 478763923

Vennissieux 10

Ri. Rhone u. Autobahn, zwischen Eisenbahn und

D 12 Autobahn Ri. Süden, bis Solaize, rechts ab auf die

D 36 über die Autobahn und die Rhone nach

Vernaison links ab an der Rhone abwärts über

D 15 bis

Grigny hinter dem Bahnhof links ab über die Bahn auf die

D 488 - unter der Bahn durch, unter der Straße durch und

Nochmals unter der Bahn durch – rechts der Auto-

bahn weiter auf D 488 bis

Rive der Gier - St.Madeleine- 35 45

D 88 unter der Autobahn durch, über la Grand Croix nach

St. Chamond, am Autobahnknoten wieder auf die

Rechte Seite der Autobahn über

D 32 und evtl. D 88A durch

St. Etienne 25 70

D 88 bis

Unieux Jh in Unieux les Echandes, le Pertuiset (Loire) 20 90

 

vor der Loire links ab auf die

D 46 durchs Tal aufwärts bis Aurec sur Loire und

Bas-en-Basset über D42/46 bis

Retournac .40 130

Durchs Tal der Loire weiter über

D 103 über Chamaliere – Varey – Lavoute s. Loire nach

Le Puy In Le Puy Unterkunftsverzeichnis von .40 .170

Heinrich Wipper

 

 

 

 

Anlage I : Auszug aus den Vorbereitungen ‚Streckenbeschreibung', die roten

Dreiecke sind Markierungen für Steigungen mit den Höhenangaben.

 

Streckenbeschreibung 2:

Allgemein: Ab Le Puy wird es sehr bergig. Es geht bis auf 1300 Meter hoch, mal wieder

runter und wieder bergauf, im Schnitt ist die Höhe um 1000 Meter.

In Espalion wird der Lot überquert. Weiter geht es in die Täler des Viaur und des Tarn, also

wieder auf und ab., mal sehen; das wird nicht leicht!!!

von Straßen Nr. Weg – über einzel-Ges.

nach Km Km

Le Puy D 589 in Richtung Saugues, Ausfahrt aus Le >Puy evtl. auch 170

650 Hm über die D 31, ^ Steigung auf 885 m

bis Bains 976 etwa 16 Km

^ 1127, ^ 1059, St. Privat, Monisterol an der Allier,

(ca. 680 Hm), ^ 993,

Saugues 45 215

983

D 589 in Richtung St. Albain

D 33 und D 335 ^ 1079 bis Falzet, Villeret

D 587 Chanaleilles, ^ 1013, St. Roche, ^ 1121, ^ 1013,

St.Alban sur Limagnole (Rimeize) 920 40 255

Rimeize D 987 in Richtung Espalion

914 ^ 995, Aumont-Aubrac, ^ 1025 Lasbros, ^ 1078, 1164,

Malbouzon, ^ 1134, Nasbinals, ^....1324, Aubrac, ^1307,

D 987 ^ 1194, 1078,912,St. Cames d'Olt im Tal des Lot.

Espalion ..75 330

350

D 920 ^ Bozouls, 582, ^ Curlande, Sébazac-Concourèss,

Rodez am Fluss Aveyron 30 360

500

N 88 Olemps ^ La Primaube 687, Baraqueville..^...708,

Rancillac 600,Montemeyrac, St.Martial 466, links ab auf

D 574 hinab ins Tal des Viaur zum Viadukt du Viaur, ein Stück

Fluß abwärts bis zur

N 88 Links weiter den Berg hinauf nach Tanus, bei la Cabresie

Ist die Höhe 428

Carmaux, etwa 300, nun dürften die Berge alle sein.

Albi am Fluß Tarn 80 ..440

.........N 112 Realmont (20)

Castres ..42 482

.........N 126 Soual (13)

.........D 622 Revel (14), St. Felix, Vallegue, Villefrance

Villefrance ..58 540

D 622 Nailloux, Auterive 24, Capens, 20 zur Garonne,

D 10 Carbonne, Cazeres 22

D 62 Roquefort 10, übner die Autobahn und den Fluß auf die

.........N 117 St. Martory nach

St. Gaudens ..103 ..643